Abschleppmaßnahme sind unverhältnismäßig, wenn der Zeitraum zwischen dem (ggf. erneuten) Aufstellen der mobilen Haltverbotsschilder und dem Abschleppvorgang zu kurz bemessen war, so dass es nicht vertretbar ist, das Abschlepp- und Kostenrisiko für diese kurzfristige Veränderung der Sachlage dem Fahrzeugführer zuzuweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein- Westfalen, der das Gericht folgt, erfordern Maßnahmen - wie z.B. ein Umzug -, welche die Einrichtung eines Haltverbots notwendig machen, regelmäßig einen Vorlauf von 48 Stunden.Zum Sachverhalt: Die Klägerin stellte am Abend des 24.02.2006 gegen 18.00 Uhr das KfZ der Marke Ford, amtliches Kennzeichen MYK - ..., in Köln-Ehrenfeld in der Geiselstraße vor dem Haus Nr. ... ab. Von dort wurde es am 25.02.2006 gegen 11.40 Uhr auf Anweisung von Bediensteten der Beklagten abgeschleppt, weil es in einem durch mobile Haltverbotsschilder gekennzeichneten absoluten Haltverbot gestanden habe, so dass ein Möbelwagen nicht habe anfahren können.
Die Klägerin holte das Fahrzeug am 25.02.2006 bei der Firma Colonia gegen Zahlung der Abschleppkosten in Höhe von 98,96 Euro ab und beantragte sodann unter dem 13.03.2006 bei der Beklagten die Rückerstattung der Abschleppkosten. Zur Begründung führte sie aus, dass zum Zeitpunkt, als sie das Auto in der Geiselstraße abgestellt habe, keine Beschilderung vorhanden gewesen sei, die ein Parkverbot für den 25.02.2006 angeordnet habe. Vorhanden gewesen sei lediglich eine Beschilderung mit einem Parkverbot für den 30.01.2006. Dies könne ihre Mitfahrerin, Frau V.F., bezeugen. Als sie dann am 25.02.2006 gegen 11.20 Uhr mit einer weiteren Zeugin, Frau T.E., zu dem Abstellplatz des Fahrzeuges zurück gekehrt sei, habe Sie festgestellt, dass nun Schilder mit einem Parkverbot für den 25.02.2006 aufgestellt gewesen seien. Auf Nachfrage habe ihnen ein Mitarbeiter der Umzugsfirma mitgeteilt, diese Beschilderung sei erst am Morgen des gleichen Tages aufgestellt worden. Nähere Angaben habe der Mitarbeiter aus Angst um seine Anstellung nicht machen wollen. Mit Schreiben vom 27.03.2006 lehnte die Beklagte die Erstattung der Abschleppkosten ab und verwies darauf, dass an der besagten Stelle ein Haltverbotsschild für den 25.02.2006 bereits am 19.02.2006 aufgestellt worden sei.
Im weiteren Verlauf erließ der Beklagte zu 2. noch einen Gebührenbescheid gegenüber der Klägerin in Höhe von 45,00 Euro, gegen den diese rechtzeitig Widerspruch erhob. Der Widerspruch wurde mit Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 11.01.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 20.04.2006 Klage erhoben, mit der sie die Rückerstattung der bezahlten Abschleppkosten begehrt. Sodann hat sie am 31.01.2007 Klage gegen den Gebührenbescheid erhoben. Beide Verfahren wurden mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 12.02.2007 miteinander verbunden.
Zur Begründung ihres Begehrens bleibt die Klägerin dabei, dass kein Haltverbot für den nächsten Tage angeordnet gewesen sei, als sie das Auto abgestellt habe.
in der mündliche Verhandlung am 22.11.2007 wurde eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von zwei Zeuginnen durchgeführt.
Die Klägerin hat beantragt,die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin 98,96 Euro zu zahlen, sowie den Gebührenbescheid des Beklagten zu 2. vom 13.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 11.01.2007 aufzuheben.Die Beklagten haben beantragt,die Klage abzuweisen.Sie bleiben dabei, dass die Abschleppmaßnahme rechtmäßig gewesen ist, weil die Haltverbotsschilder bereits am 19.02.2006 ordnungsgemäß aufgestellt worden seien, wie sich aus dem Aufstellungsprotokoll der Umzugsfirma vom 19.02.2006 und der schriftlichen Bestätigung von Herrn D.… B.… vom 01.06.2006 ergebe, worin dieser bestätige, dass die Firma HKL Service aus Köln mit der Einrichtung der Haltverbotszone beauftragt worden sei und diese die Haltverbotszone ordnungsgemäß ausgeschildert habe. Da die Schilder unstreitig am Morgen des 25.02.2006 an Ort und Stelle gestanden hätten, spreche alles dafür, dass diese auch am Abend des 24.02.2008 dort gestanden hätten. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Schilder nach ihrer Aufstellung am 19.02.2008 (von Unbekannten) entfernt worden und am 25.02.2006 wieder aufgestellt worden seinen. Es seien insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises anzuwenden. Diesen Anscheinsbeweis habe die Klägerin nicht erschüttern können.
Die Klage hatte Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat zunächst einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr an das Abschleppunternehmen (rechtliche an die Beklagte zu 1. gezahlten Abschleppkosten, weil eine Pflicht zur Zahlung von Abschleppkosten nur entsteht, wenn die ihr zu Grunde liegende Abschleppmaßnahme rechtmäßig war. Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar lag zu entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Anordnung der Abschleppmaßnahme ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit vor, da das Fahrzeug am 25.02.2006 unstreitig in einem Bereich geparkt war, in dem durch Aufstellung der Zeichen Z 283 ein absolutes Haltverbot angeordnet war, so dass ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 lit. a StVO vorlag. Das in dem Verkehrszeichen verkörperte Haltverbot ist der Klägerin gegenüber auch wirksam geworden. Insbesondere wurde es ihr gegenüber ordnungsgemäß bekannt gegeben, unabhängig davon, ob sie es (ausgehend von ihrem Vortrag, dass Haltverbotsschild sei erst am Morgen des 25.02.2006 aufgestellt worden) wahrnehmen konnte,vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 -11 C 15/95-, NJW 1997, 1021; juris- Dokumentation, Seite 3; OVG NRW, Urteil vom 23.05.1995 -5 A 2092/93-, NWVBl. 1995, 475 f., juris-Dokumentation Seite 2.Die Abschleppmaßnahme war jedoch unverhältnismäßig, weil der Zeitraum zwischen dem (ggf. erneuten) Aufstellen der mobilen Haltverbotsschilder und dem Abschleppvorgang zu kurz bemessen war, so dass es nicht vertretbar ist, das Abschlepp- und Kostenrisiko für diese kurzfristige Veränderung der Sachlage der Klägerin zuzuweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein- Westfalen, der das Gericht folgt, erfordern Maßnahmen, welche - wie z.B. ein Umzug - welche die Einrichtung eines Haltverbots notwendig machen, regelmäßig einen Vorlauf von 48 Stunden,vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.05.1995, -5 A 2092/93-, a.a.O., Seite 3, Beschluss vom 13.09.2004, -5 E 785/05 -, n.v.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 -11 C 15/95-, a.a.O.Dies Vorlaufzeit ist vorliegend nicht eingehalten. Dabei kann offen bleiben, ob der Beklagten, welche für das Vorliegen aller Abschleppvoraussetzungen die Beweislast trägt, BVerwG, Beschluss vom 20.05.2003 -3 B 37/03-, juris- Dokumentation, Rnr. 17 die Regeln des so genannten Anscheinsbeweises zu Gute kommen, weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass ordnungsgemäß aufgestellte Verkehrszeichen, die bei einer nur wenige Tage später erfolgenden Abschleppmaßnahme noch an demselben Ort stehen, auch nicht zwischenzeitlich entfernt oder verändert wurden, vgl. VG Berlin, Urteil vom 01.06.1989 -15 A 3.86, zitiert nach juris- Dokumentation (nur Orientierungssatz), allgemein zum Anscheinsbeweis siehe auch BVerwG, Urteil vom 24.08.1999 -8 C 24/98-, NVwZ-RR 2000, 256f., juris-Dokumentation. Denn zur Überzeugung des Gerichtes steht nach der in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2007 durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass jedenfalls am Abend des 24.02.2006, als die Klägerin das Fahrzeug in der Geiselstraße abstellte, keine Haltverbotschilder für den 25.02.2006 aufgestellt waren, mit der Folge, dass die Klägerin nicht einmal 18 Stunden Zeit hatte, das Haltverbot für den 25.06.2006 wahrzunehmen und sich danach zu richten. Zunächst hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargestellt, dass sie sich nach dem Einparken mit einer Freundin, der Zeugin F., nach Haltverbotsschildern umgesehen habe, weil ihr bekannt gewesen sei, dass man in Köln-Ehrenfeld ständig nach mobilen Haltverbotsschildern Ausschau halten müsse. An der fraglichen Stelle habe sich aber nur ein Haltverbotsschild für den 30.01.2006 befunden. Sie sei sich diesbezüglich sicher, weil das Schild für den 25.02.2006, dass sie am nächsten Morgen vorgefunden habe, in unmittelbarer Nähe des Schildes für den 30.01.2006 gestanden habe.
Bei dieser Sachlage hätte sie am Vorabend das zweite Schild (für den 25.02.2006) nicht übersehen können. Diese Angaben werden bestätigt durch die nachvollziehbaren, substantiieren und (insbesondere auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die Einzelrichterin von der Zeugin gewonnen hat) glaubhaften Angaben der Zeugin F. in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2007. Danach hat Frau F. als Beifahrerin zusammen mit der Klägerin seinerzeit bewusst nach Haltverbotschilder Ausschau gehalten. Dabei hätten sie festgestellt, dass dort Schilder gestanden hätten, das darauf angegebene Datum jedoch bereits verstrichen gewesen sei. Sie habe zwei Schilder gesehen, nämlich das Anfangs- und das Endschild. Sie sei sogar extra zu dem Endschild hingegangen, um sich zu vergewissern. Das mache ich immer so, manchmal nerve sie ihre Freundinnen damit. Es sei zwar dunkel gewesen, als sie geparkt hätten, die Straße sie jedoch ausreichend befeuchtet gewesen. Sie sei bis zu dem anderen Schild gegangen und noch ein Stück weiter. Sie habe gesehen, dass auf dem zweiten Schild das gleiche (bereits verstrichene) Datum gestanden habe, wie auf dem ersten Schild. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.12.2007 dargelegten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Zeugin teilt das Gericht nicht. Es spricht insbesondere nichts dafür, dass die Klägerin und insbesondere die Zeugin F. das Haltverbotsschild einfach übersehen haben könnten. Insbesondere Frau F. hat vielmehr substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, wie gründlich sie sich nach eventuellen Schildern umgesehen hat. Vor diesem Hintergrund hätte Frau F. zur Überzeugung des Gerichtes ein Haltverbotsschild für den 25.02.2006 nicht übersehen, zumal es in Sichtweite neben dem Schild für den 30.01.2006 gestanden hätte (siehe Bl. 15 der Beiakte 1). Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Frau F. ergeben sich auch nicht aus der Aussage der Frau E., das diese nicht die tatsächlichen Gegebenheiten am Abend des 24.02.2006 betrifft. Aus diesem Grund sieht das Gericht auch keinen Anlass, der Anregung der Beklagten zu folgen, und Frau F. (erneut) und Herrn L.C. als Zeugen zu vernehmen. War demnach die Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig und rechtswidrig, ist auch der Gebührenbescheid des Beklagten vom 13.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 11.01.2007 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie ist nicht verpflichtet, eine Verwaltungsgebühr für die rechtswidrige Abschleppmaßnahme zu entrichten. ..."