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OLG Saarbrücken (Urteil vom 28.01.2009 - 5 U 278/08 - Zum Ersatz der Umsatzsteuer in der Kaskoversicherung nur bei nachgewiesenem Anfall
OLG Saarbrücken v. 28.01.2009: Zum Ersatz der Umsatzsteuer in der Kaskoversicherung nur bei nachgewiesenem Anfall
Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 28.01.2009 - 5 U 278/08) hat entschieden:
Eine Regelung der AKB, nach der die Umsatzsteuer vom Versicherer nur zu ersetzen ist, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, ist ungeachtet des Umstands wirksam, dass im Schadensrecht Ersatz für Bruttowiederbeschaffungskosten verlangt werden kann, wenn sie bei einem Erwerb von einem Privaten dem Betrag nach angefallen sind
Siehe auch Umsatzsteuerersatz in der Kaskoversicherung - Fahrzeugversicherung und Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer allgemein - Mehrwertsteuer
Aus den Entscheidungsgründen:
"I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Fahrzeugversicherung, die sie seit dem 01.01.2006 für ihren Pkw Dodge Viper mit Vollkaskoschutz bei der Beklagten unterhält. Dieser Versicherung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) in der Fassung vom 01.07.2005 zugrunde (Bl. 12 ff d.A.).
Der versicherte Pkw der Klägerin wurde am 24.05.2006 bei einem Unfall so erhebliche beschädigt, dass eine Instandsetzung Kosten von rund 120 000,00 EUR erfordert hätte. Der Wiederbeschaffungswert betrug laut einem eingeholten Gutachten 65 000,00 EUR brutto bzw. 56 034,48 EUR netto. Die Klägerin ließ den Pkw nicht reparieren. Sie nahm auch keine Ersatzbeschaffung vor. Die Beklagte berief sich deshalb auf § 13 Abs. 6 AKB und entschädigte die Klägerin unter Zugrundelegung des Nettowiederbeschaffungswertes. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die nicht erstattete Umsatzsteuer in Höhe von 8 965,52 EUR.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 30.05.2008 - Az: 12 O 456/06 - abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin. Sie hält § 13 Abs. 6 AKB für überraschend, unklar und intransparent.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 30.05.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken (Az.: 12 O 456/06) die Beklagte zu verurteilen, an sie 8 965,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11.2006 sowie einen Betrag in Höhe von 361,75 EUR als Nebenforderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung einer höheren als der von der Beklagten berechneten und ausgeglichenen Kaskoentschädigung zu (§ 1 Abs. 1 S. 1 VVG a.F., § 13 Abs. 6 AKB, Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG).
(1.) Nach § 13 Abs. 6 AKB ist die Umsatzsteuer vom Versicherer nur zu ersetzen, wenn und soweit sie tatsächlich wegen einer durchgeführten Reparatur oder einer Ersatzbeschaffung angefallen ist. Ein fiktiver Ersatz der in einem Sachverständigengutachten berücksichtigten Umsatzsteuer bei unterbliebener Reparatur bzw. unterbliebener Ersatzbeschaffung scheidet aus. Dieses Verständnis von § 13 Abs. 6 AKB ist eindeutig, so dass keine unklaren Bedingungen vorliegen, die nach § 305c Abs. 2 BGB zugunsten der Klägerin anzuwenden wären.
Maßgebend für die Auslegung einer Allgemeinen Versicherungsbedingung ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die jeweilige Bestimmung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss ( BGH, Urt.v. 19.02.2003 - IV ZR 318/02 - VersR 2003, 454). Auszugehen ist dabei vom Wortlaut der Klausel ( BGH, Urt.v. 16.05.1990 - IV ZR 137/89 - NJW 1990, 2388). Zu berücksichtigen sind aber auch die Erwartungen, die ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer an seinen Versicherungsschutz billigerweise stellen kann ( BGH, Urt.v. 16.10.1991 - IV ZR 257/90 - VersR 1992, 47).
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt bei aufmerksamer Durchsicht, dass in § 13 Abs. 1 AKB die Berechnung der Entschädigungsleistung dem Grundsatz nach festgelegt ist, die Einzelheiten sich aber aus den folgenden Absätzen ergeben. Dies wird durch den „Soweit-Zusatz“ in § 13 Abs. 1 S. 1 AKB ausdrücklich bestimmt. Im Folgenden wird deutlich, dass im Anschluss an die Absätze 1a bis 3, die sich mit Besonderheiten befassen, Absatz 4 den Fall der Zerstörung bzw. des Verlustes des Fahrzeugs und Absatz 5 den Fall der Beschädigung regelt. In keinem dieser Absätze ist eine Aussage darüber getroffen, ob und wann die Umsatzsteuer ersetzt wird. Die in Absatz 6 sich anschließende Regelung zur Umsatzsteuer versteht der Leser deshalb als generelle Einschränkung der sich aus den vorherigen Absätzen ergebenden Berechnungsweise der Entschädigungsleistung. Anhaltspunkte dafür, Absatz 6 nur auf Absatz 5 zu beziehen, wie die Klägerin meint, gibt es nicht. Dann hätte die Verwendung eines Unterabsatzes in Absatz 5 nahegelegen, zumal Absatz 5 bereits mehrere Unterabsätze aufweist. Außerdem ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Regelung zur Umsatzsteuer bei Zerstörung, Verlust bzw. Beschädigung des Fahrzeugs unterschiedlich sein sollte. Auch die folgenden Absätze 7 bis 10 weisen keine Anhaltspunkte dafür auf, dass sie sich nur auf den Fall der Zerstörung bzw. des Verlustes oder den Fall der Beschädigung beziehen sollen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht § 13 Abs. 6 AKB - ebenso wie die folgenden Absätze - deshalb als unterschiedslose Regelung für jeden Grund der Schadensentstehung und jede Art der Beseitigung des Schadens.
Der durchschnittliche Leser bezieht das Anfallen der Umsatzsteuer auch - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - auf die Abwicklung des Schadensfalles, und nicht auf die Anschaffung des Fahrzeugs. Die gesamte Regelung des § 13 AKB ist ausgerichtet auf die Bestimmung der Entschädigungsleistung nach dem Wiederbeschaffungswert am Tage des Schadens (Absatz 1) bzw. den erforderlichen Wiederherstellungskosten (Absatz 5). In diesem Sinnzusammenhang betrifft die Regelung zur Umsatzsteuer erkennbar die Unterscheidung danach, ob bei der konkreten Schadensbeseitigung Umsatzsteuer angefallen ist oder nicht, zumal Absatz 6 offensichtlich verhindern soll, dass der Versicherungsnehmer Ersatz für eine gutachterlich berücksichtigte Umsatzsteuer erhält, die im konkreten Fall bei der Schadensbeseitigung nicht vom Versicherungsnehmer zu leisten ist. Einen Bezug dazu, ob bei der Anschaffung des Fahrzeugs Umsatzsteuer angefallen war oder nicht, gibt es deshalb weder vom Wortlaut noch vom Sinnzusammenhang her. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, wenn der Versicherer nach diesem Kriterium unterscheiden würde. Dann müsste er einem Versicherungsnehmer die für die Schadensbeseitigung kalkulierte Umsatzsteuer erstatten, wenn bei der Anschaffung des Fahrzeugs Umsatzsteuer angefallen war, auch wenn diese bei der Schadensbeseitigung nicht anfällt. Umgekehrt müsste er einem Versicherungsnehmer die Umsatzsteuer nicht erstatten, obwohl diese bei der Schadensabwicklung anfällt, wenn dieser bei der Anschaffung des Fahrzeugs nicht umsatzsteuerbelastet war. Dies wäre systemwidrig für die gesamte Regelung des § 13 AKB, die erkennbar auf den Wert am Tag des Schadens abstellt und auf den Ausgleich der konkreten Aufwendungen zur Schadensbeseitigung abzielt. Dies versteht der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne weiteres.
Dieses Verständnis des § 13 Abs. 6 AKB berücksichtigt auch die berechtigten Erwartungen, die ein Versicherungsnehmer an seinen Versicherungsschutz billigerweise stellen kann. Von der Schadensversicherung erwartet der Versicherungsnehmer einen Ausgleich für die Aufwendungen, die ihm durch den Schaden entstehen. In dieser Erwartung wird er durch § 13 Abs. 6 AKB nicht enttäuscht, sondern versteht gerade wegen dieser Erwartung, dass er keinen Ersatz für die fiktive Umsatzsteuer erhält, wenn er keine entsprechende konkrete Aufwendung zur Schadensbeseitigung hat.
Eine vergleichbare Regelung zur Umsatzsteuer in Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung hat das Oberlandesgericht Celle (VersR 2008, 1204) ebenfalls für eindeutig gehalten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt.v. 24.05.2006 - IV ZR 263/03 - VersR 2006, 1066) betrifft dagegen einen anderen Fall. Dort ging es um Versicherungsbedingungen, die so unklar formuliert waren, dass der Versicherungsnehmer nicht sicher sein konnte, ob er bei einer Ersatzbeschaffung die dafür aufgewendete Umsatzsteuer ersetzt bekommen würde, wenn das unrepariert veräußerte Fahrzeug noch reparaturfähig war. Der Versicherungsnehmer konnte die Regelung zur Umsatzsteuer als weitere Einschränkung des Anspruchs auf Ersatz der Reparaturkosten verstehen. Dies ist - wie oben ausgeführt - nach § 13 AKB, wie von der Beklagten verwendet, nicht der Fall. Vielmehr stellt § 13 Abs. 5 S. 2 AKB klar, dass der Versicherungsnehmer statt der Durchführung der Reparatur den Ersatz der geschätzten Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes (abzüglich Restwert) verlangen kann und bezieht in Abs. 6 die Regelung zur Umsatzsteuer auch auf den Fall der Ersatzbeschaffung.
(2.) § 13 Abs. 6 AKB ist auch wirksam und verstößt nicht gegen § 305c Abs. 1 BGB oder gegen § 307 BGB, die nach Art. 229 § 5 EGBGB bei Dauerschuldverhältnissen ab dem 01.01.2003 anzuwenden sind.
Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind inhaltlich zu kontrollieren. Damit bleibt nur der enge Bereich solcher Leistungsbeschreibungen der Überprüfung entzogen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann ( BGH, Urt.v. 23.11.1994 - IV ZR 124/93 - BGHZ 128,54). Die Beschränkung der Leistungen in § 13 Abs. 6 AKB durch die Regelung zur Umsatzsteuer ist für die Bestimmung des wesentlichen Vertragsinhalts nicht zwingend, sondern begrenzt lediglich das Hauptleistungsversprechen. § 13 Abs. 6 AKB ist damit der Inhaltskontrolle nicht entzogen.
(a) Ob eine Klausel in Versicherungsbedingungen überraschend gemäß § 305c Abs. 1 BGB ist, entscheidet sich danach, ob zwischen den Erwartungen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers und dem Inhalt einer Klausel eine deutliche Diskrepanz besteht, mit der der Versicherungsnehmer nicht zu rechnen brauchte. Die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers werden von allgemeinen Umständen (wie z.B. dem Grad der Abweichung vom dispositiven Recht) und den besonderen Umständen, unter denen der Vertrag geschlossen wurde (Gang und Inhalt der Verhandlungen, äußerer Zuschnitt des Vertrags) bestimmt ( BGH, Urt.v. 21.11.1991 - IX ZR 60/91 - NJW 1992, 1234; Senat, Urt.v. 27.10.1993 - 5 U 197/93 - 15 - VersR 1994, 720).
Die Parteien haben keine individuellen Regelungen zur Höhe der Ersatzleistung getroffen, so dass die Klägerin von einer entsprechenden Regelung in den Versicherungsbedingungen ausgehen musste. Sie hatte deshalb Anlass, die Bedingungen genau zu lesen, wenn sie der Umfang des Versicherungsschutzes interessierte. Durch die hervorgehobene Überschrift von § 13 AKB „Ersatzleistung“ ist die maßgebliche Textstelle leicht zu finden und befindet sich am Anfang der Bestimmungen zur Fahrzeugversicherung. Die Regelung zur Umsatzsteuer befindet sich in § 13 AKB im richtigen Kontext, nicht an versteckter Stelle und ist als eigener Absatz der äußeren Erscheinung nach leicht wahrnehmbar.
Schließlich erwartet ein Versicherungsnehmer nicht den Ersatz tatsächlich nicht entstandener Aufwendungen. Er kennt im Zweifel die frühere Rechtsprechung zur Ersatzpflicht auch der fiktiven Umsatzsteuer ( BGH, Urt.v. 30.01.1985 - IVa ZR 109/83 - VersR 1985, 354) nicht, denn es ist auf den durchschnittlichen Versicherungsnehmer abzustellen. Interessiert er sich dagegen für die Rechtslage, so rechnet er auch nach der Änderung von § 249 BGB mit einer Einschränkung der Erstattung fiktiver Umsatzsteuer im Versicherungsrecht. Ein Verstoß gegen das Leitbild des Versicherungsvertrages liegt auch nicht darin, dass ein tatsächlich nicht entstandener Aufwand von der Ersatzleistung ausgenommen wird (OLG Köln, r+s 2006, 102; OLG Frankfurt, VersR 2004, 1551). Die systematisch am richtigen Ort und in einem gesonderten Absatz hervorgehobene Regelung zur Umsatzsteuer hat deshalb keinen Überrumpelungscharakter.
(b) Es liegt auch kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB vor. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darf keine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung vorliegen und nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB dürfen Rechte und Pflichten nicht so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Keiner dieser Fälle liegt vor.
Ein gesetzliches Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, von dem § 13 Abs. 6 AKB abweicht, gibt es nicht. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. hat der Versicherer bei der Schadensversicherung den durch den Versicherungsfall verursachten Vermögensschaden nach Maßgabe des Vertrages zu ersetzen. Art und Umfang der zu ersetzenden Schäden ergeben sich deshalb aus den Vereinbarungen der Parteien des Versicherungsvertrages. In seinem Urteil vom 24.05.2006 (IV ZR 263/03 - VersR 2006, 1066) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass seine frühere Rechtsprechung ( BGH, Urt.v. 30.01.1985 - IVa ZR 109/83 - VersR 1985, 354) die Auslegung der im entschiedenen Fall zugrundeliegenden Vereinbarungen der Parteien betraf, und nicht einen allgemeingültigen Grundsatz der Fahrzeugversicherung.
Durch § 13 Abs. 6 AKB wird auch nicht die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dies ist nur dann der Fall, wenn AGB-Klauseln wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, entgegen den vertragstypischen Erwartungen des redlichen Geschäftsverkehrs einschränken. Die Kaskoversicherung ist ihrer Natur nach jedoch nicht zwingend auf den vollen Ersatz des Vermögensschadens gerichtet ( BGH, Urt.v. 24.05.2006 - IV ZR 263/03 - VersR 2006, 1066). Im Übrigen steht es der Klägerin frei, im Rahmen des § 13 AKB zu entscheiden, für welchen Weg der Schadensbeseitigung sie sich entschließt und einen Ersatz der angefallenen Umsatzsteuer zu erhalten, wenn diese tatsächlich anfällt. Dadurch wird der Vertragszweck nicht gefährdet (OLG Frankfurt, VersR 2004, 1551; OLG Celle, VersR 2008 1204). Das Wahlrecht wird auch zeitlich nicht unzulässig eingeschränkt. Im Rahmen von § 8 AKB kann der Versicherungsnehmer bei einer späteren Ersatzbeschaffung oder Reparatur den anfallenden Umsatzsteuerbetrag nachträglich beanspruchen.
Es liegt auch bei Abwägung aller Interessen keine unangemessene Regelung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Das Wahlrecht des Versicherungsnehmers zwischen Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung wird von § 13 Abs. 6 AKB nicht beeinträchtigt. Der Versicherungsnehmer erleidet auch keine Vermögenseinbuße, wenn er keine Umsatzsteuer ersetzt bekommt, die er nicht bezahlen muss. Der Bundesgerichtshof verneinte sogar weitergehend bei Versicherungsbedingungen einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, die bei einer Ersatzbeschaffung die dafür tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuer von der Ersatzleistung ausnahmen, wenn das unrepariert veräußerte Fahrzeug noch reparaturfähig war. Wenn die Versicherungsbedingungen klar seien und der Versicherungsnehmer die Wahl der Schadensabwicklung habe, sei sogar in diesem Fall ein Nachteil des Versicherungsnehmers nicht erkennbar ( BGH, Urt.v. 24.05.2006 - IV ZR 263/03 - VersR 2006, 1066).
(c) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners ( BGH, Urt.v. 26.09.2007 - IV ZR 252/06 - VersR 2007, 1690).
Wie oben bereits ausgeführt, ist die Regelung des § 13 AKB insgesamt verständlich und bestimmt mit ausreichender Deutlichkeit in Absatz 6, dass generell bei der Schadensbeseitigung die Umsatzsteuer nicht fiktiv erstattet wird. Verzichtet der Versicherungsnehmer also auf eine Reparatur und Ersatzbeschaffung, kann er eine im Bruttowiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer nicht beanspruchen. Diese Einschränkung wird dem Versicherungsnehmer in Absatz 6 unmissverständlich vor Augen geführt. Es wird auch nicht am Anfang in § 13 Abs. 1 AKB die Erwartung geweckt, der Wiederbeschaffungswert sei ein Bruttowert, der erst in § 13 Abs. 6 AKB im Nachhinein auf den Nettowert beschränkt wird, wie es die Klägerin meint. Die Absätze 1 bis 5 äußern sich zu der Frage, ob bei der Bestimmung der Ersatzleistung die Umsatzsteuer berücksichtigt wird, nicht, so dass Absatz 6 kein Widerspruch zu den früheren Absätzen ist, sondern eine Ergänzung, auf die in Absatz 1 mit dem Verweis auf die folgenden Absätze ausdrücklich hingewiesen wird. Auch liegen nach dem oben Gesagten nicht die unklaren Formulierungen zugrunde, wie sie in den Versicherungsbedingungen enthalten waren, über die der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 205.2006 - IV ZR 263/03- VersR 2006, 1066) zu entscheiden hatte.
Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann - entgegen der Argumentation der Klägerin - auch nicht darin gesehen werden, dass wegen § 13 Abs. 6 AKB der Versicherungsnehmer von der Durchsetzung berechtigter Ansprüche abgehalten und dem Versicherer die Möglichkeit eingeräumt würde, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klauselgestaltung abzuwehren (allgemein dazu: BGH, Urt.v. 20.07.2005 - VIII ZR 121/04 - NJW-RR 2005, 1496).
Der Sachverhalt, auf den die Klägerin abstellt, rechtfertigt diese Einschätzung nicht. Zwar wurde nach Inkrafttreten von § 249 Abs. 2 S. 2 BGB im Schadensrecht diskutiert, ob diese Regelung zu einer Reduzierung der Ersatzleistung auf den Nettowiederbeschaffungswert führt, wenn der Wiederbeschaffungswert durch einen Sachverständigen als Bruttowert inklusive der Regelumsatzsteuer (19 %) beziffert wird, weil der Sachverständige feststellt, dass die - für die fiktive Abrechnung - statistisch wahrscheinlichste Erwerbsmöglichkeit der Kauf einer regelbesteuerten Ersatzsache ist, der Geschädigte hingegen von Privat, also ohne Entstehen einer Umsatzsteuer, eine Ersatzsache zu einem Kaufpreis erwirbt, der dem vom Sachverständigen geschätzten Bruttowert entspricht. In diesem Fall gilt im Schadensrecht, dass bei konkreter Ersatzbeschaffung eines gleichartigen Fahrzeugs zu dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-) Wiederbeschaffungswert der tatsächlich hierfür aufgewendete Betrag unabhängig davon ersetzt werden muss, ob in ihm eine Regelumsatzsteuer, eine Differenzsteuer oder keine Umsatzsteuer enthalten ist ( BGH, Urt.v. 01.03.2005 - VI ZR 91/04 - VersR 2005, 994).
Im Versicherungsrecht ergibt die Auslegung von § 13 AKB nach den oben dargelegten Grundsätzen in diesem Fall mit ausreichender Klarheit, dass der Versicherungsnehmer - ebenso wie im Schadensrecht - den tatsächlich aufgewendeten Betrag bis zur Höhe des Bruttowiederbeschaffungswertes unabhängig davon erhält, ob im Kaufpreis eine Regelumsatzsteuer, eine Differenzsteuer oder keine Umsatzsteuer enthalten ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, der nicht über juristischen Kenntnisse zu § 249 Abs. 2 S. 2 BGB verfügt, bezieht nämlich die Regelung in § 13 Abs. 6 AKB auf den Fall der fiktiven Abrechnung, also den Sachverhalt, in dem die Ersatzbeschaffung oder Reparatur - nach einem Sachverständigengutachten, welches eine Umsatzsteuer ausweist - tatsächlich nicht erfolgt. Er kommt nicht auf den Gedanken, dass § 13 Abs. 6 AKB den von der Klägerin herangezogenen Fall überhaupt erfasst, weil beim Privatkauf keine Umsatzsteuer anfällt und eine Differenzierung danach, ob sie anfällt oder nicht, für ihn fernliegend erscheint. Fernliegende Auslegungsvarianten können jedoch regelmäßig nur in Betracht gezogen werden, wenn ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Beurteilung der Bestimmungen vorliegen ( BGH, Urt.v. 29.05.2008 - III ZR 330/07 - NJW 2008, 2495; BGH, Urt.v. 23.11.2005 - VIII ZR 154/04 - NJW 2006, 1056). Solche Anhaltspunkte gibt es nicht. Vielmehr hält sich der durchschnittliche Versicherungsnehmer aus seiner Sicht im Rahmen des Wiederbeschaffungswertes nach § 13 Abs. 1 S. 2 AKB, und wird an keiner Stelle auf eine bestimmte Art der Wiederbeschaffung durch Erwerb einer Ersatzsache vom Händler oder von Privat festgelegt. Auch erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer nach der Interessenlage der Beteiligten und dem Sinnzusammenhang der Regelungen des § 13 AKB nicht, dass eine Differenzierung bei der Berechnung der Versicherungsleistung - beim nicht vorsteuerabzugsberechtigten Anspruchsinhaber - danach angezeigt wäre, ob bei einer konkreten Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer anfällt oder nicht.
Wegen dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses ist weder für die Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB noch für die Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Raum.
Sähe man dies anders und hielte § 13 Abs. 6 AKB in diesem Fall für mehrdeutig, ohne dass die Möglichkeit bestände, die Mehrdeutigkeit im Rahmen der objektiven Auslegung zu beseitigen, würde § 305c Abs. 2 BGB eingreifen, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Dies führte dann, wenn eine mögliche Auslegungsvariante zur materiellen Unwirksamkeit der Regelung nach § 307 BGB führte, dazu, dass die kundenfeindlichste Variante sich mit der Folge der Unwirksamkeit der Regelung durchsetzt ( BGH, Urt.v. 23.04.2008 - XII ZR 62/06 - NJW 2008, 2497). Eine solche Variante gibt es hier jedoch nicht, weil die Kaskoversicherung ihrer Natur nach nicht zwingend auf den vollen Ersatz des Vermögensschadens gerichtet ist ( BGH, Urt.v. 24.05.2006 - IV ZR 263/03 - VersR 2006, 1066), es also keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers wäre, wenn er beim Kauf von Privat anstatt vom Händler den Umsatzsteueranteil des Kaufpreises nicht erhielte. Außerdem stände es dem Versicherungsnehmer frei, eine Ersatzbeschaffung unter Anfall der Umsatzsteuer durchzuführen. Deshalb würde jedenfalls die Unklarheitenregelung dazu führen, dass die kundenfreundlichste Auslegungsvariante Anwendung fände, der Versicherungsnehmer also den tatsächlich aufgewendeten Kaufpreis bis zum Bruttowiederbeschaffungswert in jedem Fall ersetzt erhielte. Einen Verstoß gegen das Transparenzgebot könnte man dann nur bejahen, wenn der Versicherungsnehmer durch die Gestaltung der AKB von der Durchsetzung berechtigter Ansprüche abgehalten und dem Versicherer die Möglichkeit eingeräumt würde, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klauselgestaltung abzuwehren, was durch eine klarere Fassung der Versicherungsbedingungen hätte vermieden werden können (allgemein dazu: BGH, Urt.v. 20.07.2005 - VIII ZR 121/04 - NJW-RR 2005, 1496; Coester in: Staudinger, BGB, 2006, § 307 Rn. 172). Die Anforderungen an das Transparenzgebot dürfen jedoch nicht überspannt werden. Das Transparenzgebot verlangt nicht, alle möglichen Folgen einer Versicherungsbedingung zu regeln. Es darf nicht verkannt werden, dass es kaum möglich ist, alle Auswirkungen einer Regelung für den Durchschnittskunden verständlich darzustellen. Das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen. Er soll lediglich verpflichtet sein, bei der Formulierung von vornherein auf die Verständnismöglichkeiten des Durchschnittskunden Rücksicht zu nehmen und, wenn das ohne unangemessene Ausweitung des Textumfangs möglich ist, zwischen mehreren möglichen Klauselfassungen diejenige zu wählen, bei der die kundenbelastende Wirkung einer Regelung nicht unterdrückt, sondern deutlich gemacht wird ( BGH, Urt.v. 10.07.1990 - XI ZR 275/89 - NJW 1990, 2383). Das Transparenzgebot kommt nämlich andernfalls mit sich selbst in Konflikt, weil Klarstellungen tendenziell zu Erweiterungen des Klauseltextes und zu Falldifferenzierungen führen, die die Unübersichtlichkeit für den durchschnittlichen Kunden erhöhen ( BGH, Urt.v. 23.02.2005 - IV ZR 273/03 - NJW-RR 2005, 902). Es genügte deshalb dem Transparenzgebot, durch § 13 Abs. 6 AKB dem Versicherungsnehmer den Kernbereich der beabsichtigten Einschränkung der Erstattung von Umsatzsteuer bei fiktiver Abrechnung deutlich vor Augen zu führen, die Auswirkungen der Regelung auf die unterschiedlichsten Sachverhalte jedoch der Auslegung und Unklarheitenregelung zu überlassen, anstatt eine völlig unverständliche Falldifferenzierung für unterschiedliche Lebenssachverhalte vorzunehmen. ..."