Das Verkehrslexikon
OLG Schleswig Beschluss vom 08.10.2002 - 2 SsOWi 127/02 (115/02 - Zur Zulässigkeit einer mit einer Bedingung verbundenen Zustimmung zum Beschlussverfahren
OLG Schleswig v. 08.10.2002: Zur Zulässigkeit einer mit einer Bedingung verbundenen Zustimmung zum Beschlussverfahren
Das OLG Schleswig (Beschluss vom 08.10.2002 - 2 SsOWi 127/02 (115/02)) hat entschieden:
Dem ausdrücklichen Widerspruch des Betroffenen gegen das Beschlussverfahren gemäß § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG ist der Fall gleichzusetzen, dass der Betroffene sein Einverständnis nur unter einer einschränkenden Bedingung erklärt (hier: Herabsetzung der Geldbuße für eine Verkehrsordnungswidrigkeit auf unter 40 EURO). Die Zulässigkeit einer solchen Bedingung ist für den hier gegebenen Fall, dass es ausschließlich in der Hand des Gerichts liegt, der Bedingung zu entsprechen, anzuerkennen. Beabsichtigt das Gericht das Verfahren mit einem anderen, dem Betroffenen nachteiligeren Ergebnis abzuschließen (hier: Verhängung einer Geldbuße von 40 EURO), wirkt sich das eingeschränkte Einverständnis als Widerspruchserklärung aus, die eine Beschlussentscheidung grundsätzlich sperrt.
Siehe auch Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung und Säumnis des Betroffenen und Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Landeshauptstadt Kiel hat durch Bescheid vom 26. Februar 2002 gegen den Betroffenen wegen Überladung seines Lastkraftwagens am 11. Januar 2002 eine Geldbuße von 60 Euro festgesetzt. Auf seinen rechtzeitigen Einspruch hat das Amtsgericht Kiel Hauptverhandlung auf den 12. August 2002 anberaumt. Der Betroffene hat in seinem Schreiben vom 12. Juli 2002 u. a. ausgeführt:
"Höchst vorsorglich teilen wir mit, daß auch bei einer Herabsetzung der Geldbuße im Beschlusswege auf unter 40,00 Euro Einverständnis mit Entscheidung im Beschlussverfahren besteht und auf Begründung verzichtet wird."
Das Amtsgericht hat den Termin am 12. August 2002 wegen Verhinderung des Verteidigers aufgehoben und bei der Staatsanwaltschaft angefragt, ob einer Entscheidung im Beschlusswege widersprochen wird. Die Staatsanwaltschaft hat der beabsichtigten Verfahrensweise zugestimmt. Das Amtsgericht hat sodann durch den angefochtenen Beschluss gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 40 Euro festgesetzt. Der Betroffene macht mit seiner zulässig eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde geltend, dass eine Zustimmung zur Entscheidung im Beschlussverfahren nicht vorgelegen habe.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG statthaft. Die Verfahrensrüge ist zulässig ausgeführt worden. Der Betroffene hat die Tatsachen für die fehlende Zustimmung zur Entscheidung im Beschlussverfahren in seiner Rechtsmittelschrift ordnungsgemäß vorgetragen.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Denn in seinem Schreiben vom 12. Juli 2002 hat der Betroffene ausdrücklich erklärt, er sei mit einer Entscheidung im Beschlusswege einverstanden, wenn eine Geldbuße unter 40 Euro festgesetzt werde. Daraus ergibt sich ein Widerspruch gegen das Verfahren, wenn eine Geldbuße von 40 Euro und darüber festgesetzt werden sollte. Die Staatsanwaltschaft hat dazu u. a. ausgeführt:
"Dem ausdrücklichen Widerspruch gegen das Beschlussverfahren gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG ist der Fall gleichzusetzen, dass ein Betroffener sein Einverständnis nur unter einer einschränkenden Bedingung erklärt. Die Zulässigkeit einer solchen Bedingung ist für den hier gegebenen Fall, dass es ausschließlich in der Hand des Gerichts liegt, der Bedingung zu entsprechen, allgemein anerkannt (vgl. OLG Hamm, NStZ 1982, 388; OLG SchlH, MDR 1988, 568; OLG Düsseldorf, VRS 88, 380; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 72, Rdn. 22 m.w.N.). Beabsichtigt das Gericht, das Verfahren mit einem anderen, dem Betroffenen nachteiligeren Ergebnis abzuschließen, wirkt sich das eingeschränkte Einverständnis als Widerspruchserklärung aus, die eine Beschlussentscheidung grundsätzlich sperrt. So ist es in dem vorliegend zu beurteilenden Fall, da das Amtsgericht Kiel dem Anliegen der Verteidigung nicht entsprochen, sondern gleichwohl eine Geldbuße von 40,00 EUR verhängt hat. Mithin stand das als Widerspruchserklärung anzusehende eingeschränkte Einverständnis des Betroffenen einer Beschlussentscheidung vorliegend entgegen."
Dem ist beizutreten. Der angefochtene Beschluss musste deshalb mit den Feststellungen aufgehoben und gemäß §§ 79 Abs. 6 OWiG, 354 Abs. 2 StPO an das Amtsgericht Kiel, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben wird, zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden. ..."