Das Verkehrslexikon
Kammergericht Berlin Beschluss vom 10.01.2001 - 2 Ss 318/00 - 3 Ws (B) 648/00 - Linksabbiegen vom rechten Fahrstreifen aus ist trotz Grünpfeilregelung zulässig
KG Berlin v. 10.01.2001:Linksabbiegen vom rechten Fahrstreifen aus ist trotz Grünpfeilregelung zulässig
Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 10.01.2001 - 2 Ss 318/00 - 3 Ws (B) 648/00) hat entschieden:
Befinden sich vor einer Kreuzung mehrere Fahrstreifen ohne zwingende Richtungspfeilregelung, darf trotz Grünpfeilregelung (grüner Pfeil auf schwarzem Grund) aus dem rechten Fahrstreifen nach links abgebogen werden.
Siehe auch Der Grünpfeil
Gründe:
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 9 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 9 StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 20,-- DM verurteilt. Der Antrag der Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.
Bei der Verhängung einer Geldbuße von - wie hier - nicht mehr als 200,-- DM kann die Rechtsbeschwerde nur zur Fortbildung sachlichen Rechts zugelassen werden (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen befuhr die Betroffene mit ihrem Pkw den Askanierring in Berlin-Spandau und bog vom rechten der insgesamt drei in ihrer Fahrtrichtung vorhandenen Fahrstreifen nach ordnungsgemäßem Anhalten bei rotem Ampellicht nach links in die Falkenseer Chaussee ein. Aufgrund der Straßenverhältnisse kann vom Askanierring aus in die Falkenseer Chaussee nur nach links oder nach rechts abgebogen werden. Rechtsseitig der Fahrbahn befand sich an der Ampel ein grüner Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil).
Die Auffassung des Amtsgerichts, das Abbiegen der Betroffenen nach links stelle eine Zuwiderhandlung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO dar, trifft nicht zu. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch bei - wie im vorliegenden Fall - Fehlen einer dies ausdrücklich gestattenden Fahrbahnmarkierung mehrere Linksabbieger dann, wenn die örtlichen Verhältnisse und die Verkehrslage eine solche Fahrweise rechtfertigen, sich mehrspurig einordnen dürfen (vgl. BayObLG VRS 48, 130, 132; KG VRS 89, 363); für Rechtsabbieger gilt Entsprechendes (vgl. KG aaO; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht 35. Aufl., § 9 StVO Rdn. 27). Aus der Grünpfeilregelung (§ 37 Abs. 2 Nr. l Satz 8 bis 10 StVO) folgt nichts Gegenteiliges. Sie besagt nach dem klaren Gesetzeswortlaut lediglich, unter welchen Voraussetzungen der Fahrzeugführer aus dem rechten Fahrstreifen nach rechts abbiegen darf.
Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen; eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt daher - wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - nicht vor. Auch die Rechtsbeschwerde behauptet dies nicht, sondern begehrt die Zulassung lediglich unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, der hier jedoch - wie oben angeführt - ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80 Abs. 4 Satz 4, 46 Abs. OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.