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OLG Hamm Beschluss vom 11.03.2010 - 5 RBs 13/10 - Videoaufzeichnung stellt keinen Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar

OLG Hamm v. 11.03.2010: Videoaufzeichnung stellt keinen Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar


Das OLG Hamm (Beschluss vom 11.03.2010 - 5 RBs 13/10) hat entschieden:
Der Erhebung von Messergebnissen durch ein Videoabstandsmessverfahren steht ein Beweiserhebungsverbot nicht entgegen. Es besteht im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 eine ausreichende gesetzliche Grundlage in § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG für die Videoaufzeichnung. Die Aufzeichnungen der Identifizierungskamera erfolgen ausschließlich verdachtabhängig.


Siehe auch Ungenehmigte Video-und Foto-Personenaufnahmen und deren Verwertung und Verwertungsverbote


Gründe:

I.

Das Amtsgericht Gladbeck hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 160,00 € verurteilt und gegen ihn – unter Einräumung der Viermonatsfrist nach § 25 Abs. 2 a S. 1 StVG – ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Zur Sache hat das Amtsgericht folgendes festgestellt:
"Der Betroffene befuhr am 16.03.2009 um 14.28 Uhr in H die Bundesautobahn 2 in Fahrtrichtung P mit einem Pkw, Fabrikat Daimler Chrysler, amtliches Kennzeichen …. Hierbei fuhr der Betroffene über eine Strecke von ca. 450 Metern mit einem zu geringen Abstand, wobei der Abstand im Messbereich bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h 13 Meter betragen hat."
Zur Beweiswürdigung hat das Amtsgericht u. a. folgendes ausgeführt:
"Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Betroffenen, der Aussage des Zeugen X, der Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung, der Verlesung des Messprotokolls, des Eichscheins und des Auszuges aus dem Verkehrszentralregister.

Der Betroffene hat sich in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er das Fahrzeug geführt habe.

Der Zeuge X hat glaubhaft und unter Zuhilfenahme der polizeilich gefertigten Videoaufzeichnung ausgesagt, dass der Betroffene den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in dem oben genannten Umfang unterschritten hat. Die Videoaufzeichnung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 OWiG – es handelt sich um eine zulässige Observationsmaßnahme, die als Beweismittel verwertbar ist. Der Zeuge hat unter gleichzeitiger Inaugenscheinnahme der mit dem Videoabstandsmessverfahren Y gefertigten Videoaufzeichnung – hier dem Film Pkw 020 – ausgesagt, dass der einsehbare Bereich ca. 450 m beträgt und die im Bereich der Messstrecke aufgebrachten Messlinien ein Innenmaß von 50 Metern aufweisen. Hierbei hat der Zeuge ausgesagt, dass die Fahrzeuge des Vorausfahrenden und des Betroffenen hintereinander in den Sichtbereich einfahren. Der Zeuge hat bekundet, dass sich der Abstand der Fahrzeuge nach Einfahrt in den Sichtbereich auf dem Weg zur Messstrecke und beim Durchfahren derselben augenscheinlich nicht verändert hat, vielmehr lag ein gleichbleibender Verkehrsfluss vor.

Bei dem Videoabstandsmessverfahren Y erfolgt eine Abstandsmessung mittels Videoaufzeichnung durch zwei auf einer Brücke montierte Videokameras. Diese nehmen ohne Unterbrechung den auflaufenden Verkehr auf. Eine Kamera nimmt den Fernbereich auf, wobei dieser an der Örtlichkeit ca. 450 m weit einsehbar ist. Die andere Kamera nimmt den Nahbereich zwischen 30 m und 100 m vor der Montageposition der Kameras auf. In die Videoaufzeichnung wird mit Hilfe eines Charaktergenerators mit Zeiteinblendung für Videokameras des Herstellers X3 aus N vom Typ …, hier mit der Gerätenummer …, eine Zeiteinblendung in 1/100 Sekundenschritten vorgenommen. Die verwendeten Geräte waren auch geeicht, insbesondere wurde ausweislich des Eichscheins der Charaktergenerator bei der der Messung zugrunde liegenden Eichung gemeinsam mit der auch verwendeten Videokamera geeicht.

Der Zeuge X hat glaubhaft bekundet, dass durch die Filmaufnahmen der beiden "Verstoßkameras" weder eine Fahreridentifizierung noch eine Kennzeichenfeststellung möglich sei. Als er den Verdacht eines Abstandverstoßes auf dem "Verstoßvideoband" festgestellt habe, habe er eine ferngesteuerte Videofrontalaufnahme gefertigt. Die dafür genutzte "Frontalkamera" habe den Verkehr nicht ununterbrochen aufgenommen, sondern er habe diese aufgrund des Verdachts eines Abstandverstoßes für ca. 2 Sekunden manuell zugeschaltet. Das Frontalvideo, welches den Betroffenen zeigt, sei mittlerweile gelöscht. Der Beweisantrag des Verteidigers für diesen Fall auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob auch unbeteiligte Fahrzeugführer auf dem Frontalvideo identifizierbar dokumentiert seien bzw. ob auch die Videoaufnahme des Nahbereichs geeignet sei, unbeteiligte Fahrzeugführer identifizierbar zu dokumentieren, war abzulehnen. Der Sachverhalt war zum einen hinreichend geklärt. Das Gericht folgt der glaubhaften Aussage des Zeugen X, dass auf dem Nahbereichsvideo bereits grundsätzlich keine Identifizierung von Personen und Fahrzeugen möglich sei sowie dass er das Frontalvideo nur punktuell für 2 Sekunden beim Hinausfahren des Betroffenen aus dem einsehbaren Messbereich zugeschaltet habe. Eine Aufnahme von unbeteiligten nachfolgenden Fahrzeugen ist damit, soweit sie den erforderlichen Sicherheitsabstand einhalten, ausgeschlossen. Im Übrigen kommt es aber auf die zu beweisende Tatsache nicht an. Mit § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO hat die Videoaufzeichnung eine Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 20 GG sowie Art. 97 Abs. 3 GG, die geeignet ist Eingriffe in das Recht der informationellen Selbstbestimmung zu rechtfertigen.

Im Ergebnis erfolgte die Videoaufzeichnung der Frontalkamera nur aufgrund des konkreten Verdachtes eines Abstandverstoßes durch den Betroffenen, so dass die Voraussetzungen der oben angegebenen Rechtsgrundlage für die Herstellung der Videoaufzeichnung vorliegen."
Das Amtsgericht hat danach einen fahrlässigen Abstandsverstoß gem. §§ 4 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG für erwiesen angesehen und die Regelgeldbuße von 160,00 € sowie das Regelfahrverbot für die Dauer eines Monats gegen den Betroffenen verhängt.

Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt; neben der unzulässigen Ablehnung eines Beweisantrages rügt er insbesondere die Verwertung der im Rahmen des Abstandsmessverfahrens Y gefertigten Videofrequenzen wegen Verstoßes gegen ein Beweiserhebungs- und ein hieraus folgendes Beweisverwertungsverbot.


II.

Die Sache war auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen, denn die Nachprüfung des angefochtenen Urteils ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten gem. § 80 a Abs. 3 S. 1 OWiG. Hierbei handelt es sich um die Alleinentscheidung der mitunterzeichnenden Einzelrichterin des Senats.


III.

Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Soweit der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe die Videofrequenzen der beiden "Verstoßkameras" unzulässigerweise verwertet, weil insoweit ein Beweiserhebungs- und hieraus folgend ein Beweisverwertungsverbot vorgelegen habe, kann dahingestellt bleiben, ob diese Rüge in einer den Anforderungen an § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Weise ausgeführt worden ist. Dem Rügevorbringen ist zwar noch zu entnehmen, dass der Betroffene der Verwertung des Messergebnisses in der Hauptverhandlung widersprochen hat; es ist aber nicht explizit dargetan, dass dieser Widerspruch bis zu dem in § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt erfolgt ist .Ob dieser Vortrag zur ordnungsgemäßen Begründung der Verfahrensrüge zu verlangen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2008 – 3 Ss 318/08 – = NJW 2009, 242 = NZV 2009, 90), kann letztlich dahingestellt bleiben, denn die Verfahrensrüge ist jedenfalls unbegründet.

Der Erhebung von Messergebnissen durch das Videoabstandsmessverfahren Y steht ein Beweiserhebungsverbot nicht entgegen. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass – im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 (vgl. NJW 2009, 3293; DAR 2009, 577) – eine ausreichende gesetzliche Grundlage in § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG für die Videoaufzeichnung besteht.

Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt und ergibt sich vorliegend auch aus den Feststellungen des Amtsgerichts zur Verfahrensweise des Überwachungssystems Y, dass die von den beiden im Dauerbetrieb laufenden sog. Verstoßkameras erzeugten Aufnahmen mangels hinreichender Auflösung und Vergrößerung keine Identifizierung der aufgenommenen Tatfahrzeuge und Fahrer zulassen; weder sind die Kennzeichen der Fahrzeuge ablesbar noch liegen zur Identifizierung geeignete Merkmale der nur schemenhaft sichtbaren Fahrer vor. Durch die Erhebung dieser "Übersichtsaufnahmen" des laufenden Verkehrs, die einen Personenbezug nicht zulassen, ist das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Verkehrsteilnehmers (vgl. BVerfGE 65, 1; 120,378 ) noch nicht berührt (ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.01.2010 – 4 Ss 1525/09, veröffentlich bei juris.de; OLG Bamberg, NJW 2010, 100). Die Aufnahmen der sog. Verstoßkameras ermöglichen lediglich die Begründung des Verdachts von Abstandsverstößen, da sie im Sichtbereich der Nah- und Fernaufnahmen den Verkehrsfluss aufzeichnen, um im Bereich der eigentlichen Messstrecke zwischen zwei 50 m auseinanderliegenden quer zur Fahrbahn verlaufenden Messlinien die Geschwindigkeit und den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu ermitteln. Erst bei Bestehen des Verdachts eines Abstandsverstoßes wird nach Zuschaltung bzw. Auslösung durch den befassten Messbeamten mittels einer weiteren, der sog. Identifizierungskamera - in den Urteilsgründen "Frontalkamera" genannt – eine punktuelle Videoaufzeichnung für wenige Sekunden gefertigt, die unter Erfassung des Kennzeichens zur Identifizierung des Fahrers geeignet ist. Diese Aufnahme beinhaltet Daten, die einen Personenbezug ermöglichen; ihre Erhebung und Fixierung erfolgt zu Beweiszwecken.

Der allein durch diese Aufnahmen begründete Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ist indes durch die gesetzliche Eingriffsgrundlage in § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 OWiG gedeckt (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Ermächtigung zur Anfertigung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen außerhalb von Wohnungen besteht danach, wenn bei entsprechendem Anfangsverdacht für die Begehung einer Straftat bzw. über die Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG einer Ordnungswidrigkeit die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten (bzw. Betroffenen) auf andere Weise weniger Erfolg versprechend oder erschwert wäre.

Die Aufzeichnungen der Identifizierungskamera erfolgen bei dem Messverfahren Y ausschließlich verdachtabhängig; dies ist dem Senat aufgrund der gerichtsbekannten Funktionsweise des Y-Überwachungssystems bekannt. Dies ergibt sich für den hier vorliegenden Fall auch aus den Feststellungen des Amtsgerichts.

Die Subsidaritätsklausel in § 100 h Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz StPO steht der Anwendung dieser Bestimmung nicht entgegen, da weniger einschneidende und gleich erfolgversprechende Maßnahmen zur Identifizierung des Betroffenen nicht zur Verfügung stehen; insbesondere kommt ein Anhaltevorgang auf Autobahnen regelmäßig nicht in Betracht.

Soweit mit der Identifizierungskamera unvermeidbar die Aufzeichnung anderer Verkehrsteilnehmer als Fahrzeugmitinsassen oder Führer anderer Kraftfahrzeuge erfolgt, führt dies – wie § 100 h Abs. 3 StPO klarstellt – ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der Maßnahme.

Nach Auffassung des Senats ist die Regelung des § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO auch in Bußgeldverfahren anwendbar (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., Rdnr. 145 a vor § 59) und setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bildaufnahmen nur für Observationszwecke gefertigt werden (entgegen Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., Rdnr. 1 zu § 100 h; ebenso OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Thüringen, Beschluss vom 06.01.2010 – 1 Ss 291/09, veröffentlicht bei Beck RS 2010, 04679; AG Schweinfurth, DAR 2009, 660). Zwar ist die Bestimmung durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I, S. 1302) in die Strafprozessordnung eingeführt worden. Eine Beschränkung der Anwendbarkeit auf Fälle der organisierten Kriminalität ergibt sich nach dem Wortlaut jedoch nicht; ebenso wenig ergibt sich hieraus, dass die Bildaufnahmen nach § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO allein zu Observationszwecken erstellt werden dürfen.

Selbst wenn jedoch für die zur Identifizierung geeignete Videoaufzeichnung des Messverfahrens Y eine Rechtsgrundlage in § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO nicht bestünde, bliebe daneben immer noch die allgemeine Ermächtigungsgrundlage des § 163 b Abs. 1 S. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG. Diese Vorschrift ermächtigt die Polizei, die zur Feststellung der Identität des Betroffenen erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Der Erhebung von Messergebnissen durch das Überwachungssystem Y steht danach ein Beweiserhebungsverbot bereits nicht entgegen; ein Beweisverwertungsverbot scheidet damit aus.

2. Die Rüge der Verletzung der §§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, 244 Abs. 2 u. 3, 338 Nr. 8 StPO i. V. m. §§ 46, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG durch Ablehnung des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages hat der Betroffene zwar in einer den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 344 Abs. 2 StPO genügenden Form ausgeführt, die Rüge ist aber ebenfalls unbegründet.

a) Soweit der Betroffene geltend macht, das Amtsgericht habe seinen Antrag zum Beweis der Tatsache, dass auf der im Rahmen der Messung gefertigten Videofrequenz/Frontalaufnahme neben dem Fahrzeug des Betroffenen weitere Fahrzeuge bzw. Fahrzeugführer identifizierbar dokumentiert worden seien, die Beiziehung der Videofrequenz/Frontalaufnahme zu Unrecht abgelehnt, ist dies schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es sich nicht um einen Beweisantrag im formellen Sinne gehandelt hat. Die "Beiziehung" stellt für sich genommen kein Beweismittel dar; allenfalls die Inaugenscheinnahme der von der Frontalkamera (= Identifizierungskamera) aufgenommenen Videosequequenzen wäre zum Nachweis der behaupteten Tatsache geeignet gewesen. Dies hat der Betroffene nicht beantragt. Die Beweistatsache war aber auch im Hinblick auf § 100 h Abs. 3 StPO nicht geeignet, ein Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot zu begründen. Darüber hinaus ist das Gericht aufgrund der in den Urteilsgründen wiedergegebenen entsprechenden Angaben des Zeugen X ersichtlich davon ausgegangen, dass die Inaugenscheinnahme des von der Identifizierungskamera aufgenommenen Materials wegen zwischenzeitlicher Löschung nicht möglich war. Die Beweiserhebung hat das Gericht deshalb zu Recht als zu Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich angesehen. Auch eine Beschränkung der Verteidigung durch den entsprechenden Gerichtsbeschluss scheidet danach aus.

Dass die Frontalkamera durchgehend und verdachtsunabhängig und entgegen seiner regulären Funktionsweise gelaufen sei und deshalb jeglichen Verkehrsteilnehmer identifizierbar aufgenommen habe, hat der Betroffene gerade nicht behauptet.

b) Die Ablehnung des von dem Betroffenen in der Hauptverhandlung für den Fall der Löschung der Aufnahme beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens "zur Beantwortung der Frage, ob die Videofrequenz/Frontalaufnahme grundsätzlich geeignet ist, unbeteiligte Fahrzeugführer identifizierbar zu dokumentieren", ist ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insoweit liegt ebenfalls bereits kein zulässiger Beweisantrag vor, denn es fehlt an der Behauptung einer bestimmten Beweistatsache. Wegen des Fehlens der Bestimmtheit einer Beweisbehauptung aufgrund der Frage nach dem "Ob", ist lediglich ein Beweisermittlungsantrag gegeben, der keine förmliche Bescheidung wie ein Beweisantrag erfordert. Unabhängig hiervon hat das Amtsgericht aber auch diesen Antrag ohne Rechtsfehler gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, weil die grundsätzliche Eignung der Frontalaufnahme (gemeint sind offenbar die Aufnahmen der Identifizierungskamera) für die identifizierbare Dokumentation unbeteiligter Fahrzeugführer dahingestellt bleiben kann; die grundsätzliche entsprechende Eignung der Identifizierungskamera ist für die Entscheidung ohne Belang, so dass die Beweiserhebung in jedem Falle als entbehrlich angesehen worden ist.

c) Soweit der Betroffene die Ablehnung des hilfsweise in der Hauptverhandlung gestellten Antrages rügt, durch Sachverständigengutachten zu klären, dass die Videoaufnahme/Nahbereich unbeteiligte Fahrzeugführer identifizierbar dokumentierte, was der Betroffene ausdrücklich so vortrage, bestehen bereits Bedenken an der ordnungsgemäßen Erhebung der Rüge, weil das Vorbringen des Betroffenen in der Rechtsbeschwerdeschrift (S. 6, 1. Abs.) das Gegenteil der behaupteten Beweistatsache enthält. Der Betroffene trägt nämlich vor, dass "das Fern- und Nahbereichsvideo zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sei und auf dem Fern- und Nahbereichsvideo weder das Kennzeichen des zu dicht auffahrenden Pkws noch dessen Fahrer zu erkennen gewesen sei. Dies sei nur durch das Frontalvideo nachvollziehbar gewesen.

Abgesehen davon bedurfte es der Beweiserhebung aber deshalb nicht, weil das Amtsgericht bezüglich der Beweisbehauptung den glaubhaften Bekundungen des Zeugen X gefolgt ist, nach denen eine Identifizierung auf den Aufnahmen der Nahbereichskamera (Verstoßkamera) nicht möglich sei. Konkrete Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, waren nach den Urteilsfeststellungen weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich vielmehr im Gegenteil das Ergebnis der Beweisaufnahme durch Inaugenscheinnahme des Fern- und Nahbereichsvideos in der mündlichen Verhandlung, nach der das Amtsgericht die hilfsweise beantragte Beweiserhebung für entbehrlich halten durfte.

Soweit der Verfahrensrüge schließlich zu entnehmen ist, dass das Amtsgericht die beantragte Beweiserhebung auch deshalb nicht habe ablehnen dürfen, weil die Identität des Betroffenen als Fahrer anderenfalls nicht festzustellen gewesen sei, wendet sich die Rechtsbeschwerde in unzulässiger Weise gegen die Feststellungen des Amtsgerichts, das gerade diese Feststellung aufgrund der Einlassung des Betroffenen, der in der Hauptverhandlung eingeräumt hat, das Fahrzeug geführt zu haben, getroffen hat.

3. Die auf die Sachrüge hin gebotene Überprüfung des Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht führt nicht zur Aufdeckung von Rechtsfehlern zum Nachteil des Betroffenen. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes. Die Abstandsmessung mittels Y stellt ein standardisiertes Meßverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH dar (zu vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 24.05. 2005, 2 Ss OWi 162/04; zum standardisierten Meßverfahren BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 308); den insoweit bestehenden Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.

Auch der Rechtsfolgenausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach alledem war die Rechtsbeschwerde mit der aus § 46 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen.