Erfolgt die Geschwindigkeitsmessung unmittelbar (hier: 50 bis 60 m) vor der das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit markierenden Ortstafel (Zeichen 311), so ist dies ein besonderer Tatumstand, der die Annahme eines Ausnahmefalls rechtfertigen kann. Will der Tatrichter dennoch ein Regelfahrverbot verhängen, muss er in den Urteilsgründen darlegen, welche Umstände ein Unterschreiten des Mindestabstands von ca. 200 m rechtfertigen oder warum trotz Nichteinhaltens der Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung die Verhängung eines Fahrverbots gerechtfertigt ist.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 7.3.2002 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Nach den Feststellungen überschritt der Betroffene am 8.9.2001 um 12.55 Uhr mit einem Pkw in Alling auf der Gilchinger Straße in Richtung Gilching die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h.
Mit seiner auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts; er wendet sich insbesondere gegen das verhängte Fahrverbot.
II.
Die zulässige (§ 79 Abs.1 Satz 1 Nr.2 OWiG) und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrundeliegenden Feststellungen und zur Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht.
1. Aufgrund der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Danach hat der Betroffene die innerhalb geschlossener Ortschaft zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 32 km/h überschritten.
2. Keinen Bestand haben kann dagegen der Rechtsfolgenausspruch, da das Amtsgericht einen wesentlichen Umstand unberücksichtigt gelassen hat.
Das Amtsgericht ist von einem Regelfall ausgegangen und hat im Hinblick auf die Höhe der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung als Regelfolge der Verkehrsordnungswidrigkeit (§ 4 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BKatV i.V.m. Nr.11.3 BKat und Nr.11.3.6 der Tabelle 1 c des Anhangs) ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Die sich aus dem Urteil ergebende naheliegende Möglichkeit eines besonderen Tatumstandes, nämlich eine den Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung widersprechende Messung 50-60 m vor der Ortstafel, hat der Tatrichter nicht geprüft und erörtert, sondern ist davon ausgegangen, dass es darauf nicht ankomme.
Die Ortstafel (Zeichen 311) markiert das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, falls abweichende Verkehrsregelungen fehlen. Nach den Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern sollen die Messstellen beim Einsatz von Geschwindigkeitsmessgeräten so angelegt sein, dass sie vom Ende einer Geschwindigkeitsbeschränkung mindestens 200 Meter entfernt sind, falls nicht bestimmte Besonderheiten (Nr.3.1. bis 3.4 der Anlage 1) vorliegen.
Die Richtlinien sind zwar innerdienstliche Vorschriften; sie sichern jedoch auch die Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer in vergleichbaren Kontrollsituationen, indem sie für alle mit der Verkehrsüberwachung betrauten Beamten verbindlich sind (BayObLGSt 1995, 148/149; OLG Oldenburg NZV 1994, 286).
Die im Urteil enthaltene Feststellung, die Messstelle habe sich "50-60 m vor dem Ortsschild" befunden, hätte den Tatrichter veranlassen müssen, zu prüfen und im Urteil darzulegen, ob die Messstelle entsprechend den Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung angelegt worden war. Wird nämlich ein Geschwindigkeitsmessgerät entgegen den Richtlinien relativ kurz nach oder -- wie im vorliegenden Fall -- kurz vor der Ortstafel eingesetzt, so ist dies in der Regel ein besonderer Tatumstand, der die Annahme eines Ausnahmefalls rechtfertigen kann, auch wenn die Messung selbst in ihrem Ergebnis korrekt war (BayObLGSt 1995, 148).
Da dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden kann, ob die Geschwindigkeitsmessung entsprechend den Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung erfolgte, ist der Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Der nicht angefochtene Schuldspruch kann mit den zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Der Tatrichter hat die Rechtsfolgen auf der Grundlage dieser Feststellungen, die lediglich durch Feststellungen dazu zu ergänzen sind, ob die Messstelle entsprechend den Richtlinien eingerichtet war, neu festzusetzen (vgl. BGHSt 30, 340).
III.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen war daher das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch und in der Kostenentscheidung aufzuheben (§ 79 Abs.3 OWiG, § 353 StPO).
Die Sache wird insoweit zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Fürstenfeldbruck zurückverwiesen (§ 79 Abs.6 OWiG).
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss nach § 79 Abs.5 Satz 1 OWiG.