Das Verkehrslexikon

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OVG Münster Beschluss vom 11.04.2011 - 8 A 589/10 - Zur Rückerstattung eines gezahlten Verwarnungsgeldes

OVG Münster v. 11.04.2011: Zur Rückerstattung eines gezahlten Verwarnungsgeldes


Das OVG Münster (Beschluss vom 11.04.2011 - 8 A 589/10) hat entschieden:
Die Zahlung eines Verwarnungsgeldes unter einem materiellrechtlich begründeten Vorbehalt stellt das Vorliegen eines Einverständnisses im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG nicht in Frage.


Siehe auch Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung und Säumnis des Betroffenen und Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren


Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.

1. Die Antragsschrift zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

Das Verwaltungsgericht hat die auf Rückerstattung eines unter Vorbehalt gezahlten Verwarnungsgeldes in Höhe von 15,00 Euro gerichtete Klage abgewiesen. Die schriftliche Verwarnung vom 7. Mai 2008 wegen eines Parkverstoßes vom 30. April 2008 sei wirksam im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG und damit unanfechtbar. Das erforderliche Einverständnis bezüglich einer Verwarnung habe der Kläger mit der Überweisung des Verwarnungsgeldes am 19. Mai 2008 stillschweigend erteilt. Der Einwand des Klägers, er habe das Verwarnungsgeld "vorbehaltlich der Benennung von geeigneten Alternativen" zum Parken gezahlt, sei nicht geeignet, Zweifel am Einverständnis mit der - vorliegend allein beachtlichen - Art und Weise der Verfahrenserledigung im Verwarnungsverfahren zu wecken. Denn mit der Entrichtung des Verwarnungsgeldes habe es der Kläger gerade nicht auf ein Bußgeldverfahren ankommen lassen. Stattdessen habe der Kläger nur deutlich gemacht, dass den der Verwarnung zugrunde liegenden Parkverstoß nicht akzeptiere.

Die dagegen vorgebrachten Einwendungen sind unbegründet.

Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG ist eine Verwarnung nach Abs. 1 Satz 1 nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde entweder sofort zahlt oder innerhalb einer Frist, die eine Woche betragen soll, bei der hierfür bezeichneten Stelle oder bei der Post zur Überweisung an diese Stelle einzahlt. Das Einverständnis muss bis zum Ende des Verwarnungsverfahrens vorliegen und kann anschließend nicht zurückgenommen werden.
Rebmann/Roth/Hermann, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, 3. Aufl., Band 1, Loseblatt, Stand: März 2010, § 56 Rn. 12a m.w.N.
Das Einverständnis bezieht sich nur auf die Art der verfahrensmäßigen Erledigung im Verwarnungsverfahren, nicht aber auf Voraussetzungen sachlich-rechtlicher Art bzw. auf das Vorliegen des Bußgeldtatbestandes.
König, in: Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 56 Rn. 21; Wache, in: Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3. Aufl. 2006, § 56 Rn. 18; Vockeroth, DVP 2008, 89 (93).
Daraus folgt, dass die Verwarnung wegen ihres materiellen Inhalts nicht angefochten werden kann. Der Betroffene kann sich insbesondere nicht darauf berufen, eine Verwarnung mit Verwarnungsgeld hätte nicht erteilt werden dürfen, etwa weil in Wahrheit eine Ordnungswidrigkeit nicht vorgelegen habe. Ist der Betroffene der Auffassung, nicht ordnungswidrig gehandelt zu haben, oder hat er insofern erhebliche Zweifel, so steht es ihm frei, die Verwarnung abzulehnen. Hat er aber sein Einverständnis erteilt und damit erst die rechtliche Grundlage für die Verwarnung geschaffen, so würde er sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen, wenn er nachträglich mit jener Begründung die Verwarnung anfechten würde.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1966 - VII C 157.64 -, BVerwGE 24, 8 (12), juris Rn. 14; Wache, a.a.O., § 56 Rn. 32; Rebmann/Roth/Hermann, a.a.O., § 56 Rn. 12a m.w.N.
Nach diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht zu Recht ein Einverständnis des Klägers i. S. d. § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG angenommen. Der Kläger hat das Verwarnungsgeld am 19. Mai 2008 an die Stadtkasse der Beklagten überwiesen. Das Einverständnis wird durch den dem Schreiben des Klägers vom 18. Mai 2008 beigefügten Zusatz, wonach die Anweisung des Verwarnungsgeldes "vorbehaltlich der Auskunft, welche Handlungsalternative für mich bestanden hätte", nicht in Frage gestellt. Er bezieht sich auf die klägerische Bewertung der - materiellrechtlichen - Frage, ob die schwierige Parkplatzsituation zur Tatzeit die Ahndung eines für sich genommen unbestrittenen Verkehrsverstoßes mit den Mitteln des Ordnungswidrigkeitenrechts rechtfertigte. Hingegen sind dem Vorbehalt keinerlei Einwände gegen die Erledigung der Angelegenheit im Verwarnungsverfahren zu entnehmen. Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Einräumung des Verkehrsverstoßes als solchen nunmehr das Gegenteil behauptet und den Vorbehalt als "aufschiebende Bedingung" des verfahrensrechtlichen Einverständnisses verstanden wissen will, setzt er sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten. Denn auf das Antwortschreiben der Beklagten vom 20. Mai 2008, das eine Frist zur Zahlung des Verwarnungsgeldes binnen einer Woche einräumte - ansonsten drohe ein Bußgeldbescheid -, hat der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2008 reagiert, indem er unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Überweisung des Verwarnungsgeldes ausdrücklich auf die Entbehrlichkeit einer erneuten Fristsetzung zur Zahlung hinwies. Dieses Verhalten lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger das Verwarnungsgeld - wenngleich mit Bedenken - akzeptierte, um den Übergang in ein Bußgeldverfahren zu vermeiden. Ob die Vorgehensweise des Klägers letztlich darauf abzielt, trotz Begehung eines Verkehrsverstoßes weder ein Verwarnungsgeld noch ein Bußgeld entrichten zu müssen kann auf sich beruhen.

2. Die Sache ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die vom Kläger formulierte Frage, "wann ein Einverständnis des Betroffenen gem. § 56 OWiG vorliegt", hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).