Fahrerlaubnisbehörde und Gericht dürfen nicht nachprüfen, ob der Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe die Straftat oder Ordnungswidrigkeit, hinsichtlich der gegen ihn eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, auch tatsächlich selbst begangen hat.Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG zu Unrecht angeordnet.
Es lässt sich entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht feststellen, dass der Bescheid vom 28. Mai 1999 offensichtlich rechtswidrig wäre. Bei summarischer Prüfung können dem Widerspruch der Antragstellerin vielmehr keine Erfolgsaussichten beigemessen werden.
Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die Antragstellerin die ihr in dem Bußgeldbescheid vom 28. Januar 1999 zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit vom 1. Januar 1999 selbst begangen hat. Dies folgt aus § 2 a Abs. 2 Satz 2 StVG in der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 747). Danach ist die Fahrerlaubnisbehörde an die rechtskräftige Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit gebunden. Diese Bindungswirkung gilt ohne Ausnahme; die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die das Verwaltungsgericht sich gestützt hat, ist durch die Neufassung des Gesetzes überholt. In der Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 7. Februar 1997 (BT-Drs. 13/6914) heißt es insoweit (a.a.O. S. 67):... wird durch Absatz 2 Satz 2 klargestellt, daß die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung einer Maßnahme in vollem Umfang an die rechtskräftige Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit oder Straftat gebunden ist und nicht noch einmal prüfen muß, ob der Fahranfänger die Tat tatsächlich begangen hat. Daran waren auf Grund des bisherigen Wortlauts von § 2 a Abs. 2 ... Zweifel entstanden. Da die Gerichte nur die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde beurteilen, besteht auch für sie die Bindung an die genannten Entscheidungen.Hätte die Antragsgegnerin mithin im vorliegenden Fall geprüft, ob die Antragstellerin bei dem Rotlichtverstoß am 1. Januar 1999 selbst am Steuer gesessen hat, hätte sie gegen das Gesetz verstoßen.
Ob gegen § 2 a Abs. 2 Satz 2 StVG für den Fall verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, dass der rechtskräftige Bußgeldbescheid inhaltlich evident unrichtig ist, kann dahingestellt bleiben, denn ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Auf den in der Akte befindlichen Fotokopien der von der Polizei gefertigten Fotos ist für das Beschwerdegericht nicht zu erkennen, dass am Steuer unzweifelhaft ein Mann gesessen hat. Auch aus der Angabe im Erfassungsbeleg (Anlage Ast 5, Bl. 18 d.A.), das Geschlecht des Fahrzeugführers sei männlich, ergibt sich für das Gericht nicht mit einer jeden Zweifel ausschließenden Gewissheit, dass die Antragstellerin die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben kann. Denn aus dem genannten Erfassungsbeleg wird nicht deutlich, auf Grund welcher Erkenntnisse der betreffende Polizeibeamte sich seine Meinung gebildet hat. Falls er sich allein auf das Foto gestützt haben sollte, erscheint ein Irrtum nicht ausgeschlossen. Insoweit Ermittlungen anzustellen, ist den Gerichten aber durch § 2 a Abs. 2 Satz 2 StVG verwehrt.
Irgendwelche Gesichtspunkte dafür, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs trotz seiner Aussichtslosigkeit entgegen der in § 2 a Abs. 6 StVG enthaltenen Regelentscheidung anzuordnen, sind nicht zu erkennen. Insbesondere würde die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Bußgeldverfahrens eine solche Entscheidung nicht rechtfertigen: Die Wiederaufnahme dürfte unzulässig sein (§ 85 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). ..."