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OLG Hamm Beschluss vom 11.11.2009 - 3 Ss OWi 856/09 - Die Rechtswidrigkeit der Videoabstandsmessung nach dem Verfahren VKS 3.0 ist in der Rechtsbeschwerde mit einer Verfahrensrüge geltend zu machen.

OLG Hamm v. 11.11.2009: Die Rechtswidrigkeit der Videoabstandsmessung nach dem Verfahren VKS 3.0 und der Verstoß gegen ein daraus resultierendes Beweisverwertungsverbot sind in der Rechtsbeschwerde mit einer Verfahrensrüge geltend zu machen


Das OLG Hamm (Beschluss vom 11.11.2009 - 3 Ss OWi 856/09) hat entschieden:
Die Rechtswidrigkeit der Videoabstandsmessung nach dem Verfahren VKS 3.0 und der Verstoß gegen ein daraus resultierendes Beweisverwertungsverbot sind in der Rechtsbeschwerde mit einer Verfahrensrüge geltend zu machen.


Siehe auch Ungenehmigte Video-und Foto-Personenaufnahmen und deren Verwertung und Verwertungsverbote


Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des Mindestabstandes auf Autobahnen als Führer eines LKW zu einer Geldbuße von 50 Euro verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verwertung von Beweisergebnissen, die auf dem Messverfahren mit dem VKS 3.0 – Version 3.01– beruhen.


II.

Der statthafte und rechtzeitig gestellte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Hat das Amtsgericht den Betroffenen – wie hier – zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro verurteilt, ist die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 2 Nr. 1 i. V.m. Abs. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von materiellrechtlichen Normen nur zur Fortbildung des Rechts oder dann zuzulassen, wenn das Urteil wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben ist. Nach § 80 Abs. 3 S. 3 OWiG sind beim Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung ( § 344, 345 StPO ) zu beachten. Danach ist der Zulassungsantrag unzulässig, wenn er nicht erkennen lässt, welche Rügen erhoben werden bzw. die Anforderungen für diese Rügen nicht erfüllt werden. Die Formvorschrift des § 80 Abs. 3 S. 3 OWiG soll verhindern, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wird, obwohl feststeht, dass sie alsbald danach wegen Nichtbeachtung der für die Beschwerdeanträge und ihre Begründung vorgeschriebenen Form zu verwerfen wäre ( OLG Düsseldorf Beschl. v. 16.02.1999 – 5 SsOWi 20/99 – juris; Göhler-Seitz OWiG 15. Aufl. § 80 Rdn. 32; Senge in KK-OWiG 3. Aufl. § 80 Rdn. 50).

Diesen Anforderungen wird die Begründung des Zulassungsantrages nicht gerecht.

Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts wurde weder ausdrücklich erhoben, noch lässt sie sich der Begründung des Zulassungsantrages entnehmen.

Die von dem Betroffenen beanstandete Rechtmäßigkeit der Abstandsmessung mit dem Messverfahren VKS 3.0 – Version 3.01 ist keine materiellrechtliche Frage, sondern eine Frage des Verfahrensrechts. Der von dem Betroffenen unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.2009 – 1 BvR 2492/08 (gemeint sein dürfte BVerfG Beschl. v. 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 ) – geltend gemachte Verstoß der Videoaufzeichung und Auswertung der Daten gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ( Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ) und gegen das Willkürverbot ( Art. 3 Abs. 1 GG ) betrifft hier eine verfahrensrechtliche Frage. Ein Straf- oder Bußgeldurteil kann zwar sowohl in sachlichrechtlicher Hinsicht als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht gegen Grundgesetznormen verstoßen. Verstößt die Rechtsanwendung im Urteil selbst gegen ein Grundrecht, liegt darin ein sachlichrechtlicher Fehler des Urteils. Ein Grundrecht kann aber auch durch das der Entscheidung vorangegangene Verfahren verletzt worden sein; sei es, dass eine vorgenommene Prozesshandlung unzulässig war oder eine gebotene Prozesshandlung unterlassen wurde. Dann liegt ein verfahrensrechtlicher Fehler vor ( BGH NJW 1964, 1234, 1235; vgl. auch OLG Celle NJW 1969, 1075). Vorliegend geht es um die Zulässigkeit des der Entscheidung vorangegangenen Verfahrens, was mit der – im Rahmen der Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 OWiG allerdings nicht statthaften – Verfahrensrüge zu rügen wäre. Auch bei der Frage, ob aus einem etwaigen Verfahrensverstoß ein Beweisverwertungsverbot folgt, handelt es sich um eine verfahrensrechtliche, keine materiellrechtliche, Frage (vgl. Griesbaum in KK-StPO 6. Aufl. § 344 Rdn. 22). Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Entscheidung vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 – (Absatz 24) offenbar ebenfalls vom Vorliegen einer verfahrensrechtlichen Problematik aus. Die Erörterung, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, kann nicht von der Problematik, ob ein Beweiserhebungsverbot vorlag getrennt erfolgen. Insbesondere werden regelmäßig in der Rechtsprechung an die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes auch zusätzliche verfahrensrechtliche Voraussetzungen geknüpft, nämlich insbesondere, ob der Betroffene rechtzeitig der Verwertung der (seiner Ansicht nach) rechtswidrig erlangten Beweismittel widersprochen hat (vgl. BGH NJW 2007, 2269; OLG Hamm NJW 2009, 242, jew. m.w.N.) und welche spezifische Angriffsrichtung dieser Widerspruch hatte (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 26.02.2009 – 3 Ss 7/09 – juris).

Soweit sich die genannte Beanstandung als Verfahrensrüge darstellt, ist sie jedenfalls nicht entsprechend den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend erhoben worden, weil zu einem etwaigen rechtzeitigen Widerspruch des Betroffenen gegen die Verwertung der Videomessung in der Hauptverhandlung und dessen Inhalt (s.o.) nichts vorgetragen wird. Dieser ergibt sich auch nicht aus dem angefochtenen Urteil selbst. Dass der Betroffene- wie es darin heißt – die „Ordnungsmäßigkeit der Messung in Abrede“ gestellt hat, lässt dies nicht eindeutig erkennen. Diese Formulierung wird vielmehr überlicherweise in Bußgeldurteilen verwendet, wenn der Betroffene technische Mängel und Bedienfehler geltend machen will.

Die Versagung des rechtlichen Gehörs ist nicht gerügt. Mit der Rechtmäßigkeit der Videomessung und ihrer Verwertbarkeit hat sich das Amtsgericht auseinandergesetzt und lediglich dem Betroffenen unerwünschte Folgerungen gezogen.



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