Falsche Angaben über Zeugen zu einem Kfz-Diebstahl sind eine Verletzung der dem Versicherungsnehmer obliegenden Aufklärungspflicht, so dass der Kaskoversicherer von seiner Leistungspflicht frei wird.Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Versicherungsnehmer einer über das Motorrad, amtliches Kennzeichen ..., bei der Beklagten abgeschlossenen Teilkaskoversicherung. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (AKB) zu Grunde. Das Motorrad war jedenfalls zwischenzeitlich der finanzierenden Santander Bank sicherungsübereignet.
Der Kläger zeigte am 14.05.2008 gegen 5:45 Uhr bei der Polizei den Diebstahl des Motorrades an. In einem mit der Schadensanzeige der Beklagten übersandten Ergänzungsformular vom 19.05.2007 gab er unter Ziff. 13 als Zeugen für das Abstellen seine Ehefrau an.
Das Ergänzungsformular enthält in Fettdruck über der Unterschrift des Klägers folgenden Hinweis:„Bitte beantworten Sie alle gestellten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben auch dann zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf Versicherungsschutz führen können, wenn dem Versicherer dadurch ein Nachteil nicht entsteht.“In der Zeugenvernehmung bei der Polizei am 24.05.2007 gab er als Zeuge für das Abstellen seine Tochter an, im Rechtstreit hat er ferner noch seine Mutter und seine Schwiegermutter als Zeugen benannt.
Das Motorrad hat einen Restwert von 10 800,00 €.
Der Kläger behauptete, unter Verweis auf ein Schreiben der X vom 31.05.2007, in dem bestätigt wird, dass die Finanzierung erledigt sei, er sei nunmehr Eigentümer des Motorrades. Ferner er habe es am Sonntag, dem 13.05.2007, vor seinem Haus geparkt und sei mit dem Fahrrad zur Nachtschicht gefahren. Am Morgen des 14.05.2007 als er von der Nachtschicht zurückgekommen sei, sei das Motorrad weg gewesen. Er behauptet ferner, die außergerichtlich angefallen Kosten seien von ihm bezahlt worden. Neben diesen und dem Restwert des Motorrads macht er eine Auslagenpauschale von 25,00 € geltend.
Nachdem er zunächst mit dem Antrag zu 1) die Zahlung von 10 825,00 € beantragt hat, hat er die Klage um die Selbstbeteiligung von 150,00 € zurückgenommen.
Die Beklagte behauptete, der Diebstahl sei vorgetäuscht. Ferner berief sie sich auf Leistungsfreiheit wegen der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten. Diese folge aus falschen Angaben zu den Schlüsseln, zur Laufleistung des Motorrades, zum Top Case, zum letzten Werkstattaufenthalt und daraus, dass der Kläger falsche Angaben zu den vorhandenen Zeugen für das Abstellen des Motorrades gemacht habe.
Die Klage blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes des Motorrades nach § 49 VVG a.F., §§ 12, 13 AKB, da die Beklagte wegen der Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit von ihrer Leistungspflicht freigeworden ist, § 7 I Nr. 2 S. 3, V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F.
Daher kann offen bleiben, ob die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG versäumt wurde, indem der Kläger eine Klage auf Leistung an sich selbst erhoben hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger den ihm obliegenden Beweis für das Nichtauffinden des Motorrades mit dem in der mündlichen Verhandlung auf gerichtlichen Hinweis benannten Zeugen führen kann oder die Beklagte den ihr obliegenden Beweis dafür, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Diebstahl vorgetäuscht ist.
Die Beklagte ist wegen Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit durch den Kläger nach § 7 I Nr. 2 S. 3, V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. von ihrer Leistungspflicht befreit. Nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Dazu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu unterrichten, die für die Regulierung von Bedeutung sind. Der Kläger hat diese Aufklärungsobliegenheit im vorliegenden Fall verletzt.
Unstreitig hat der Kläger trotz ordnungsgemäßer Belehrung in dem Ergänzungsformular zur Schadensanzeige falsche Angaben zu den zur Verfügung stehenden Zeugen zum Abstellen des Motorrades gemacht. In dem Formular „Ergänzung der Schadensmeldung“ hat er nur seine Ehefrau mit der Angabe 17:00 Uhr aufgeführt, so dass sich diese Angabe nicht lediglich darauf beziehen kann, dass sie später noch den Hund ausgeführt hat und die letzte gewesen ist, die das Motorrad gesehen haben soll. Bereits bei polizeilichen Vernehmung kurze Zeit nach dem Vorfall hat der Kläger (alleine) seine Tochter für das Abstellen benannt. Im Prozess hat der Kläger schließlich noch seine Mutter und Schwiegermutter benannt.
Damit liegt eine objektive Falschangabe vor. Dieser Verstoß, dessen Folgenlosigkeit einmal unterstellt wird, ist im Fall der Geltendmachung von Versicherungsleistungen wegen eines Fahrzeugdiebstahls generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Der Kaskoversicherer muss für seine Regulierungsentscheidung über die zur Verfügung stehenden Zeugen informiert sein, um die Angaben des Versicherungsnehmers überprüfen zu können. Außerdem hat der Versicherer auch ein Interesse daran, dass der Versicherungsnehmer möglichst zeitnah nach Eintritt des Versicherungsfalls vollständige Angaben macht, damit die Möglichkeit nachträglicher – möglicherweise unzutreffender – Ergänzungen oder Änderungen der Schilderung des Hergangs ausgeschaltet wird (vgl. OLG Köln RuS 2001, 14 zitiert nach juris, dort Rn. 6; OLG Köln RuS 2006, 326 zitiert nach juris dort Rn. 27).
Den Kläger trifft auch ein erhebliches Verschulden. Nur wenn ein Verstoß vorliegt, der auch einem sonst ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für den ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag, kann ein erhebliches Verschulden zu verneinen sein. Es ist aber für jedermann leicht erkennbar, dass bei Fahrzeugentwendungsfällen Zeugen für das Abstellen und Nichtwiederauffinden von besonderer Wichtigkeit sind.
Der Vortrag des Klägers ist nicht geeignet die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a.F. zu widerlegen. Seine Tochter hat er bereits gegenüber der Polizei – wenige Tage nach Ausfüllen der Schadensanzeige – als Zeugin benannt. Mit seiner Mutter und seiner Schwiegermutter will er sich nach dem Abstellen des Motorrades noch unterhalten haben, als diese beim Abstellen aus der Haustür kamen. Es erschließt sich daher nicht, warum er diese Zeugen wenige Tage nach dem Geschehen nicht gegenüber der Beklagten als Zeugen benannt hat.
Demnach kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte auch wegen der Verletzung von weiteren Aufklärungspflicht von ihrer Leistungspflicht freigeworden ist. ..."