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BGH Urteil vom 05.02.1985 - VI ZR 198/83 - Ersatzpflicht für Gesundheitsschäden eines Embryos infolge der Übermittlung der Nachricht vom Tode naher Angehöriger an eine Schwangere
BGH v. 05.02.1985: Zur Ersatzpflicht für Gesundheitsschäden eines Embryos infolge der Übermittlung der Nachricht vom Tode naher Angehöriger an eine Schwangere
Der BGH (Urteil vom 05.02.1985 - VI ZR 198/83) hat entschieden:
- Der Schädiger haftet grundsätzlich auch dann dem später mit einem Gesundheitsschaden zur Welt gekommenen Kind aus unerlaubter Handlung auf Schadensersatz, wenn die Verletzung der Leibesfrucht durch einen Angriff auf die Psyche der Schwangeren vermittelt wird (Weiterentwicklung BGH, 1972-01-11, VI ZR 46/71, BGHZ, 58, 48).
- Ein Haftungszusammenhang zwischen einem Verkehrsunfall mit tödlichen oder lebensbedrohenden Verletzungen des Unfallopfers, dem Schock der Schwangeren bei der Nachricht hiervon und der durch ihre psychische Beeinträchtigung vermittelten Schädigung der Leibesfrucht besteht jedenfalls dann, wenn das Unfallopfer ein naher Angehöriger und wenn die Schädigung der Leibesfrucht schwer und nachhaltig ist.
Siehe auch Schmerzensgeld und psychische Folgen des Todes naher Angehöriger und Stichwörter zum Thema Personenschaden
Zum Sachverhalt: Der Vater der Klägerin stieß am 8. Januar 1975 als Fahrer seines PKW mit einem auf einer Dienstfahrt befindlichen Sattelzugschlepper der US-Streitkräfte zusammen, der nicht die rechte Fahrbahnseite einhielt. Er wurde dabei schwer verletzt und war anschließend 3 Wochen lang bewusstlos. Nach dem rechtskräftigen Grund- und Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 1977 hat die Beklagte den Schaden des Vaters der Klägerin bis auf einen Mithaftungsanteil von 1/5 zu ersetzen.
Die Mutter der Klägerin, damals im 5. Monat schwanger, erlitt bei der Nachricht vom Unfall ihres Ehemannes einen Schock, der zu erheblichen Kreislaufbeschwerden und 2 Tage lang andauernden Wehen mit der Gefahr einer Fehlgeburt führte. Die Klägerin kam am 28. Mai 1975 zur Welt. Sie ist von Geburt an wegen eines Hirnschadens körperlich und geistig auf das Schwerste behindert.
Mit der Behauptung, die Ursache für diese Hirnschäden seien durch den Schock mit den anschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer Mutter ausgelöst worden, verlangte die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr allen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall ihres Vaters zu ersetzen.
Die Beklagte hat vor allem den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schock der Mutter und dem Schaden der Klägerin bestritten. Sie hielt ihre Haftung im übrigen aus Rechtsgründen nicht für gegeben.
Das Landgericht hat der Klage voll stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten eine Mithaftung der Klägerin zu 1/5 angenommen.
Mit der Revision begehrte die Beklagte weiter die volle Abweisung der Klage.
Das Rechtsmittel blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
"I.
Das Berufungsgericht, das eine Haftung der Beklagten gem. Art. VIII Abs. 5 NTS i.V.m. Art. 34 GG und §§ 839, 847 BGB zu 4/5 für gegeben hält, stützt seine Ansicht im wesentlichen auf folgende Feststellungen und Erwägungen: Es sei bewiesen, dass die Nachricht von dem Unfall ihres Ehemannes bei der Mutter der Klägerin die behaupteten schweren Kreislaufstörungen ausgelöst hätten, die wiederum zu einer Minderdurchblutung ihrer Placenta und damit zu einer Schädigung des kindlichen Gehirns der Klägerin infolge Sauerstoffmangels geführt habe. Das ergebe sich insbesondere aus den Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. M., die auch durch die von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten nicht erschüttert würden. Die unfallbedingte Störung der Durchblutung der Placenta, durch die die Klägerin als Leibesfrucht in Mitleidenschaft gezogen worden sei, stelle den haftungsbegründenden Tatbestand dar. Die weitere Frage, ob diese Beeinträchtigung der Leibesfrucht zu der Hirnschädigung der Klägerin geführt habe, betreffe den Bereich der sogenannten haftungsausfüllenden Kausalität und sei deshalb in Anwendung des § 287 ZPO zu beantworten. Schwere Schockschäden, wie sie bei der Mutter der Klägerin eingetreten seien, infolge der Benachrichtigung von einem Unfall eines nahen Angehörigen mit tödlichem Ausgang oder auch mit schweren Verletzungen seien zu ersetzen. Auch für die gleichzeitige Verletzung der Leibesfrucht habe die Beklagte dem krank zur Welt gekommenen Kind zu haften. Allerdings müsse sich die Klägerin dem Verursachungsanteil ihres Vaters an dem Unfall von 1/5 entgegenhalten lassen.
II.
Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis frei von Rechtsirrtum. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen und ihre rechtlichen Bedenken, die sich nicht gegen die vom Berufungsgericht herangezogenen Anspruchsgrundlagen und die von ihm für richtig gehaltene Haftungsquote richten, sind unbegründet.
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte gem. Art. VIII Abs. 5 NTS i.V.m. Art. 34 GG, §§ 839, 847 BGB dem Grunde nach zu 4/5 für Gesundheitsschäden der Klägerin einzutreten hat, wenn und soweit sie von dem Fahrer des US-Sattelzugschleppers bei dem Verkehrsunfall vom 8. Januar 1975 schuldhaft verursacht worden sind. Die Annahme des Berufungsgerichtes, zwischen diesem Verkehrsunfall, bei dem der Vater der Klägerin schwer verletzt wurde, und der Hirnschädigung der Klägerin bestehe nicht nur ein Kausalzusammenhang, sondern auch ein haftungsrechtlich relevanter Zurechnungszusammenhang, entspricht auch nach Ansicht des erkennenden Senats der Sach- und Rechtslage.
1. Unbegründet sind zunächst die Angriffe der Revision gegen die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen zum Schadensverlauf.
a) Ohne Verfahrensfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Nachricht von dem schweren Unfall ihres Ehemannes bei der damals im 5. Monat schwangeren Mutter der Klägerin zu erheblichen Kreislaufstörungen, vor allem einem starken Blutdruckabfall über längere Zeit hin, geführt hat, dass es dadurch bei ihr zu einer Minderdurchblutung der Placenta gekommen ist und dass die Klägerin als Leibesfrucht dabei körperlich in Mitleidenschaft gezogen wurde. Mit Recht betont die Revision, dass dieser - haftungsbegründende - Ursachenzusammenhang von der Klägerin nach § 286 ZPO zu beweisen war, ihr somit also nicht die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute kommt (s. dazu das Senatsurteil BGHZ 58, 48, 53 ff). Das Berufungsgericht hat sich daran aber, was die Revision verkennt, auch gehalten; es sagt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, das stehe "zur Überzeugung des Senates fest (§ 286 ZPO)". Erst die weitere Frage, ob die festgestellte Beeinträchtigung der Leibesfrucht zu der Hirnschädigung der Klägerin geführt hat, hat das Berufungsgericht in Anwendung des § 287 ZPO beantwortet. Auch das entspricht der im oben genannten Urteil näher begründeten Rechtsauffassung des erkennenden Senats.
Das Berufungsgericht durfte diese Überzeugung vom Vorliegen eines haftungsbegründenden Ursachenzusammenhangs den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. M. entnehmen, ohne gegen Rechtsgrundsätze zur Beweiswürdigung zu verstoßen. Es hat sich mit diesem Gutachten in seinen wesentlichen Teilen ausdrücklich auseinandergesetzt und auch die Einwände der Beklagten, die sich auf die Überlegungen ihrer Privatgutachter stützen, kritisch gewürdigt. Entgegen der Ansicht der Revision war es nicht erforderlich, dass der Sachverständige eine die Leibesfrucht in Mitleidenschaft ziehende Minderdurchblutung in der mütterlichen Placenta mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" feststellte. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem wiederholt angesprochenen Senatsurteil BGHZ 58, 48 ff. Vielmehr durfte das Berufungsgericht, wie es das getan hat, aus dem gesamten, ihm von den Parteien, den Zeugen und dem Gutachter unterbreiteten Sachverhalt auf den von ihm festgestellten Verlauf schließen, wenn ihm das alles insgesamt für seine Überzeugungsbildung ausreichte. Eine solche tatrichterliche Beweiswürdigung muss die Revision hinnehmen.
b) Entgegen der Ansicht der Revision musste das Berufungsgericht kein weiteres Gutachten einholen. Prof. Dr. M. hat sich, wie das Berufungsgericht ausführlich darlegt, mit allen Einwänden seiner Fachkollegen, die sich zu dem Fall geäußert haben, auseinandergesetzt. Diese gehen zum Teil von anderen Tatsachenvoraussetzungen aus, als sie das Berufungsgericht und der gerichtliche Sachverständige zugrunde gelegt haben (so sind nach dem zu beurteilenden Sachverhalt die Kreislaufstörungen der Mutter jedenfalls für die Leibesfrucht nicht "harmlos" gewesen), zum anderen kommen sie nur aufgrund theoretisch denkbarer anderer Ursachen für die Hirnschädigung der Klägerin zu anderen Wahrscheinlichkeitsurteilen. Indessen durfte das Berufungsgericht der Beurteilung von Prof. Dr. M. vor allem deswegen folgen, weil dieser nach gründlichen Untersuchungen zu einer "leeren" prä- und postnatalen Anamnese gekommen ist, die insoweit auch von keiner Seite angezweifelt worden ist. Das Fehlen eines deutlichen Hinweises auf andere Störungsursachen einerseits und die gute Erklärung der Hirnschädigung der Klägerin durch eine Placentaunterversorgung im 5. Schwangerschaftsmonat, mithin zu der Zeit, in der eine solche Unterversorgung infolge des von der Mutter erlittenen Schockes feststeht, andererseits, konnten das Berufungsgericht dazu veranlassen, dem gerichtlichen Sachverständigen zu folgen, ohne den Zweifeln von anderen Fachmedizinern, die letztlich nur auf statistischen Zahlen ohne Berücksichtigung des Einzelfalles beruhen, weiter nachzugehen. Die besondere Fachkunde von Prof. Dr. M. ist unbestritten. Welche bessere Erkenntnisse von weiteren Gutachten zu erwarten sein können, legt die Revision nicht dar.
c) Auch der Hinweis der Revision, der ebenfalls als Gutachter herangezogene Neuroradiologe Prof. Dr. V. habe aus dem von ihm erstellten Computertomogramm der Klägerin den Zeitpunkt des Eintritts der Schädigung nicht feststellen können, verhilft ihr nicht zum Erfolg. Ein Widerspruch zu dem zusammenfassenden Gutachten von Prof. Dr. M. besteht nämlich nicht. Dieser hat ausgeführt, dass bei seiner Gesamtbetrachtung des Falles die Befunde im Tomogramm gut in seine Überlegungen hineinpassen, wonach die Schädigung der Klägerin im 5. Schwangerschaftsmonat erfolgt ist. Eine solche Gesamtbetrachtung hat Prof. Dr. V. nicht angestellt, sie war von ihm auch nicht verlangt worden. Der Umstand, dass das Berufungsgericht auf dieses alles in seiner Urteilsbegründung nicht besonders eingegangen ist, ist kein Mangel seines Urteils, weil es, wie ausgeführt, den angeblichen Widerspruch nicht gibt und ein solcher auch in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet worden war.
d) Soweit es um den Ursachenzusammenhang zwischen der Schädigung der Leibesfrucht infolge der Minderdurchblutung der mütterlichen Placenta und dem Eintritt des Hirnschadens geht, hat das Berufungsgericht zutreffend § 287 ZPO angewandt, weil es sich um die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität handelt. Insoweit ist seine Beweiswürdigung erst recht nicht zu beanstanden, wie sich aus dem oben Ausgeführten ergibt.
2. Das Berufungsgericht folgt der Rechtsprechung des erkennenden Senats, wenn es den Gesundheitsschaden der Mutter der Klägerin infolge der Nachricht von dem schweren Verkehrsunfall ihres Ehemannes ebenso wie den Verkehrsunfall selbst der Beklagten auch haftungsrechtlich zurechnet (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163 ff; st.Rspr.).
Der erkennende Senat bejaht einen Haftungszusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und der pränatalen Schädigung der Klägerin auch angesichts dessen, dass der Hirnschaden der Klägerin nicht durch eine traumatische Verletzung der Mutter oder wenigstens bei einer direkten Konfrontation mit einer sie betreffenden Verletzungshandlung des Schädigers, sondern durch eine psychische Reaktion auf die Nachricht vom Unfall vermittelt worden ist. Im Streitfall kann es dahinstehen, ob die Gesichtspunkte für eine Einschränkung des Haftungszusammenhangs mit psychischen Belastungen, denen die Angehörigen des Unfallopfers beim Erleben und Verarbeiten des Unglücksfalles ausgesetzt sind, auch hier ihre Berechtigung haben, wo der Leibesfrucht eine physische Schädigung - vermittelt durch die psychische Reaktion eines "Dritten" auf den Unfall - zugefügt wird. Denn auch das Anlegen der strengeren Maßstäbe, die der erkennende Senat bei der Zurechnung der sogenannten Schockschäden anwendet, die Angehörige infolge der Unfallnachricht erleiden, muss hier zur Annahme einer Haftung der Beklagten für den Schaden der Klägerin führen.
a) Entgegen der Ansicht der Revision gebietet der Haftungszweck keine Einschränkung der Schadensersatzpflicht auf Fälle, in denen Angehörige die Nachricht vom Tode des Unfallopfers überbracht wird (vgl. schon Dunz bei LM BGB § 823 /Aa/ Nr. 27). Es kann dahinstehen, ob es aus ähnlichen Erwägungen, die den Senat zu Einschränkungen der Ersatzpflicht für Schockschäden unterhalb eines bestimmten Schweregrades veranlasst haben, geboten sein kann, den Anspruch zu versagen, wenn der Geschädigte auf Ereignisse besonders empfindlich und schockartig reagiert, die das objektiv nicht rechtfertigen und die im allgemeinen ohne nachhaltige und tiefe seelische Erschütterungen toleriert zu werden pflegen. Ein Unfall jedenfalls mit ersichtlich sehr schweren Verletzungen des Opfers, die zur 3-wöchigen Bewusstlosigkeit führen und zunächst das Schlimmste befürchten lassen, gehört dazu nicht. Die Nachricht, dass derartiges einen nahen Angehörigen getroffen hat, ist nicht weniger als die Todesnachricht geeignet, auch ohne besondere Empfindlichkeit des Empfängers einen schweren Schock zuzufügen, der zum Ersatz der dadurch bewirkten Körper- und Gesundheitsschäden führen muss, sofern diese von einem bestimmten Schweregrad sind.
b) Es mag nun zweifelhaft sein, ob die schweren, aber vorübergehenden Kreislaufstörungen der Mutter sowie der Umstand, dass sie 2 Tage lang Wehenschmerzen hatte, über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen nahe Angehörige beim Empfang solcher schlimmen Nachrichten erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, die aber als allgemeines Lebensschicksal ohne Entschädigungsanspruch hinzunehmen sind. Es kann aber, wo es um den haftungsrechtlichen Schutz des werdenden Kindes geht, nicht darauf ankommen, ob die Mutter durch den erlittenen seelischen Schock so schwer geschädigt worden ist, dass ihr deswegen eigene Ansprüche zustehen. Die durch sie vermittelte Kausalität der schweren Verletzung ihrer Leibesfrucht wird davon ohnehin nicht berührt. Die Wertungsfrage kann hier nur darauf zielen, ob der Gesundheitsschaden, der die Klägerin als Leibesfrucht getroffen hat, sich in einem Rahmen bewegt, der nicht über das hinausgeht, was ein Kind im Mutterleib dadurch erleidet, dass es am allgemeinen Lebensschicksal der Mutter teilnimmt und von deren jeweiliger Befindlichkeit mitbetroffen wird. Diese Frage lässt sich, da es eben um Ansprüche des Kindes geht, nur nach der Schwere seiner pränatalen Schädigung beantworten. Danach kommt aber aus solchen Erwägungen heraus eine Haftungseinschränkung im Streitfall sicher nicht in Betracht.
c) Schließlich ist die Beeinträchtigung eines werdenden Kindes, die durch die psychisch vermittelte Verletzung der Schwangeren hervorgerufen wird, nicht etwas derart Ungewöhnliches und Fernliegendes, dass sie hier als Teil des allgemeinen Lebensrisikos angesehen werden müsste und deshalb außerhalb des Haftungszusammenhangs steht. Vielmehr entspricht es der Erfahrung und stellt nicht nur eine sehr seltene medizinische Komplikation dar, dass eine Schwangere, die einem Ereignis ausgesetzt wird, das starke Schreckens- und Trauergefühle hervorrufen kann, nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch ihr werdendes Kind gefährdet bis zum Risiko einer Fehlgeburt. Nichts anderes ist hier geschehen: Aus ärztlicher Sicht lassen sich die physiologischen Vorgänge beim Erleiden eines schweren Schocks der Mutter, die das Leben und die Gesundheit der Leibesfrucht tangieren, ohne weiteres objektivieren. So haben die medizinischen Gutachter auch in dem angeführten, vom erkennenden Senat seiner Zeit entschiedenen Fall als Ursache für die Schädigung ernsthaft eine Minderdurchblutung der mütterlichen Placenta und eine dadurch hervorgerufene Mangelversorgung der Leibesfrucht in Betracht gezogen, d.h. einen Geschehensablauf, der sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch im Streitfall verwirklicht hat.
3. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die nicht weiter begründete Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Fahrlässigkeit des Fahrers des US- Sattelzugschleppers nicht nur die Verletzung der Mutter umfasste, sondern auch die Verletzung ihrer Leibesfrucht und damit des klagenden Kindes. Der Kläger braucht nicht zu beweisen, dass der Schädiger vorhersehen konnte, eine Schwangere oder/und ein werdendes Kind zu verletzen. Es genügt für seine Haftung, dass er die Möglichkeit des Eintrittes eines schädigenden Erfolges im allgemeinen hätte erkennen müssen; wie sich die Schadensfolgen dann im einzelnen entwickeln würden, braucht nicht vorausgesehen werden (vgl. das mehrfach zitierte Senatsurteil BGHZ 58, 48, 56). Wenn ein Gesundheitsschaden unter Einwirkungen auf die Psyche des Verletzten in rechtlich zurechenbarer Weise herbeigeführt wird, und darum handelt es sich bei der Schockbeeinträchtigung der Mutter der Klägerin, muss sich freilich das Verschulden des Täters auch auf diese Auswirkungen beziehen (Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 235/74 - NJW 1976, 1143 = VersR 1976, 639). Indessen ist es voraussehbar, dass die Nachricht von der schweren Verletzung eines nahen Angehörigen diesen ernsthaften Gesundheitszustand zufügen kann. Etwaige wertende Einschränkungen der Haftung bei der Verwirklichung von Gefahren, die außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegen, ließen sich nur über die oben bereits erörterte wertende Prüfung der Zurechenbarkeit erfassen. ..."