Das Verkehrslexikon

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss vom 02.10.1997 - 3 B 2/97 - Zur Verfassungsmäßigkeit des automatischen Erlöschens der Taxengenehmigung bei einer Betriebssitzverlegung in eine andere Gemeinde

BVerwG v. 02.10.1997: Zur Verfassungsmäßigkeit des automatischen Erlöschens der Taxengenehmigung bei einer Betriebssitzverlegung in eine andere Gemeinde


Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 02.10.1997 - 3 B 2/97) hat entschieden:
Taxen dürfen nur in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Das gesetzlich angeordnete Erlöschen der Genehmigung bei Verlegung des Betriebssitzes in eine andere Gemeinde öffnet die notwendige Prüfungsmöglichkeit, ob in der neuen Betriebssitzgemeinde die Genehmigungsvoraussetzungen des § 14 Absätze 4 und 5 PBefG erfüllt sind, und ist verfassungsgemäß.


Siehe auch Taxigenehmigungen - Taxikonzessionen und Stichwörter zum Thema Nahverkehr


Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO liegen nicht vor.

1. Das angefochtene Urteil weicht nicht von dem in der Beschwerde bezeichneten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 1984 - BVerwG 7 C 1.83 - DVBl 1985, 287 ab. Eine Abweichung i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn die Vorinstanz ihrer Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der einem vom Bundesverwaltungsgericht, dem Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte oder dem Bundesverfassungsgericht aufgestellten Rechtssatz widerspricht. Das ist hier nicht der Fall.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung nicht die Auffassung vertreten, dass bei Taxiunternehmen der Sitz der kaufmännischen Leitung des Betriebes und der Ort des tatsächlich ausgeübten Betriebes voneinander getrennt werden könnten. Vielmehr hat es ausgesprochen, in den Fällen dieser Verkehrsform sei der Sitz der kaufmännischen Leitung des Betriebes an den Ort des tatsächlich ausgeübten Betriebes gesetzlich gebunden (§ 26 Nr. 2, § 47 Abs. 2 PBefG). Dementsprechend ist als Betriebssitz der Ort bezeichnet worden, von wo aus der Verkehr tatsächlich betrieben, insbesondere kaufmännisch und technisch maßgeblich abgewickelt werde (a.a.O. S. 288). Dazu steht das angefochtene Urteil nicht in Widerspruch.

Auch in der Frage, ob ein Taxiunternehmer zwei Betriebssitze haben könne, liegt eine Abweichung nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angezogenen Entscheidung hierzu nicht Stellung genommen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dies sei grundsätzlich ausgeschlossen, steht daher auch insoweit nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

2. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 132 Ab. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache nur zu, wenn sie eine klärungsfähige und klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage aufwirft, die in einem Revisionsverfahren zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts beantwortet werden kann. Daran fehlt es hier.

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, welche Anforderungen an das Merkmal "Betriebssitz" in § 26 Nr. 2 PBefG zu stellen sind, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie in dem hier relevanten Umfang durch das bereits genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 1984 beantwortet ist. Das Vorbringen des Klägers lässt keine Fragen von übergeordneter Bedeutung erkennen, die über die dort aufgestellten Grundsätze hinaus zur Entscheidung des vorliegenden Falles geklärt werden müssten.

Allerdings mag die Ansicht des Berufungsgerichts Bedenken begegnen, die Bildung zweier Betriebssitze für einen von einem Unternehmen betriebenen Taxiverkehr sei aus rechtlichen Gründen grundsätzlich ausgeschlossen. Diese Aussage ist - wie ausgeführt - im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu finden. Sie bedarf im vorliegenden Verfahren aber schon deshalb keiner Klärung, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht allein auf diesen von ihm angenommenen Rechtssatz gestützt hat. Es hat die Zurückweisung der Berufung vielmehr zusätzlich damit begründet, der tatsächliche Geschehensablauf stehe der Annahme zweier Betriebssitze des Klägers entgegen; es sei hinreichend erwiesen, dass der Kläger im Frühjahr 1993 einen Betriebssitz in G. jedenfalls auch für weite Teile des im Bereich der Beklagten zu betreibenden Verkehrs gegründet habe. Wenn tatsächlich eine Betriebssitzverlegung von A. nach B. stattgefunden hat, kommt es auf die Frage, ob aus Rechtsgründen das Vorhandensein zweier Betriebssitze ausgeschlossen ist, nicht mehr an. Auf die Frage, ob die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind, wird später noch eingegangen.

Auch die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das automatische Erlöschen der Taxengenehmigung, wenn der Unternehmer seinen Betriebssitz in eine andere Gemeinde verlegt (§ 26 Nr. 2 PBefG), lassen keinen in einem Revisionsverfahren zu befriedigenden Klärungsbedarf erkennen. § 26 Nr. 2 PBefG fügt sich ein in die Genehmigungsregelung des § 13 Abs. 4 PBefG, deren verfassungsrechtlich legitimes Ziel es ist, die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes mit dem Ziel einer möglichst guten Bedienung des individuellen öffentlichen Verkehrs in Ergänzung vor allem zu dem öffentlichen Linienverkehr zu schützen (vgl. Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 44 und 45.88 - BVerwGE 82, 295 <300, 302>). Die Bestimmung korrespondiert im übrigen mit der Vorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG, wonach Taxen nur in der Gemeinde bereitgehalten werden dürfen, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Das gesetzlich angeordnete Erlöschen der Genehmigung bei Verlegung des Betriebssitzes in eine andere Gemeinde öffnet die notwendige Prüfungsmöglichkeit, ob in der neuen Betriebssitzgemeinde die Genehmigungsvoraussetzungen des § 14 Absätze 4 und 5 PBefG erfüllt sind.

3. Fehl geht schließlich die Rüge, das Berufungsurteil sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Es trifft nicht zu, dass das Berufungsgericht dem Kläger bei der Feststellung der Betriebssitzverlegung nach B. das rechtliche Gehör versagt habe. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs bedeutet nicht, dass das Gericht zu allen Einzelheiten des Parteivorbringens ausdrücklich Stellung nehmen müsste. Vielmehr ist im allgemeinen davon auszugehen, dass das Gericht auch ohne ausdrückliche Erwähnung den Parteivortrag zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Für eine gegenteilige Annahme fehlt vorliegend schon deshalb jeder Anhaltspunkt, weil das Berufungsgericht sich ausdrücklich und unter wörtlicher Zitierung auf die Berufungsbegründung des Klägers bezogen hat, deren unzureichende Beachtung dieser rügt. Es liegt auf der Hand, dass das Berufungsgericht angesichts der von ihm in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts und der diese Ausführungen bestätigenden Einlassung des Klägers den weiteren Darlegungen der Berufungsbegründung zu diesem Punkt kein Gewicht mehr beigemessen hat.