Das Verkehrslexikon
OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 10.11.2009 - 7 U 91/09 - Zum Ersatz für den Einbau eines neuwertigen Navigationsgeräts seitens des Fahrzeugversicherers
OLG Frankfurt am Main v. 10.11.2009: Zum Ersatz für den Einbau eines neuwertigen Navigationsgeräts seitens des Fahrzeugversicherers
Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.11.2009 - 7 U 91/09) hat entschieden:
Will der Versicherer nur Ersatz für die Kosten des Einbaus eines gebrauchten Navigationsgeräts leisten, muss er dem Versicherungsnehmer eine entsprechende Weisung erteilen. Anders als im Falle eines Austauschmotors werden gebrauchte Navigationsgeräte offensichtlich nicht von Fachwerkstätten zum Einbau angeboten. Ob tatsächlich ein seriöser Gebrauchtmarkt für Navigationsgeräte besteht, ist umstritten.
Siehe auch Navigationsgeräte und Versicherungsthemen
Gründe:
Das Landgericht hat zu recht der Klage stattgegeben. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Erstattungsanspruch aus der Fahrzeugversicherung auf der Grundlage der Rechnung der PKW-Marke X Werkstatt A vom 31.3.2008 zu. Ausgehend vom Netto-Rechnungsbetrag und nach Abzug der Selbstbeteiligung sowie der seitens der Beklagten geleisteten Zahlung stehen hieraus noch 1.985,12 Euro offen.
Gemäß § 13 (1) AKB ersetzt der Versicherer einen Schaden bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs oder seiner Teile am Tage des Schadens, wobei der Wiederbeschaffungswert durch den Kaufpreis bestimmt wird, den der Versicherungsnehmer aufwenden muss, um ein gleichwertiges gebrauchtes Fahrzeug oder gleichwertige Teile zu erwerben. Grundsätzlich kommt danach zwar eine Wiederherstellung auch durch den Einbau gebrauchter Ersatzteile in Betracht. Ob der Klägerin der Einbau eines gebrauchten Navigationsgerätes möglich und zumutbar gewesen wäre, erscheint jedoch zweifelhaft. Es dürfte eher unwahrscheinlich erscheinen, dass die Fa. A als PKW-Marke X Werkstatt sich zu dem Einbau eines solchen Gerätes bereit erklärt hätte. Anders als im Falle eines Austauschmotors werden gebrauchte Navigationsgeräte offensichtlich nicht von Fachwerkstätten zum Einbau angeboten. Ob tatsächlich ein seriöser Gebrauchtmarkt für Navigationsgeräte besteht, ist umstritten (vgl. hierzu die abweichenden Feststellungen der Sachverständigen in den Verfahren vor dem AG Hohenschönhausen Az. 2 C 381/05 und AG Essen Az. 20 C 1/07). Was im Falle eines elektronischen Gerätes unter einer „Generalüberholung“ zu verstehen sein soll, bleibt unklar. Letztlich können diese Bedenken dahingestellt bleiben.
Die Beklagte hat es jedenfalls versäumt, der Klägerin vor Erteilung des Reparaturauftrages an die Fa. A eine entsprechende Weisung zu erteilen (§ 7 III. AKB). Der Versicherungsnehmer kommt seiner Verpflichtung, vor Beginn der Wiederinstandsetzung des Fahrzeugs die Weisung des Versicherers einzuholen, bereits dadurch nach, dass er den Versicherungsfall anzeigt. Der Beklagten war bereits auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigenbüros SV1 die Marke des Navigationsgerätes bekannt. Anschaffungsbelege über jenes Navigationsgerät besaß die Klägerin nicht, da es sich nicht um ein nachträglich, sondern ein werkseitig eingebautes Navigationsgerät handelte und die Klägerin das versicherte Fahrzeug gebraucht erworben hatte. Insofern trifft es nicht zu, dass die Beklagte den Schaden nicht habe regulieren können, weil die Klägerin die notwendigen Unterlagen nicht beigebracht habe. Des weiteren hat die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 19.3.2008 mitgeteilt, dass sie beabsichtige, ein neues Navigationsgerät von der Fa. A einbauen zu lassen und auf die insoweit entstehenden Kosten hingewiesen. Spätestens nach Erhalt dieses Schreibens hätte die Beklagte der Klägerin das Angebot für den Erwerb eines gebrauchten Navigationsgerätes mitteilen müssen, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, seitens der von ihr beauftragten Werkstatt abklären zu lassen, ob diese zum Einbau eines solchen Gerätes bereit wäre (vgl. hierzu Rixecker, Anmerkung zur Entscheidung des AG Hohenschönhausen vom 5.9.2006, Az. : 2 C 381/05, in ZfS 2007, 155). Nachdem die Beklagte pflichtwidrig von der Erteilung einer solchen Weisung abgesehen hat, kann sie sich nunmehr nachträglich nicht mehr darauf berufen, dass die angekündigte Art der Wiederherstellung mit überhöhten, nicht ersatzfähigen Kosten verbunden sei.
4
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch kein Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Beim Einbau von Neuteilen kommt ein solcher Abzug nur in Betracht, wenn auch sonst entstehende Aufwendungen erspart werden, d.h. das ausgewechselte Teil in der Regel die Lebensdauer des ganzen Kraftfahrzeugs nicht erreicht hätte (vgl. OLG Koblenz r+s 2000, 97). Inwiefern dies bei einem Navigationsgerät als solchem zutreffen soll, ist weder dargetan noch ersichtlich. In Betracht zu ziehen sein könnte dies allenfalls in Hinblick auf das zu aktualisierende Kartenmaterial. Des weiteren ist in der vereinbarten Fassung der AKB ein Abzug neu für alt lediglich von den Ersatzkosten für die Bereifung vorgesehen ( § 13 (5) AKB). Hieraus darf der durchschnittliche, um Verständnis der AKB bemühte Versicherungsnehmer den Schluss ziehen, dass hinsichtlich anderer Ersatzteile kein Abzug vorzunehmen ist.
5
Danach stand der Klägerin ein Anspruch in Höhe der Netto-Wiederherstellungskosten gemäß Rechnung der Fa. A abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung zu. Zinsen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286 I, 288 I BGB begehren.
6
Auch unter Berücksichtigung der (teilweise) übereinstimmenden Erledigungserklärung hat das Landgericht zu recht die Kosten des Rechtsstreits überwiegend (82 %) der Beklagten auferlegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch der Tenor des landgerichtlichen Urteils nicht zu beanstanden. Es entspricht der üblichen Praxis, den vollen Klagebetrag abzüglich der zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgten Zahlung in Ansatz zu bringen.
7
Da die Berufung der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat, beabsichtigt der Senat nach § 522 II ZPO zu verfahren. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.11.2009.