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VGH München Beschluss vom 26.02.2009 - 11 C 09.296 - Unentschieden, ob das Wohnsitzprinzip eine vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis voraussetzt

VGH München v. 26.02.2009: Unentschieden, ob das Wohnsitzprinzip eine vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis voraussetzt, und zur Ersatzzustellung


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München (Beschluss vom 26.02.2009 - 11 C 09.296) hat entschieden:
  1. § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. muss gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden. Um den Eintritt der sich aus § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolge zu verhindern, genügt es nach deutschem Recht, dass lediglich eine der in § 28 Abs. 4 FeV aufgeführten Fallgestaltungen vorliegt. Unter gemeinschaftsrechtlichem Blickwinkel ist indes zweifelhaft, ob ein Verstoß gegen das sich aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG ergebende Wohnsitzerfordernis - für sich genommen - ausreicht, damit ein EU-Mitgliedstaat zur Nichtanerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis berechtigt ist. Denn nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 dieser Richtlinie verleiht nur der Umstand, dass gegen den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis in einem anderen als dem Ausstellerstaat eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angewendet wurde, dem Staat, in dem es zu einer Einschränkung oder Aussetzung, zu einem Entzug oder einer Aufhebung der Fahrerlaubnis gekommen ist, die Befugnis, die Gültigkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis für das eigene Hoheitsgebiet abzulehnen. Bei einer (alleinigen) Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG durch den Ausstellerstaat sieht die Richtlinie demgegenüber keine derartige Reaktionsmöglichkeit des Aufnahmestaates vor.

  2. Die mittels Postzustellungsauftrags zu bewirkende, durch Niederlegung erfolgte Zustellung eines Bescheids wird dann gemäß § 182 ZPO i.V.m. Art. 3 Abs. 3 VwZVG rechtskonform vorgenommen, wenn der Adressat an diesem Tag unter der Zustelladresse eine Wohnung tatsächlich innehat. Die in der Postzustellungsurkunde enthaltene Erklärung des Zustellers, er habe in der "Wohnung" des Empfängers der zuzustellenden Sendung weder diesen selbst noch eine Person angetroffen, der gegenüber nach § 181 ZPO a.F. eine Ersatzzustellung in zulässiger Weise vorgenommen werden konnte, nimmt zwar nicht an der sich aus § 418 ZPO ergebenden Beweiskraft dieser Urkunde teil. Sie bildet jedoch ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Zustellungsempfänger unter der Zustellanschrift wohnte. Auch ein Gericht kann aufgrund der Beurkundung der Ersatzzustellung im Regelfall davon ausgehen, dass der Zustellungsempfänger dort wohnt, wo der Zustellungsbedienstete die Nachricht über die Niederlegung hinterlassen hat. Ergeben sich aus dem Akteninhalt oder dem Vortrag der Beteiligten allerdings Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme, hat das Gericht diesen in geeigneter Weise nachzugehen.

  3. Das bloße Fortbestehen der behördlichen Anmeldung des Betroffenen unter der Anschrift, unter der ihm ein Bescheid zugestellt wurde, reicht nicht aus, um das Bestehen einer Wohnung dort bejahen zu können. Hat der Zustellungsempfänger Räume in einer Weise benutzt, dass er in ihnen im vorbezeichneten Sinn eine "Wohnung" unterhielt, so hebt andererseits nicht jede vorübergehende Abwesenheit - selbst wenn sie länger dauert - die Eigenschaft jener Räume als einer Wohnung im Sinne der Zustellungsvorschriften auf. Diese Eigenschaft geht vielmehr erst verloren, wenn sich während der Abwesenheit des Zustellungsempfängers auch der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an den neuen Aufenthaltsort verlagert. Behält er seine bisherige Wohnung bei und schafft sich lediglich eine Zweitwohnung, so bleibt die Zustellung in der bisherigen Wohnung auch dann zulässig, wenn sich der Zustellungsempfänger vorübergehend in der Zweitwohnung aufhält. Eine "Wohnung" liegt demgegenüber dann nicht mehr vor, wenn der Inhaber sie endgültig oder zumindest für längere Zeit - z.B. aufgrund eines beruflich begründeten Auslandsaufenthalts - nicht mehr nutzt.

  4. Im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens kann dahinstehen, ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG einer erweiternden Auslegung dahingehend zugänglich ist, die diese Bestimmung auch in Verfahren anwendbar macht, die die Feststellung des Vorhandenseins bzw. des Fehlens einer (im Inland gültigen) Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben. Ebenfalls unerörtert bleiben kann im Prozesskostenhilfeverfahren, ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG ggf. im Wege teleologischer Extension auf Eintragungen in das Verkehrszentralregister erstreckt werden darf, denen keine "Verurteilung" wegen einer "Tat" zugrunde liegt. Denn eine solche Auslegung, sollte sie angesichts des Wortlauts des § 52 Abs. 2 BZRG überhaupt in nähere Erwägung gezogen werden können, müsste dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Siehe auch Die Ersatzzustellung und Stichwörter zum Thema Zivilprozess


Gründe:

I.

Das Landratsamt Ansbach entzog dem Kläger durch Bescheid vom 15. Mai 1996, der ihm am 22. Mai 1996 im Weg der Niederlegung zugestellt wurde, unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Fahrerlaubnis. Zu einer Neuerteilung dieser Berechtigung an den Kläger durch eine deutsche Behörde kam es nach Aktenlage in der Folgezeit nicht.

Am 12. Dezember 2006 wurde er als Führer eines Kraftfahrzeugs einer polizeilichen Verkehrskontrolle unterzogen. Er wies hierbei einen ihm am 23. Juni 2006 in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein vor, in dem D... als sein Wohnort eingetragen ist.

Eine Anfrage des Landratsamts bei der Polizeidirektion A... ergab, dass der Kläger nach dem Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis nicht mehr auffällig geworden sei. Ein Amtsträger des Landratsamts vermerkte daraufhin am 7. Februar "2006" (richtig offenbar: 2007) in der Fahrerlaubnisakte: "keine weitere Veranlassung".

Mit Schreiben vom 17. November 2008 führte das Landratsamt gegenüber dem Kläger aus, durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (Az. C-329/06 und C-343/06 sowie Az. C-334/06 bis C-336/06) sei klargestellt worden, dass die Bundesrepublik Deutschland die Anerkennung von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellten Führerscheinen ablehnen könne, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen feststehe, dass der Inhaber des Führerscheins im Ausstellungszeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinn von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 1) in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Da diese Voraussetzung beim Kläger vorliege, sei er gemäß § 28 Abs. 1 FeV nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er durch das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Inland den Straftatbestand des § 21 StVG erfülle und dass ein solches Verhalten zur Anzeige gebracht werde. Außerdem wurde er aufgefordert, den tschechischen Führerschein spätestens sieben Tage nach der Zustellung des Schreibens vom 17. November 2008 dem Landratsamt zur Eintragung seiner fehlenden Fahrberechtigung vorzulegen.

Am 3. Dezember 2008 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach, ihm Prozesskostenhilfe für eine Klage zu gewähren, die er zusammen mit dem Antrag vorlegte, und ihm für das Klageverfahren einen namentlich bezeichneten Rechtsanwalt beizuordnen. Die Klage selbst solle nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in den Geschäftsgang genommen werden.

Das mit der beabsichtigten Klage verfolgte Rechtsschutzbegehren hat die Feststellung zum Gegenstand, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist. Zur Begründung macht der Kläger geltend, die im Schreiben vom 17. November 2008 vertretene Rechtsauffassung sei unzutreffend. Das Recht, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, sei ihm bisher nicht aberkannt worden. Eine Aberkennung sei auch nicht mehr möglich, da seine Fahrberechtigung und sein tschechischer Führerschein zwischenzeitlich anerkannt worden seien. Die Anerkennung sei spätestens durch den Vermerk vom 7. Februar "2006" erfolgt. Dieser Vermerk sei in Kenntnis der Tatsache gefertigt worden, dass im tschechischen Führerschein ein deutscher Wohnsitz eingetragen sei. Außerdem habe das Landratsamt keine der in einem Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 28. November 2006 (Bl. 86 - 88 der den Kläger betreffenden Fahrerlaubnisakte) aufgeführten Maßnahmen ergriffen. Unterblieben seien u. a. Ermittlungen darüber, ob ausreichende Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Inanspruchnahme gemeinschaftsrechtlicher Grundfreiheiten vorlägen. Vielmehr hätten Sachbearbeiter handschriftliche Vermerke in der Akte angebracht, denen zufolge ein Aberkennungsverfahren nur einzuleiten sei, wenn es zu weiteren, die "Fahrtauglichkeit" des Klägers betreffenden Auffälligkeiten komme. Hätte dieser schon früher gewusst, dass die Absicht bestehe, seinen Führerschein nicht anzuerkennen, hätte er längst Maßnahmen ergriffen, um eine gültige Fahrerlaubnis zu erwerben. Angesichts des Verhaltens des Beklagten habe er jedoch sicher sein können, dass seine Fahrerlaubnis anerkannt werde. Im Übrigen fehle es an unbestreitbaren Tatsachen, aufgrund derer feststehe, dass sich der ordentliche Wohnsitz des Erwerbers im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht im Ausstellerstaat befunden habe.

Wegen der Argumente, mit denen der Beklagte dem Prozesskostenhilfeantrag und der beabsichtigten Klage entgegentrat, wird auf das Schreiben des Landratsamts an das Verwaltungsgericht vom 16. Dezember 2008, wegen der Replik des Klägers hierauf auf den Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. Januar 2009 verwiesen.

Durch Beschluss vom 15. Januar 2009 lehnte das Verwaltungsgericht den Prozesskostenhilfeantrag ab, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Zur Begründung der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde bezieht sich der Kläger auf sein bisheriges Vorbringen.

Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Verwaltungsgericht beigezogene, den Kläger betreffende Fahrerlaubnisakte Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Kläger besitzt einen Anspruch darauf, dass ihm für ein Klageverfahren, das die Feststellung der Gültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet zum Gegenstand hat, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm benannten anwaltlichen Bevollmächtigten bewilligt wird. Denn der Ausgang eines solchen Rechtsstreits muss als offen angesehen werden. Das hat zur Folge, dass der beabsichtigten Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinn von § 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 166 VwGO nicht abgesprochen werden können.

Wenn es sich derzeit nicht ausschließen lässt, dass die Feststellungsklage, die der Kläger ausweislich des Schreibens seiner Bevollmächtigten vom 1. Dezember 2008 zu erheben beabsichtigt, begründet sein könnte, so folgt das allerdings nicht aus den darin vorgetragenen Gesichtspunkten. Die mangelnde Stichhaltigkeit dieses Vorbringens hat das Verwaltungsgericht in Teil II seines Beschlusses vom 15. Januar 2009 zutreffend aufgezeigt; auf die dortigen Ausführungen wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Der Rechtsfall wirft indes tatsächliche und rechtliche Fragen auf, die weder in der Klageschrift noch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses erörtert wurden und deren Beantwortung gegenwärtig als ungeklärt angesehen werden muss.

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein (beabsichtigtes) Rechtsschutzbegehren hinreichende Aussicht auf Erfolg besitzt, kommt es grundsätzlich auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse an, die in dem Zeitpunkt bestehen, in dem Spruchreife hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags eingetreten ist. Über diesen Antrag konnte das Verwaltungsgericht sachgerecht erst nach Vorlage der Fahrerlaubnisakte entscheiden, da sich erst aus ihr ergibt, dass es für den Ausgang des Klageverfahrens u. U. entscheidungserheblich darauf ankommen könnte, ob im Fall des Klägers eine noch verwertbare Rechtshandlung im Sinn von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV in der bis einschließlich 18. Januar 2009 geltenden Fassung (nachfolgend "FeV a.F." genannt) bzw. im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV in der ab dem 19. Januar 2009 geltenden Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I. S. 29; "FeV n.F.") vorliegt. Die Fahrerlaubnisakte ging beim Verwaltungsgericht am 23. Dezember 2008 ein. Da an diesem Tag bereits eine ordnungsgemäß ausgefüllte und mit ausreichenden Nachweisen versehene Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlag, trat am 23. Dezember 2008 Bewilligungsreife hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags ein.

Auf der Grundlage der am 23. Dezember 2008 geltenden Bestimmungen stellt sich die Rechtslage im Fall des Klägers wie folgt dar:

a) Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die - wie der Kläger - ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinn von § 7 Abs. 1 oder 2 FeV im Bundesgebiet haben, mit den sich aus § 28 Abs. 2 bis 4 FeV ergebenden Einschränkungen im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. steht diese Befugnis Inhabern einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, nicht zu; die im Nachsatz dieser Bestimmung geregelte Ausnahme für Studenten und Schüler ist im Fall des Klägers ersichtlich nicht einschlägig.

§ 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. muss allerdings gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden. Nach der Richtlinie 91/439/EWG ist es Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates, zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind, und ob die (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis somit gerechtfertigt ist (EuGH vom 26.6.2008, Az. C-329/06 und C-343/06, RdNr. 52; vom 26.6.2008, Az. C-334/06 bis C-336/06, RdNr. 49). Haben die Behörden eines Mitgliedstaates einen Führerschein gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellt, sind die anderen Mitgliedstaaten nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen (EuGH vom 26.6.2008, Az. C-329/06 und C-343/06, RdNr. 53; vom 26.6.2008, Az. C-334/06 bis C-336/06, RdNr. 50). Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz dann, wenn sich auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen feststellen lässt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war (EuGH vom 26.6.2008, Az. C-329/06 und C-343/06, RdNr. 72; vom 26.6.2008, Az. C-334/06 bis C-336/06, RdNr. 69). § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. muss deshalb so gelesen werden, dass sich die Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses im Zeitpunkt der Ausstellung eines EU-Führerschein unmittelbar aus bestimmten Verlautbarungen des Ausstellermitgliedstaates ergeben muss. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV n.F. trägt diesem Erfordernis ausdrücklich Rechnung.

Aus der Eintragung des Wohnorts "D..." im tschechischen Führerschein des Klägers ergibt sich, dass er seinen ordentlichen Wohnsitz im Zeitpunkt der Ausstellung dieses Dokuments nach wie vor in Deutschland unterhielt. Die Einlassung im vorletzten Absatz der Klageschrift vermag diesen Befund zum einen wegen ihrer Unsubstantiiertheit, zum anderen deshalb nicht zu erschüttern, da sie an das zweite, vom Europäischen Gerichtshof kumulativ aufgestellte Kriterium, nämlich an das Vorliegen sonstiger (d.h. von den Eintragungen im Führerschein unabhängiger), vom Ausstellerstaat stammender Informationen anknüpft. Hierauf kommt es aber angesichts der im Führerschein selbst enthaltenen Angaben nicht an. Auf den Umstand, dass der Kläger bei der Polizeikontrolle am 12. Dezember 2006 nach Aktenlage eingeräumt hat, es sei zu keiner Wohnsitznahme in Tschechien gekommen, ist deshalb nur ergänzend zu verweisen.

b) Um den Eintritt der sich aus § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolge zu verhindern, genügt es nach deutschem Recht, dass lediglich eine der in § 28 Abs. 4 FeV aufgeführten Fallgestaltungen vorliegt. Unter gemeinschaftsrechtlichem Blickwinkel ist indes zweifelhaft, ob ein Verstoß gegen das sich aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG ergebende Wohnsitzerfordernis - für sich genommen - ausreicht, damit ein EU-Mitgliedstaat zur Nichtanerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis berechtigt ist. Denn nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 dieser Richtlinie verleiht nur der Umstand, dass gegen den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis in einem anderen als dem Ausstellerstaat eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angewendet wurde, dem Staat, in dem es zu einer Einschränkung oder Aussetzung, zu einem Entzug oder einer Aufhebung der Fahrerlaubnis gekommen ist, die Befugnis, die Gültigkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis für das eigene Hoheitsgebiet abzulehnen. Bei einer (alleinigen) Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG durch den Ausstellerstaat sieht die Richtlinie demgegenüber keine derartige Reaktionsmöglichkeit des Aufnahmestaates vor.

In Einklang damit steht, dass der Europäische Gerichtshof in den beiden Urteilen vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) die Befugnis des Aufnahmestaates, die Gültigkeit einer unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG erteilten ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen, mit der Erwähnung des Umstands verbunden hat, dass im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates "auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist" (EuGH vom 26.6.2008, Az. C-329/06 und C-343/06, RdNr. 72; vom 26.6.2008, Az. C-334/06 bis C-336/06, RdNr. 69). Zwar kann derzeit nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich die Aufnahme dieser Aussage in die Urteile vom 26. Juni 2008 vor dem Hintergrund der Tatsache erklärt, dass in den Fällen, die den an den Europäischen Gerichtshof gerichteten Vorabentscheidungsersuchen zugrunde lagen, der Ausstellung der tschechischen Führerscheine jeweils deutsche Gerichtsentscheidungen vorangegangen waren, durch die den Betroffenen die Fahrerlaubnis wegen Verkehrsteilnahme unter Alkohol- bzw. Drogeneinfluss entzogen worden war. Gegen die Annahme, dieser Umstand sei in den Urteilen vom 26. Juni 2008 gleichsam nur "nachrichtlich" erwähnt worden, und die Befugnis, von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnisse nicht anzuerkennen, hänge einzig davon ab, dass sich aus eigenen Erklärungen des Ausstellerstaates die Nichteinhaltung des gemeinschaftsrechtlichen Wohnsitzerfordernisses ergibt, spricht jedoch, dass der Europäische Gerichtshof in den Randnummern 68 bis 70 des in den Rechtssachen C-329/06 und C-343/06 bzw. in den Randnummern 65 bis 67 des in den Rechtssachen C-334/06 bis C-336/06 ergangenen Urteils auf den Zusammenhang hingewiesen hat, der zwischen der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses und der Feststellung der Fahreignung einer Person - und damit der Gewährleistung der Verkehrssicherheit - besteht. In der Randnummer 71 der erstgenannten und in der Randnummer 68 der zweitgenannten Entscheidung wurde sodann ausdrücklich festgehalten: "Die Sicherheit des Straßenverkehrs könnte daher gefährdet werden, wenn die Wohnsitzvoraussetzung in Bezug auf eine Person, auf die eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung der Fahrerlaubnis nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 angewendet worden ist, nicht beachtet würde." Das spricht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs dagegen, dass eine Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie auch dann ausreicht, um die Nichtanerkennungsbefugnis des Aufnahmestaates auszulösen, wenn es zu einer solchen Verletzung des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf eine Person gekommen ist, gegen die im Aufnahmemitgliedstaat keine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG ergriffen wurde.

Hierbei wird nicht verkannt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 11. Dezember 2008 (Az. 3 C 26.07) ein "Zugriffsrecht" des Aufnahmestaates dann bejaht hat, "wenn der neue Führerschein unter Missachtung der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzung ausgestellt worden ist" (UA RdNr. 31). Im weiteren Fortgang der Entscheidungsgründe referiert das Bundesverwaltungsgericht zwar die unter den Randnummern 68 ff. bzw. 65 ff. der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 enthaltenen Ausführungen. Die Feststellung, dass in dem vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilenden Fall die vom Europäischen Gerichtshof in diesen Entscheidungen aufgestellten Voraussetzungen vorlagen, beschränkt sich jedoch auf die Aussage, dass sich aus dem vom Kläger des dortigen Verfahrens erworbenen tschechischen Führerschein das Fehlen eines ordentlichen Wohnsitzes im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaates ergab (BVerwG vom 11.12.2008, a.a.O., UA RdNr. 32). In der Randnummer 34 dieser Entscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht sodann aus, es komme "allein darauf an, dass gegen das durch die Richtlinie selbst vorgegebene Wohnsitzerfordernis verstoßen wurde".

Ob die letztgenannte Aussage so verstanden werden darf, dass bereits eine Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG - für sich genommen - ausreicht, damit der Aufnahmestaat eine ausländische EU-Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen braucht, ohne dass er gegen den Inhaber dieser Berechtigung zuvor eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der gleichen Richtlinie ergriffen haben muss, erscheint freilich nicht gesichert. Der vorgenannte Passus aus der Randnummer 34 des Urteils vom 11. Dezember 2008 könnte vielmehr im Kontext der unmittelbar vorangehenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu lesen sein, wonach es für die Nichtanerkennungsbefugnis ohne Bedeutung ist, dass die Tschechische Republik erst mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 eine Bestimmung geschaffen hat, durch die Art. Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG in das dortige nationale Recht umgesetzt wurde.

Allerdings vertritt das Bayerische Staatsministerium des Innern auf Seite 3 seines Schreibens vom 30. Januar 2009 (Az. IC4-1303-46) die Auffassung, für die fehlende Fahrberechtigung des Inhabers einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis genüge allein der Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip, wenn er auf der Grundlage des Führerscheins bzw. aufgrund anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen feststehe. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV n.F. sei damit auch bei Ersterwerbern anwendbar, die bisher nicht nachteilig im Straßenverkehr im Erscheinung getreten sind. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist nicht darüber zu befinden, welchem dieser Rechtsstandpunkte zu folgen ist. Denn das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht der Ort, um strittige Rechtsfragen einer Klärung zuzuführen. Es genügt vielmehr der Hinweis, dass die Entscheidungen des zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts abschließend zuständigen Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) Aussagen enthalten, die dafür sprechen, dass ein EU-Mitgliedstaat - abgesehen von anderen, hier nicht einschlägigen Fallgestaltungen - nur dann befugt ist, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis auf seinem Gebiet nicht anzuerkennen, wenn diese Berechtigung unter (ausschließlich in bestimmter Weise nachweisbarer) Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG einer Person erteilt wurde, gegen die im Aufnahmestaat zuvor eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie ergriffen wurde. Eine gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV könnte es deshalb erfordern, dass nicht nur die Tatbestandsmerkmale der Nummer 2, sondern auch diejenigen der Nummer 3 dieser Bestimmung erfüllt sein müssen.

c) Als Maßnahme im Sinn von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. bzw. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG kommt im Fall des Klägers nur die am 15. Mai 1996 behördlich verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht. Denn weder aus dem als Blatt 58 bis 61 in der Fahrerlaubnisakte befindlichen Führungszeugnis noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich, dass ihm gegenüber sonst jemals eine Einschränkung oder Aussetzung, eine Entziehung oder eine "Aufhebung" der Fahrerlaubnis ausgesprochen wurde.

Desgleichen fehlt es an einer bestandskräftigen Versagung oder an einem Verzicht auf eine Fahrerlaubnis, so dass dahinstehen kann, inwieweit diese in § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. erwähnten Vorgänge den in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG aufgeführten Maßnahmen unter gemeinschaftsrechtlichem Blickwinkel gleichgestellt werden können (für Verzichtsfälle bejahend BayVGH vom 12.12.2008 Az. 11 CS 08.1396; vom 15.1.2009 Az. 11 CS 08.3222). Zwar hat der Kläger im Jahr 2003 die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragt. In jenem Verwaltungsverfahren erging jedoch kein förmlicher Bescheid; vielmehr wurde der Antrag mit Schreiben des Landratsamts vom 20. November 2003 als zurückgenommen behandelt, nachdem der Kläger der Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht nachgekommen war. Die Frage, ob eine derartige, in der Fahrerlaubnis-Verordnung nicht vorgesehene fiktive Antragsrücknahme der bestandskräftigen Versagung einer Fahrerlaubnis im Sinn von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. gleichgestellt werden kann, und ob eine solche "versagungsähnliche Maßnahme" ihrerseits von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG mit umfasst wird, entzieht sich der Beantwortung in einem Prozesskostenhilfeverfahren. Denn um dies bejahen zu können, bedürfte es einer doppelten, zum einen im Bereich des nationalen, zum anderen auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts vorzunehmenden analogen Rechtsanwendung. Die Entscheidung einer solchen Frage muss, falls es rechtserheblich darauf ankommen sollte, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

d) Ob der Entziehungsbescheid vom 15. Mai 1996 dem Kläger als Maßnahme im Sinn von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG entgegengehalten werden kann, ist nicht sicher. Denn es muss ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass diese behördliche Entscheidung u. U. schon vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis an den Kläger im Verkehrszentralregister tilgungsreif wurde und sie deshalb bereits am 23. Juni 2006 unverwertbar gewesen sein könnte.

§ 29 Abs. 8 Satz 1 StVG schreibt nur für in das Verkehrszentralregister einzutragende gerichtliche Entscheidungen vor, dass sie nach erfolgter Tilgung nicht mehr für Zwecke des § 28 Abs. 2 StVG (zu ihnen gehört nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 StVG auch die Prüfung der Berechtigung, Fahrzeuge zu führen) verwertet werden dürfen. Das Fehlen einer inhaltsgleichen Aussage für in das Verkehrszentralregister einzutragende behördliche Maßnahmen erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber davon ausging, diese Rechtsfolge verstehe sich dann von selbst, wenn solche Eintragungen gemäß § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG gelöscht wurden. Das ergibt sich aus der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (BR-Drs. 821/96, S. 79), in der der Verzicht auf ein ausdrückliches Verwertungsverbot für in das Verkehrszentralregister einzutragende, tilgungsreife behördliche Entscheidungen wie folgt erläutert wurde:
"Absatz 8 trifft nur eine Regelung für die im VZR erfassten gerichtlichen Entscheidungen, weil solche Entscheidungen - obgleich im VZR getilgt und gelöscht - möglicherweise noch im BZR stehen. Für die nur im VZR enthaltenen Eintragungen (Ordnungswidrigkeiten und Verwaltungsentscheidungen) bedarf es keines ausdrücklichen Verwertungsverbots, wenn diese im VZR getilgt und nach Absatz 7 gelöscht sind."
Eine (sei es auch nur sofort vollziehbare) behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis, die - wie hier der Fall - wegen mangelnder Eignung des Betroffenen erfolgte, war nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVZO in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (StVZO a.F.) in das Verkehrszentralregister einzutragen. Für sie galt nach § 13 a Abs. 2 Nr. 3 StVZO a.F. eine zehnjährige Tilgungsfrist, die gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 4 StVZO a.F. mit dem Tag der Unanfechtbarkeit der Entscheidung begann.

Wann der Bescheid vom 15. Mai 1996 unanfechtbar wurde, steht gegenwärtig nicht sicher fest. Das Landratsamt ging davon aus, diese Rechtsfolge sei einen Monat nach der am 22. Mai 1996 erfolgten Zustellung - also mit Ablauf des 22. Juni 1996 - eingetreten (vgl. Bl. 56 der Fahrerlaubnisakte). Diese Annahme trifft dann zu, wenn der Bescheid, hinsichtlich dessen die Behörde eine Bekanntgabe durch förmliche Zustellung angeordnet hatte, dem Kläger am 22. Mai 1996 frei von Zustellungsmängeln zugeleitet wurde. Denn nur unter dieser Voraussetzung wurde die Frist von einem Monat in Lauf gesetzt, innerhalb derer der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid hätte einlegen müssen.

Die mittels Postzustellungsauftrags zu bewirkende, durch Niederlegung erfolgte Zustellung des Bescheids vom 15. Mai 1996 wurde dann gemäß § 182 ZPO i.V.m. Art. 3 Abs. 3 VwZVG - jeweils in der am 22. Mai 1996 geltenden Fassung dieser Bestimmungen - rechtskonform vorgenommen, wenn der Kläger an diesem Tag unter der Zustelladresse eine Wohnung innehatte (vgl. zu diesem Erfordernis BGH vom 13.10.1993 Az. XII ZR 120/92, Juris, RdNr. 9; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, RdNr. 4 zu § 182 ZPO a.F.).

Ob diese Voraussetzung erfüllt war, ist nach Aktenlage nicht zweifelsfrei; andererseits kann das Bestehen einer Wohnung des Klägers in dem Anwesen, das im Anschriftenfeld des Bescheids vom 15. Mai 1996 und auf dem Postzustellungsauftrag als Zustelladresse genannt war, derzeit auch nicht ausgeschlossen werden. Die in der Postzustellungsurkunde enthaltene Erklärung des Zustellers, er habe in der "Wohnung" des Empfängers der zuzustellenden Sendung weder diesen selbst noch eine Person angetroffen, der gegenüber nach § 181 ZPO a.F. eine Ersatzzustellung in zulässiger Weise vorgenommen werden konnte, nimmt zwar nicht an der sich aus § 418 ZPO ergebenden Beweiskraft dieser Urkunde teil (BVerfG vom 3.6.1991 NJW 1992, 224/225). Sie bildet jedoch ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Zustellungsempfänger unter der Zustellanschrift wohnte (BVerfG vom 3.6.1991, ebenda). Auch ein Gericht kann aufgrund der Beurkundung der Ersatzzustellung im Regelfall davon ausgehen, dass der Zustellungsempfänger dort wohnt, wo der Zustellungsbedienstete die Nachricht über die Niederlegung hinterlassen hat (BVerfG vom 3.6.1991, a.a.O., S. 225 f.). Ergeben sich aus dem Akteninhalt oder dem Vortrag der Beteiligten allerdings Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme, hat das Gericht diesen in geeigneter Weise nachzugehen (BVerfG vom 3.6.1991, a.a.O., S. 226).

Solche Zweifel sind hier deshalb veranlasst, weil die Polizeiinspektion D... am 12. Juli 1996 gegenüber dem Landratsamt ausgeführt hat, der Kläger sei zwar noch bei seiner Mutter unter der Adresse gemeldet, unter der ihm der Bescheid vom 15. Mai 1996 im Weg der Niederlegung zugestellt wurde, halte sich aber nicht dort auf. Am 26. Juli 1996 traf ihn die baden-württembergische Polizei bei einer in B... wohnhaften Freundin an. Das lässt es möglich erscheinen, dass der Kläger bereits am 22. Mai 1996 keine Wohnung mehr unter der Zustelladresse unterhielt. Gesichert ist das - zumal angesichts der Indizwirkung der Postzustellungsurkunde - gegenwärtig indes nicht. Für das Bestehen einer "Wohnung" im Sinn der (im Jahr 1996 geltenden) Zustellungsvorschriften kommt es auf das tatsächliche Wohnen an, nämlich darauf, ob der Zustellungsempfänger hauptsächlich in diesen Räumen lebt und dort auch schläft (BGH vom 13.10.1993, a.a.O., RdNr. 13). Das bloße Fortbestehen der behördlichen Anmeldung des Klägers unter der Anschrift, unter der ihm der Bescheid vom 15. Mai 1996 zugestellt wurde, reicht deshalb nicht aus, um das Bestehen einer Wohnung dort bejahen zu können. Hat der Zustellungsempfänger Räume in einer Weise benutzt, dass er in ihnen im vorbezeichneten Sinn eine "Wohnung" unterhielt, so hebt andererseits nicht jede vorübergehende Abwesenheit - selbst wenn sie länger dauert - die Eigenschaft jener Räume als einer Wohnung im Sinne der Zustellungsvorschriften auf (BGH vom 13.10.1993, ebenda). Diese Eigenschaft geht vielmehr erst verloren, wenn sich während der Abwesenheit des Zustellungsempfängers auch der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an den neuen Aufenthaltsort verlagert (BGH vom 13.10.1993, ebenda). Behält er seine bisherige Wohnung bei und schafft sich lediglich eine Zweitwohnung, so bleibt die Zustellung in der bisherigen Wohnung auch dann zulässig, wenn sich der Zustellungsempfänger vorübergehend in der Zweitwohnung aufhält (BGH vom 13.10.1993, ebenda). Eine "Wohnung" liegt demgegenüber dann nicht mehr vor, wenn der Inhaber sie endgültig oder zumindest für längere Zeit - z.B. aufgrund eines beruflich begründeten Auslandsaufenthalts - nicht mehr nutzt (BGH vom 4.6.1997 Az. XII ARZ 13/97, Juris, RdNr. 7).

Nach Aktenlage war der Kläger erst im Frühjahr 1996 aus dem baden-württembergischen Ostalbkreis in das Anwesen in D... verzogen, das im Bescheid vom 15. Mai 1996 als Zustelladresse genannt wurde (vgl. Bl. 32 - 35 der Fahrerlaubnisakte). Noch am 4. April 1996 bezeichnete ihn die baden-württembergische Polizei als unter dieser Adresse wohnhaft (vgl. Bl. 36 der Fahrerlaubnisakte). Ob eine Nachprüfung im Hauptsacheverfahren ergeben wird, dass der Kläger am 22. Mai 1996 aus der (ggf. gemeinsam mit seiner Mutter unterhaltenen) Wohnung endgültig oder doch jedenfalls für längere Zeit bereits wieder vollständig ausgezogen war, muss auch vor diesem Hintergrund als offen gelten.

Sollte die Zustellung des Bescheids unter der Adresse, die auf dem Postzustellungsauftrag genannt war, ordnungsgemäß erfolgt und dieser Verwaltungsakt deshalb mit Ablauf des 22. Juni 1996 bestandskräftig geworden sein, so wäre die Zehnjahresfrist des § 13 a Abs. 2 Nr. 3 StVZO a.F. mit dem Beginn des 23. Juni 1996 in Lauf gesetzt worden. Da sie weder am 1. Januar 1999 noch am 1. Januar 2004 - d.h. an keinem der beiden in § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 1 StVG bezeichneten Stichtage - abgelaufen war, beurteilt sich die Frage, wann die Eintragung der Entziehungsentscheidung vom 15. Mai 1996 tilgungsreif wurde, nach dem Straßenverkehrsgesetz neuer Fassung. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG n.F. sieht für behördliche Entziehungen der Fahrerlaubnis ebenfalls eine zehnjährige Tilgungsfrist vor, so dass Tilgungsreife mit dem Ablauf des 22. Juni 2006 - d.h. um 24.00 Uhr des Tages, der dem Tag des Erwerbs der tschechischen Fahrerlaubnis durch den Kläger vorausging - eingetreten wäre.

Der Umstand, dass das Amtsgericht S... am 20. August 1997 gegen den Kläger wegen eines Vergehens nach § 21 StVG eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verhängt hat, ändert am Lauf dieser Frist nichts. Denn nach § 13 a Abs. 3 Satz 1 StVZO a.F. hinderte die Eintragung einer strafgerichtlichen Entscheidung nur die Tilgung anderer gerichtlicher Entscheidungen sowie von verwaltungsbehördlichen Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten. Da die Tilgungsfrist für das Urteil bzw. den Strafbefehl vom 20. August 1997 gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 StVZO a.F. am Tag des Erlasses der Entscheidung begann und sie gemäß § 13 a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a StVZO a.F. fünf Jahre betrug, wurde diese strafgerichtliche Sanktion zudem bereits mit Ablauf des 19. August 2002 tilgungsreif. Alle anderen strafgerichtlichen Maßnahmen, die in dem als Blatt 58 bis 61 in der Fahrerlaubnisakte befindlichen Führungszeugnis des Klägers aufscheinen, waren nur in das Bundeszentral-, nicht aber in das Verkehrszentralregister einzutragen. Sie scheiden damit als Umstände, aus denen sich ggf. eine Ablaufhemmung in Bezug auf die Tilgungsreife des Bescheids vom 15. Mai 1996 ergeben kann, aus.

Ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG dazu führt, dass dieser Bescheid trotz ggf. eingetretener Tilgungsreife noch verwertbar geblieben ist, muss - will man die Frage nicht von vornherein verneinen - zumindest als zweifelhaft und ungeklärt gelten. Nach dieser Bestimmung dürfen von § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 1 StVG erfasste Entscheidungen nach § 52 Abs. 2 BZRG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung verwertet werden, jedoch längstens bis zu dem Tag, der einer zehnjährigen Tilgungsfrist entspricht. § 52 Abs. 2 BZRG lautete in der vom 31. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung wie folgt:
"Abweichend von § 51 Abs. 1 darf eine frühere Tat ferner in einem Verfahren berücksichtigt werden, das die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, wenn die Verurteilung wegen dieser Tat in das Verkehrszentralregister einzutragen war."
Diese Vorschrift ermöglichte im Rahmen von auf Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis gerichteten Verfahren die zeitlich unbefristete Berücksichtigung auch bereits getilgter bzw. tilgungsreifer Eintragungen im Bundeszentralregister (BVerwG vom 12.7.2001 Buchholz 442.10 § 65 StVG Nr. 1). § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG begrenzt diese Rechtsfolge demgegenüber auf eine Zeitspanne, die einer zehnjährigen Tilgungsfrist entspricht. Durch diese Vorschrift soll eine Gleichbehandlung der unter die Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 9 StVG fallenden Altfälle mit den nach neuem Recht zu beurteilenden Sachverhalten hergestellt werden (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11). Hat eine in das Verkehrszentralregister einzutragende Entscheidung - wie beim Bescheid vom 15. Mai 1996 der Fall - die behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand, so beginnt, wenn die Eintragung ab dem 1. Januar 1999 erfolgt ist, der Lauf der Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung. Wäre der Bescheid vom 15. Mai 1996 erst 1999 oder später in das Verkehrszentralregister eingetragen worden, hätte die zehnjährige Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG - bei unterstelltem Eintritt der Bestandskraft dieses Verwaltungsakts am 22. Juni 1996 - mithin erst im Jahr 2001 zu laufen begonnen; sie würde deshalb 2011 enden. Nichts anderes könnte aufgrund der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG gelten, da mit der auf zehn Jahre befristeten Weitergeltung der alten Verwertungsvorschrift des § 52 Abs. 2 BZRG der Gleichstand mit der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Regelung hergestellt werden sollte (BVerwG vom 9.6.2005, ebenda). Denn was einer zehnjährigen Tilgungsfrist "entspricht", ergibt sich aus § 29 StVG n.F. einschließlich der Regelung über den Beginn der Tilgungsfrist in § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG n.F. (BVerwG vom 9.6.2005, ebenda).

Zweifelhaft ist jedoch, ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG auf verwaltungsbehördliche Entziehungsbescheide anwendbar ist. Zum einen setzt die in dieser Norm in Bezug genommene Bestimmung des § 52 Abs. 2 BZRG a.F. voraus, dass eine "Verurteilung" wegen einer "Tat" in das Verkehrszentralregister einzutragen war. § 52 Abs. 2 BZRG a.F. ist damit - jedenfalls seinem Wortlaut nach - nur auf gerichtliche Entscheidungen anwendbar, mit denen eine Straftat (sowie allenfalls eine Ordnungswidrigkeit) geahndet wurde. Zum anderen erlaubt diese Vorschrift eine Verwertung bereits tilgungsreifer Eintragungen nur im Rahmen von Verfahren, die die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben. Vorliegend soll dem Kläger jedoch keine Fahrerlaubnis entzogen werden. Der Beklagte geht vielmehr - in Einklang mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - davon aus, dass der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 4 FeV auf der Grundlage gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung erfüllt sind, bereits unmittelbar kraft dieser Bestimmung nicht befugt ist, von ihr im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Dieser Betrachtungsweise folgt ersichtlich auch der Verordnungsgeber, da er § 28 Abs. 4 FeV mit Wirkung ab dem 19. Januar 2009 um einen Satz 2 ergänzt hat, dem zufolge die Behörde in den Fällen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV n.F. einen feststellenden Verwaltungsakt über die Berechtigung des Betroffenen erlassen kann, auf der Grundlage seiner ausländischen EU-Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet zu führen.

Im Rahmen des anhängigen Prozesskostenhilfeverfahrens kann dahinstehen, ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG einer erweiternden Auslegung dahingehend zugänglich ist, die diese Bestimmung auch in Verfahren anwendbar macht, die die Feststellung des Vorhandenseins bzw. des Fehlens einer (im Inland gültigen) Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben. Ebenfalls unerörtert bleiben kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren, ob § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG ggf. im Wege teleologischer Extension auf Eintragungen in das Verkehrszentralregister erstreckt werden darf, denen keine "Verurteilung" wegen einer "Tat" zugrunde liegt. Denn eine solche Auslegung, sollte sie angesichts des Wortlauts des § 52 Abs. 2 BZRG überhaupt in nähere Erwägung gezogen werden können, müsste dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Im Verfahren über den Prozesskostenhilfeantrag ist nach alledem davon auszugehen, dass der Bescheid vom 15. Mai 1996 unmittelbar vor dem Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis durch den Kläger unverwertbar geworden sein könnte, so dass der Kläger deshalb u. U. bereits am 23. Juni 2006 nicht mehr als eine Person anzusehen war, der gegenüber im Bundesgebiet eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. ergriffen wurde. Sollte es aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht erforderlich sein, dass die Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FeV a.F. kumulativ erfüllt sind, müsste der beabsichtigten Feststellungsklage deshalb u. U. stattgegeben werden.

2. Da an dem Tag, an dem hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags Bewilligungsreife eintrat, bereits feststand, dass bis zur Entscheidung über die in Aussicht genommene Klage Teile der am 19. Januar 2007 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18) gemäß Art. 18 Satz 2 dieser Richtlinie auch "gelten" werden, erscheint es angezeigt, bei der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage die Rechtslage mit zu berücksichtigen, die sich auf der Grundlage dieser Richtlinie ergibt. Gleiches gilt für die am 19. Januar 2009 wirksam gewordene, der Umsetzung der Richtlinie 2006/126/EG dienende Neufassung des § 28 FeV. Denn § 114 Satz 1 ZPO setzt eine Prognose darüber voraus, wie sich die Erfolgsaussichten eines Rechtschutzgesuchs darstellen. Steht bei Eintritt der Bewilligungsreife bereits fest oder ist es zumindest hinreichend deutlich absehbar, dass sich in dem Rechtsstreit, für den Prozesskostenhilfe begehrt wird, die Sach- oder Rechtslage an dem dort maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt anders darstellen wird, als das am Tag der Bewilligungsreife der Fall ist, so würden Sinn und Zweck der durch § 114 Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Prüfung der Erfolgsaussichten verfehlt, bliebe eine solche, bereits absehbare Veränderung unberücksichtigt.

a) Aus der am 19. Januar 2009 in Kraft getretenen Neufassung des § 28 Abs. 4 FeV ergibt sich im Vergleich zu der bis dahin geltenden Rechtslage eine im vorliegenden Zusammenhang bedeutsame Änderung nur insoweit, als nach § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV n.F. u. a. Maßnahmen im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV nur dann berücksichtigungsfähig sind, wenn sie im Verkehrszentralregister eingetragen und sie nicht nach § 29 StVG getilgt sind. Unter der Voraussetzung, dass diese untergesetzliche Norm die Anwendbarkeit des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG - eines Gesetzes im förmlichen Sinn - auszuschließen vermag, wäre dem Rechtsanwender bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV n.F. der durch § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG in bestimmten Fällen ermöglichte Rückgriff auf im Verkehrszentralregister bereits getilgte Eintragungen verwehrt; die Frage einer etwaigen analogen Anwendung der letztgenannten Bestimmung in einer Konstellation der hier inmitten stehenden Art würde sich alsdann nicht mehr stellen.

b) Zu den Vorschriften der Richtlinie 2006/126/EG, die seit dem 19. Januar 2009 "gelten", gehört nach Art. 18 Satz 2 dieses Regelwerks u. a. Art. 11 Abs. 4 Satz 2. Während Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG bestimmte, dass ein Mitgliedstaat es ablehnen "kann", die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die im Hoheitsgebiet des erstgenannten Staates eine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angewendet wurde, verpflichtet Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG den Aufnahmemitgliedstaat demgegenüber zur Nichtanerkennung. Die Geltung dieser Vorschrift seit dem 19. Januar 2009 führt jedoch nicht dazu, dass sich die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nunmehr anders darstellen, als das nach dem zuvor anwendbaren Recht der Fall war. Auch eine nunmehr ggf. bestehende rechtliche Verpflichtung des Aufnahmestaates, einen Führerschein unter den in Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 206/129/EG bezeichneten Voraussetzungen nicht anzuerkennen, ließe nämlich das Erfordernis unberührt, dass dem Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis von Rechts wegen die Sachverhalte entgegengehalten werden dürfen, aus denen sich die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 ergibt (d.h. dass es ihm gegenüber im Aufnahmestaat zu einer Einschränkung, einer Aussetzung oder einem Entzug einer Fahrerlaubnis gekommen ist). Damit wird es auch im Licht der Richtlinie 2006/126/EG aller Voraussicht nach darauf ankommen, ob - und bejahendenfalls wann - hinsichtlich des Bescheids vom 15. Mai 1996 ein Verwertungsverbot eingetreten ist. Auf den Umstand, dass es - vor allem im Hinblick auf den fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/126/EG - zumindest zweifelhaft ist, ob den in dieser Richtlinie getroffenen Regelungen rechtliche Bedeutung auch für Fahrerlaubnisse zukommt, die vor dem 19. Januar 2009 (und erst recht vor dem 19.1.2007) erteilt wurden, ist bei alledem nur ergänzend zu verweisen.

Aus der Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und den zugehörigen Nachweisen ergibt sich, dass er nicht in der Lage ist, die Kosten der beabsichtigten Klage auch nur zum Teil oder in Raten zu tragen. Von der Aufnahme der Berechnung, die das Gericht insoweit nach § 115 ZPO durchgeführt hat, in die Gründe der vorliegenden Entscheidung wurde abgesehen, um diesen Beschluss ohne Verstoß gegen § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO auch dem Beklagten in vollem Umfang bekanntgeben zu können.

Angesichts der zahlreichen schwierigen Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft, erscheint es im Sinn von § 121 Abs. 2 ZPO geboten, dem Kläger einen Rechtsanwalt seiner Wahl beizuordnen.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da bei einer erfolgreichen Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren keine Gerichtsgebühren anfallen, etwaige gerichtliche Auslagen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG vom Kläger zu tragen wären, und die außergerichtlichen Aufwendungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig sind.