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Landgericht Siegen Urteil vom 14.06.2010 - 3 S 124/09 - Zur Frage des Ersatzes von Reinigungskosten für eine durch eine Panne verursachten Ölspur

LG Siegen v. 14.06.2010: Zur Frage des Ersatzes von Reinigungskosten für eine durch eine Panne verursachten Ölspur


Das Landgericht Siegen (Urteil vom 14.06.2010 - 3 S 124/09) hat entschieden:

   Eine Stadt hat keine Ansprüche gegen Halter und Haftpflichtversicherer eines Kfz, das infolge einer Panne eine Straße mit einer Ölspur verschmutzt hat, weil derartige Reinigungskosten nicht zum ersatzfähigen Schaden gem. § 249 Abs. 2 BGB gehören. Den Auftrag zur Beseitigung einer derartigen Ölspur vergibt die Gemeinde wegen des Auftrags zur Gefahrenabwehr in hoheitlicher Funktion. Ansprüche aus Geschäftsführung entstehen nicht, weil es sich um eine eigene Pflichtaufgabe handelt.

Anmerkung: Das Gericht hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Siehe auch
Entsorgungskosten - Fahrbahnreinigung nach einem Verkehrsunfall - Ölspuren - Ladungsteile - Fahrzeugteile
und
Ladungssicherung - Ladungsverluste - Verlust von Fahrzeugteilen

Zum Sachverhalt:


Der Beklagte zu 1 ist Halter und Eigentümer, die Beklagte zu 2 Haftpflichtversicherer eines Traktors John Deere, Kennzeichen … . Am 15.09.2008 kam es an dem Traktor zu einer Panne. Aufgrund dieser Panne trat Hydrauliköl aus und verunreinigte den aus Bitumenasphalt bestehenden Fahrbahnuntergrund der Ortsdurchfahrt … in B. Eigentümerin der Straße ist die Stadt B. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht der Stadt B. wegen Beseitigung der Ölspur in Anspruch.

Zunächst erschien die Polizei. Es bestand Gefahr, dass das Öl in einen Gully läuft. Deshalb wurde die Feuerwehr alarmiert. Die Feuerwehr streute die Verschmutzung vollständig mit Ölbindemittel ab und übergab die weitere Reinigung an den Bauhof der Stadt B. Um 12.40 Uhr alarmierte die Stadt B. die Firma D. OHG, … (im Folgenden: Firma D), um die ausgelaufenen Betriebsmittel zu entfernen und die Verkehrssicherheit wiederherzustellen.

Die Fa. D. OHG verwandte dabei ein auf dem Markt angebotenes, jedoch nicht allgemein übliches Abbinde- und Reinigungsverfahren und berechnete insgesamt 2.237,37 € inkl. MwSt.


Die Firma D. verkaufte ihre vermeintliche Forderung an die Klägerin und trat diese an die Klägerin ab. Mit Schreiben vom 10.10., 27.10., 11.11. und 25.11.2008 mahnte die Klägerin die Beklagten. Mit Schreiben vom 19.01.09 teilte die Beklagte zu 2 mit, keinerlei Zahlungen zu erbringen.

Die Parteien streiten über die Angemessenheit des angewandten Verfahrens und über die Höhe der für die Reinigung nötigen Kosten.

Mit seinem am 25.11.2009 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Die Abtretung vom 25.02.2009 sei mangels eines über die Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme hinaus gehenden zivilrechtlichen Anspruchs der Stadt B. ins Leere gegangen.

Hiergegen richtete sich die Berufung, mit der die Klägerin beantragte,

   unter Abänderung des am 25.11.2009 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bad Berleburg (1 C 60/09) die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 2 937,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11.10.2008 sowie 10,00 € Mahnkosten zu bezahlen.

Die Beklagten hat beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung blieb erfolglos.





Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A.

I.

Die Klägerin hat keine Ansprüche gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht der Stadt B. Denn die von der Stadt B. unter dem 25.02.2009 erklärte Abtretung an die Firma D. und damit auch die von der Firma D. vorgenommene weitere Abtretung an die Klägerin laufen ins Leere. In Betracht kommende Ansprüche der Stadt B. gegen die Beklagten bestanden nicht oder konnten nicht rechtswirksam abgetreten werden.

1. Es bestanden keine Ansprüche der Stadt B. auf Ersatz der durch Beauftragung der Firma D. entstandenen Reinigungskosten gegen den Beklagten zu 1 gemäß § 7 StVG oder § 823 BGB und gegen die Beklagte zu 2 in Verbindung mit § 3 Nummer 1 Pflichtversicherungsgesetz alter Fassung wegen Beschädigung der Straße durch die Ölspur. Bei den Reinigungskosten handelt es sich nicht um einen gemäß § 249 Absatz 2 BGB ersatzfähigen Schaden.




a. Es kann dahinstehen, ob die Stadt B. überhaupt eine Vermögenseinbuße in Höhe der hier geltend gemachten Reinigungskosten erlitten hat, oder ob – wie von den Beklagten behauptet – die Verbindlichkeit der Stadt B. gegenüber der Firma D. aufgrund eines Rahmenvertrags in Wahrheit wesentlich geringer war als von der Klägerin geltend gemacht wird. Ebenso kann dahinstehen, welche Arbeiten von der Firma D. vor Ort konkret vorgenommen wurden, ob diese Arbeiten tatsächlich zur Beseitigung der Ölspur erforderlich waren und ob die von der Firma D. hierfür in Rechnung gestellten Preise angemessen waren. Denn auch wenn die Stadt B. durch die Beauftragung der Firma D. tatsächlich eine Verbindlichkeit in der geltend gemachten Höhe eingegangen wäre und die Firma D. ihre Leistungen zu Recht wie geltend gemacht abgerechnet hätte, konnte die Stadt B. hierfür von den Beklagten keinen Ersatz nach § 249 Absatz 2 BGB verlangen.

b. Zwar hat gemäß § 249 Absatz 2 BGB der Eigentümer, dessen Sache beschädigt worden ist, Anspruch auf Zahlung des „zur Herstellung“ erforderlichen Geldbetrags. Bei den von der Firma D. in Rechnung gestellten Reinigungskosten handelt es sich jedoch nicht um „Herstellungskosten“ im Sinne des § 249 Absatz 2 BGB.

Zu den Herstellungskosten gehören insbesondere die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der beschädigten Sache anfallenden Kosten. Die mit der Beauftragung der Firma D. verbundenen Kosten sind jedoch keine Kosten zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, sondern Kosten der Gefahrenabwehr.




Denn als die Stadt B. die Firma D. zur Reinigung der Straße heranzog, ist sie nicht in ihrer Eigenschaft als Straßeneigentümerin privatrechtlich zur Schadensbeseitigung, sondern in ihrer Eigenschaft als Behörde hoheitlich zur Gefahrenabwehr tätig geworden. Bei der Straßenreinigung handelte es sich um schlicht-hoheitliches Handeln durch Realakt. Handeln durch Realakt kann nach seinem äußeren Bild sowohl privatrechtlichen als auch hoheitlichen Charakter haben: Einerseits war die Straße durch die Ölspur in ihrer Benutzbarkeit beeinträchtigt, so dass das Reinigen der Straße der Herstellung des ursprünglichen Zustandes und damit der Beseitigung des der Stadt B. als Eigentümerin entstandenen Schadens zu dienen vermochte. Andererseits handelte es sich bei der Ölspur um einen Unglücksfall im Sinne des § 1 Absatz 1 des Gesetztes über den Feuerschutz und die Hilfeleistungen für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: FSHG), so dass die Stadt B. als zuständige Behörde zur Hilfeleistung verpflichtet war.

Denn bei einer Ölspur handelt es sich um ein mit gewisser Plötzlichkeit eintretendes Ereignis, von dem erhebliche Gefahren für Menschen oder Sachen ausgehen. Eine Ölspur droht nicht nur Böden und Gewässer in ihrem Umkreis erheblich zu verschmutzen. Insbesondere können auf einer Ölspur andere Verkehrsteilnehmer, namentlich Motorradfahrer, ins Rutschen kommen und dadurch schwere Gesundheits- oder Sachschäden erleiden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.02.2007, 9 A 4239/04, Randnummern 4 ff., zitiert nach juris; Kamp, Eine rutschige Angelegenheit: Ölspurbeseitigung durch die Feuerwehren, NWVBl. 2008, 14 [15]). Eben diese Gefahren waren es auch, die – darauf stützt jedenfalls die Klägerin den geltend gemachten Anspruch – die Stadt B. zur Einschaltung der Firma D. veranlassten. Die Ölspur sollte rückstandsfrei entfernt werden, damit – so die Klägerin – keine Ölreste in den Untergrund versickerten und Verkehrsteilnehmer vor den erheblichen Gefahren eines zurückbleibenden Ölfilms geschützt wurden.

Dieses nach außen als „doppeldeutig“ erscheinende Verwaltungshandeln ist als hoheitliches Handeln einzuordnen. Denn die Stadt B. war gemäß § 1 FSHG zur Beseitigung der Ölspur verpflichtet. Ist unklar, ob eine Behörde hoheitlich oder privatrechtlich handelt, gilt bei einem Organ des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner hoheitlichen Kompetenz die Vermutung, dass es hoheitlich handelt. Denn ein Wahlrecht der Behörde, ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich tätig wird, besteht nicht, wenn öffentlich-rechtliches Handeln vorgeschrieben ist (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008, § 1, Randnummer 102). Daher hat bereits das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, die hoheitliche Tätigkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr habe „quasi als Nebenprodukt“ auch zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung geführt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Stadt B. – entgegen dem Wortlaut des § 1 Absatz 1 FSHG – zur Beseitigung der Ölspur nicht ihre Feuerwehr selbst eingesetzt hat, sondern die Firma D. als Privatunternehmen mit der Beseitigung beauftragte. Denn gleichwohl handelte es sich bei der Beseitigung der Ölspur um eine Maßnahme im Rahmen der der Stadt B. nach § 1 Absatz 1 FSHG obliegenden Aufgaben (LG Bielefeld, Urteil vom 23.10.2009, 1 O 486/08, Randnummer 14; wohl auch LG Bochum, Urteil vom 23.11.2009, 8 O 647/08, Randnummer 22; sämtlich zitiert nach juris). Denn auch mit der Beauftragung der Firma D. hat die Stadt B. ihre Pflicht zur Hilfeleistung gemäß § 1 Absatz 1 FSHG erfüllt. Die Firma D. wurde als Verwaltungshelferin für die Feuerwehr tätig. Es handelte sich – wie oben ausgeführt – bei der Ölspur um einen Unglücksfall im Sinne des § 1 Absatz 1 FSHG, bei ihrer Beseitigung um eine gemäß § 1 Absatz 1 FSHG gebotene Hilfeleistung. Nach dem Vortrag der Klägerin sollte die Beseitigung der Ölspur durch die Firma D. gerade der Gefahrenabwehr und damit der Aufgabenerfüllung gemäß § 1 Absatz 1 FSHG dienen. Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt B. mit der Beauftragung der Firma D. zugleich ihre Zuständigkeit und Verantwortung für die Gefahrenbeseitigung abgeben wollte, bestehen nicht (vergleiche Schmitz, am angegebenen Ort, Randnummer 134).

c. Die Kosten der Gefahrenabwehr fallen nicht unter die „Herstellungskosten“ im Sinne des § 249 Absatz 2 BGB, auch wenn die Gefahrenabwehr im konkreten Fall zur Beseitigung des Schadens geführt hat. Denn der Gesetzgeber hat im FSHG eine abschließende Regelung für den Ersatz der Kosten von Hilfsmaßnahmen nach dem FSHG getroffen. Diese Regelung schließt für ihren Bereich einen Ersatz von Aufwendungen nach anderen Vorschriften, insbesondere nach dem Privatrecht, aus (LG Bielefeld, am angegebenen Ort, Randnummer 18; LG Bochum, am angegebenen Ort, Randnummer 26; vergleiche auch OVG Nordrhein-Westfalen, am angegebenen Ort, Randnummern 26ff.; ferner BGH, Urteil vom 13.11.2003, III ZR 70/03, Randnummern 12 f., zitiert nach juris).

Dies folgt aus dem Wortlaut des § 41 Absatz 1 FSHG. Danach sind Einsätze der Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem FSHG unentgeltlich, sofern nicht in Absatz 2 FSHG etwas anderes bestimmt ist. Nach § 41 Absatz 2 Satz 1 Ziffer 3 FSHG können die Gemeinden Ersatz der ihnen durch Einsätze entstandenen Kosten unter anderem dann verlangen, wenn die Gefahr oder der Schaden beim Betrieb von Kraftfahrzeugen entstanden ist. Die Verwendung des Begriffs „Schaden“ in Absatz 2 Satz 1 Ziffer 3 FSHG zeigt, dass die im FSHG geregelte Kostenerstattung gerade auch diejenigen Vermögenseinbußen umfasst, die der Gemeinde durch die Gefahrenabwehr entstandenen sind. Eine Regelungslücke, die zur Schadloshaltung der Gemeinde in Fällen wie dem vorliegenden einen Rückgriff auf andere, insbesondere privatrechtliche Vorschriften erfordern würde, besteht daher nicht. Zugleich hat der Gesetzgeber mit der Formulierung „sofern nicht“ in § 41 Absatz 1 FSHG zum Ausdruck gebracht, dass ein Rückgriff auf andere gesetzliche Bestimmungen auch nicht gewollt ist. Andernfalls entfiele die in Absatz 1 vorgesehene Unentgeltlichkeit nicht nur in den in Absatz 2 besonders geregelten Fällen, sondern in allen anderen Fällen, in denen der Gemeinde durch ein ihr eigenes Eigentum betreffende Hilfsmaßnahme eine Vermögenseinbuße entstanden ist. Dies entspräche nicht dem Regelungszweck des § 41 FSHG.




Deutlich wird dies auch an folgender Überlegung: Wäre keine öffentliche, sondern eine private Fläche mit der Ölspur beschmutzt worden und hätte der private Eigentümer Hilfe nach dem FSHG in Anspruch genommen, könnte die Gemeinde ihren Hilfseinsatz lediglich nach § 41 FSHG mit dem Fahrzeughalter abrechnen. Der Eigentümer könnte gegenüber dem Fahrzeughalter Schadensersatz nach § 7 StVG oder § 823 BGB verlangen. Wurde die Beeinträchtigung seines Grundstücks allerdings durch die Gefahrenabwehrmaßnahme der Gemeinde vollständig beseitigt, wäre ihm durch die Ölspur ein Schaden nicht entstanden, Ersatzleistungen des Halters stünden ihm nicht zu. Waren die Kosten der Gemeinde höher, als sie nach § 41 FSHG gegenüber dem Halter abrechnen kann, hätte die Gemeinde diese selbst zu tragen. Dies kann sich nicht allein deshalb anders verhalten, weil – zufällig – der geschädigte Eigentümer und der zur Hilfeleistung verpflichtete Behördenträger identisch sind.

Hinzu kommt, dass gemäß § 41 Absatz 3 FSHG der Kostenersatz nach Absatz 2 durch Satzung zu regeln ist. Dies ergäbe wenig Sinn, könnte die Gemeinde ihre Gefahrenabwehrkosten auch privatrechtlich als Schaden geltend machen. Das Satzungserfordernis liefe damit leer (Schneider, Feuerschutzhilfeleistungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 8. Auflage 2008, § 41 , Abschnitt 17.1 am Ende).

Die Anwendung des § 41 FSHG ist auch nicht ausgeschlossen, weil die Stadt B. zur Beseitigung der Ölspur nicht ihre Feuerwehr eingesetzt hat, sondern die Firma D. als Privatunternehmen mit der Beseitigung beauftragte. Denn gleichwohl handelte es sich bei der Beseitigung der Ölspur gemäß § 41 Absatz 1 FSHG um einen Einsatz im Rahmen der der Stadt B. nach § 1 Absatz 1 FSHG obliegenden Aufgaben (LG Bielefeld, am angegebenen Ort, Randnummer 14; wohl auch LG Bochum, am angegebenen Ort, Randnummer 22). Es handelte sich – wie oben b. ausgeführt – bei der Ölspur um einen Unglücksfall im Sinne des § 1 Absatz 1 FSHG, bei ihrer Beseitigung um eine gemäß § 1 Absatz 1 FSHG gebotene Hilfeleistung. Mit der Beauftragung der Firma D. hat die Stadt B. ihre Pflicht zur Hilfeleistung gemäß § 1 Absatz 1 FSHG erfüllt. Die Firma D. wurde als Verwaltungshelferin für die Feuerwehr tätig.

d. Diesem Ergebnis steht – soweit ersichtlich – auch die Rechtsprechung des Bundesgerichthofs nicht entgegen.

So hat der Bundesgerichtshof zwar in dem bereits genannten Urteil vom 13.11.2003 privatrechtliche Schadensersatzansprüche gegen einen Tierhalter nicht ausgeschlossen, nachdem beim Einfangen seines entlaufenen Rindes ein Polizist verletzt worden war. Anders als im vorliegenden Fall waren dort jedoch Gefahrenabwehr und Schadensbeseitigung nicht identisch: Der Gefahrenabwehr diente das Einfangen des Rindes; Schaden waren die Folgen der Verletzung des Polizisten. Hinsichtlich des Einfangens des Rindes hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass die damit im Zusammenhang stehenden Kosten im öffentlichen Recht abschließend geregelt sind.

Auch in dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 20.12.2006 (IV ZR 325/05, zitiert nach juris) hat der Bundesgerichtshof zwar entschieden, der Landkreis als öffentlicher Straßeneigentümer könne für die Reinigungskosten wegen einer Ölspur Schadensersatz gemäß § 7 StVG beanspruchen. Dort lag der Sachverhalt aber ebenfalls anders als hier, so dass es nicht für die Rechtsauffassung der Klägerin streitet: Das Landratsamt war gerade nicht zur Gefahrenabwehr und damit auch nicht hoheitlich tätig geworden. Vielmehr war die Gefahr bereits von einer städtischen Feuerwehr beseitigt worden, deren Trägerin die Einsatzkosten auch mit Leistungsbescheid geltend gemacht hatte.

Schließlich hat der Bundesgerichtshof auch in dem ebenfalls von der Klägerin angeführten Urteil vom 06.11.2007 (VI ZR 220/06, zitiert nach juris) einen Schadensersatzanspruch der Straßeneigentümerin nach § 7 StVG bejaht, nachdem ein LKW bei einem Brand eine Ladung Orangen verloren und die Straßeneigentümerin diese entsorgt hatte. Auch dieses Urteil vermag die Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu stützen. Denn bei den Kosten der Entsorgung der Orangen handelte es sich um Folgekosten der Eigentumsbeeinträchtigung an der Autobahn. Die Beseitigung von Folgeschäden nach Beendigung der Gefahrensituation gehört gerade nicht mehr zur Gefahrenabwehr (OVG Nordrhein-Westfalen, am angegebenen Ort, Randnummern 52 ff; Schneider, am angegebenen Ort , Abschnitt 17.4).




2. Es bestanden auch keine Ansprüche der Stadt B. auf Ersatz der durch Beauftragung der Firma D. entstandenen Reinigungskosten gegen die Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß oder analog §§ 677, 683 Satz 1 BGB.

Es ist schon zweifelhaft, ob die Stadt B. überhaupt ein fremdes Geschäft geführt hat, als sie die Firma D. mit der Beseitigung der Ölspur beauftragt hat. Denn mit der Gefahrenabwehr hat sie eine Pflichtaufgabe wahrgenommen (in vergleichbaren Fällen dennoch für die Annahme eines fremden Geschäfts BGHZ 40, 28ff; BGH NJW 1969, 1205ff.; anderer Ansicht die überwiegende Auffassung in der Literatur, vergleiche OVG NRW, am angegebenen Ort, Randnummer 61, und Seiler, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2009, Vorbemerkungen zu § 677ff., Randnummer 31, jeweils mit weiteren Nachweisen; ausdrücklich offengelassen von BGH, Urteil vom 13.11.2003, Randnummern 8f.).

Dies kann indes dahinstehen. Denn die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn der Gesetzgeber eine abschließende Sonderregelung darüber getroffen hat, wer die Kosten der Gefahrenabwehr zu tragen hat (BGH, Urteil vom 19.07.2007, Az. III ZR 20/07, NVwZ 2008, 349 [349]; Urteil vom 13.11.2003, Randnummern 10 ff.; OVG NRW, am angegebenen Ort, Randnummern 24ff.). Dies ist – aus den oben 1. c. genannten Gründen – hier der Fall (vergleiche LG Baden-Baden, Urteil vom 24.07.2009, 2 O 121/09, Randnummern 24f.; LG Bielefeld, am angegebenen Ort, Randnummer 16; Landgericht Bochum, am angegebenen Ort, Randnummer 25).


3. Auch Ansprüche der Stadt B. auf Ersatz der Reinigungskosten gegen die Beklagten gemäß § 41 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 FSHG sind nicht an die Klägerin abgetreten.

a. Es lässt sich schon nicht feststellen, ob die Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach § 41 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 FSHG überhaupt erfüllt sind. Denn gemäß § 41 Absatz 3 Satz 1 FSHG ist die Kostenerstattung durch Satzung zu regeln. Die Klägerin hat weder vorgetragen, dass es eine solche Satzung gibt, noch auf welche Weise der Inhalt des Erstattungsanspruchs dort gegebenenfalls geregelt ist. Unklar ist ebenfalls, ob die Abtretungserklärung vom 25.02.2009 auch öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche umfassen soll. Nach dem Wortlaut, der lediglich „Schadensersatzansprüche“ enthält, sollten möglicherweise nur privatrechtliche Ansprüche umfasst sein. Zweifelhaft ist schließlich, ob die Abtretungserklärung vom 25.02.2009 von den gemäß § 64 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen zur Vertretung berufenen Organwaltern der Stadt B. abgegeben wurde. Die Abtretungserklärung wurde weder vom Bürgermeister noch von seinem Vertreter abgegeben. Ob es sich bei der Abtretung einer Kostenerstattungsforderung und damit die Verfügung über einen Vermögensbestandteil um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt, dürfte zumindest fraglich sein. Eine besondere Bevollmächtigung der handelnden Personen ist nicht vorgetragen. All dies kann indes dahinstehen.

b. Denn die Abtretung einer eventuellen Kostenforderungen der Stadt B. gegen die Beklagten gemäß § 41 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 FSHG an die Firma D. GmbH wäre ohnehin unzulässig und nichtig.

Zwar können öffentlich-rechtliche Forderungen grundsätzlich in entsprechender Anwendung der §§ 398ff. BGB abgetreten werden. Das gilt jedoch nicht, wenn die Abtretung zu einer Umgehung der öffentlich-rechtlichen Verfahrens- und Zuständigkeitsordnung führt und damit den Schutz öffentlicher Interessen oder privater Interessen des Zahlungspflichtigen in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt (VG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.1980, Az. 6 K 4740/78, Randnummer 33, zitiert nach juris; Busche, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, Einleitung zu §§ 398ff., Randnummer 6). So verhält es sich hier:

Die Abtretung, die zwischen der Stadt B. und der Firma D. vereinbart wurde, führt zu einer Umgehung der Verfahrens- und Zuständigkeitsordnung. Denn die Forderung wurde abgetreten, bevor überhaupt über ihren Inhalt entschieden war. Nach § 41 FSHG entsteht die Erstattungsforderung nicht bereits mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes. Vielmehr bedarf es einer behördlichen Festsetzung der Forderungshöhe. Dabei hat die Behörde nicht nur die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen zu prüfen, sondern gemäß § 41 Absätze 1 und 6 FSHG auch eine Ermessensentscheidungen zu treffen, ob oder in welcher Höhe Kostenersatz verlangt werden soll (Schneider, am angegebenen Ort , Abschnitt 5.2). Nach dem Inhalt der Abtretungsvereinbarung war es jedoch der Firma D. überlassen, über die Höhe der Forderung zu befinden. Verfahrensrechtlich kommt hinzu, dass die Behörde die Kosten durch Leistungsbescheid geltend machen muss (Schneider, am angegebenen Ort, Abschnitt 17.2.2), zur Verschaffung eines Titels also keiner Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bedürfte. Die Abtretung hat hingegen zur Folge, dass die Zessionarin zur Verschaffung eines Titels ein Gericht in Anspruch nehmen muss.




Diese Umgehung der Verfahrens- und Zuständigkeitsordnung führt zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung öffentlicher Interessen ebenso wie der privaten Interessen des Zahlungspflichtigen. Mit der Abtretung hat sich die Stadt B. der Wahrnehmung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe entzogen, die Tatbestandsvoraussetzungen des Kostenersatzes ebenso zu prüfen wie pflichtgemäß von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen.

Dies ist schon deshalb nicht hinzunehmen, weil es rechtswidrig ist. Denn die Beklagten haben gemäß § 40 VwVfG NW einen Anspruch auf Ermessensausübung durch die Verwaltung. Mit der Abtretung an die Firma D. hat die Stadt B. diesen Anspruch verletzt (vergleiche auch LG Baden-Baden, am angegebenen Ort, Randnummer 21; LG Bielefeld, am angegeben Ort, Randnummer 15; LG Bochum, am angegebenen Ort, Randnummer 24). Denn sie hat den Kostenerstattungsanspruch abgetreten, ohne von dem ihr zustehenden Ermessen Gebrauch zu machen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Erstattungsanspruch geltend gemacht werden soll.

Damit begründet die Abtretung zugleich die ebenfalls nicht hinnehmbare Gefahr, dass die Schutzfunktion der gesetzlichen Regelung für den Betroffenen nicht zur Wirkung gelangt. Denn ein Privatunternehmen wird bei der Prüfung und Geltendmachung der Forderung vornehmlich seine eigenen, wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Die Behörde hat hingegen die Interessen aller Beteiligten zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, am angegebenen Ort, § 40, Randnummer 13). Dabei sind wirtschaftliche Interessen der öffentlichen Haushalte nur als ein Aspekt unter vielen in die Ermessensausübung einzubeziehen, wie schon die § 41 Absatz 1 FSHG zeigt, wonach grundsätzlich Kostenfreiheit besteht. So wäre hier im Rahmen der Ermessensentscheidung insbesondere zu berücksichtigen gewesen, ob die ergriffene Maßnahme angesichts der damit verbundenen immensen Kosten zu dem angestrebten Zweck der Straßenreinigung noch in einem ausgewogenen Verhältnis gestanden hat.

Schließlich ist die Abtretung auch deshalb nicht hinzunehmen, weil zur Titulierung und Beitreibung der Forderung die ordentlichen Gerichte als weitere, an sich für öffentlich-rechtliche Kostenerstattungsansprüche unzuständige staatliche Organe in Anspruch genommen werden müssen. Hierfür besteht kein Bedürfnis. Die Stadt B. könnte eine entsprechende Forderung nach Titulierung durch Leistungsbescheid selbst beitreiben.


II.

Die Klägerin hat auch keine Ansprüche gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht der Firma D. Vertragliche Ansprüche der Firma D. gegen die Beklagten, die die Firma D. an die Klägerin hätte abtreten können, bestanden nicht. Ebenso wenig bestanden Ansprüche der Firma D. aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 Satz 1 BGB gegen die Beklagten. Denn der Firma D. fehlte bei der Reinigung der Straße der für einen entsprechenden Anspruch erforderliche Fremdgeschäftsführungswille. Die Firma D. wollte, als sie die Straße reinigte, ihre vertragliche Pflicht gegenüber der Stadt B. erfüllen.

III.

Auch die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen bestehen nach alledem nicht.



B.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 543 Absatz 2 Satz 1 Ziffern 1 und 2 ZPO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die in dem Urteil aufgeworfenen Fragen betreffen eine Vielzahl von Verfahren. Allein im hiesigen Bezirk sind gerichtsbekannt mehrere gleichartige Fälle rechtshängig. Auch aus anderen Gerichtsbezirken wurden in jüngerer Zeit diverse Rechtsstreite bekannt, die ähnliche Sachverhalte betreffen. Die jeweils vertretenen Auffassungen weichen sowohl im Ergebnis als auch in den Gründen teilweise erheblich voneinander ab (Schadensersatzanspruch verneinend etwa AG Euskirchen, Urteil vom 06.08.2009, Az. 4 C 401/08; LG Bochum, am angegebenen Ort, LG Bielefeld, am angegebenen Ort, LG Baden-Baden am angegebene Ort; bejahend etwa AG Germersheim, Urteil vom 17.11.2009, 3 C 281/09, von der Klägerin vorgelegt Blatt 22 9ff. der Akte; AG Bamberg, Urteil vom 25.01.2010, Az. 0104 C 159/09, von der Klägerin vorgelegt Blatt 252 ff. der Akte; LG Köln, Beschluss vom 27.01.2010, Az. 26 O 157/09, von der Klägerin vorgelegt Blatt 259 ff. der Akte). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist daher auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.


C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

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