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BGH Urteil vom 24.01.1989 - VI ZR 130/88 - Zur Anwendbarkeit des Familienprivilegs bei Überleitung nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz

BGH v. 24.01.1989: Zur Anwendung des Familienprivilegs des SGB X § 116 Abs 6 im Rahmen SGB X § 119


Der BGH (Urteil vom 24.01.1989 - VI ZR 130/88) hat entschieden:
Das sog Familienprivileg des SGB X § 116 Abs 6 (juris: SGB 10) findet im Rahmen SGB X § 119 keine Anwendung. Im Rahmen des § 116 SGB X bestünde ohne Anwendung des Familienprivilegs wegen der dann gegebenen Regressbefugnis des Vorsorgeträgers die Gefahr, dass der Geschädigte nicht zu einem vollen Ausgleich seines Schadens gelangt; im Regelungsbereich des § 119 SGB X wäre demgegenüber diese Gefahr gerade bei analoger Anwendung des Familienprivilegs gegeben, da der Geschädigte insbesondere aus dem diesem Privileg zugrundeliegenden Gedanken der Bewahrung des häuslichen Friedens nicht selten davon absehen würde, den dann in seiner Person verbliebenen Anspruch auf Ersatz seines Beitragsschadens gegen das haftende Familienmitglied zu verfolgen.


Siehe auch Das Familienprivileg im privaten Versicherungs- und im Sozialrecht - Haftungsausschluss im Familien- und Partnerschaftsverband und in eheähnlichen Lebensgemeinschaften und Forderungsübergang in der privaten Versicherung


Tatbestand:

Die klagende Landesversicherungsanstalt ist Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung der Frau Heike B. Deren Ehemann, der mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebt, verursachte am 16. September 1983 mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw fahrlässig einen Verkehrsunfall, bei dem Frau B. als Beifahrerin verletzt wurde. Beide Parteien sind sich darüber einig, dass Frau B. eine mit 1/3 zu bewertende Mitverantwortung an ihren Verletzungen trifft, weil sie den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte.

Infolge des Unfalls wurden in der Zeit vom 28. Oktober 1983 bis 18. März 1984 für Frau B. an die Klägerin keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Die Klägerin verlangt die Summe dieser Beiträge, die sie wegen der Eigenverantwortung der Frau B. um 1/3 auf 953,91 DM gekürzt hat, von der Beklagten ersetzt. Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, der auf die Beiträge gerichtete Ersatzanspruch der Frau B. sei nicht nach § 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen, da einem solchen Übergang das sog. Familienprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X entgegenstehe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Sprungrevision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.


Entscheidungsgründe:

I.

Das Landgericht, dessen Urteil in VersR 1988, 918 veröffentlich ist, meint, die zwischen den Parteien allein streitige Frage, ob der Anspruch der Frau B. gegen die Beklagte auf Ersatz des Beitragsausfalls (§§ 823, 842 BGB; § 3 PflVG) gemäß § 119 SGB X auf den Rentenversicherungsträger übergegangen sei, sei zugunsten der Klägerin zu beantworten. Aus den als umfassende Regelung gewollten Vorschriften der §§ 116ff SGB X sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber das Familienprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X im Rahmen des § 119 SGB X nicht habe durchgreifen lassen wollen. Jene Vorschrift sei hier auch nicht entsprechend anzuwenden, da die §§ 116 und 119 SGB X gänzlich unterschiedliche Regresstatbestände regelten.


II.

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

Mit Recht lässt das Landgericht den Übergang des den Beitragsschaden betreffenden Ersatzanspruchs der Frau B. auf die Klägerin nicht an dem sog. Familienprivileg scheitern. Da § 119 SGB X weder einen dem § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X inhaltsgleichen Übergangsausschluss noch eine Verweisung auf jene Regelung enthält, kann, wie auch die Revision nicht verkennt, im Rahmen des § 119 SGB X allenfalls eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X in Betracht kommen. Auch sie hat aber das Landgericht im Ergebnis zutreffend verneint.

1. Die Frage, ob unter den in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X genannten Voraussetzungen auch ein Anspruchsübergang nach § 119 Satz 1 SGB X ausgeschlossen ist, ist umstritten. Nach überwiegend vertretener Ansicht ist die Übergangssperre hier entsprechend anzuwenden (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl., § 119 SGB X S. 975f; Eckelmann/Nehls, Schadensersatz bei Verletzung und Tötung (1987) S. 234; von Einem, SozVers 1983, 281, 285 = Amtl.Mitt. LVA Rheinpr. 1983, 424, 430; Gitter, SGB-SozVers-GesKomm, X § 119 SGB Anm. 4; Grüner/Dalichau/Podlech/Prochnow, Sozialgesetzbuch, X/3 SGB § 119 Anm. 3; Hauck/Haines/Bürsch, SGB X/3, K § 119 Rdn. 24; Hüffer VersR 1984, 197, 204 = VGT 84, 132, 152f; Kaltenbach/Maier in Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, X § 119 SGB Rdn. 8; Küppersbusch VersR 1983, 193, 211 und 1988, 665, 666; ders. in Wussow, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 4. Aufl., Rdn. 591; von Maydell/Schellhorn, GK-SGB X 3, § 119 Rdn. 56; Schroeder-Printzen/Schmalz, Sozialgesetzbuch - SGB X, § 119 Anm. 7; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB X § 119 Anm. 4; Pickel, Das Verwaltungsverfahren, § 119 SGB X Anm. 2 c).

Nach anderer Auffassung kommt eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X im Rahmen des § 119 SGB X nicht in Betracht (Deinhardt VersR 1984, 697, 705; Geigel/Schlegelmilch/Plagemann, Der Haftpflichtprozeß, 19. Aufl., Kap. 30 Rdn. 85; Ritze VersR 1983, 214, 216; Stelzer ZBl. SozVers 1984, 97, 100 Fn. 14; Wussow WI 1987, 87, 88 und 1988, 198).

a) Rechtlichen Bedenken begegnet allerdings die Erwägung des Landgerichts, schon aus der fehlenden Erwähnung des Familienprivilegs in § 119 SGB X müsse geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Übergangssperre des § 116 Abs. 6 SGB X hier nicht habe eingreifen lassen wollen. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung kann nämlich ebensogut darauf beruhen, dass die Frage der Anwendbarkeit des Familienprivilegs im Rahmen des § 119 SGB X im Gesetzgebungsverfahren nicht bedacht worden ist. Darauf deutet hin, dass auch die Begründung des Gesetzentwurfs hierzu schweigt (vgl. gemäß der damaligen Bezifferung zu den §§ 122, 125: BT-Drucks. 9/95 S. 28f; BR-Drucks. 526/80 S. 28f). Zudem spricht auch der Umstand, dass in der Kommentierung mehrerer seinerzeit mit dem Gesetzesvorhaben befasster Mitarbeiter des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (Hauck/Haines/Bürsch = aaO Rdn. 24) die Ansicht vertreten wird, § 116 Abs. 6 SGB X sei im Rahmen des § 119 SGB X entsprechend anzuwenden, nicht dafür, dass der Gesetzgeber das Gegenteil gewollt hat. Mit der Berufung auf den Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers kann daher eine Übernahme des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 SGB X in den Bereich des § 119 SGB X nicht überzeugend verneint werden (so auch Hartung VersR 1988, 919, 920).

b) Zutreffend und für die Frage der Anwendbarkeit des § 116 Abs. 6 SGB X im Rahmen des § 119 SGB X von erheblichem Gewicht ist aber der Hinweis des Landgerichts darauf, dass die §§ 116 und 119 SGB X völlig verschiedene Regelungsgehalte aufweisen.

aa) Die Legalzession des § 116 Abs. 1 SGB X knüpft mit dem auf sie zugeschnittenen Ausnahmetatbestand des § 116 Abs. 6 SGB X nach dem Vorbild der Regelung für die Privatversicherung in § 67 Abs. 1 und 2 VVG auch für den Bereich des Sozialrechts an die Verpflichtung des Vorsorgeträgers an, dem Geschädigten aufgrund eines Schadensereignisses Leistungen zu erbringen, die dem vom Schädiger zu leistenden Schadensersatz sachlich und zeitlich kongruent sind. Für solche Fallgestaltungen bestimmt § 116 Abs. 1 SGB X als Regel, dass der Ersatzanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf den Versicherungs- oder Sozialhilfeträger im Umfang seiner Leistungspflicht übergeht, da der Geschädigte den Anspruch insoweit zum Ausgleich seines Schadens nicht weiter benötigt, der Schädiger durch die Leistungen des Vorsorgeträgers nicht unverdient entlastet werden und dieser seine Aufwendungen vom Schädiger, der sie ausgelöst hat, ersetzt erhalten soll. Von dieser Regel begründet § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ebenso wie § 67 Abs. 2 VVG für die Schädigung eines Familienangehörigen aus zwei miteinander verknüpften Erwägungen eine Ausnahme. Zum einen soll durch den Ausschluss des Anspruchsübergangs in solchen Fällen mit Rücksicht auf das Interesse des Versicherten an der Erhaltung des Familienfriedens vermieden werden, dass er mit Streitigkeiten über die Verantwortung für nicht vorsätzliche Schadenszufügungen gegen Familienangehörige belastet wird. Zum anderen soll verhindert werden, dass der Rückgriff des Versicherers bei dem haftpflichtigen Familienangehörigen in Widerspruch auch zu der wirtschaftlichen Zweckbestimmung seiner Leistungen an den Versicherten gerät. Was der Versicherer dem Versicherten an Versicherungsleistungen erbringt, soll er ihm nicht dadurch mittelbar wieder entziehen können, dass er bei einem anderen, mit dem Versicherten wirtschaftlich verbundenen Familienmitglied Regress nimmt. Anderenfalls würde die dem Versicherten vom Versicherer geschuldete Schadensfreistellung durch die Belastung der "Familienkasse" mit dem Ersatzanspruch des Versicherers im praktischen Ergebnis unterlaufen; der Versicherte müsste letztlich das, was er mit der einen Hand empfangen hat, mit der anderen wieder herausgeben (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 223/84 - VersR 1986, 333, 334 und BGHZ 102, 257, 259f; jeweils m.w.N.).

bb) Diesen Erwägungen kommt allerdings, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht nur für die Fälle der gesetzlichen Regelung in den §§ 67 Abs. 2 VVG und 116 Abs. 6 SGB X, sondern auch darüber hinaus die Bedeutung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Inhalts zu, dass bei Schädigungen unter Familienangehörigen Versicherungs- oder ähnliche Leistungen, die einem Familienmitglied erbracht werden, nicht durch einen Rückgriff bei einem anderen Mitglied derselben Familiengemeinschaft mittelbar wieder sollen entzogen werden können. Deshalb hat der erkennende Senat das Familienprivileg auch bereits in anderen Fallgestaltungen des gesetzlich angeordneten Forderungsübergangs für entsprechend anwendbar erklärt, in denen es insoweit an einer ausdrücklichen Regelung fehlte (so für § 1542 RVO a.F.: BGHZ 41, 79; für § 87 a BBG: BGHZ 43, 72; für § 4 LFZG: BGHZ 66, 104). Grundlage der analogen Anwendung war aber stets, dass der Versicherer oder sonstige Vorsorgeträger als Regressgläubiger den Schädiger in Anspruch nimmt, weil er an den geschädigten Versicherten Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Denn nur in solchen Fällen besteht die Gefahr, dass der Versicherungsträger dem Geschädigten die ihm geschuldeten Leistungen durch seinen Regress beim Schädiger mittelbar wieder entzieht.

cc) Eine solche Gefahr ist bei dem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 119 Satz 1 SGB X nicht gegeben. Diese Vorschrift weist dem Sozialversicherungsträger die Ersatzforderung des Geschädigten wegen entgangener Pflichtbeiträge nicht als Regressgläubiger für von ihm erbrachte Versicherungsleistungen zu. Vielmehr soll § 119 SGB X überhaupt erst ermöglichen, dass sich der verletzte Pflichtversicherte beim Schädiger auch in Bezug auf Verkürzungen seines Status in der gesetzlichen Rentenversicherung infolge des Ausfalls von Pflichtbeiträgen schadlos halten kann, indem die Vorschrift die dazu bestimmten Ersatzleistungen mit der statuserhaltenden Wirkung solcher Pflichtbeiträge ausstattet. Ohne diese durch § 119 SGB X eröffnete Möglichkeit, mit den Ersatzleistungen des Schädigers die verletzungsbedingten Lücken auf dem Beitragskonto des Geschädigten zu schließen, wäre diesem der Weg, sich vor einem Rentenverkürzungsschaden bereits durch die Heranziehung des Schädigers zur Auffüllung des Beitragskontos zu schützen, überhaupt verschlossen. Das hat der erkennende Senat schon in seinem Urteil vom 15. April 1986 - BGHZ 97, 330, 334ff - näher ausgeführt; der Gesetzgeber hat § 119 SGB X gerade geschaffen, um die von der Rechtsprechung aufgezeigten beitragsrechtlichen Hindernisse für einen vollen Schadensausgleich des Pflichtversicherten zu beseitigen und, wie die Gesetzesbegründung sagt, sicherzustellen, "dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhält, die auch die Zeit der Verletzung umfassen" (BT-Drucks. 9/95 S. 29, BR-Drucks. 526/80 S. 29). Das Gesetz hat somit dem Sozialversicherungsträger die Aktivlegitimation zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs beim Schädiger nicht für einen Rückgriff wegen Versicherungsleistungen, die er insoweit an den Geschädigten gar nicht erbringt, sondern deshalb zugewiesen, um sicherzustellen, dass der für den Beitragsausfall bestimmte Schadensersatz seinen Zweck, das Beitragskonto des Pflichtversicherten auszugleichen, auf direktem Weg auch erfüllt. Insoweit hat also der Sozialversicherungsträger nicht die Stellung eines Regressgläubigers, sondern diejenige eines Treuhänders des Pflichtversicherten, für den er vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer die auf die Beitragslücken zu verrechnenden Schadensersatzbeträge in Empfang nimmt und dem Beitragskonto des Versicherten zuführt.

Würde die aus diesen Gründen angeordnete Legalzession bei der Schädigung von im selben Haushalt lebenden Familienangehörigen an einer analogen Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X scheitern, dann wäre für diese Fälle der vor dem 1. Juli 1983 geltende und seinerzeit für die soziale Absicherung des Versicherten als ungenügend angesehene Rechtszustand wiederhergestellt, dass sich nämlich der Geschädigte insoweit um die Verfolgung seiner Schadensersatzansprüche selbst zu kümmern hätte. Dabei würde es ihm, was besonders zu beachten ist, sogar gänzlich verwehrt sein, den Schädiger alsbald nach dem Schadensereignis auf Ersatz seines Beitragsschadens in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit das Gesetz, wie etwa bei einem Beitragsausfall für Teilmonate oder infolge Minderverdienstes, keinen geeigneten Weg zur freiwilligen Fortentrichtung von Versicherungsbeiträgen eröffnet (vgl. BGHZ 97, 330, 332 und 334f). Dass § 119 SGB X, wie der Senat (aaO S. 338) entschieden hat, zur besseren sozialen Absicherung des Geschädigten den schadensrechtlichen Individualausgleich in das System der Sozialversicherung hinein verlängert hat, bliebe bei der Schädigung von Familienangehörigen für den Geschädigten ohne Nutzen, denn nach § 119 Satz 2 SGB X werden nur die über § 119 Satz 1 SGB X zum Ausgleich von Beitragslücken eingegangenen Beiträge, nicht aber etwaige durch den Geschädigten vom Schädiger beigetriebene oder aus der eigenen Tasche entnommene und freiwillig eingezahlte Beträge als Pflichtbeiträge behandelt (vgl. auch Senat = aaO S. 338). Eine Analogie zu § 116 Abs. 6 SGB X, die § 119 SGB X in der Weise abänderte, dass in derartigen Fällen dem Geschädigten die Möglichkeit eingeräumt würde, sein Beitragskonto selbst statuserhaltend aufzustocken, würde Grundsätze des Beitragsrechts derart tangieren, dass eine solche Lösung des Interessenkonflikts nur vom Gesetzgeber erwogen werden kann. Der Geschädigte hätte deshalb in diesen Fällen derzeit keine Möglichkeit, zu einem alsbaldigen vollen Schadensausgleich zu gelangen; er bliebe jedenfalls zum Teil auf die konkrete Schadensberechnung bei Eintritt des Versicherungsfalles mit allen sich daraus ergebenden Risiken angewiesen, was der auf Verbesserung des sozialen Schutzes gerichteten Zielsetzung des Gesetzes geradezu zuwiderlaufen würde (vgl. Senat = aaO S. 332, 337). Ein solches für den Geschädigten nachteiliges Ergebnis würde sich gegebenenfalls sogar zu Lasten auch des Schädigers bei der Bemessung seiner Witwen- oder Waisenrente (§§ 1268, 1269 RVO) auswirken können.

Das bedeutet für die Schädigung von Familienangehörigen: Im Rahmen des § 116 SGB X bestünde ohne Anwendung des Familienprivilegs wegen der dann gegebenen Regressbefugnis des Vorsorgeträgers die Gefahr, dass der Geschädigte nicht zu einem vollen Ausgleich seines Schadens gelangt; im Regelungsbereich des § 119 SGB X wäre demgegenüber diese Gefahr gerade bei analoger Anwendung des Familienprivilegs gegeben, da der Geschädigte insbesondere aus dem diesem Privileg zugrundeliegenden Gedanken der Bewahrung des häuslichen Friedens nicht selten davon absehen würde, den dann in seiner Person verbliebenen Anspruch auf Ersatz seines Beitragsschadens gegen das haftende Familienmitglied zu verfolgen. Damit sind bereits die Ausgangslagen in den §§ 116 und 119 SGB X derart verschieden, dass es schon insoweit an der Rechtsähnlichkeit als einer notwendigen Voraussetzung dafür fehlt, um den auf § 116 SGB X zugeschnittenen Übergangsausschluss des Abs. 6 auf § 119 SGB X zu übertragen.

dd) Eine entsprechende Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X im Rahmen des § 119 SGB X ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus anderen Gründen geboten. Insbesondere lässt sich eine solche Analogie nicht mit dem Argument begründen, dass in beiden Fällen des gesetzlich angeordneten Anspruchsübergangs der Familienfrieden und die "Familienkasse" in gleicher Weise vor Eingriffen des Sozialversicherungsträgers zu schützen seien und dass diesem Schutzgedanken bei der notwendigen Interessenabwägung der Vorrang vor den Regress- und Ersatzinteressen des Vorsorgeträgers eingeräumt werden müsse. Ebensowenig greift die Erwägung durch, dass dem Vorsorgeträger, dem nach § 116 Abs. 6 SGB X ein Rückgriff versagt sei, obwohl er dort dem geschädigten Familienangehörigen Sozialleistungen zu gewähren habe, der Zugriff auf einen zum Familienverband gehörenden Schädiger erst recht versagt bleiben müsse, wenn er dem Geschädigten nicht einmal derartige Leistungen zu erbringen habe (vgl. dazu auch Hartung = aaO S. 920f.). Denn Regressinteressen des Vorsorgeträgers stehen den Interessen des Geschädigten an vollem Schadensausgleich bei § 116 SGB X, wie dargelegt, gar nicht gegenüber. In diesem Rahmen kann es allenfalls um eine Abwägung der Interessen des Geschädigten selbst, nämlich einerseits an uneingeschränktem Ausgleich seines Beitragsschadens und andererseits an ungeschmälertem Erhalt des Bestandes der "Familienkasse", gehen. Abgesehen davon, dass das Gesetz, wie bereits dargelegt, nach seiner Zielsetzung im Rahmen der Pflichtversicherung für eine solche Abwägung gar keinem Raum lässt, könnte sie aus den genannten Gründen im Ergebnis auch nur zugunsten der Interessen des Geschädigten an der Vermeidung von Rentennachteilen ausfallen.

c) Dass sich, wie die Revision geltend macht, ein Weiterzahlen der Rentenversicherungsbeiträge über § 119 Satz 1 SGB X in vielen Fällen nachträglich als unwirtschaftlich herausstellt, weil der Geschädigte auch ohne sie noch eine sog. unfallfeste Position erreicht, kann unbeschadet des darüber hier bestehenden Streits der Parteien aus grundsätzlichen Erwägungen nicht als Grund für eine Anwendung des Familienprivilegs im Rahmen des § 119 SGB X ins Feld geführt werden. Die Wirtschaftlichkeit weiterer Beitragszahlungen ist von Bedeutung für die Frage, ob dem Geschädigten gegen den Schädiger überhaupt ein auf solche Beiträge gerichteter Ersatzanspruch zusteht; sie kann aber nicht den Ausschlag dafür geben, ob ein bestehender Anspruch nach § 119 Satz 1 SGB X auf den Rentenversicherungsträger übergeht oder aufgrund des Familienprivilegs beim Schädiger verbleibt. Hat der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits eine "unfallfeste Position", so hat er, wie der Senat entschieden hat, gegen den Schädiger keinen Anspruch auf Ersatz des Beitragsausfalls (BGHZ 101, 207, 211 ff). Fehlt es indes noch an einer solchen Position, dann reicht schon die Möglichkeit einer Rentenverkürzung aus, um vom Schädiger den Ersatz der Beiträge verlangen zu können (BGH 97, 330, 332 und 334); in diesem Fall greift dann aber auch die Legalzession des § 119 Satz 1 SGB X ein.

Freilich kann der Anspruch gegen den Schädiger nur so auf den Sozialversicherungsträger übergehen, wie er unter Berücksichtigung der etwa vom materiellen Recht gesetzten Einschränkungen (§§ 1359, 1664 BGB) in der Person des Geschädigten begründet war. Standen seiner Geltendmachung die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen, weil diese dem Geschädigten eine entsprechende Rücksichtnahme auf den zu seiner Familie gehörenden Schädiger geboten, dann muss sich der Sozialversicherungsträger als Zessionar auch dies entgegenhalten lassen. Von einer solchen Sachlage kann aber im Streitfall mangels entsprechenden Vortrags und dahingehender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden, zumal für den Schädiger die Beklagte als Haftpflichtversicherer einzustehen hat. Aus demselben Grund besteht hier auch kein Anlass zu der Annahme, Frau B. könnte etwa durch den Übergang des Anspruchs auf die Klägerin und eine durch seine Geltendmachung eintretende Belastung der "Familienkasse" im Sinne von § 119 Satz 3 SGB X zumindest mittelbar schlechter gestellt sein, als sie ohne den Schadensersatzanspruch gegen ihren Ehemann stehen würde. Deshalb bedarf es vorliegend auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der dieser Vorschrift zugrunde liegende Rechtsgedanke auch dann eingreifen kann, wenn vom schädigenden Familienmitglied Ersatzleistungen zu erbringen sind, welche die "Familienkasse" erheblich belasten, während von vornherein feststeht, dass sie nur zu einer geringfügigen Rentensteigerung auf seiten des Geschädigten führen.

d) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch erweist sich schließlich auch nicht insoweit als unbegründet, als mit ihm ausgefallene Pflichtbeiträge der Frau B. nach dem 1. Januar 1984 und damit für eine Zeit geltend gemacht werden, für die gemäß § 1385b Abs. 1 RVO der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung an die Klägerin seinerseits Beiträge zu zahlen hatte. Abgesehen davon, dass die Parteien über die tatsächliche Entrichtung solcher Beiträge hier nichts vorgetragen und den Schaden der Frau B. auch hinsichtlich des auf die Zeit nach dem 1. Januar 1984 entfallenden Teils unstreitig gestellt haben, wären etwa gezahlte Beiträge nach § 1385b RVO auch weder geeignet, den in dem Ausfall der Pflichtbeiträge liegenden Erwerbsschaden der Frau B. auszugleichen, noch haben sie zu einem Übergang des gegen die Beklagte gerichteten Ersatzanspruchs auf den Krankenversicherungsträger geführt. Denn die sogenannten Trägerbeiträge nach § 1385b RVO sind, wie der Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat, keine Leistungen zur Aufrechterhaltung des versicherungsrechtlichen Status des Verletzten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die ihnen zugrundeliegenden Zeiten kommen dem Versicherten nicht als Beitragszeiten zugute, sondern die Zahlungen dienen der Finanzierung von Ausfallzeiten, ohne dass dadurch die auf den Beitragsschaden gerichteten Ersatzansprüche des Versicherten verringert würden (BGHZ 97, 330, 339f; Urteile vom 18. Februar 1986 - VI ZR 55/85 - VersR 1986, 485, 486f und vom 17. März 1987 - VI ZR 297/85 - VersR 1987, 598, 599; vgl. auch BT-Drucks. 10/335 S. 75). Dass diese Ansprüche des Versicherten von der Entrichtung der Trägerbeiträge durch die Krankenkasse unberührt bleiben und gemäß § 119 Satz 1 SGB X auf den Rentenversicherungsträger übergehen, wird auch in § 1385b Abs. 3 RVO vorausgesetzt. Die von Hartung (= aaO) wiedergegebene Ansicht der Sozialversicherer in ihrer Stellungnahme vom 26. November 1984, dass aus den nach § 119 SGB X beim Rentenversicherungsträger eingegangenen Zahlungen zunächst die Erstattungen gemäß § 1385 b Abs. 3 RVO vorzunehmen und nur die dann gegebenenfalls noch verbleibenden Überschüsse als Beiträge i.S. von § 119 Satz 2 SGB X zu verbuchen seien, was bei 94% aller Versicherten zu keiner Rentensteigerung führe, ist mit Wortlaut und Sinn der gesetzlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren; ihr kann auf der Grundlage der oben angeführten Rechtsprechung des Senats nicht gefolgt werden.


III.

Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.