Das Verkehrslexikon

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VGH München Beschluss vom 20.04.2011 - 11 CE 11.359 - Zur Umstellung alter Führerscheine und zur Besitzstandswahrung nach Entzug

VGH München v. 20.04.2011: Zur Umstellung alter Führerscheine und zur fehlenden Besitzstandswahrung nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis


Der VGH München (Beschluss vom 20.04.2011 - 11 CE 11.359) hat entschieden:
  1. § 76 Nr. 11 a FeV liegt - und zwar bereits in der Fassung, die diese Bestimmung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 27) erhalten hat - die Konzeption zugrunde, dass die Fahrerlaubnisbehörde über die Frage, ob ein Bewerber, der die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis sowohl der Klasse B als auch weiterer Klassen beantragt hat, nur einmal und einheitlich darüber befinden soll, ob es einer erneuten Befähigungsprüfung bedarf. Gelangt sie zu dem Ergebnis, dass der Bewerber nur hinsichtlich der von ihm beantragten, über die Klasse B hinausgehenden Fahrerlaubnisklassen nicht mehr über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, ist es ihr nach dieser Bestimmung verwehrt, die Absolvierung einer theoretischen und/oder praktischen Fahrprüfung allein für diese Klassen anzuordnen. Vielmehr muss sie die Teilnahme an einer Prüfung für die Klasse B verlangen, um die Ablegung einer theoretischen und/oder praktischen Prüfung auch für die vom Bewerber beantragten weiteren Fahrerlaubnisklassen fordern zu können.

  2. Der vorstehend dargestellte Zusammenhang schließt es nicht aus, dass eine Person die prüfungsfreie Neuerteilung anderer Fahrerlaubnisklassen als der Klasse B auch ohne verfahrensrechtliche Verknüpfung mit einem Antrag auf Neuerteilung der Klasse B beantragt. Der Bewerber kann sich in einer solchen Konstellation allerdings nicht auf § 76 Nr. 11 a FeV berufen, sondern muss die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 FeV erfüllen. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das beim Antragsteller der Fall ist.

Siehe auch Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - Wiedererlangung der Fahreignung und Die prüfungsfreie Neuerteilung einer Fahrerlaubnis


Gründe:

I. Der Antragsteller erwarb nach Aktenlage erstmals am 10. Dezember 1975 sowie erneut am 25. Juli 1979 eine Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3. Diese Berechtigungen wurden am 25. Mai 2001 auf die neuen Fahrerlaubnisklassen umgestellt.

Durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 9. Oktober 2003 erkannte das Landgericht Schweinfurt gegen ihn wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten und entzog ihm unter Festsetzung einer Sperrfrist von dreieinhalb Jahren die Fahrerlaubnis, da der Antragsteller am 1. Dezember 2002 mit einem Kraftfahrzeug den Liebhaber seiner Ehefrau umgefahren hatte, um ihn zu töten.

Am 26. März 2010 beantragte der Antragsteller beim Landratsamt Schweinfurt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A1, A, B, BE, C1 und C1E. Eine medizinisch-psychologische Begutachtung, der er sich auf Verlangen des Landratsamts unterzog, führte zu dem Ergebnis, dass nicht zu erwarten sei, er werde auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrs- und strafrechtliche Bestimmungen verstoßen; auch lägen keine Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der beantragten Klassen in Frage stellten.

Am 26. Mai 2010 führte ein Amtsträger des Landratsamts nach Aktenlage gegenüber dem Antragsteller mündlich aus, da ihm die Fahrerlaubnis bereits vor fast acht Jahren entzogen worden sei, werde man von ihm vor einer Neuerteilung der Klassen C1 und C1E eine theoretische und praktische Prüfung verlangen. Der über dieses Gespräch seitens des Landratsamts gefertigte Vermerk enthält folgenden Passus:
"Nach längerer Diskussion und der Zusicherung, dass er später bei Bedarf problemlos erneut einen Antrag auf Erteilung der Klassen C1 und C1E stellen kann, nahm er seinen Antrag bezüglich dieser Klassen zurück."
Noch am 26. Mai 2010 erteilte die Behörde dem Antragsteller eine Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, B, BE, L, M und T/S.

Am 30. September 2010 beantragte er eine Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E und CE, wobei letztere auf das Führen von ehedem in die Klasse 3 fallenden Zügen (Klasse CE79) beschränkt wurde.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Antragsteller "zumindest die praktische Prüfung für die Klasse C1E" an. Zur Begründung bezog sich die Behörde auf § 20 Abs. 2 FeV und führte aus, der Antragsteller habe auf fernmündliche Nachfrage hin angegeben, Kraftfahrzeuge mit einem über 3,5 t liegenden zulässigen Gesamtgewicht zuletzt in den neunziger Jahren geführt zu haben. Das Führen solcher Fahrzeuge setze umfangreiche und anspruchsvollere Kenntnisse und Fähigkeiten voraus, als sie für das Führen eines Personenkraftwagens erforderlich seien.

Am 18. Januar 2011 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Würzburg der Sache nach, den Antragsgegner durch eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihm über die erteilte Fahrerlaubnis der Klassen A, BE, M, S, L und T hinaus vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klassen C1E und CE zu erteilen sowie ihm hierüber einen ergänzten Führerschein auszustellen und auszuhändigen.

Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 3. Februar 2011 ab. Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er habe zwar vorgetragen, dass er bei seinem Arbeitgeber Kleinlastwagen bis 7,5 t mit Anhänger fahren solle. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass dieses Anliegen so dringlich sei, dass eine Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet werden könne. Einem Anordnungsanspruch stehe entgegen, dass sich die Behörde auch nach dem Wegfall der in § 20 Abs. 2 FeV ehedem enthaltenen Zwei-Jahres-Frist vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von der Befähigung des Bewerbers überzeugen müsse, ein Kraftfahrzeug der beantragten Klassen sicher führen zu können. Hierbei sei die Zeitspanne, innerhalb derer der Betroffene nicht mehr über eine Fahrerlaubnis verfügt habe, weiterhin das wesentliche Prüfungskriterium. Da der Antragsteller nach eigenem Bekunden seit 1995/96 keine Fahrzeuge mehr im Straßenverkehr geführt habe, die den nunmehr beantragten Klassen unterfallen würden, fehle ihm für eine Phase von 14 bis 15 Jahren insoweit die Fahrpraxis. Während eines so langen Intervalls, in dem es zudem zu erheblichen Änderungen hinsichtlich der Verkehrsvorschriften gekommen sei, ließen erfahrungsgemäß die notwendigen Fertigkeiten nach und gehe die Routine, die zur Bewältigung problematischer Situationen im Straßenverkehr erforderlich sei, verloren. Die Teilnahme mit den Klassen A, BE, M, S, L und T unterfallenden Fahrzeugen am Straßenverkehr seit Mai 2010 reiche nicht aus, um die Kenntnisse und Fähigkeiten neu zu erwerben, die für das Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen C1, C1E und CE79 erforderlich seien. Gleiches gelte für den vom Antragsteller vorgetragenen Umstand, dass er am Wochenende auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers gelegentlich mit Fahrzeugen, die den letztgenannten Klassen unterfielen, rangiert und Probefahrten unternommen habe. Sei aber aufgrund von Tatsachen anzunehmen, dass ein Bewerber die nach § 16 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitze, müsse die Behörde eine Fahrerlaubnisprüfung anordnen; einen Ermessensspielraum besitze sie insoweit nicht.

Mit der von ihm eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses vom 3. Februar 2011 und eine Entscheidung gemäß dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag. Zur Begründung bezieht er sich vor allem auf § 76 Nr. 11 a FeV in der insoweit am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 17. Dezember 2010 (BGBl I S. 2279; nachfolgend "§ 76 Nr. 11 a FeV n.F." genannt). Da ihm die Fahrerlaubnis der Klasse B ohne Fahrerlaubnisprüfung erteilt worden sei, sei das Landratsamt nach dieser Vorschrift nicht berechtigt, ihm die Fahrerlaubnis der Klassen C1E und CE79 zu verweigern. Wegen der weiteren Gesichtspunkte, auf die der Antragsteller sein Begehren stützt, wird auf den Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. Februar 2011 verwiesen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Antragsteller übersehe, dass ihm nicht eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 entzogen worden sei, da bei ihm bereits am 25. Mai 2001 eine Umstellung seiner Fahrerlaubnis auf die neuen Klassen stattgefunden habe. Es sei mithin ein in § 76 Nr. 11 a FeV n.F. enthaltenes Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Hinzu komme, dass die Zuerkennung der Fahrerlaubnis der Klassen C1 und C1E nicht im Rahmen der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B, sondern im Nachgang zur bereits erfolgten Erteilung der Fahrerlaubnis einer solchen Klasse beantragt worden sei. Auch insoweit lägen die Voraussetzungen des § 76 Nr. 11 a FeV n.F. deshalb nicht vor.

Wegen der Replik des Antragstellers auf die Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners wird auf den Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. März 2011, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Verwaltungsgericht beigezogene, den Antragsteller betreffende Fahrerlaubnisakte verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erfordert keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

1. Entgegen der Obliegenheit, die sich für ihn aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergibt, hat der Antragsteller bereits die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass ihm kein Anordnungsgrund zur Seite steht, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten erschüttert. Nach wie vor hat er weder glaubhaft gemacht (vgl. zu diesem Erfordernis § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO) noch auch nur substantiiert vorgetragen, dass der Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung zur Abwehr ihm drohender wesentlicher Nachteile erforderlich ist, oder dass aus anderen Gründen die Entscheidung über seine am 18. Januar 2011 vor dem Verwaltungsgericht mit dem gleichen Rechtsschutzziel erhobene Klage nicht abgewartet werden kann (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. Februar 2011 wird insoweit lediglich ausgeführt, Voraussetzung für die Beschäftigung in einem Teilzeit-Arbeitsverhältnis bei dem Unternehmen, bei dem der Antragsteller eigenem Vorbringen zufolge gegenwärtig tätig ist, sei gewesen, dass er über die Fahrerlaubnis der Klassen BE und C1E verfüge, da er "Transporter bis 3,5 t mit Anhänger und bei Erhalt der Fahrerlaubnis auch Kleinlastwagen bis 7,5 t mit Anhänger fahren sollte". Das kann nur so verstanden werden, dass der Fortbestand dieser Beschäftigung allenfalls vom Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse BE abhängt, über die der Antragsteller seit dem 26. Mai 2010 verfügt. Wenn es im Schriftsatz vom 25. Februar 2011 heißt, er solle "bei Erhalt" auch Kleinlastwagen bis 7,5 t mit Anhänger fahren, so geht daraus nur hervor, dass die Zuerkennung einer solchen Berechtigung die betrieblichen Einsatzmöglichkeiten des Antragstellers erweitern würde. Dass ohne den Erwerb einer solchen Fahrerlaubnis sein Arbeitsplatz gefährdet ist, ergibt sich weder aus seinem eigenen Vorbringen noch aus dem Schreiben seines Arbeitgebers vom 8. Dezember 2010, in dem lediglich ausgeführt wurde, der Antragsteller habe beanstandungsfrei Fahrten mit einem näher bezeichneten Lastkraftwagen auf dem Betriebsgelände durchgeführt. Erst recht lassen die Ausführungen des Antragstellers nicht erkennen, warum er eine Fahrerlaubnis der Klasse CE79 derart dringlich benötigt, dass der Ausgang des anhängigen Klageverfahrens nicht abgewartet werden kann.

2. Aus dem Beschwerdevorbringen geht aber auch nicht hervor, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch besitzt.

2.1 Im Zentrum seines Vorbringens steht nunmehr die Rechtsbehauptung, er könne nach § 76 Nr. 11 a FeV n.F. die prüfungsfreie Zuerkennung einer Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E und CE79 deshalb verlangen, weil ihm eine Fahrerlaubnis der Klasse B ohne Ablegung einer erneuten Befähigungsprüfung erteilt wurde.

Es kann dahinstehen, ob einem solchen Anspruch - wie das der Antragsgegner annimmt - bereits der Umstand entgegensteht, dass die Fahrerlaubnis des Antragstellers vor der am 9. Oktober 2003 erfolgten strafgerichtlichen Entziehung gemäß § 6 Abs. 7 FeV von dem alten auf das neue System der Fahrerlaubnisse umgestellt wurde und der Antragsteller deshalb im Zeitpunkt der Entziehung nicht mehr - wie § 76 Nr. 11 a Satz 1 FeV n.F. das verlangt - eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 innehatte. (Da die sich aus § 76 Nr. 11 a Satz 1 FeV n.F. ergebende Vergünstigung nach der zweiten Alternative des § 76 Nr. 11 a Satz 2 FeV n.F. auch nach erfolgten Umstellungen altrechtlicher Fahrerlaubnisse eingreift, dürfte dem Rechtsstandpunkt des Antragsgegners insoweit allerdings nicht zu folgen sein.) Auf § 76 Nr. 11 a FeV n.F. kann sich der Antragsteller jedoch zumindest deshalb nicht berufen, weil er am 30. September 2010 eine Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E und CE79 nicht zusammen mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B, sondern gesondert beantragt hat.

§ 76 Nr. 11 a FeV liegt - und zwar bereits in der Fassung, die diese Bestimmung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 27) erhalten hat - die Konzeption zugrunde, dass die Fahrerlaubnisbehörde über die Frage, ob ein Bewerber, der die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis sowohl der Klasse B als auch weiterer Klassen beantragt hat, nur einmal und einheitlich darüber befinden soll, ob es einer erneuten Befähigungsprüfung bedarf. Gelangt sie zu dem Ergebnis, dass der Bewerber nur hinsichtlich der von ihm beantragten, über die Klasse B hinausgehenden Fahrerlaubnisklassen nicht mehr über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, ist es ihr nach dieser Bestimmung verwehrt, die Absolvierung einer theoretischen und/oder praktischen Fahrprüfung allein für diese Klassen anzuordnen. Vielmehr muss sie die Teilnahme an einer Prüfung für die Klasse B verlangen, um die Ablegung einer theoretischen und/oder praktischen Prüfung auch für die vom Bewerber beantragten weiteren Fahrerlaubnisklassen fordern zu können.

Da das Urteil darüber, ob eine Person, der die Fahrerlaubnis entzogen wurde oder die hierauf verzichtet hat, noch über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, hinsichtlich verschiedener Fahrerlaubnisklassen unterschiedlich ausfallen kann, muss die Behörde bei ihrer Entscheidung, ob sie nach § 20 Abs. 2 FeV von einer erneuten Fahrerlaubnisprüfung absehen darf, wissen, welche Fahrerlaubnisklassen der Betroffene erwerben will. Gelangt sie nämlich zu dem Ergebnis, dass der Bewerber zwar hinsichtlich der Klasse B, nicht mehr aber hinsichtlich anderer von ihm beantragter Klassen noch über die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, zwingt § 76 Nr. 11 a FeV sie, eine Fahrerlaubnisprüfung auch hinsichtlich der Klasse B anzuordnen, um nicht unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Abs. 7 und 8 StVG einer Person prüfungsfrei Fahrerlaubnisse für Klassen erteilen zu müssen, hinsichtlich derer die Befähigung des Betroffenen verneint werden muss (oder zumindest zweifelhaft ist). Da weder der Verordnungsgeber noch die Gerichte die öffentliche Verwaltung zu einer rechtswidrigen Erteilungspraxis verpflichten dürfen, ist § 76 Nr. 11 a FeV (in all seinen Fassungen) so auszulegen, dass diese Bestimmung mit höherrangigem Recht (hier: mit dem sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Abs. 7 und 8 StVG ergebenden Erfordernis, dass die Befähigung eines Fahrerlaubnisbewerbers positiv feststehen muss) vereinbar ist. Das ist nur dann der Fall, wenn man den Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf die Sachverhaltsgestaltung beschränkt, dass die Neuerteilung von Fahrerlaubnissen für andere Klassen als die Klasse B zusammen mit der Zuerkennung dieser Klasse beantragt wird. Denn nur dann kann es die Behörde vermeiden, einer Person nach § 76 Nr. 11 a FeV prüfungsfrei eine Fahrerlaubnis für über die Klasse B hinausgehende Klassen zuerkennen zu müssen, obwohl sie Zweifel an der Befähigung des Betroffenen für diese Klassen hegt.

Wie sich aus dem Vermerk des Landratsamts vom 26. Mai 2010 ergibt, waren die zur Entscheidung aufgerufenen Amtsträger damals der Auffassung, der Antragsteller besitze die für eine Fahrerlaubnis der Klassen A, BE und T (einschließlich der davon umfassten Klassen) erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, während das bei den Klassen C1 und C1E nicht der Fall sei. Nur deshalb, weil der Antragsteller bereit war, seinen Neuerteilungsantrag hinsichtlich der beiden letztgenannten Klassen zurückzunehmen, wurde ihm seinerzeit die Fahrerlaubnis der Klassen A, BE und T prüfungsfrei erteilt. Hätte er sich nicht zu einer Teilrücknahme seines damaligen Antrags bereit gefunden, hätte er sich entweder einer Fahrerlaubnisprüfung sowohl für die Klasse BE als auch für die Klasse C1E unterziehen oder eine Ablehnung seines Antrags gewärtigen müssen.

2.2 Der vorstehend dargestellte Zusammenhang schließt es nicht aus, dass eine Person die prüfungsfreie Neuerteilung anderer Fahrerlaubnisklassen als der Klasse B auch ohne verfahrensrechtliche Verknüpfung mit einem Antrag auf Neuerteilung der Klasse B beantragt. Der Bewerber kann sich in einer solchen Konstellation allerdings nicht auf § 76 Nr. 11 a FeV berufen, sondern muss die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 FeV erfüllen. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das beim Antragsteller der Fall ist.

Zu Unrecht macht er im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. Februar 2011 geltend, er sei bereits im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung, der er sich am 27. April 2010 unterzogen hat, auf seine "Fahrfähigkeit" auch hinsichtlich der Klassen C1E und CE hin geprüft worden. Denn diese Begutachtung diente ausweislich der Fragestellung, die das Landratsamt in seinen Schreiben vom 13. April 2010 vorgegeben hat, ausschließlich der Feststellung, ob der Antragsteller die körperliche, geistige und charakterliche Fahreignung im Sinn von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 StVG besitzt. Seine Befähigung im Sinn der §§ 16 f. FeV war in diesem Rahmen nicht zu beurteilen.

Dass ein gelegentliches Fahren und Rangieren mit Lastkraftwagen auf einem Betriebsgelände nicht geeignet ist, den Nachweis zu erbringen, dass eine Person, die derartige Fahrzeuge nach eigenem Bekunden zuletzt vor ca. eineinhalb Jahrzehnten im Straßenverkehr geführt hat, noch über die notwendigen rechtlichen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt, bedarf keiner näheren Darlegung. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber des Antragstellers am 8. Dezember 2010 bescheinigt hat, dieser habe die Fahr- und Rangierübungen anstandslos absolviert, vermag hieran nichts zu ändern, da § 15 Satz 3 FeV die Kompetenz, über den Besitz der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu befinden, den amtlich anerkannten Sachverständigen und Prüfern für den Kraftfahrzeugverkehr zuweist.

Aus dem Umstand, dass der Antragsteller seit der am 26. Mai 2010 erfolgten Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Aktenlage im Straßenverkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist, folgt gleichfalls nicht, dass er über das theoretische Wissen und vor allem die praktischen Fertigkeiten verfügt, die erforderlich sind, um Fahrzeuge mit einer über 3,5 t liegenden zulässigen Gesamtmasse gefahrlos im öffentlichen Straßenverkehr bewegen zu können.

Wenn das Landratsamt am 26. Mai 2010 davon ausging, dem Antragsteller könne eine Fahrerlaubnis der Klasse T prüfungsfrei erteilt werden (an der Richtigkeit dieses Standpunkts äußerte die Behörde in ihrer Antragserwiderung vom 31.1.2011 allerdings selbst Zweifel), so ergibt sich daraus nicht, dass er deswegen auch als zum Führen von Fahrzeugen befähigt angesehen werden muss, die den Klassen C1E und CE79 unterfallen. Auf die zutreffenden Erwägungen, die das Verwaltungsgericht insoweit auf Seite 14 Mitte des Beschlusses vom 3. Februar 2011 festgehalten hat, kann in vollem Umfang Bezug genommen werden, da der Antragsteller im Beschwerdeverfahren diesbezüglich keine Gesichtspunkte vorgetragen hat, die nicht bereits in der angefochtenen Entscheidung gewürdigt wurden.

Die in der Beschwerdebegründung außerdem in Bezug genommene Vorschrift des § 24 FeV ist im Fall des Antragstellers von vornherein nicht einschlägig, da sich diese Bestimmung mit der Verlängerung bzw. Neuerteilung von Fahrerlaubnissen befasst, deren Gültigkeit aufgrund einer Befristung erloschen ist (oder demnächst erlöschen wird). Für die Neuerteilung von Fahrerlaubnissen nach vorangegangener Entziehung einer solchen Berechtigung oder nach einem Verzicht hierauf stellt § 20 FeV demgegenüber die speziellere - und damit vorrangige - Regelung dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Wegen der Streitwerthöhe wird auf die zutreffenden Darlegungen im letzten Absatz der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Da der Antragsteller wiederholt (z.B. am Ende des ersten Absatzes auf Seite 2 der Beschwerdeschrift vom 11.2.2011) zum Ausdruck gebracht hat, dass er nur eine Fahrerlaubnis der Klasse CE79, nicht aber - entgegen dem durch den Beschwerdeantrag hervorgerufenen Eindruck - eine unbeschränkte Fahrerlaubnis der Klasse CE erstrebt, besteht keine Veranlassung, der Streitwertbemessung den sich aus den Abschnitten II.46.4 und II.46.8 in Verbindung mit Abschnitt II.1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) ergebenden, höheren Betrag zugrunde zu legen.