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OLG Düsseldorf Urteil vom 15.11.2011 - 1 U 50/11 - Zum Anspruch auf Nutzungsausfall bei einen Oldtimer

OLG Düsseldorf v. 15.11.2011: Zum Anspruch auf Nutzungsausfall bei einen Oldtimer


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.11.2011 - 1 U 50/11) hat entschieden:
Eine Nutzungsausfallentschädigung wird nicht nur für neuere Fahrzeuge, sondern auch für Oldtimer grundsätzlich anerkannt. Voraussetzung für einen Anspruch auf Ersatz eines kraftfahrzeugbezogenen Nutzungsausfallschadens ist aber die Feststellung, dass die Entbehrung der Nutzung für den Geschädigten "fühlbar" gewesen sein muss, weil er das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeuges für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. An der "Fühlbarkeit" der Nutzungsentbehrung fehlt es, wenn dem Unfallgeschädigten ein weiteres, auf seinen Namen zugelassenes Kraftfahrzeug zur Verfügung steht.


Siehe auch Nutzungsausfall und Fahrzeugalter und Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung


Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Folge eines Verkehrsunfalls, der sich am 26. April 2008 ereignet hat, dem Kläger Ersatz für den Nutzungsausfallzeitraum zu leisten hat, der er sich wegen einer über einjährigen Reparaturdauer seines Fahrzeuges ergab. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Betroffen ist ein Oldtimer-Sportwagen des Klägers Marke Morgan Modell Plus 8 mit einer Erstzulassung aus dem Jahre 1975. Nachdem der beauftragte Kfz-Sachverständige das Fahrzeug am 20. Mai 2008 besichtigt hatte, erstellte er unter dem Datum des 11. Juli 2008 sein Gutachten. Darin sind die Reparaturkosten mit 51.249,65 € netto, der differenzbesteuerte Wiederbeschaffungswert mit 65.000 €, der Restwertbrutto mit 19.000 € sowie die Reparaturdauer mit geschätzten sieben Wochen angegeben. Der Kläger, auf dessen Namen auch ein Pkw Mercedes-Benz E 200 Kompressor angemeldet ist, beauftragte Mitte August 2008 die Morgan-Werkstatt Koopmann in S… mit der Instandsetzung des Fahrzeugs. Am 12. Juli 2009 gelangte der Kläger wieder in den Besitz des zwischenzeitlich reparierten Sportwagens. Während der Dauer der Instandsetzung war das Fahrzeug abgemeldet.

Der Kläger macht eine Nutzungsausfallentschädigung für 250 Tage (April bis Oktober) zu je 79 €, insgesamt also 19.750 €, geltend. Für weitere 162 Tage verlangt er Vorhaltekosten im Umfang von 26,36 € täglich, insgesamt also 4.270,32 €. Dazu hat der Kläger Folgendes behauptet: Er habe das Fahrzeug während der Dauer von 412 Tagen bei vorhandenem Nutzungswillen nicht in Gebrauch nehmen können. Vor dem Unfallereignis habe er das Fahrzeug für Fahrten zu diversen Einkaufsstätten, zu Ärzten, zu Verwandten und ähnlichen Alltagszielen eingesetzt. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Morgan-Clubs Deutschland habe er während der Ausfallzeit an diversen Ausfahr- und Clubveranstaltungen nicht teilnehmen können. Vor dem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2002 sei er mit dem Wagen regelmäßig zu seiner Arbeitsstelle in D… gefahren. Der Kläger hat im Hinblick auf eine Entscheidung des Senats vom 10. März 2008 zu dem Az.: I-1 U 198/07 ( NJW 2008, 1964 ) die Ansicht vertreten, der Verzicht auf das spezielle Fahrgefühl in seinem Oldtimer-Sportwagen stelle einen Verlust von Gebrauchsvorteilen dar, der seinen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung begründe.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.020,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Mai 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass im Haushalt des Klägers neben dem auf ihn zugelassenen Pkw Mercedes Benz E 200 Kompressor auch noch ein auf seine Ehefrau zugelassener Pkw Nissan Micra vorhanden sei. Der Oldtimer-Sportwagen sei als reines Hobby-Fahrzeug zur Freizeitbeschäftigung anzusehen, bei welchem es nicht auf eine ständige Verfügbarkeit im Rahmen der eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung angekommen sei. Fahrten, die der Kläger aus reinem Vergnügen und voller Stolz auf seinen schönen Oldtimer durchgeführt habe, seien als ein nicht entschädigungsfähiges Freizeitvergnügen anzusehen. Im Übrigen haben die Beklagten die Erforderlichkeit der Zeiträume in Abrede gestellt, die bis zur Fertigstellung des Kfz-Schadensgutachtens und bis zu der Instandsetzung des Fahrzeuges vergangen sind.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Landgericht die Klage aus Rechtsgründen abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei der Beschädigung von Kraftfahrzeugen sei Schutzgut die ständige Verfügbarkeit eines Pkw, welche durch die Anschaffung desselben erkauft worden sei, so dass die Beeinträchtigung des Gebrauchs eine Beeinträchtigung des vermögenswerten Äquivalenz dieser Vermögensaufwendung darstelle. Gegenüber gestellt werde ein Gebrauch, den die Verkehrsauffassung als Liebhaberei, als Luxus oder als bloßes Mittel zur Freizeitgestaltung ansehe und deshalb diesem Gebrauch nur eine Erhöhung des Lebensgefühls ohne selbständigen wirtschaftlichen Wert beimesse. Die Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge habe auf einen "fühlbaren" Schaden abgestellt und diesen an das Erfordernis geknüpft, dass der Geschädigte das Fahrzeug ohne das Schadensereignis auch wirklich gebraucht hätte, also zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre. Mit dem zuzubilligenden Ersatzanspruch solle keine Ausuferung des Entschädigungsvolumens, insbesondere keine Ausdehnung auf Nichtvermögensschäden, einhergehen (BGH NJW 1987, 50 ff.).

Ein Ersatzanspruch scheide dann aus, wenn dem Geschädigten neben dem beschädigten Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe und ihm der Einsatz des Zweitwagens möglich und zumutbar gewesen sei. Denn dann fehle es an einer "fühlbaren" vermögensrechtlichen Einbuße. Ein solcher Zweitwagen habe dem Kläger mit dem Pkw Mercedes-Benz E 200 Kompressor zur Verfügung gestanden. Mit diesem Pkw hätte er seine Mobilität unschwer aufrecht erhalten können. Das durch den Kläger bei der Benutzung dieses Wagens im Vergleich zu der Benutzung des Oldtimer-Sportwagens vermisste Fahrgefühl stelle einen nicht zu ersetzenden Schaden dar.

Der Kläger könne auch nichts aus der zitierten Entscheidung des erkennenden Senats für sich herleiten, denn sie sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er verfolgt sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter und macht dazu im Wesentlichen Folgendes geltend:

Das Landgericht habe nicht hinreichend das zitierte Urteil des erkennenden Senats berücksichtigt. Darin sei ausgeführt, dass das mit einem außergewöhnlichen Fahrzeug, nämlich mit einer Harley Davidson, verbundene Fahrgefühl nicht mit demjenigen vergleichbar sei, welches mit der Benutzung eines Pkw einhergehe. Zudem habe sich das Landgericht überhaupt nicht mit der Frage beschäftigt, ob das Fahrgefühl bei der Ingebrauchnahme eines mehr als 30 Jahre alten Morgan Plus 8 mit einem modernen Pkw vergleichbar sei. Wesentliche Unterschiede ergäben sich im Hinblick auf die Motorausstattung, das Motorengeräusch sowie auf die Roadstereigenschaft.

In verfahrensfehlerhafter Weise habe das Landgericht zudem auch eine Sachaufklärung zu der Streitfrage des Alltagsgebrauchs des Oldtimer-Sportwagens unterlassen.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Schlussantrag zu erkennen.
Hilfsweise beantragt er,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Kleve zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu Eigen und tritt dem gegnerischen Rechtsmittelvorbringen im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Er hat keinen Anspruch auf Ersatz für einen 250-tägigen Nutzungsausfall sowie auf Erstattung der Vorhaltekosten für weitere 162 Tage infolge des unfallbedingten Ausfalls seines Oldtimer-Sportwagens Morgan Modell Plus 8. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Das Rechtsmittelvorbringen rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Insbesondere beruft sich der Kläger ohne Erfolg auf die Senatsentscheidung vom 10. März 2008 zu dem Aktenzeichen I-1 U 198/07 (NJW 2008, 1964), welche die Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung wegen des reparaturbedingten Ausfalls eines Motorrades der Luxusklasse zum Gegenstand hatte. Dabei kann offen bleiben, ob der Senat an dieser Rechtsprechung festhält. Denn die tragenden Gründe dieser Entscheidung sind auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar.

Entgegen der durch den Kläger geäußerten Ansicht besteht kein weiterer Aufklärungsbedarf hinsichtlich der streitigen Einzelheiten des vorkollisionären Gebrauchs des Fahrzeuges. Deshalb ist die durch den Kläger erhobene Rüge der Verfahrensfehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils wegen der unterbliebenen Vernehmung von Zeugen zu der Thematik, welche die konkrete Verwendung des Fahrzeuges in der Vergangenheit betrifft, unbegründet. Selbst wenn man die Richtigkeit des Klagevorbringens unterstellt, demzufolge der Oldtimer-Sportwagen als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel insbesondere für Fahrten zur Erledigung des täglichen Bedarfs eingesetzt worden ist und nicht in erster Linie dem Freizeitvergnügen des Klägers diente, änderte dies nichts an der Richtigkeit des klageabweisenden Urteils. Denn es hat weiterhin die tragende Begründung der klageabweisenden Entscheidung Geltung, dass dem Kläger mit seinem Zweitfahrzeug Marke Mercedes-Benz E 200 Kompressor ein adäquater Ersatzwagen für die notwendige Aufrechterhaltung seiner Mobilität zur Verfügung stand. Dass der Kläger während des Ausfallzeitraumes den Genuss des Fahrvergnügens mit einem technisch aufwendigen sowie optisch auffälligen Oldtimer-Sportwagen entbehrte, ist eine nicht entschädigungsfähige Beeinträchtigung immaterieller Art.


I.

Gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH NJW 2006, 152 mit Hinweis auf BGHZ 159, 254, 258). Derartige Zweifel sind nicht gegeben.

1. Einerseits ist Folgendes zu berücksichtigen: Nach ständiger Rechtsprechung kann im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Kraftfahrzeuges der Geschädigte Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen, auch wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten, wie insbesondere Mietwagenkosten, getätigt hat (Senat, a.a.O. mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007, Az.: VI ZR 62/07 sowie BGHZ 40, 345; BGHZ 45, 212 sowie BGHZ 98, 212). Eine derartige Nutzungsausfallentschädigung wird nicht nur für neuere Fahrzeuge, sondern auch für Oldtimer grundsätzlich anerkannt (Senat, Urteil vom 30. November 2010, Az.: I-1 U 107/08 - veröffentlicht in NJW-RR 2011, 898 - mit Hinweis auf Senat, Urteil vom 19. Januar 1998, Az.: 1 U 178/96; LG Berlin, Urteil vom 8. Januar 2007, Az.: 58 S 142/06; Schleswig-Holsteines Oberlandesgericht, Urteil vom 12. August 2004, Az.: 7 U 10/04). Das Vermögen des Geschädigten beinhaltet nicht nur den reinen Sachwert des Kraftfahrzeugs, sondern auch die Möglichkeit zum ständigen Gebrauch und zur Nutzung desselben. Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt deshalb gegenüber dem Substanzwert einen selbständigen Vermögenswert dar, deren Verlust schadensersatzrechtlich vom Schädiger auszugleichen ist (Senat, Urteil vom 10. März 2008, Az.: I-1 U 198/07, Rdnr. 22, zitiert nach juris).

2. Andererseits ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Ersatz eines kraftfahrzeugbezogenen Nutzungsausfallschadens die Feststellung, dass die Entbehrung der Nutzung für den Geschädigten "fühlbar" gewesen sein muss, weil er das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeuges für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008, Az.: VI ZR 248/07, veröffentlicht in NJW-RR 2008, 1198, Rdnr. 7, zitiert nach juris). Diese Einschränkung stellt sicher, dass der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet der notwendigen Typisierung und Pauschalisierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt. Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können. Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren, subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten Nutzung beimisst (BGH a.a.O. mit Hinweis auf BGHZ GSZ 98, 212, 222 ff.).

3. An der "Fühlbarkeit" der Nutzungsentbehrung fehlt es im vorliegenden Fall aufgrund des Umstandes, dass dem Beklagten unstreitig ein weiteres, auf seinen Namen zugelassenes Kraftfahrzeug zur Verfügung steht - nämlich der Pkw Mercedes-Benz E 200 Kompressor. Der Kläger konnte auf diesen Wagen uneingeschränkt für den eigenwirtschaftlichen Einsatz im Rahmen seiner alltäglichen Lebensführung zurückgreifen. Zwar mag aus seiner Sicht der Gebrauch dieses Wagens im Vergleich zu dem Unfallfahrzeug Morgan Modell Plus 8 mit einem deutlich geringeren Maß an Fahrvergnügen und an Auffälligkeitswert verbunden sein. Eine solche immaterielle Beeinträchtigung gründet jedoch in einer subjektiven Wertschätzung des Klägers, welche sich gerade einer Bemessung der Nutzungseinbußen nach objektiven Maßstäben entzieht.


II.

Dagegen wendet der Kläger ohne Erfolg ein, dass der Senat in dem bezeichneten Urteil vom 10. März 2008 zu dem Aktenzeichen I-1 U 198/07 (veröffentlicht in NJW 2008, 1964) dem unfallgeschädigten Eigentümer eines Motorrades der Luxusklasse (Harley Davidson Electra-Glide) für einen 78-tätigen Reparaturzeitraum eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt 5.148 € zuerkannt hat, obwohl diesem während der Abwesenheit des Krades ein Pkw zur Verfügung stand.

1. Im Ansatz hat der Senat seinerzeit darauf abgestellt, eine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung sei mangels einer "fühlbaren" vermögenserheblichen Entbehrung zu versagen, wenn der Geschädigte über ein ihm zur Verfügung stehendes zweites Fahrzeug habe disponieren können, dessen Nutzung ihm zumutbar gewesen sei (Senat a.a.O. mit Hinweis auf Senat, VersR 2001, 208 sowie BGH, VersR 1976, 170). Ersetze das Zweitfahrzeug den spezifischen Gebrauchsvorteil der beschädigten Sache, sei dem Geschädigten ein spürbarer Vermögensnachteil durch den Verlust nur der reinen Nutzungsmöglichkeit der beschädigten Sache nicht entstanden. Bei Einsatz eines ansonsten nicht benutzten Zweitfahrzeuges werde der Verlust der Nutzung an dem beschädigten Fahrzeug durch den nunmehr sinnvoll gewordenen Gebrauch des bisher brachliegenden Ersatzfahrzeugs ausgeglichen (Senat a.a.O. mit Hinweis auf BGH NJW 1976, 286; juris Rdnr. 22). Diese Darlegungen beanspruchen weiterhin uneingeschränkt Geltung.

2. Darüber hinaus hat der Senat in der damaligen Entscheidung Folgendes ausgeführt: Voraussetzung für die Annahme, dass das Vorhandensein eines Zweitfahrzeuges und die Zugriffsmöglichkeit auf dieses den durch den Entgang der Gebrauchsmöglichkeit des beschädigten Fahrzeugs entstandenen Vermögenswerten Nachteil ausgleiche, sei, dass dem Ersatzfahrzeug ein zumindest ähnlicher Nutzungswert zukomme (Senat, a.a.O.; juris Rdnr. 26). Insbesondere könne der spezifische Gebrauchsvorteil der Harley Davidson nicht in einen "materiellen" und einen "immateriellen" Anteil aufgeteilt werden mit der Folge, dass der "materielle" Anteil durch das Zweitfahrzeug abgedeckt wäre und der "immaterielle" Anteil ersatzlos ( § 253 Abs. 1 BGB) bliebe. Wäre nur auf die reine Gebrauchsmöglichkeit als Transportmittel abzustellen, müsste allen Kraftfahrzeug unabhängig von Marke, Typ, Ausstattung etc. der identische Nutzungsvorteil zukommen. Eine solche Sichtweise verkenne die Lebenswirklichkeit, derzufolge gerade bei Kraftfahrzeugen und insbesondere bei Motorrädern der Luxusklasse auch immateriellen Faktoren eine wertbestimmende Funktion zukomme (Senat a.a.O.; juris Rdnr. 28).

3. Im Hinblick auf die vorerwähnte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Juni 2008 zu dem Az.: VI ZR 248/07 (NJW-RR 2008, 1198) ist zweifelhaft, ob die obige Begründung für die Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung gerade auch unter Berücksichtigung der "immateriellen" Komponente des Gebrauchsvorteils eines Motorrades der Luxusklasse trotz des Vorhandenseins eines Ersatzwagens weiterhin Bestand haben kann. Abstrahiert man nämlich von der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges als Transportmittel und stellt zusätzlich auf Marke, Typ, Ausstattung usw. als zusätzliche, wertbestimmende Faktoren zur Bemessung des Ausmaßes einer Nutzungsausfallentschädigung ab, so dürfte eine solche Begründung im Ergebnis unter dem Aspekt einer besondere subjektiven Wertschätzung - sei es ein spezifisches "Fahrvergnügen" oder ein wie auch immer bezeichneter subjektiv empfundener Gebrauchsvorteil - auf die Zuerkennung einer Entschädigung für eine immaterielle Beeinträchtigung jenseits der Grenzen des § 253 Abs. 1 BGB hinauslaufen. Der Tatrichter soll nun aber den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren, subjektiven Wertschätzungen festmachen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten Nutzung - hier der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges als Transportmittel - beimisst (BGH a.a.O., juris Rdnr. 7). Eine individuelle Genussschmälerung stellt sich nicht als ein vermögensrechtlicher Schaden dar (BGH a.a.O.; juris Rdnr. 9).

4. Im Ergebnis kann die Entscheidung der Rechtsfrage der Fortgeltung der Begründung des bezeichneten Senatsurteils dahinstehen. Denn die seinerzeit entschiedene Fallkonstellation unterscheidet sich substantiell von der nunmehr streitgegenständlichen. Der Kläger entbehrte nicht den Gebrauch eines modernen Motorrades der Luxusklasse, sondern die Nutzung eines auffälligen Oldtimer-Sportwagens mit einem Ausrüstungsstandard, der dem Stand der Technik vor mehr als einem Vierteljahrhundert entsprach. Der Senat hat in der früheren Entscheidung den Geschädigten maßgeblich aufgrund der Tatsache nicht auf die ersatzweise Benutzung seines Pkw zur Wahrung seines Mobilitätsinteresses verwiesen, dass er einen zumindest ähnlichen Nutzungswert zwischen dem Motorrad Harley Davidson Electra Glide und dem nicht näher bezeichneten Pkw verneint hat. Diese Besonderheit ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

a. Bei dem Sportwagen Morgan Modell Plus 8 und dem Fahrzeug Mercedes Benz E 200 Kompressor handelt es sich um Personenkraftwagen, die bei Bedarf ganzjährig für Personenbeförderungs- und Transportzwecke einsetzbar sind, da Ersterer unstreitig mit einem abnehmbaren Verdeck ausgerüstet ist. Unterstellt man die Richtigkeit des Klagevorbringens, setzt der Kläger das Unfallfahrzeug in großem Umfang für Alltagsfahrten, etwa zu Discounter-Supermärkten, ein. Dies verdeutlicht, dass er im Rahmen seiner eigenwirtschaftlichen Lebensführung dem Oldtimer-Sportwagen substantiell einen ähnlichen Nutzungswert beimisst wie einem für den Alltagsgebrauch vorgesehenen Personenkraftwagen. Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Nutzung des Ersatzwagens mit einem hohen Gebrauchskomfort verbunden ist.

b. Allerdings lässt sich die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts nicht mit der seitens der Beklagten angeführten Entscheidung des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 1992 zu dem Az.: 18 U 151/91 (veröffentlicht in NJW-RR 1993, 36) rechtfertigen. Danach ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Oldtimer-Motorrad, welches der Kläger über einen Zeitraum von zwei Jahren hat restaurieren lassen, kein ersatzfähiger Vermögensschaden im Sinne des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen. Vielmehr soll die Nutzungseinbuße dem Bereich der nicht erstattungsfähigen Liebhaberei zugerechnet werden. Der Kläger behauptet hingegen hinreichend substantiiert, er habe das Fahrzeug Morgan Modell Plus 8 nicht nur für Freizeit- und Oldtimerclub-Aktivitäten benutzt, sondern insbesondere auch für Alltagsfahrten zu Einkaufsstätten, Arztpraxen, Verwandten sowie zu sonstigen Zielen, die er als Pensionär anzusteuern pflegt. Unterstellt man die Richtigkeit dieses streitigen Vorbringens, hat der Oldtimer-Sportwagen nicht als reines Liebhaberobjekt jenseits des Alltagsgebrauchs Verwendung gefunden.


III.

Der Kläger beanstandet ohne Erfolg, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft die erforderliche Tatsachenaufklärung bezüglich der Richtigkeit seiner Behauptungen unterlassen, welche den Alltagsgebrauch des Fahrzeugs betreffen. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann die Richtigkeit des diesbezüglichen streitigen Klagevorbringens dahinstehen.

1. Denn der Senat hat bereits grundlegend zu der Problematik der Ersatzfähigkeit eines Nutzungsausfalls im Falle der Beschädigung eines Oldtimer-Fahrzeuges in der Konstellation Stellung genommen, dass der Geschädigte auf ein ihm zur Verfügung stehendes Ersatzfahrzeug zurückgreifen kann. Das Senatsurteil vom 30. November 2010 zu dem Az.: I-1 U 107/08 (veröffentlicht in NJW-RR 2011, 898) betraf eine Fallgestaltung, welche die Unfallbeschädigung eines Mercedes 300 SL Coupé aus dem Baujahr 1956 mit einem Zeitwert von mindestens 300.000 € zum Gegenstand hatte, der von einem Heckschaden betroffen war. Der Kläger begehrte u.a. die Feststellung, dass der Beklagte für die Dauer einer künftigen Reparatur eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen habe. Dieses Feststellungsbegehren hat der Senat als nicht gerechtfertigt erachtet.

2. Zur Begründung hat er ausgeführt, als wirtschaftlicher Wert, dessen Verlust einen Vermögensschaden zur Folge habe, sei nur die Möglichkeit anzusehen, überhaupt über ein Kraftfahrzeug verfügen zu können, nicht hingegen das ideelle Interesse, gelegentlich statt mit einem anderen Kraftfahrzeug mit einem Oldtimer fahren zu können. Eine Nutzungsausfallentschädigung sei deshalb nicht zu zahlen, wenn dem Geschädigten (mindestens) ein weiteres Kraftfahrzeug zur Verfügung stehe, so dass er die Möglichkeit zur Nutzung eines Kraftfahrzeuges nicht entbehren müsse. Dementsprechend komme eine Nutzungsausfallentschädigung für die entgangene Nutzung eines Oldtimers nur in Betracht, wenn der Wagen als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel genutzt werde und dem Halter kein anderes Kraftfahrzeug zur Verfügung stehe (Senat a.a.O., Rdnr. 65 zitiert nach juris mit Hinweis auf Senat, Urteil vom 19. Januar 1998, Az.: 1 U 178/96; LG Berlin, Urteil vom 8. Januar 2007, Az.: 58 S 142/06 sowie Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, U. v. 12. August 2004, Az.: 7 U 10/04). Im Ergebnis verbleibt es somit bei der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts, der Ersatz des durch den Kläger begehrten Nutzungsausfallschadens von über 24.000 € scheitere daran, dass ihm während der Reparaturzeit des Oldtimer-Sportwagens ein adäquates Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestanden habe.

3. Zwar hat der Kläger erstinstanzlich die Behauptung aufgestellt, es werde "der Mercedes von der Familie genutzt" (Schriftsatz vom 14. Januar 2011, Bl. 82 d.A.). Steht ein Zweitfahrzeug einem Angehörigen zur ständigen Verfügung, so dass der Geschädigte nicht darauf zurückgreifen kann, hat er Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens trotz der Existenz eines Ersatzwagens . Die familiäre Gebrauchshinderung hat aber der Geschädigte darzulegen (OLG Brandenburg Verkehrsrecht aktuell 2007, 118 sowie OLG Koblenz NZV 2004, 258).

4. In ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 haben die Beklagten in erheblicher Weise eingewandt, der Kläger bleibe jegliche Konkretisierung dahingehend schuldig, von welchen Personen aus seiner Familie, zu welchen Zeiten und zu welchen Gebrauchszwecken der Pkw Mercedes-Benz E 200 Kompressor in Gebrauch genommen werde (Bl. 87, 88 d.A.). Die danach notwendige Ergänzung des Vorbringens des Klägers ist ausgeblieben.


IV.

Letztlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Ersatz von Vorhaltekosten im Umfang von 26,36 € täglich - und zwar weder ersatzweise für den ersten Zeitraum von 250 Kalendertagen, den er erfolglos mit einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 79 € täglich in Verbindung bringt, noch für die zweite Zeitspanne von 162 Tagen.

1. Für den erstgenannten Zeitraum gilt Folgendes :

a. In prozessualer Hinsicht ist zunächst von Bedeutung, dass der Kläger ausschließlich eine Nutzungsausfallentschädigung mit der Tagessatzhöhe von 79 € begehrt und sein Zahlungsverlangen nicht hilfsweise auf Vorhaltekosten stützt.

b. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist schon im Ansatz zweifelhaft ob der Kläger Vorhaltekosten überhaupt schlüssig darlegt. Denn die für Anschaffung, laufende Unterhaltung, Abschreibung etc. anzusetzenden Kosten sind nicht deshalb angefallen, weil der Kläger den Oldtimer-Sportwagen als Ersatzfahrzeug für die Eventualität eines Ausfalls des Pkw Mercedes Benz E 200 Kompressor vorgehalten hat. Vielmehr ist umgekehrt davon auszugehen, dass dieser Pkw als Ersatzwagen für den Fall einer zeitweisen Nichtbenutzbarkeit des über 30 Jahre alten Morgan Modell Plus 8 fungiert. Vorhaltekosten für den Pkw Mercedes Benz E 200 Kompressor sind indes nicht klagegegenständlich.

c. Fehlt es - wie hier - an der Fühlbarkeit der Entbehrung der Nutzung eines Kraftfahrzeugs wegen des Vorhandenseins eines adäquaten Zweitwagens, so fehlt es auch an einem spürbaren Vermögensnachteil wegen des Ausfalls des Erstfahrzeuges. Damit gibt es auch keinen auszugleichenden Vermögensnachteil - und zwar unabhängig davon, ob man den Nachteil als Nutzungsausfallschaden mit einem tabellarischen Tagessatz quantifiziert oder mit einem niedrigeren Vorhaltekostenansatz.

2. Für die zweite Zeitspanne von 162 Kalendertagen ist zusätzlich Folgendes zu berücksichtigen :

Die Beklagten wenden insoweit zu Recht ein, dass es sich bei dieser Position um sogenannte "Sowieso-Kosten" handelt (Bl. 63 d.A.). Im Zusammenhang mit der für 250 Kalendertage verlangten Nutzungsausfallentschädigung zu je 79 € täglich behauptet der Kläger, er habe für die Monate April bis Oktober des Jahres einen ständigen Nutzungswillen gehabt (Bl. 4 d.A.). Daraus folgt - unstreitig - in der weiteren Konsequenz, dass der Kläger in den Herbst- und Wintermonaten November bis März auf die Nutzung seines wertvollen Oldtimer-Sportwagens verzichtet, um diesen nicht den saisonalen ungünstigen Witterungsverhältnissen auszusetzen. Mithin fehlt es für die Monate außerhalb des Zeitraumes April bis Oktober an einem Nutzungswillen. Voraussetzung für eine Entschädigung wegen des Ausfalls einer Kraftfahrzeugnutzung nach einem Unfallereignis ist aber ein Nutzungswillen des Geschädigten (BGH NJW 1966, 1260; Notthoff in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 5. Aufl., Teil 4, Rdnr. 827 mit weiteren Nachweisen; so auch die ständige Rechtsprechung des Senats ). Die Vorhaltekosten wären in den Herbst- und Wintermonaten wegen der Abmeldung des Wagens auch dann angefallen, wenn der Kläger nicht unfallbedingt an dem Gebrauch des Oldtimer-Sportwagens gehindert gewesen wäre.


V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 24.020,32 €.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.