Das Verkehrslexikon
Landgericht Coburg Urteil vom 23.06.2009 - 22 O 398/08 - Zur Schmerzensgeldhaftung der Versicherung bei Verletzung des mitfahrenden Sohnes eines Busfahrers
LG Coburg v. 23.06.2009: Zur Schmerzensgeldhaftung der Versicherung bei Verletzung des mitfahrenden Sohnes eines Busfahrers
Das Landgericht Coburg (Urteil vom 23.06.2009 - 22 O 398/08) hat entschieden:
Auch wenn der Fahrer eines auf schneeglatter Straße verunglückten Omnibusses der Vater des dabei erheblich verletzten 15-jährigen Sohnes (Kläger) ist, besteht ein Anspruch des Sohnes auf Schmerzensgeld (hier: 10 000 Euro) gegen die beklagte Haftpflichtversicherung. Dies insbesondere dann, wenn die Anwesenheit des Sohnes im Bus mit dem Arbeitgeber des Vaters und Halter des Omnibusses abgesprochen war. Auch kann sich die Versicherung nicht darauf berufen, dass Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge bei Pflichtverstößen nur beschränkt haften. Die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden im Straßenverkehr keine Anwendung.
Siehe auch Haftung und Haftungsbegrenzung bei Gefälligkeitsfahrten
Pressemitteilung vom 06.11.2009
Schadenersatz bei Busunfall
Wenn der Vater mit dem Sohne
Kurzfassung:
Der bei einem Busunfall verletzte 15-jährige Kläger wollte von der Haftpflichtversicherung des auf schneeglatter Fahrbahn verunglückten Omnibusses insgesamt 10.000 € Schmerzensgeld. Der Fahrer des verunglückten Busses war der Vater des Klägers. Die beklagte Haftpflichtversicherung hat sich ohne Erfolg damit verteidigt, dass der Kläger ein „Schwarzfahrer“ gewesen sei. Daneben meinte die Versicherung, sich auf die beschränkte Haftung von Eltern gegenüber ihren Kindern berufen zu können.
Der Sachverhalt:
Der Kläger wollte von der Haftpflichtversicherung des Busses weitere 8.000 € einklagen, nachdem die Versicherung bereits 2.000 € bezahlt hatte. Der vom Vater des Klägers gesteuerte Bus war verunglückt. Dabei hatte der Sohn, der im Bus saß, gravierende Verletzungen erlitten. Wegen zweier Wirbelbrüche musste er 3 Wochen im Krankenhaus verbringen und war danach noch wochenlang krank geschrieben. Der Kläger hat seitdem Rückenbeschwerden. Die Versicherung behauptete im gerichtlichen Verfahren, dass der Verletzte ein Schwarzfahrer gewesen sei. Daneben bestehe kein Versicherungsschutz, da die Haftung von Eltern gegenüber ihren Kindern bei fehlerhaftem Verhalten beschränkt sei.
Gerichtsentscheidung:
Das Landgericht gab der Klage statt. Das Gericht stellte fest, dass sich der Kläger berechtigt im Omnibus befand. Seine Anwesenheit im Bus war mit dem Arbeitgeber des Vaters, der auch Halter des Omnibusses war, abgesprochen. Auch konnte sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge bei Pflichtverstößen nur beschränkt haften. Die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden im Straßenverkehr keine Anwendung. Im Straßenverkehr sind die allgemein gültigen Regeln zu beachten. Für individuelle Sorglosigkeit ist dort kein Raum. Daher kam das Landgericht zu einem Schmerzensgeldanspruch des Klägers in der geforderten Höhe von 10.000 €. Das Gericht hat dabei besonders berücksichtigt, dass der noch sehr junge Kläger auch nach Abschluss seiner Krankschreibung noch an durch den Unfall ausgelösten Rückenbeschwerden leidet. Nach Einschätzung des Gerichts können diese Beschwerden noch jahrelang andauern, weswegen ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € als angemessen angesehen wurde.
Fazit:
Kinder haften für die Fehler ihrer Eltern im Straßenverkehr nicht.