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OLG München Urteil vom 27.05.2010 - 10 U 3379/09 - Zur Mithaftung des zu schnell fahrenden Vorfahrtberechtigten bei Auffahrunfall mit einem einbiegenden Wartepflichtigen
OLG München v. 27.05.2010: Zur Mithaftung des zu schnell fahrenden Vorfahrtberechtigten bei Auffahrunfall mit einem einbiegenden Wartepflichtigen
Das OLG München (Urteil vom 27.05.2010 - 10 U 3379/09) hat entschieden:
Überschreitet der vorfahrtberechtigte Kfz-Führer die zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h (also um 84%) und kommt es zu einem Auffahrunfall auf ein einbiegendes wartepflichtiges Kfz, so ist eine Mithaftung des Vorfahrtberechtigten von 30% gerechtfertigt, wenn der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hätte vermieden werden können.
Siehe auch Vorfahrt> und Geschwindigkeitsthemen
Gründe:
A.
Die Parteien machen wechselseitig Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 02.10.2008 gegen 06.45 Uhr in der Ortschaft A. im Landkreis Landshut ereignete. Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Audi A4 Avant, 2,5 TDI, amtl. Kennzeichen ...271 auf der vorfahrtberechtigten B 299 Richtung W. Der Kläger bog mit seinem bei der Drittwiderbeklagten haftpflichtversicherten Pickup Nissan Navara, amtl. Kennzeichen ... 777 in A. aus der der B 299 durch Zeichen 205 zu § 41 StVO untergeordneten Straße Am Südhang in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) gesehen von rechts in die B 299 Richtung W. ein, um nach 35 m links in die Dorfstraße abzubiegen. Der Beklagte zu 1) fuhr in Höhe der Einmündung der Dorfstraße in der Fahrbahnmitte der B 299 auf das Heck des Nissans auf, wodurch beide Fahrzeuge beschädigt wurden.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte tragen vor, der Kläger habe sogleich nach dem Einbiegen in die B 299 den linken Blinker gesetzt; der Beklagte zu 1) habe entweder verspätet reagiert oder sei zu schnell gefahren.
Die Beklagten tragen vor, der Beklagte zu 1) habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht überschritten, der Kläger habe gleich nach der Einfahrt wieder gebremst und nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig geblinkt. Die Beklagten bestreiten die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten (6.694,01 €) mit der Behauptung, in der Kostenkalkulation seien nicht unfallbedingte Schäden enthalten, die Ersatzteilaufschläge und Fahrzeugverbringungskosten nicht ersatzfähig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 08.05.2009 (Bl. 46/57 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht Landshut hat nach Ladung des Klägers und des Beklagten zu 1) beide in der mündlichen Verhandlung nicht angehört und nach Erholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. die Klage abgewiesen und der Widerklage auf der Basis einer Alleinhaftung des Klägers überwiegend stattgegeben.
Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger und der Drittwiderbeklagten am 14.05.200 zugestellte Urteil haben diese mit einem beim Oberlandesgericht am Montag, dem 15.06.2009, eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 65/66 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht am 19.08.2009 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 76/81 d.A.) begründet.
Den Beklagten wurde das Urteil am 13.05.2009 zugestellt. Sie haben mit einem beim Oberlandesgericht ebenfalls am 15.06.2009 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 63/64 d.A.) und diese mit einem beim Oberlandesgericht am 13.07.2009 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 69/71 d.A.) begründet.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagten unter Abänderung des Urteils samtverbindlich zu verurteilen, an den Beklagten zu 1) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.10.2008 zu bezahlen.
Der Senat hat in der Sitzung vom 27.11.2009 die Unfallbeteiligten angehört und, nachdem ein in der Sitzung geschlossener widerruflicher Vergleich von den Beklagten widerrufen wurde, gemäß Beweisbeschluss vom 29.01.2010 (Bl. 104/106 d.A.) Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen I. und durch Erholung eines ergänzenden mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing- R.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 27.11.2009 (Bl. 92/97 d.A.) und vom 21.05.2010 (Bl. 113/119 d.A.) verwiesen.
Ergänzend wird auf die vorgenannten Berufungsbegründungsschriften, die Berufungserwiderung der Beklagten vom 16.10.2009 (Bl. 85/88 d.A.) und den weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz der Beklagten vom 14.01.2010 (Bl. 99/101 d.A.) und des Klägers sowie der Drittwiderbeklagten vom 20.01.2010 (Bl. 102 d.A.) Bezug genommen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B.
Die statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten und begründeten, somit zulässigen Berufungen haben in der Sache teilweise Erfolg.
I. Das Landgericht ging auf Grund unvollständiger Beweisaufnahme zu Unrecht von einer Alleinhaftung des Klägers aus und hat zu Unrecht einen Anspruch des Beklagten zu 1) auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten insgesamt verneint.
1. Der Senat ist nach Anhörung der Parteien und auf Grund des erholten Sachverständigengutachtens davon überzeugt, dass der Kläger zwar das Vorfahrtrecht des Beklagten zu 1) verletzt hat, diesen aber wegen unfallursächlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 84 % die überwiegende Haftung trifft.
a) Eine Vorfahrtverletzung seitens des Klägers gem. § 8 I 1, II 2 StVO liegt vor, da dieser den Beklagten zu 1) gefährdet und behindert hat, bevor er sich mit einer dem Verkehr auf der B 299 entsprechenden Geschwindigkeit vollständig in der neuen Richtung auf der rechten Fahrbahnseite eingeordnet hat. Der Kläger hat selbst angegeben, dass er den herannahenden vorfahrtberechtigten Beklagten zu 1) sah; die falsche Einschätzung der Geschwindigkeit geht zu Lasten des Klägers.
(1) Kläger und Beklagte zu 1) gaben übereinstimmend an, dass der Kläger nach 2/3 der von ihm auf der B 299 zurückgelegten Strecke wieder zu bremsen begann. Der Beklagte zu 1) gab auch an, dass er seinerseits auf diese Bremsung mit einer Bremsung reagierte, die Kollision aber nicht mehr verhindern konnte. Die Entfernung zwischen den Einmündungen beträgt nach den Ausführungen des Sachverständigen, dessen hervorragende Sachkunde dem Senat aus einer Vielzahl von erholten Gutachten und mündlichen Anhörungen bekannt ist, 27 m und die vom Kläger zurückgelegte Wegstrecke zwischen Einfahrt in die B 299 und Kollision 33 m - 34 m. Der Sachverständige errechnete, dass der Beklagte zu 1), als der Nissan nach 18 m Fahrstrecke auf der B 299 zu bremsen begann, noch 25 m vom Kollisionsort entfernt war. Der Senat geht bei der finalen Bremsung vor dem Unfall von einer Vollbremsung seitens des Beklagten zu 1) ohne Reaktionsverzug aus. Der Sachverständige Dipl.-Ing. R. ermittelte aus der von ihm festgestellten Kollisionsgeschwindigkeit von 35 km/h des Audi eine Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten zu 1) bei dessen Bremsbeginn von 80 km/h. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1) nach seinen eigenen Angaben auf den von ihm erkannten Einfahrvorgang des Klägers, da dieser so knapp war, dass er sich hierdurch gefährdet fühlte, bereits durch Gaswegnahme reagierte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist wegen der Bremswirkung des Motors zusätzlich zur Verzögerung durch Roll- und Luftwiderstand auf Grund der Ergebnisse durchgeführter Versuchsreihen insoweit ein Verzögerungswert von 1,0 m/sek.² - 1,2 m/sek.² anzusetzen, weshalb die Ausgangsgeschwindigkeit des Pkw Audi 92 km/h - 94,2 km/h betrug. Der Beklagte zu 1) hat zur Überzeugung des Senats die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von vorliegend 50 km/h mindestens um 84 % überschritten.
(2) Die Geschwindigkeitsüberschreitung war unfallursächlich. Der Senat geht auf Grund der Ausführungen der Parteien und der Weg-/Zeitbetrachtung des Sachverständigen (Anlage 2 zur Sitzungsniederschrift vom 17.04.2009 = Bl. 35/45 d.A.) davon aus, dass der Beklagte zu 1) zu Beginn des Einfahrmanövers des Klägers noch mindestens 77 m von diesem und mindestens 104 m vom späteren Kollisionsort entfernt war. Der Kläger persönlich schätzte die Entfernung auf 100 m, der Beklagte zu 1) gab an, dass der Kläger einfuhr, als ein 80 m - 90 m vor ihm - dem Beklagten zu 1) - fahrender Pkw die Einmündung passiert hatte. Der Sachverständige führte unter Erläuterung des in der Sitzung vom 21.05.2010 übergebenen weiteren Weg-/Zeitdiagramms (Anl. zum Protokoll v. 21.05.2010 = Bl. 113/119 d.A.) überzeugend aus, dass bei einer Annäherung des Audi mit 50 km/h und einer Gaswegnahme seitens des Beklagten zu 1) ab dem Zeitpunkt, als der Kläger 1 m in die B 299 eingefahren war, der Beklagte zu 1) wegen der allein durch Gaswegnahme bedingten Verzögerung so spät am Kollisionsort angekommen wäre, dass sich der Kläger bereits nach links aus der Gefahrenzone entfernt gehabt hätte. Der Beklagte zu 1) hätte den Unfall auch räumlich vermeiden können und wäre noch vor dem Kollisionsort zu Stehen gekommen, wenn er mit einer Bremsung aus einer dann noch gefahrenen Geschwindigkeit von 18 km/h auf die Abbremsung des Klägers reagiert hätte; er wäre dann jedenfalls 5 m vor dem Kollisionsort zum Stillstand gekommen.
b) Bei der Abwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger den linken Fahrtrichtungsanzeiger entgegen § 9 I StVO nicht so zeitig setzte, dass sich der Beklagte zu 1) auf das Fahrverhalten des Vorausfahrenden rechtzeitig einstellen und einen Auffahrunfall ohne Gefahrbremsung vermeiden konnte. Kläger und Drittwiderbeklagte haben zwar schriftsätzlich vorgetragen, dass der Kläger bereits unmittelbar nach der Einfahrt in die B 299 links blinkte. Nach seinen eigenen Angaben anlässlich seiner persönlichen Anhörung im Termin vom 27.11.2009 erfolgte das Blinken des Klägers nach links aber erst kurz bevor er bremste und den eigentlichen Abbiegevorgang einleitete. Der widersprüchliche Vortrag ist gem. § 286 I 1 ZPO frei zu würdigen, wobei i.d.R. der Darstellung der Partei der Vorzug zu geben ist (BGH LM § 141 ZPO Nr. 2; VersR 1969, 58 f.; Lange NJW 2002, 476 [479]; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 78 Rz. 7). Der Beklagte zu 1) hatte bezüglich des Blinkens nach links keine konkrete Erinnerung. Der Zeuge I. konnte zwar bestätigen, dass der Kläger nach dem Einfahrvorgang in die B 299 links blinkte, wusste aber nicht mehr, wann genau der Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt wurde. Der Senat geht von den Angaben des Klägers aus, wonach er den Blinker nicht sofort setzte, sondern erst kurz bevor er bremste. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits über die Hälfte der auf der Bundesstraße gefahrenen Strecke zurückgelegt hatte und der Beklagte zu 1) mit noch über 80 km/h nur noch etwa 30 m vom Kollisionsort entfernt war, erfolgte das Betätigen des Blinkers deutlich zu spät. Andererseits erfolgte die Reaktionsaufforderung für die finale Bremsung des Beklagten zu 1) durch das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers bereits vor der Bremsung seitens des Klägers.
c) Der Senat geht im Hinblick auf die Vorfahrtverletzung und das zu späte Setzen des Blinkers wegen der viel zu hohen Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) von dessen Haftung zu 70 % und einer Mithaftung der Beklagten von 30 % aus. Wesentlich war insoweit, dass der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit seitens des Beklagten zu 1) problemlos vermeidbar war, zumal der Kläger noch vor der Bremsung den Blinker nach links betätigte.
2. Ausgehend von einem ersatzfähigen Schaden der Klagepartei von insgesamt 8.269,15 € (Reparaturkosten inklusive Kosten der Fahrzeugverbringung zur Lackiererei 6.694,01 €, Sachverständigenkosten 850,14 €, Minderwert des Fahrzeugs 700 €, Unkostenpauschale 25 €) ergibt sich ein Ersatzanspruch in Höhe von 5.788,40 € zuzüglich nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen wie tenoriert.
a) Der Ersatzteilpreisaufschlag von 10 % ist bei dem Fahrzeugmodell Nissan nach den Ausführungen des Sachverständigen im Termin vom 17.04.2009 (Protokoll S. 3, 7 = Bl. 37, 41 d.A.), denen sich der Senat anschließt, üblich und sämtliche in der Schadenskalkulation (Anlage K 1 zur Klageschrift) aufgeführten beschädigten Bauteile und Kosten unfallbedingt; da die Reparaturwerkstätten im Großraum Landshut teilweise nicht über eigene Lackierabteilungen verfügen, sind auch die Verbringungskosten zur Lackiererei vorliegend als Schadensposten zu berücksichtigen.
b) Hinsichtlich der Unkostenpauschale ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ein Betrag von 25,- € angemessen. Für eine Anhebung der vor der Währungsumstellung zuletzt angenommenen 50,- DM (Senat NZV 2001, 220) besteht kein Anlass. Es besteht auch kein Anlass zu einer mit § 287 ZPO unvereinbaren Pseudogenauigkeit in Form einer Umrechnung auf 25,56 € oder 26,- € (Senat, Urt. 27.01.2006 - 10 U 4904/05 = NZV 2006, 261 [262]; v. 28.07.2006 - 10 U 2237/06 = DAR 2006, 692).
c) Die Rechtsanwaltskosten können wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten im Schadensersatzprozess geltend gemacht werden (BGH AnwBl. 2007, 154 ff. = VersR 2007, 265 = NZV 2007, 181; Senat, AnwBl 2006, 768 f. = OLGR 2007, 499 = JurBüro 2006, 634 = zfs 2007, 48).
(1) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in dem Fall, dass das Gericht nur einen Teil der Ansprüche für gerechtfertigt hält und sich die geltend gemachten vorprozessualen, nicht anrechenbaren Anwaltskosten sonach als übersetzt erweisen, der Schadensersatzgläubiger mangels entsprechender Rechnungsstellung die Anwaltsgebühren nicht zu entrichten habe und es deshalb an einem ersatzfähigen Schaden fehle:
- Die Rechnungsstellung nach § 10 I RVG betrifft (nur) die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts (Schneider, RVG, 3. Aufl. 2006, § 10 Rz. 1). Sie bedeutet, wie sich aus § 10 III RVG zwingend ergibt, nicht etwa, dass der Anwalt überhaupt keinen materiellrechtlichen Anspruch hat - dieser entsteht mit dem ersten Tätigwerden des Anwalts und wird gem. § 8 I 1 RVG mit Erledigung des Auftrags bzw. Beendigung der Angelegenheit fällig (vgl. auch Schneider a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. 2009, § 10 RVG Rz. 1).
- § 10 I RVG gilt nicht im Bereich des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (Schneider a.a.O. § 10 Rz. 11; a.A. LG Bonn AGS 2006, 19 [insoweit in NJW 2005, 1873 = NZV 2005, 583 nicht abgedruckt]; offengelassen von AG Düsseldorf AGS 2004, 191).
- Weiter ist zu bedenken, dass bei Zugrundelegung der gegenteiligen Ansicht der Schadensersatzgläubiger einen Befreiungsanspruch gegen den Schädiger hätte (vgl. BGH NJW 1970, 1122 [1123]; AG Düsseldorf AGS 2004, 191; AG Karlsruhe NZV 2005, 326 = SP 2005, 144 = zfs 2005, 309 = AGS 2005, 253 = JurBüro 2005, 194), worauf ihn das Gericht nach § 139 I 2 ZPO hinweisen müsste, um ihm die Möglichkeit der Klageumstellung nach § 264 Nr. 3 ZPO (vgl. RGZ 139, 315 [322]; BGH NJW 1959, 886 [887]) zu eröffnen.
(2) Nach § 249 I, II 1 BGB sind diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten in Form vorprozessualer, nicht anrechenbaren Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 30, 154 [157 f.] = NJW 1959, 1631; 39, 73 [74] = NJW 1963, 640; 127, 348; BGH NJW 1970, 1122; 1986, 2243 [2245]; 2004, 444 [446]; 2006, 1065 = DAR 2006, 386; KG VRS 106 [2004] 356 [357 f.].
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach den dem Urteil zufolge als begründet anzusehenden Forderungen.
Die ganz herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass es sich bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls, wie vorliegend, auch nach Inkrafttreten des RVG grundsätzlich, auch in sogenannten einfachen Regulierungssachen, um eine durchschnittliche Angelegenheit handelt, bei der die Berechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG angemessen ist (vgl. BGH in AnwBl. 2007, 154 ff. = VersR 2007, 265 = NZV 2007, 181; Senat a.a.O.).
Es ist der volle Gebührensatz zu Grunde zu legen, weil die Geschäftsgebühr hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist (BGH NJW 2007, 2049 = zfs 2007, 344 = JurBüro 2007, 357 = AGS 2007, 283 = DAR 2007, 493).
Zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG sowie der Umsatzsteuer ergibt sich der tenorierte Betrag.
d) Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
3. Hinsichtlich der Widerklage gelangte das Landgericht zutreffend zu einem ersatzfähigen Schaden von insgesamt 13.825,30 €, so dass sich ausgehend von der auf den Kläger und die Drittwiderbeklagte entfallenden Haftungsquote von 30 % ein Ersatzanspruch in Höhe von 4.147,59 € zuzüglich Zinsen und Rechtsanwaltskosten wie tenoriert ergibt. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wird auf die Ausführungen zu Ziffer 2.c) Bezug genommen.
Im Übrigen war die Widerklage abzuweisen.
4. Die weitergehenden Berufungen der Parteien waren zurückzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung beruht für die erste Instanz auf §§ 92 I 1 Fall 2, 100 II, IV ZPO und für das Berufungsverfahren auf §§ 92 I 1 Fall 2, 97 I, 100 II, IV ZPO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.