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Verwaltungsgericht Saarlouis Urteil vom 06.07.2000 - 6 K 294/98 - Zum berechtigten Abschleppen eines auf einem Behindertenparkplatz geparkten PKW
VG Saarlouis v. 06.07.2000: Zum berechtigten Abschleppen eines auf einem Behindertenparkplatz geparkten PKW
Das Verwaltungsgericht Saarlouis (Urteil vom 06.07.2000 - 6 K 294/98) hat entschieden:
Ragt der Pkw eines persönlich nicht dazu Berechtigten ca. 1,20 m in einen großzügig dimensionierten personalisierten Behindertenparkplatz hinein und liegt der Berechtigungsausweis nicht im Fahrzeug aus, so ist dessen kostenpflichtige Umsetzung rechtmäßig.
Siehe auch Abschleppkosten - Kfz.-Umsetzungsgebühren und Behindertenparkplätze - Parkerleicherungen für Behinderte
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Abschleppkosten und Kosten für polizeiliche Amtshandlungen.
Das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ... war am 03.02.1998 gegen 15.35 Uhr in Saarbrücken in der K-K-Straße Höhe Anwesen Nr. abgestellt. Nach den Eintragungen im Formular "Abschleppmaßnahmen aus polizeilichen Gründen" stand der PKW auf einem Behindertenparkplatz, der durch Zeichen 314 mit dem Zusatz 1044-11 "Nr. 3629" als solcher ausgewiesen war. Weiterhin ist eingetragen, zum Feststellungszeitpunkt seien alle umliegenden Behindertenparkplätze von dort Parkberechtigten belegt gewesen. Ein gültiger Behindertenausweis sei im Fahrzeuginneren nicht ausgelegt gewesen. Der Parkplatz habe von dem tatsächlich Berechtigten nicht genutzt werden können. Von dem verkehrswidrig abgestellten PKW sei eine negative Vorbildwirkung ausgegangen. Von dem Stand des Fahrzeuges wurde eine Fotoaufnahme gefertigt, die sich auf Bl. 3 Rückseite der Beiakte befindet. Zur Beseitigung der ihrer Ansicht nach gegebenen Störung der öffentlichen Sicherheit wurde von den im Dienst befindlichen Polizeibeamten ein Abschleppdienst angefordert. Das Abschleppen erübrigte sich jedoch, da das Fahrzeug zuvor weggefahren wurde. Für die Anfahrt hat die Fa. S. einen Betrag in Höhe von 92,00 DM berechnet. Dieser Betrag wurde aus dem Polizeihaushalt gezahlt. Die Beklagte zog die Klägerin durch Bescheid vom 03.03.1998 zur Erstattung der Abschleppkosten heran und machte zugleich die Gebühren für die polizeiliche Amtshandlung in Höhe von 55,00 DM geltend. Als Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung wurde § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 46 Abs. 1 und § 90 des SPolG angegeben. Die Gebühren für die polizeiliche Amtshandlung wurden auf § 1, 3 und 4 der Polizeikostenverordnung gestützt.
Die Klägerin erhob am 20.03.1998 Widerspruch. Zur Begründung ist ausgeführt, der fragliche Behindertenparkplatz sei durch weiße Linien markiert. Entgegen den Feststellungen des angefochtenen Bescheides sei das Fahrzeug der Klägerin gegen 15.35 Uhr nicht auf der gekennzeichneten Fläche des Behindertenparkplatzes abgestellt gewesen. Vielmehr habe das Fahrzeug rechts neben der gekennzeichneten Fläche unmittelbar neben der rechten Seitenlinie des Behindertenparkplatzes gestanden. Auf diesen Umstand sei der den Abschleppdienst anfordernde Polizeibeamte sowohl durch einen Zeugen als auch durch die Klägerin, die ihr Fahrzeug lediglich für einige Minuten zwecks Entladung dort abgestellt hatte, hingewiesen worden, ohne dass eine Reaktion erfolgt sei. Der berechtigte Schwerbehinderte sei entgegen den Feststellungen des Bescheides durch das Fahrzeug der Klägerin nicht behindert worden. Eine sonstige Verkehrsbehinderung habe ebenfalls nicht vorgelegen. Von daher sei die Ausführung einer polizeilichen Ersatzvornahme ebensowenig geboten gewesen wie die Anforderung eines Abschleppdienstes. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass die Behindertenparkplätze in der fraglichen Straße und in der Umgebung nach eigener Beobachtung des Prozessbevollmächtigten täglich und zu fast allen Zeiten von Nichtberechtigten genutzt würden, ohne dass ein regelmäßiges Einschreiten von Polizeibeamten festzustellen sei. Von daher müsse bezweifelt werden, dass ein Zustand, der die meiste Zeit über offensichtlich geduldet werde, gelegentlich und ohne erkennbare Besonderheit plötzlich Anlass zur polizeilichen Ersatzvornahme werde. In einer Stellungnahme des PK M. vom 22.04.1998 wird der Ablauf der Geschehnisse vom 03.02.1998 noch einmal dargelegt. Auch die Örtlichkeit wird noch einmal näher beschrieben. So heißt es, der Sonderparkplatz befinde sich links parallel zur Fahrbahn der K-K-Straße. Er werde durch Metallpfosten am vorderen und hinteren Ende begrenzt. Letzte Fragmente von weißen Linien, die den Behindertenparkplatz ursprünglich noch hervorhoben, seien noch auf den Verbundsteinen erkennbar. Fotos und eine Zeichnung des derzeitigen Zustandes des Behindertenparkplatzes wurden zur Akte gereicht. Weiter ist festgestellt, der PKW der Klägerin habe nach Auswertung der entsprechenden Fotos mit der Heckpartie mindestens einen Meter innerhalb des eingezeichneten Behindertenparkplatzes geparkt. Nach Abstellen des Funkstreifenwagens und Fertigen von Fotos der falsch geparkten Fahrzeuge habe er - PK M. - noch ein bis zwei Minuten gewartet, bis er um 15.36 zwei Abschleppdienste bestellt habe. Nach weiteren etwa 6 Minuten sei die Klägerin an der Örtlichkeit erschienen und habe darum gebeten, den Abschleppdienst wieder abzubestellen, da sie jetzt vor Ort sei. Sie habe darauf hingewiesen, sie habe nur drei Minuten gehalten, um eine Ladetätigkeit auszuführen. Während der gesamten vorherigen Zeit, auch schon während der Kontrolle der Parkplätze in Höhe der K-K-Straße, sei keine Ladetätigkeit am Fahrzeug der Klägerin festgestellt worden. Ein Abbestellen des Abschleppdienstes wegen der vergangenen Zeit sei nicht mehr möglich gewesen. Etwa zwei bis drei Minuten, nachdem der Klägerin mitgeteilt worden sei, ein Abbestellen des Abschleppdienstes sei nicht mehr möglich, sei der Abschleppdienst vor Ort erschienen. Etwa 5 Minuten nach Ankunft des Abschleppdienstes der Firma S. sei der zweite Abschleppdienst der Firma TS H. an der Örtlichkeit eingetroffen und habe den zweiten PKW, der an der Örtlichkeit geparkt gewesen sei, umgesetzt. Der Stellungnahme beigefügt sind drei Fotos und eine Lageskizze mit Erläuterungen der Örtlichkeit anhand von Markierungen und Besonderheiten am Boden des fraglichen Parkplatzes. In einer weiteren Erläuterung zu den Fotos vom 22.04.1998 ist unter ausführlicher Darlegung festgehalten, dass das Fahrzeug der Klägerin etwa 1,15 m innerhalb des Behindertenparkplatzbereiches geparkt habe. Bei der Akte befindet sich darüber hinaus eine Telefaxkopie der Anordnung zur Einrichtung des dortigen Behindertenparkplatzes nebst Skizze. In einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30.04.1998 ist ausgeführt, der PK M. habe bei einer Vermessungsmaßnahme dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber bestätigt, dass das Fahrzeug der Klägerin rechts neben der gekennzeichneten Stelle des Behindertenparkplatzes abgestellt gewesen sei. Die angeordnete Abschleppmaßnahme sei daher bereits mangels unberechtigten Parkens der Klägerin nicht rechtmäßig gewesen. Darüber hinaus ist ausgeführt, der PK habe die Auffassung vertreten, aus der Größe der gekennzeichneten Fläche des Behindertenparkplatzes sei zu schließen, dass der Sonderparkplatz offensichtlich für ein größeres Fahrzeug des Schwerbehinderten mit dem Parkausweis-Nr. 3129 vorgesehen sei, so dass auch die rechts neben dem ausgewiesenen Parkplatz befindliche Fläche frei bleiben müsse. Als der Prozessbevollmächtigte gegenüber dem PK darauf hingewiesen habe, dass der besagte Schwerbehinderte seines Wissens über gar kein Fahrzeug verfüge, habe der PK ihm mitgeteilt, dass auch er in Erfahrung gebracht habe, dass der Schwerbehinderte seit 8 Monaten über kein Fahrzeug mehr verfüge und aus diesem Grunde im Zukunft von weiteren Abschleppmaßnahmen Abstand genommen werde. Da somit nach Aussage des PK M. eine Behinderung des Schwerbehinderten mit dem Parkausweis-Nr. 3129 am 03.02.1998 völlig ausgeschlossen gewesen sei, sei keine Rechtsgrundlage für die angeordnete Abschleppmaßnahme ersichtlich. In einer weiteren Stellungnahme vom 09.06.1998 führte der PK M. aus, es sei richtig, dass er kurz nach der Widerspruchseinlegung in der K-K-Straße gewesen sei, um die Ausmaße und Markierung des Behindertenparkplatzes genau festzustellen und in einer Zeichnung festzuhalten. Während der Messarbeiten sei der ihm bis dahin unbekannte Prozessbevollmächtigte der Klägerin hinzugekommen und habe sich mit ihm unterhalten. Ohne nun aber eine genaue Überprüfung des Fahrzeugs der Klägerin anhand der Fotos durchgeführt zu haben, habe er - PK M. - die Vermutung geäußert, der PKW der Klägerin könne rechts neben bzw. mit dem hinteren linken Reifen auf der Markierung des Behindertenparkplatzes gestanden haben. Durch die Fotos und die Übertragung der Maße in das entsprechende Foto habe der genaue Standort des PKWs jedoch festgestellt werden können. Es habe sich gezeigt, dass der PKW auf dem markierten Behindertenparkplatz abgestellt gewesen war. Ihm sei nach der Entfernung des PKWs der Klägerin von einem Anwohner der K-K-Straße, der seinen Namen nicht genannt habe, mitgeteilt worden, der Inhaber des besonderen Parkausweises Nr. 3129 habe schon seit längerem kein Fahrzeug mehr. Dass es sich bei dieser Mitteilung um eine Falschaussage gehandelt habe, habe er erst nach den Messarbeiten und der Unterredung mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin an dem entsprechenden Parkplatz selber feststellen können, als er bei einer Überprüfung den Parkausweis mit der Nr. 3129 in der Ablage des dort geparkten roten PKW, Marke Hyundai, vorgefunden habe. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zitierte Aussage, man würde nun keine weiteren Fahrzeuge mehr abschleppen, habe sich nur auf diese Falschaussage bezogen. Das Ministerium des Innern wies den Widerspruch vom 18.08.1998 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, wie der Stellungnahme des in der Sache tätig gewordenen Beamten des zentralen Verkehrsdienstes Saarbrücken sowie einem das Geschehen zu entnehmenden Lichtbild zu entnehmen sei, habe die Klägerin ihr Fahrzeug am 03.02.1998 gegen 15.35 Uhr in der K-K-Straße in Saarbrücken vor dem Anwesen Nr. 7 verbotswidrig auf einem Behindertenparkplatz geparkt. Die Klägerin habe damit gegen die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Nr. 8e StVO verstoßen. Da in jedem Verstoß gegen öffentlich rechtliche Normen gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 8 Abs. 1 SPolG liege, seien die Beamten der Beklagten insoweit zum Einschreiten berechtigt gewesen. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen, weil durch das Fahrzeug für parkberechtigte Schwerbehinderte reservierter Parkraum blockiert gewesen sei. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Abschleppens von verbotswidrig auf Behindertenparkplätzen geparkten Fahrzeugen habe das Verwaltungsgericht des Saarlandes ausgeführt, dass für die Freihaltung von Behindertenparkplätzen ein besonderes öffentliches Interesse spreche, das die Nachteile überwiege, die für einen nicht parkberechtigten Fahrer oder Halter mit dem Abschleppen seines verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs verbunden seien. Eine Voranstellung der privaten Belange eines Falschparkers vor dieses öffentliche Interesse würde die berechtigten Interessen der besonders auf Hilfe angewiesenen Schwerbehinderten vernachlässigen. Es sei deshalb verhältnismäßig, ein in einer stark frequentierten Gegend unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz geparktes Fahrzeug im Wege des sofortigen Vollzugs abschleppen zu lassen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass andere Kraftfahrer durch das Verhalten der Klägerin zu einem gleichermaßen verbotswidrigen Verhalten veranlasst hätten werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die von einem solchen verbotswidrigen Verhalten ausgehende negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer im Einzelfall ebenfalls durchaus geeignet, die Verhältnismäßigkeit einer Abschleppmaßnahme zu begründen. Soweit zur Begründung des Widerspruchs vorgetragen werde, der Wagen habe nicht auf, sondern neben dem amtlich gekennzeichneten Behindertenparkplatz gestanden, sei dies durch das bei den Akten befindliche Lichtbild und die seitens der Widerspruchsbehörde anlässlich einer Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen widerlegt. Das Auto rage vielmehr mit seiner linken Heckpartie nachweislich mindestens 1,20 m in den Bereich des Behindertenparkplatzes hinein. Es sei zwar zutreffend, dass gegenüber von PK M. von einem sich nicht namentlich vorstellenden Anwohner der K-K-Straße behauptet worden sei, der Inhaber des Behindertenparkausweises mit der Nr. 3129 verfüge bereits seit längerer Zeit über kein Fahrzeug mehr. Diese Begründung habe sich jedoch bereits kurz darauf als unzutreffend erwiesen. Als Rechtsgrundlage für die Anforderung der Anfahrtkosten wurde § 5 SPolG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 SPolG angegeben. Als Rechtsgrundlage für die Anforderung der Gebühren für die polizeiliche Amtshandlungen wurden § 90 SPolG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 der Polizeikostenverordnung vom 12.04.1990, zuletzt geändert durch Verordnung vom 06.03.1997 genannt. Darüber hinaus wurde gemäß § 9a Saarl. Gebührengesetz in Verbindung mit den Richtlinien vom 26.09.1995 eine Widerspruchsgebühr von 62,00 DM sowie die Zustellgebühr von 11,00 DM festgesetzt.
Der Bescheid wurde der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 25.08.1998 zugestellt.
Mit der am 24.09.1998 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung wiederholt sie im wesentlichen ihre bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Behauptungen und Rechtsansichten. Darüber hinaus gibt sie an, das Ordnungsamt der Landeshauptstadt Saarbrücken habe in dem gegen sie eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Parkverstoßes keinen Bußgeldbescheid erlassen. Vielmehr sei das Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt worden. Selbst wenn das Fahrzeug der Klägerin im Bereich des linken Hinterrades zu einem sehr geringen Teil in die Fläche des Behindertenparkplatzes hineingeragt hätte, so wäre die angeordnete Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig und damit rechtswidrig gewesen. Eine Behinderung des Berechtigten durch das Fahrzeug der Klägerin sei nämlich in Anbetracht der Tatsache, dass der Behindertenparkplatz mit 4,90 m fast die doppelte Breite eines normalen Behindertenparkplatzes aufweise und der PKW des Betroffenen (ein PKW der unteren Mittelklasse der Marke Hyundai, Sport LS) lediglich über eine Breite von 1,50 m verfüge, völlig ausgeschlossen gewesen. Zur Beseitigung der Behinderung des Berechtigten hätte die Entfernung des ungefähr in der Mitte des Behindertenparkplatzes abgestellten Golf Cabrios völlig genügt. Sei jedoch zur Beseitigung einer Behinderung die Entfernung eines von mehreren vorschriftswidrig geparkten Fahrzeugen ausreichend, so sei das Abschleppen mehrerer Fahrzeuge ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. Zur Veranschaulichung der Örtlichkeit reicht die Klägerin insgesamt 6 Fotos zu den Akten. Die Bestimmung der gesamten Parkbucht als Behindertenparkplatz für den Berechtigten mit Parkausweis-Nr. 3129 sei weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen gerechtfertigt, da die Breite eines Sonderparkplatzes nach DIN 3,50 m betragen müsse, die Breite des markierten Parkraums sich tatsächlich jedoch auf 4,90 m belaufe, so dass die rechtlichen Vorgabe bereits mehr als ausreichend erfüllt seien. Darüber hinaus sei die Breite der gesamten Parkbucht an der zur Fahrbahn gelegenen Seite sogar 9 m und an der zur Fahrbahn abgewandten Seite 7,10 m, so dass ausreichend Platz für zwei Fahrzeuge Schwerbehinderter wäre. Schließlich sei das betreffende Sport Coupe der Marke Hyundai regelmäßig und ausschließlich von einer nicht behinderten jungen Dame benutzt worden, deren Beweglichkeit nicht eingeschränkt sei und die daher auch keines Parkplatzes mit einer besonderen Breite bedürfe. Selbst wenn die gesamte Parkbucht entgegen den vorhandenen Markierungen für den schwerbehinderten Verkehrsteilnehmer vorgesehen gewesen wäre, so wäre ein Abschleppen des Fahrzeugs der Klägerin nicht notwendig und damit unverhältnismäßig gewesen, zumal sich die Klägerin maximal 10 Minuten von ihrem Fahrzeug entfernt hatte.
Die Klägerin beantragt,
den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 03.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Ministeriums des Innern vom 18.08.1998 aufzuheben,
die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend trägt sie vor, der von der Stadt Saarbrücken an der Örtlichkeit genehmigte personenbezogene Sonderparkplatz sei durch das Entfernen von Pfosten und Aufstellen neuer Pfosten eingerichtet worden. Die so entstandene Parkbucht sei nach Auskunft des Tiefbauamtes der Stadt Saarbrücken für den schwerbehinderten Verkehrsteilnehmer vorgesehen. Die Größe des Sonderparkplatzes für Schwerbehinderte sei vorgeschrieben und richte sich nach DIN 18024, Bl. 1. Hiernach sei eine Breite von 3,50 m mit entsprechendem Zugang vorzusehen. Diese Breite wurde nach Mitteilung der Stadt an vorliegender Örtlichkeit angelegt. Beim Eintreffen von Beamten an einer Örtlichkeit wie dieser sei nicht bekannt, wie lange ein Fahrzeug bereits an dieser Örtlichkeit stehe, so dass nur Angaben ab dem Eintreffen von den Beamten vor Ort gemacht werden könnten. Insofern könne darauf verwiesen werden, dass der diensthabende Beamte von etwa 10 Minuten Parkzeit während der Dauer seiner Anwesenheit gesprochen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie den Inhalt der OWi-Akte ..., der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.03.1998 und der Widerspruchsbescheid des Ministeriums des Innern vom 18.08.1998 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Insoweit wird vollinhaltlich auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO), die sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht - insbesondere was die Rechtsgrundlagen für die vorgenommenen Amtshandlungen angeht - zutreffende Begründungen enthalten. Das Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Verfahren gibt zu keiner abweichenden Beurteilung Anlass.
Insbesondere kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr Fahrzeug habe gar nicht auf dem Behindertenparkplatz sondern rechts daneben gestanden. Das am Einsatztag gefertigte Foto (Bl. 18 der Verwaltungsunterlagen der Beklagten - BA 1) belegt in Verbindung mit den von der Beklagten angestellten Messungen anhand von markanten Stellen an der Örtlichkeit, die in einer Skizze (Bl. 20 d. BA 1) eingetragen sind, dass das Fahrzeug der Klägerin mit der hinteren linken Ecke ca. 1,20 m in den mit noch rudimentär erkennbaren Markierungen begrenzten Bereich des Behindertenparkplatzes hineinragt. Anhand der nachvollziehbar dargelegten und keinen Zweifeln unterliegenden Messungen und Berechnungen der Beklagten ist zweifelsfrei widerlegt, dass der PKW der Klägerin so geparkt hat, wie diese noch mit Schriftsatz vom 21.12.1998 behauptet hat. Dies ergibt auch ein Vergleich der Fotos vom Einsatztag mit den von der Klägerin vorgelegten Fotos Nr. 4-6. Auf dem Foto vom Einsatztag ist im Bereich des hinteren linken Rades des Fahrzeugs der Klägerin eine deutliche Veränderung im Bodenbelag zu erkennen. Auf den Fotos Nr. 4-6 ist sowohl die Veränderung im Bodenbelag als auch die aus der Blickrichtung um einiges rechts davon zu sehende Begrenzung des Parkplatzes zu erkennen.
Hat die Klägerin demnach aber auch auf dem Behindertenparkplatz geparkt, so ist für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, wie lange die Klägerin vorhatte, dort zu stehen und ob durch das Fahrzeug seinerzeit der dort zum Parken Berechtigte überhaupt konkret behindert wurde.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe das Fahrzeug nur für kurze Zeit dort abstellen wollen, kommt diesem Umstand, selbst wenn man die Behauptung einmal unterstellt, keine Bedeutung zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die von den Polizeibeamten anzustellende Gefahrenprognose ist derjenige des behördlichen Handelns. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung kommt es daher auch auf diesen Zeitpunkt an. Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen begegnet die angeordnete Abschleppmaßnahme keinen rechtlichen Bedenken. Die Polizeibeamten hatten keinerlei Anhaltspunkte dafür, wo und aus welchem Grund sich die Klägerin an der fraglichen Örtlichkeit aufhielt und dass sie möglicherweise alsbald zu ihrem Fahrzeug zurückkehren würde.
Auf die Frage, ob der Parkberechtigte seinerzeit überhaupt ein Auto hatte und durch das Fahrzeug konkret am Parken gehindert wurde, kommt es ebenfalls nicht an. Entscheidend ist insoweit, dass es sich bei dem Behindertenparkplatz um eine Verkehrsfläche handelt, der eine bestimmte Funktion zugewiesen ist, die schon durch das teilweise Beparken dieser Verkehrsfläche beeinträchtigt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.05.1992 (3 C 3/90, NJW 1998, 870) ausgeführt, es unterliege keinem Zweifel, dass ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer geboten erscheint. Dies könne auch bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder einem rechtswidrigen Parken auf einem Behindertenparkplatz der Fall sein. Auch das OVG Münster hat die Entfernung eines Fahrzeugs bei Beeinträchtigung der verkehrsregelnden Funktion (dort einer Haltezone) ohne konkrete Behinderung als rechtmäßig angesehen (OVG Münster, Urteil vom 24.03.1998 - 5 A 183/96 -, NJW 1998, 2465). Von einer solchen konnten die Beamten der Beklagten im vorliegenden Fall auch mit Blick auf das Fahrzeug der Klägerin ausgehen. Die Beamten mussten bei ihrer Entscheidung die bestehende Verkehrsregelung zugrunde legen, d.h. sie hatten dafür Sorge zu tragen, dass der Behindertenparkplatz komplett freigehalten wird. Für eine Abwägung, ob ggf. auch ein Entfernen des anderen vollständig auf dem Behindertenparkplatz geparkten Fahrzeuges allein ausreichend gewesen wäre, um die Funktionsbeeinträchtigung zu beseitigen, ist mit Blick auf die konkrete unmissverständliche Verkehrsregelung kein Raum. Die tatsächliche Größe des Fahrzeugs des Parkberechtigten spielt daher ebensowenig eine Rolle wie die Frage wie und von wem der Parkplatz üblicherweise genutzt wird. Die von der Klägerin der Sache nach aufgeworfene Frage, ob die Ausweisung eines derart groß dimensionierten Behindertenparkplatzes angesichts des Platzbedarfs des tatsächlich von dem Parkberechtigten benutzten Fahrzeugs sinnvoll ist, ist eine Frage des Straßenverkehrsrechts und von der Straßenverkehrsbehörde zu beantworten, die diese Verkehrsregelung veranlasst hat. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschleppanordnung ist diese Verkehrsregelung, an deren Wirksamkeit zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei keine Bedenken bestehen, jedoch zugrunde zu legen. Ist nach alledem die Ermessensentscheidung der Beamten, das Abschleppen des Fahrzeugs der Klägerin anzuordnen, rechtlich nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO), so gilt dies auch für die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin zum Ersatz der angefallenen Kosten heranzuziehen.
Richtiger Kostenschuldner ist die Klägerin als Verhaltens- bzw. Zustandsstörerin. Die Entscheidung, ob ein Störer zum Kostenersatz herangezogen wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei.
Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 17.09.1990 - 1 S 2805/89 -, NJW 1991, 1698.
Der VGH Mannheim hat hierzu festgestellt, dies sei mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt, um Härten zu vermeiden, die sich aus der strengen Zustandshaftung ergeben könnten. Denn die polizeiliche Verantwortung für den Zustand einer Sache entfalle nach herrschender Meinung selbst dann nicht, wenn die Gefahr durch außergewöhnliche Ereignisse verursacht worden sei, in der Risikosphäre der Allgemeinheit wurzele oder unvorhersehbar gewesen sei. Solchen Unbilligkeiten könne beim Erlass von Polizeiverfügungen nur auf der Rechtsfolgeseite im Rahmen der Ermessensentscheidung begegnet werde. Dies könne nur dadurch geschehen, dass an der Polizeipflicht und der Zulässigkeit dieser Maßnahmen im Interesse einer wirksamen Gefahrenabwehr festgehalten werde und dass durch eine Ermessensentscheidung über die Kostenerhebung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in atypischen Fällen ein Ausgleich ermöglicht werde. Ein atypischer Fall ist anzunehmen, wenn von einem Fahrzeug, das ohne Verstoß gegen Straßen- und straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geparkt worden ist, eine Störung ausgeht, die nicht vorhersehbar war und nicht in der Risikosphäre des Halters oder Fahrers liegt.
VGH Mannheim, Urteil vom 11.06.1991 - 1 S 2967/90 -, DVBl. 1991, 1370.
Durch atypische Besonderheiten solcher Umstände ist der vorliegende Fall indes nicht gekennzeichnet, denn die Klägerin hat ihr Fahrzeug abgestellt, ohne die Ausweisung der Parkfläche als Behindertenparkplatz zu beachten. Damit wurde hier schon das Fahrzeug unter Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geparkt. Die Ursache für die Störung der öffentlichen Sicherheit ist nach alledem nicht in der Risikosphäre der Allgemeinheit zu finden. Von daher sind die entstandenen Kosten von der Klägerin zu erheben und können nicht der Allgemeinheit angelastet werden.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in vergleichbaren Fällen nicht regelmäßig in derselben Art und Weise eingeschritten wird. Ein schutzwürdiges Vertrauen ist vorliegend nicht zu erkennen.
Durch die rechtmäßige polizeiliche Beauftragung eines Abschleppunternehmens sind unstreitig Kosten in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe entstanden. Rechtsgrundlage für in dem angefochtenen Bescheid zugleich geforderte Gebühr in Höhe von 55,- DM für die Ausführung der Ersatzvornahme sind die §§ 90 Abs. 1 und 2 SPolG i.V.m. § 1 Nr. 4 der Polizeikostenverordnung. Es bestehen insofern keine Anhaltspunkte dafür, dass die in den Bescheiden angegebenen Vorschriften vorliegend nicht ordnungsgemäß angewandt worden sind.
Da auch die in dem Widerspruchsbescheid unter Berufung auf § 9a SaarlGebG i.V.m. den Richtlinien vom 26.09.1995 erfolgte Festsetzung die Gebühren und Kosten für das Widerspruchsverfahren keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Einer Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren bedurfte es mangels eines Kostenerstattungsanspruchs nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.