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Landgericht Wiesbaden Urteil vom 27.01.2011 - 9 O 164/10 - Zum Sturz eines Motorradfahrers beim Ausweichen vor einem mit Bitumen ausgebesserten und mit Sand bestreuten Straßenstreifen

LG Wiesbaden v. 27.01.2011: Zum Sturz eines Motorradfahrers beim Ausweichen vor einem mit Bitumen ausgebesserten und mit Sand bestreuten Straßenstreifen


Das Landgericht Wiesbaden (Urteil vom 27.01.2011 - 9 O 164/10) hat entschieden:

   Der Straßenbenutzer muss sich grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Stürzt ein Motorradfahrer beim Ausweichen vor einer zu spät erkannten nicht mit einem Warnschild versehenen Fahrbahnausbesserungsstelle aus Bitumen mit Streusand, dann liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor.

Siehe auch
Straßenverhältnisse und Verkehrssicherung
und
Stichwörter zum Thema Unfallschadenregulierung

Tatbestand:


Der Kläger nimmt wegen eines behaupteten Verkehrsunfalls den Beklagten wegen einer diesem angelasteten Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer und Halter des Kraftrades T. T. S. mit dem amtlichen Kennzeichen ... . An eben diesem stellte ein Gutachter der D. A. GmbH, Niederlassung D., unter dem 20.10.2008 diverse Schäden fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Mit Schreiben vom 21.10.2008, dem Beklagten zugegangen am 24.10.2008, meldete der Kläger dieserhalb bei dem Beklagten Schadensersatzansprüche an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20.02.2009 forderte der Kläger von dem Haftpflichtversicherer des Beklagten die Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 6.000,00 EUR zuzüglich der Rechtsverfolgungskosten, und zwar binnen zwei Wochen. Der Haftpflichtversicherer des Beklagten lehnte jede Regulierung ab.

Der Kläger behauptet, die Schäden an seinem Kraftrad, wie sie in dem Schadensgutachten der D. A. GmbH vom 20.10.2008 festgehalten seien, resultierten aus einem Sturz, welchen er, der Kläger, am 27.04.2008 auf der ..., aus Richtung D. kommend, beim Durchfahren einer Linkskurve am Ortseingang von A.-K. erlitten habe. Dort sei ein Teil der Fahrbahn mit Bitumen ausgebessert gewesen und mit Sand abgestreut worden. Eben dies habe er, der Kläger, zu spät erkannt, weil auf dem fraglichen Abschnitt keinerlei Verkehrszeichen auf die Gefahrenstelle hingewiesen hätten. Er, der Kläger, habe noch in letzter Sekunde versucht, nach dem Erkennen der Gefahrenlage von der mit Sand abgestreuten Spur auf den asphaltierten Teil der Fahrbahn auszuweichen. Dies sei ihm, dem Kläger, aber nicht gelungen, weil das Kraftrad beim Einfahren in die Kurve sich bereits in Schräglage befunden habe. Zur Unfallzeit habe Sonnenschein geherrscht, die Fahrbahndecke sei trocken gewesen und seine, des Klägers, Geschwindigkeit habe nicht mehr als 50–60 km/h betragen. Auf der Fahrbahn habe sich im fraglichen Bereich grau-brauner Sand befunden, der aus der Entfernung als solcher nicht zu erkennen gewesen sei. Das Motorrad sei auf die linke Seite gefallen. Hieraus resultierten die Schäden, die in dem Gutachten der D. A. GmbH vom 20.10.2008 aufgeführt seien. Dass er, der Kläger, das Gutachten erst Monate nach dem Unfall in Auftrag gegeben und die Schäden nicht sogleich beim Beklagten geltend gemacht habe, liege darin begründet, dass er, der Kläger, durch den Unfall recht schwere Verletzungen erlitten habe, um die er sich zunächst habe kümmern müssen. Auch sei zu jener Zeit seine Frau gesundheitlich angeschlagen gewesen, so dass er seinerzeit anderweit ausgelastet gewesen sei. Schließlich habe er, der Kläger, zunächst nicht gewusst, wen die Verkehrssicherungspflicht für den fraglichen Straßenabschnitt treffe, weshalb er, der Kläger, unter dem 25.08.2008 sich zunächst an die Gemeinde A. gewandt habe. Die klageweise geltend gemachten Schäden resultierten allesamt aus dem Unfall vom 27.04.2008, weil das Motorrad bis zur Begutachtung durch die D. A. GmbH in der Garage gestanden habe und nicht mehr bewegt worden sei. Der materielle Schaden, der ihm, dem Kläger, durch den Sturz entstanden sei, belaufe sich auf insgesamt 5.619,85 EUR und umfasse neben dem Reparaturaufwand in Höhe von 4.701,33 EUR netto und den Kosten des Gutachtens in Höhe von 434,52 EUR auch einen Bekleidungsschaden in Höhe von 459,00 EUR sowie eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR.

Der Kläger beantragt,

   das Beklagte Land kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.619,85 zuzüglich 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.




Er behauptet, von einem Sturz des Klägers am 27.04.2008 an der fraglichen Stelle sei ihm nichts bekannt. Weder sei der Unfall polizeilich aufgenommen noch sei er zeitnah angezeigt worden. Da das Gutachten erst unter dem 20.10.2008 erstellt worden sei, müsse er in Abrede stellen, dass die darin aufgeführten Schäden überhaupt aus dem behaupteten Sturz resultierten. Es treffe auch nicht zu, dass auf dem fraglichen Streckenabschnitt zur fraglichen Zeit keinerlei Warnzeichen aufgestellt gewesen seien. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Straßenabschnitts habe das Amt für Straßen- und Verkehrswesen, Straßenmeisterei B. Sch., Anfang April fernmündlich von einer Fahrbahnverschmutzung erfahren. Daraufhin habe die zuständige Straßenmeisterei B. Sch. am 09.04.2008 vor beziehungsweise hinter dem verschmutzten Fahrbahnabschnitt in die jeweilige Fahrtrichtung jeweils drei Verkehrszeichen aufgestellt, namentlich das Zeichen 114. Außerdem sei dafür Sorge getragen worden, dass der Verschmutzte Abschnitt der Sch...straße in A.-K. auf Höhe der Hausnummer 22b gereinigt worden sei. Schließlich sei die Installation und die Deinstallation der Verkehrszeichen sowie die Reinigung des fraglichen Streckenabschnitts der Verursacherin, der Firma G. & Sch. GmbH & Co. KG, unter dem 28.10.2008 belastet worden. Es treffe deshalb nicht zu, dass an der fraglichen Stelle ausgebesserte Stellen mit Sand abgestreut gewesen seien. Der fragliche Streckenabschnitt werde von der Straßenmeisterei B. Sch. regelmäßig kontrolliert, eventuelle Verschmutzungen würden sogleich beseitigt. Da der andere Motorradfahrer, welcher den Kläger am fraglichen Tag begleitet haben solle, selbst nicht zu Fall gekommen sei, bestehe Grund zu der Annahme, dass der Kläger nicht infolge einer Fahrbahnverschmutzung, sondern beim Durchfahren einer Kurve infolge eines Fahrfehlers gestürzt sei. Hierfür sei er, der Beklagte, nicht verantwortlich.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zugehörigen Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 06.01.2011 verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., F. und W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 06.01.2011 verwiesen.




Entscheidungsgründe:


Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht bereits dem Grunde nach kein Ersatzanspruch gegen den Beklagten zu.

Der Beklagte ist als Träger der Straßenbaulast für die streitgegenständliche öffentlichrechtliche Straße verantwortlich und ist daher passivlegitimiert im Bezug auf die Inanspruchnahme aus einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung.

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine gesonderte und selbständige Verpflichtung gegenüber Dritten, die im Falle der Verletzung zu einer Schadensersatzverpflichtung nach zivilrechtlichen Grundsätzen führt. Dabei ist die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Straßenverkehrssicherungspflicht durch Organisationsakt als Amtspflicht ausgestaltet, wie es durch das Hessische Straßengesetz erfolgt ist. Damit löst die schuldhafte Verletzung der Sicherungspflicht einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG aus, wobei sich der Umfang weiterhin nach den Grundsätzen des § 823 Abs. 1 BGB richtet (vgl. Manssen, NZV 2001, 149, 152).

In bezug auf den klägerischerseits behaupteten Verkehrsunfall liegt keine Verkehrssicherungspflichtverletzung durch schuldhaftes Verhalten der Bediensteten des Beklagten vor.
Zwar obliegt dem Beklagten eine solche Verkehrssicherungspflicht, die bedeutet, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung Anderer zu nehmen. Sie beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der einen Verkehr eröffnet oder eine sonstige Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen hat. Dabei ist die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen und ähnliche Verkehrsflächen ein Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (BGH, NJW 1978, 1629). Daraus folgt, dass der Straßenbaulastträger verpflichtet ist, die öffentlichen Verkehrswege möglichst gefahrlos zu gestalten, sie in einem gefahrlosen Zustand zu halten und im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um Gefahren zu verhindern, die Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand drohen (Manssen, NZV 2001, 149, 152).

Nach den allgemein anerkannten Grundsätzen des Straßenverkehrssicherungsrechts ist der Verkehrssicherungspflichtige – von objektiv besonders einschneidenden Gefahrenlagen einmal abgesehen – in der Regel gehalten, alle, aber auch nur diejenigen Gefahren auszuräumen und erforderlichenfalls vor diesen zu warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. BGH, VersR 1979, 1055; OLG Düsseldorf, VersR 1981, 358). Inhalt der Verkehrssicherungspflicht kann dabei nur sein, was im Interesse des Verkehrs nach objektivem Maßstab billigerweise verlangt werden kann und zumutbar ist (so OLG Schleswig, VersR 1989, 627; OLG Hamm, OLGZ 1994, 301, 303).
Der Straßenbenutzer muss sich deshalb grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet (vgl. BGH, VersR 1979, 1055). Straßen sind daher zwar möglichst gefahrlos zu gestalten und in einem gefahrlosen Zustand zu erhalten. In Anbetracht des ausgedehnten Straßen- und Wegenetzes der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften und deren beschränkter Mittel sind lückenlose Sicherungsvorkehrungen praktisch jedoch gar nicht möglich und daher nur solche Maßnahmen zu treffen, für die ein wirkliches und unabdingbares Sicherungsbedürfnis besteht. Dieses richtet sich im Wesentlichen nach der objektiven Verkehrsbedeutung der betreffenden Wegfläche und den vernünftigen Sicherheitserwartungen des Verkehrs, die hauptsächlich durch das äußere Erscheinungsbild des jeweiligen Gefahrenbereiches bestimmt werden. Die Verkehrssicherungspflicht reicht dabei so weit, wie der Verkehrsteilnehmer bei und trotz zweckgerechter Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit Schäden nicht von sich selbst abzuwenden vermag. Keine Sicherungspflicht besteht deshalb hinsichtlich offen erkennbarer und typischer Fahrerschwerungen geringfügiger Art. Hinweise auf sichtbare Gefahrenquellen sind grundsätzlich entbehrlich, werden sie trotzdem angebracht, so genügt der Verkehrssicherungspflichtige der ihn treffenden Verkehrssicherungspflicht allemal.

Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und insbesondere unter Berücksichtigung der von beiden Seiten zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen sowie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sieht sich das erkennende Gericht außerstande, die Feststellung zu treffen, dass dem Beklagten die klägerischerseits behauptete schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung anzulasten ist.

Das Gegenteil ist der Fall.

Auf Grund der Beweisaufnahme sieht sich das Gericht zunächst einmal nicht in der Lage, die Feststellung zu treffen, dass der Kläger, wie von ihm behauptet und von dem Beklagten in Abrede gestellt, mit dem von ihm gelenkten Motorrad auf einem mit Sand abgestreutem Bitumenstreifen zu Fall gekommen ist. Während der Kläger zu der Frage, welcher Art die von ihm behauptete Fahrerschwerung in der fraglichen Kurve denn gewesen sein soll, aus Anlass seiner informatorischen Anhörung keine eindeutigen Angaben machen konnte, meinte der klägerischerseits benannte Zeuge K., bei welchem es sich um den anderen Motorradfahrer handelt, in der Tat wahrgenommen zu haben, dass der Kläger mit dem Motorrad auf einem etwa zehn Meter langen und mit Sand abgestreutem Bitumenstreifen zu Fall gekommen sei. Diese Bekundung steht zunächst einmal in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen F., der kundtat, dass an der fraglichen Stelle keinerlei Ausbesserungsarbeiten vermittels Bitumen durchgeführt worden seien, und zwar deshalb nicht, weil die Fahrbahn auf dem streitgegenständlichen Abschnitt der L... vor geraumer Zeit insgesamt abgefräst und neu beschichtet worden sei und weil bei Ausbesserungsarbeiten ohnehin kein Sand zum Einsatz käme, die schadhaften Stellen vielmehr notdürftig vermittels Kaltmischgut ausgebessert würden, wobei die reparierte Stelle am Ende der Arbeiten jedenfalls nicht mit Sand abgestreut wird. Zum anderen tat der Kläger aus Anlass seiner informatorischen Anhörung kund, eigentlich nicht auf der wie auch immer gearteten Fahrbahnverschmutzung zu Fall gekommen zu sein, sondern bei dem von ihm selbst unternommenen Versuch, eben dieser auszuweichen. Der Kläger ließ sich insoweit dahingehend ein, dass er bei dem Versuch, eine andere Fahrspur einzunehmen, gestürzt sei, weil es bei dem Lenkmanöver dem Kläger zufolge wohl den Lenker an seinem Motorrad verrissen hat. Für das erkennende Gericht steht damit allein auf Grund der Bekundungen des Klägers aus Anlass seiner informatorischen Anhörung sowie auf Grund der vorgeschilderten Aussagen der Zeugen K. und F. fest, dass der Kläger – entgegen seinem schriftsätzlichen Vortrag – nicht etwa auf einem mit Sand abgestreutem Bitumenstreifen ausgerutscht ist, sondern infolge eines Fahrfehlers. Letzteren braucht sich der Beklagte aber nicht im Sinne einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anlasten zu lassen. Denn es wäre an dem Kläger gewesen, seine Fahrweise, insbesondere auch die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Kraftfahrzeugs, den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Denn wie schon jeder andere Verkehrsteilnehmer auch, hätte insbesondere der Kläger als Motorradfahrer mit Rücksicht auf die Besonderheiten des von ihm gelenkten Fahrzeugs seine Geschwindigkeit in der Kurve so weit wie nötig verringern oder aber jedenfalls besonders aufmerksam fahren müssen (vgl. § 3 Abs. 1 und Abs. 3 StVO).




Denn das in § 3 Abs. 1 StVO normierte Sichtfahrgebot bestimmt die äußerste Geschwindigkeitsgrenze unter günstigsten Umständen, die sich je nach den objektiven und subjektiven Umständen weiter ermäßigt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 2 StVO Rdnr. 14 m. w. N.). Demgemäß ist etwa vor Kuppen und unübersichtlichen Kurven die Geschwindigkeit tunlichst anzupassen (Hentschel, a. a. O., Rdnr. 26 m. w. N.). Dies muss gerade für einen Motorradfahrer gelten, dessen Lage in einer Kurve schnell instabil werden kann.

Ein aufmerksamer Kraftfahrer hat zudem mit Fahrbahnhindernissen zu rechnen; allein das Nichterkennen ungewöhnlich schwer sichtbarer Hindernisse, auf die nichts hindeutet, ist nicht vorwerfbar (Hentschel, a. a. O., Rdnr. 25; BGH, NJW 1984, 2412 [die dort genannten Fälle betrafen sämtlich Unfälle in der Dunkelheit]).

Auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sieht sich das erkennende Gericht nicht in der Lage, die Feststellung zu treffen, dass dem Kläger vorliegend gerade ein äußerst schwer wahrzunehmendes Hindernis zum Verhängnis geworden sei, auf welches nichts hingedeutet habe. Das Gegenteil trifft zu. Nach den stets nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Bekundungen des Zeugen F. steht für das erkennende Gericht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Beklagte Anfang April 2008 ihm zur Kenntnis gebrachte Fahrbahnverschmutzungen im fraglichen Bereich zum Anlass genommen hat, am 09.04.2008 in beiden Fahrtrichtungen der L... jeweils drei Warnzeichen aufstellen und die Fahrbahn sodann auch reinigen zu lassen. Die entsprechenden Bekundungen des Zeugen F. erscheinen dem erkennenden Gericht schon deshalb glaubhaft, weil der Zeuge F. insoweit nicht allein auf sein Gedächtnis angewiesen war, sondern auf die Tagesberichte und auf das entsprechende Kartenmaterial nebst den zugehörigen Fotografien zurückgreifen konnte. Der Zeuge F. machte aus Anlass seiner Vernehmung auch einen glaubwürdigen Eindruck. Als ersichtlich bodenständiger Mensch ließ er ungeachtet der recht intensiven Befragung jeden Entlastungseifer zu Gunsten des Beklagten vermissen und beantwortete alle Fragen mit in dieser Erscheinungsform selten anzutreffenden Langmut. Steht aber hiernach fest, dass der Beklagte den fraglichen Abschnitt der L... in der Zeit vom 09.04.2008 bis zum 29.04.2008 mit entsprechenden Warnzeichen beschildern ließ, kann der Kläger für sich nicht beanspruchen, dass ihm in der fraglichen Kurve eine schlecht sichtbare Gefahrenstelle zum Verhängnis geworden sei, auf die nichts hingedeutet habe. Das Gegenteil steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest. Selbst nach dem Vortrag des Klägers kann angesichts der Tageszeit, zu welcher der Unfall sich ereignet haben soll, und der Lichtverhältnisse – nach dem Vortrag des Klägers und den Bekundungen des Zeugen K. herrschte Sonnenschein – schwerlich von einem äußerst schwer wahrzunehmenden Hindernis die Rede sein. Hinzu kommt, dass der Zeuge K. die fragliche Verschmutzung als mögliche Gefahrenstelle selbst keineswegs übersehen hat. Wieso für den Kläger insoweit ein anderer Maßstab für die auch ihm abzuverlangende Vorsicht gelten soll, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht. Nicht bestätigt fand sich in der Beweisaufnahme auch die klägerische Behauptung, wonach die fragliche Gefahrenstelle als solche nicht gekennzeichnet gewesen sei. Nach den glaubhaften Bekundungen des glaubwürdigen Zeugen F. muss der Kläger auf seinem Weg aus Richtung D. in Richtung A.-K. gleich zwei Warnzeichen passiert haben. Dass er dessen ungeachtet sein Fahrverhalten eben hierauf nicht einstellte, geht zu seinen Lasten. Der Kläger macht insoweit insbesondere vergeblich geltend, mit keiner höheren als der höchstzulässigen Geschwindigkeit gefahren zu sein. Er verkennt damit, dass es sich bei der höchstzulässigen Geschwindigkeit um diejenige Geschwindigkeit handelt, die ein Verkehrsteilnehmer nur bei günstigsten Verkehrsbedingungen fahren darf. Mit eben solchen durfte der Kläger indes allein auf Grund der Beschilderung gerade nicht rechnen.

Umgekehrt muss ihm als nach eigenem Bekunden erfahrenem Motorradfahrer ohne weiteres bekannt sein, dass eine adäquate Geschwindigkeit nicht nur für die rechtzeitige Wahrnehmung von Fahrbahnverschmutzungen und für die Reaktion des Motorradfahrers hierauf von Bedeutung ist, sondern gerade auch darüber entscheidet, ob der Motorradfahrer angesichts einer wie auch immer gearteten Fahrbahnverschmutzung in der Lage sein wird, sein Kraftfahrzeug selbst auf dem verschmutzten Fahrbahnabschnitt zu kontrollieren, sei es, dass er eben hierauf ein Bremsmanöver durchführt, sei es, dass er angesichts der Fahrbahnverschmutzung seine Fahrlinie verändert.

Denn es handelt sich um ein einem jeden Motorradfahrer abzuverlangendes Wissen, dass Fahrbahnverschmutzungen sowohl bei der Übertragung von Bremskräften beim Verzögern des Fahrzeugs als auch von Querkräften beim Durchfahren einer Kurve beziehungsweise beim Verändern der bisherigen Fahrlinie des Motorrads sich äußerst ungünstig auswirken können. Dass der Kläger die entsprechenden Zeichen, welche der Beklagte zur Überzeugung des erkennenden Gerichts sehr wohl aufstellen ließ, sich nicht zur Warnung gereichen ließ, geht nunmehr zu seinen Lasten.



Die Bekundungen des zeugen K., wonach er, der Zeuge K., auf dem fraglichen Streckenabschnitt zwischen D. und A.-K. überhaupt keine Warnzeichen wahrgenommen habe, zwingt zu keiner anderen Bewertung. Die entsprechende Aussage des Zeugen K. hält das erkennende Gericht schon deshalb für wenig glaubhaft, weil der Zeuge K. auf dem Weg zwischen D. und der späteren Unfallstelle überhaupt keine Verkehrsschilder wahrgenommen haben will, obwohl dort neben den beiden von dem Zeugen F. aufgestellten Warnzeichen auch zwei reguläre Schilder zur Beschränkung der höchstzulässigen Geschwindigkeit aufgestellt sind. Hat der Zeuge K., der angeblich schon mit Rücksicht auf seine Fahrerlaubnis, auf welche er aus beruflichen Gründen dringend angewiesen ist, auch die Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder nicht wahrgenommen, so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er auf dem fraglichen Abschnitt der L... überhaupt keine Zeichen wahrgenommen hat. Einem anderen Teil der von dem Zeugen K. getätigten Aussage kommt aber insofern eine Bedeutung zu, als der Zeuge K. kundgetan hat, dass die von ihm wahrgenommene Fahrbahnverschmutzung auf einer Länge von etwa zehn Metern sich im linken Drittel der in Richtung A.-K. führenden Straßenhälfte befand. Dies lässt in der Tat die Frage aufkommen, wieso der Kläger dessenungeachtet nicht in der Lage war, an eben dieser – nach den Worten des Zeugen K. singulären – Verschmutzung rechts vorbeizufahren. Letzteres erklärt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts ebenfalls nur daraus, dass der Kläger, der sich bereits die beiden Zeichen nicht zur Warnung hat gereichen lassen, entweder nicht mit angepasster Geschwindigkeit oder aber nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit unterwegs war, weshalb die Klage nach allem als unbegründet abzuweisen war, ohne dass es daneben entscheidungserheblich auf die Frage ankäme, ob alle der klageweise geltend gemachten Schäden aus dem streitgegenständlichen Unfall resultierten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.



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