Zieht der Tatrichter aus der Straßenrandbepflanzung und der sich daraus ergebenden optischen Wahrnehmung durch den Fahrer in lebensnaher Betrachtungsweise den Schluss, dass dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 54 km/h nicht verborgen geblieben sein kann und er deshalb mit wenigstens bedingtem Vorsatz gehandelt hat, so ist dies nicht rechtsfehlerhaft.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 400,00 € verurteilt und zugleich – unter Anwendung von § 25 Abs. 2a StVG – ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 15. Dezember 2007 um 0.23 Uhr in Geseke außerhalb geschlossener Ortschaft die L 549 von der Autobahnabfahrt Büren-Steinhausen kommend in Richtung Geseke außerhalb geschlossener Ortschaft mit einem Pkw (amtl. Kennzeichen: …) mit einer Geschwindigkeit von 154 km/h. Die Geschwindigkeitsbegrenzung betrug 100 km/h.
Der Betroffene hat sich zur Sache nicht eingelassen.
Das Gericht hat die Beweise wie folgt gewürdigt:„Die vergleichende Inaugenscheinnahme des Betroffenen mit den Beweisfotos in den unterschiedlichen Ausdrucksformen hat die Identität des Betroffenen mit dem verantwortlichen Fahrer zur Vorfallszeit nachgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 4 StPO Bezug genommen auf das Beweisfoto namentlich in den Ausdrucksformen Blatt 30 Mitte, und Blatt 50 und die vier dunkleren Abzüge in Hülle, Blatt 63.Die vorsätzliche Begehung der Ordnungswidrigkeit hat das Amtsgericht folgendermaßen begründet:
Den von der Verteidigung wiederholten Beweisantrag aus dem Schriftsatz vom 23.10.2008 (Blatt 68 bis 71 d.A.) war nicht mehr nachzugehen. Das Begehren auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zieht auf die Frage der Verwertbarkeit der vorliegenden Beweisfotos ab. Die Entscheidung über die Brauchbarkeit des vorliegenden Beweismittels ist indessen der Beurteilung durch einen externen Sachverständigen entzogen, sie ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht zu entscheiden. Konkrete Umstände, dass eine verwechselungsgeeignete Person auf den Beweisfotos abgebildet ist, sind weder von dem Betroffenen, noch seinem Verteidiger vorgetragen worden.
Ausweislich des Messfotos in der Ausdrucksform, Blatt 30 d.A., wurde das von dem Betroffenen gesteuerte Fahrzeug am 15.12.2007 um 00.23 Uhr mit der Messeinrichtung Multanova 6 F gemessen. Nach dem Messprotokoll (Bl. 11 d.A.) wurde das Gerät Multanova 6 F, Nr. … eingesetzt, dessen Eichung vom 13.08.2007 nach dem Eichschein Nr. … vom 14.08.2007 bis zum 31.12.2008 gültig ist.
Messender Beamter war ausweislich des Messprotokolls der Polizeibeamte G. Seine Einweisung in das Gerät ist durch das Bedienerzeugnis (Bl. 8) erneut belegt worden. Fehler der Messung sind nicht ersichtlich. Auch ergeben sich keine Besonderheiten aus der Auswerteliste zum Messprotokoll (Bl. 12 d.A.). Die Messung von 159 km/h ist daher ordnungsgemäß. Nach Abzug der Toleranz von 5 km/h verbleibt einer verwertbare Geschwindigkeit von 154 km/h. Gem. § 3 StVO ist in der Örtlichkeit der L 549 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt. Der Betroffene hat seinen Pkw mithin 54 km/h über der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gelenkt.“„Hier war erschwerend zu berücksichtigen, dass der Betroffene vorsätzlich gehandelt hat. Die Messstelle befindet sich an einer Landstraße, die in Fahrtrichtung rechts des Betroffenen von dem zugewachsenen Bahndamm eines aufgegebenen Teils der früheren Westfälischen Landeseisenbahn begleitet wird. Da der Bahndamm mit seinem aufstehenden Gehölz bis direkt an den Straßengraben der L 549 reicht, ist auch bei Dunkelheit anhand der hohen Winkelgeschwindigkeit der vorbei gleitenden Bäume des Bewuchses unverkennbar, mit welcher Geschwindigkeit das Fahrzeug tatsächlich gelenkt wird. Umstände, dass der Betroffene an dieser natürlichen Wahrnehmung gehindert gewesen wäre, sind nicht erkennbar geworden. Der Betroffene wäre daher in Kenntnis der wahrgenommenen Winkelgeschwindigkeiten in der Lage gewesen, die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges so unter Kontrolle zu halten, dass die Winkelgeschwindigkeit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit entsprach.“Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die formelle und materielle Rüge gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Die formelle Rüge führt nicht zum Erfolg.
Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger die Einholung eines anthropologischen Vergleichsgutachtens beantragt. Das Gericht hat den Beweisantrag zurückgewiesen, „da nach der Inaugenschein genommenen Lichtbilder die Identität des Betroffenen erwiesen ist. Dies reicht nach Sachverstand des Gerichts vollkommen aus.“
Das Amtsgericht hat den Beweisantrag des Betroffenen rechtsfehlerfrei gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt. Die Ablehnung eines Beweisantrages nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass eine Beweisaufnahme stattgefunden hat, wonach das Gericht den Sachverhalt für geklärt hält, also zur Überzeugung gelangt ist, die Wahrheit sei gefunden und schließlich muss die beantragte Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts nicht erforderlich sein (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 14. Aufl., § 77 Rdnr. 11). Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht den Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Der erkennende Amtsrichter war nach durchgeführter Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Identität des Betroffenen erwiesen ist. Aufgrund der langjährigen Erfahrung in Bußgeldsachen hat der Amtsrichter in pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens die weitere Beweiserhebung für nicht erforderlich gehalten, zumal konkrete Umstände dafür, dass eine „verwechslungsgeeignete Person“ auf dem Beweisfoto abgebildet ist, nicht ersichtlich waren. Daher kommt es nicht auf die weitere Begründung des Gerichts in den Urteilsgründen zur Ablehnung des Beweisantrages an, die Brauchbarkeit des vorliegenden Beweismittels sei der Beurteilung eines externen Sachverständigen entzogen.
2. Die auf die Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des Urteils auf materiell-rechtliche Mängel deckt Rechtsfehler nicht auf. Die Bedenken der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft greifen nicht durch.
Die Feststellungen des Gerichts tragen den Schuldspruch. Auch die Urteilsausführungen zur Geschwindigkeitsmessung sind rechtsfehlerfrei. Die Bedenken der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft hinsichtlich der Urteilsausführungen zur Identifizierung des Betroffenen greifen nicht durch. Den Urteilsgründen ist eine wirksame Bezugnahme auf das Messfoto zu entnehmen. Zwar hat das Amtsgericht nicht die Verweisung auf § 267 Abs. 1 S. 3 StPO, sondern auf § 267 Abs. 4 StPO gestützt, doch ist dies als offensichtlicher Schreibfehler zu bewerten, der die Verweisung nicht unwirksam macht. Das Beweisfoto, bei dem es sich unzweifelhaft um das Tatfoto („verantwortlicher Fahrer zur Vorfallszeit“) handelt, ist Teil der Urteilsgründe. Die Fotos sind insgesamt von durchschnittlicher Qualität und zur Identifizierung des Fahrers geeignet. Daher bedurfte es keiner näheren Ausführungen im Urteil zu den charakteristischen Merkmalen der zu identifizierenden Person.
Rechtsfehler in der Beweiswürdigung sind auch nicht erkennbar, soweit das Amtsgericht die Gesamtumstände dahingehend gewertet hat, dass der Betroffene den Geschwindigkeitsverstoß mindestens billigend in Kauf genommen hat. Das Gericht hat aus der Straßenrandbepflanzung und der sich daraus ergebenden optischen Wahrnehmung durch den Fahrer in lebensnaher Betrachtungsweise geschlossen, dass dem Betroffenen die Geschwindigkeitsüberschreitung von 54 km/h nicht verborgen geblieben ist. Diese Würdigung der Beweise durch das Gericht weist keine Rechtsfehler auf.
3. Die Urteilsausführungen zum Rechtsfolgenausspruch sind gleichfalls frei von Rechtsfehlern. Das Gericht hat die Regelbuße unter Berücksichtigung der vorsätzlichen Begehensweise und den Voreintragungen des Betroffenen angemessen auf 400,00 € erhöht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, diese Geldbuße zu entrichten. Er ist von Beruf Softwareentwickler, hat mithin ein geregeltes Einkommen, das es ihm ermöglicht, die laufenden Kosten für den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs zu tragen. Zudem machte er weder in der Hauptverhandlung noch in der Rechtsbeschwerdebegründung geltend, mit der Begleichung einer Geldbuße von 400,00 € finanziell überfordert zu sein. Weiterer Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.
Auch die Verhängung des einmonatigen Fahrverbots entsprechend der Bußgeldkatalogverordnung war geboten. Das Gericht hat erkannt, dass von einem solchen Fahrverbot in Ausnahmefällen abgesehen werden kann, jedoch sind Gründe, die gegen eine Verhängung eines Fahrverbots sprechen könnten, nicht festgestellt worden.
III.
Die Kostenentscheidung trägt der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels Rechnung.