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BGH Urteil vom 21.04.1993 - IV ZR 34/92 - Zur Repräsentantenstellung im Versicherungsrecht

BGH v. 21.04.1993: Zur Repräsentantenstellung im Versicherungsrecht


Der BGH (Urteil vom 21.04.1993 - IV ZR 34/92) hat entschieden:
  1. Im Versicherungsrecht ist Repräsentant, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht hierbei nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat.

  2. Übt der Dritte aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen.

Siehe auch Repräsentantenstellung und Versicherungsthemen


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Entschädigungsleistung aus einer Feuerversicherung, die der Kläger für einen Pferdestall abgeschlossen hatte, der im August 1989 abbrannte.

Diesen Pferdestall hatte der Vater des Klägers im Jahre 1973 auf einem gepachteten Grundstück ohne Baugenehmigung errichtet. Schon seit Ende der 70er Jahre hatte die Gemeinde Bedenken wegen des unzulässig errichteten Pferdestalls geltend gemacht. Nach Fristsetzung bis zum 20. Juli 1988 und sich daran anschließenden Verhandlungen mit den Eltern des Klägers erließ die Gemeinde unter dem 14. September 1988 gegen sie eine Ordnungsverfügung, mit der ihnen der Abbruch des Stalles bis zum 31. März 1989 aufgegeben wurde. Noch vor Ablauf dieser Frist gab die Gemeinde dann der Grundstückseigentümerin auf, den Pferdestall bis zum 31. März 1989 zu beseitigen. Diese forderte den Vater des Klägers als Pächter des Grundstücks am 19. Oktober 1988 auf, der Abbruchverfügung fristgemäß nachzukommen. Gegenüber den Eltern des Klägers erließ die Gemeinde eine Duldungsverfügung. Die diesen gegenüber ergangene Verfügung über den Abbruch hob sie auf. Sowohl die Abbruchverfügung gegen die Grundstückseigentümerin als auch die Duldungsverfügung gegen die Eltern des Klägers wurden bestandskräftig. Am 4. April 1989 setzte die Gemeinde gegen die Grundstückseigentümerin das Zwangsmittel der Ersatzvornahme fest; die Kosten wurden auf 10.000 DM veranschlagt. Dagegen wandte sich die Grundstückseigentümerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Am 22. September 1988 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Feuerversicherung. Er gab in dem Antragsformular an, seit 1. September 1988 Pächter von Grund und Boden sowie Eigentümer des Gebäudes und der übrigen Sachen zu sein. Mit Versicherungsschein vom 14. November 1988 nahm die Beklagte den Antrag an. Der Pferdestall wurde mit einem Zeitwert von 150.000 DM, das tote Inventar mit 20.000 DM versichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen aus dem Jahre 1930 (AFB) zugrunde. Am 13. August 1989 brannte der Stall bis auf die Grundmauern ab. Nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis ist von Brandstiftung auszugehen. Das Ermittlungsverfahren wurde mangels Tatverdachts gegen eine bestimmte Person eingestellt.

Unter dem 26. August 1989 unterzeichnete der Kläger ein Schadensformular der Beklagten, in dem er die Frage nach dem Wert des Pferdestalls mit 150.000 DM angab, ohne die Abbruch- und Duldungsverfügungen zu erwähnen.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 1989 lehnte die Beklagte Leistungen ab. Sie erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, weil der Kläger ihr bei Antragstellung nicht mitgeteilt habe, dass seinerzeit eine formelle Abbruchverfügung demnächst bevorstand.

Der Kläger hat behauptet, sein Vater habe ihm den Pferdestall, der mit dem Grundstück nicht fest verbunden gewesen sei, nebst Inventar am 1. September 1988 übereignet. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120.000 DM (2/3 von 150.000 DM für den Pferdestall und 20.000 DM für das Inventar) nebst Zinsen zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm nach Wiederherstellung des Pferdestalls weitere 50.000 DM zu zahlen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe den Vertrag wirksam angefochten. Der Kläger habe sie auch über die Eigentumsverhältnisse arglistig getäuscht. Der Kläger sei ebenso wie seine Eltern im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Verfügungen der Gemeinde unterrichtet gewesen. Jedenfalls habe der Kläger für das Wissen seiner Eltern unter dem Gesichtspunkt der Repräsentantenhaftung einzustehen. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe den Brand vorsätzlich herbeigeführt.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg.


Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Allerdings bleiben die Angriffe der Revision gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Erfolg, die Beklagte habe die tatsächlichen Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung des Klägers bei Vertragsschluss nicht bewiesen. Revisionsrechtlich beachtliche Fehler des Berufungsgerichts hat die Revision in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht Bezug nimmt, die Kenntnis der Eltern des Klägers von der Absicht der Gemeinde, den Pferdestall abreißen zu lassen, dem Kläger nicht zugerechnet hat. Denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger den Versicherungsvertrag allein ausgehandelt und abgeschlossen; seine Eltern haben dabei keine Erklärungen abgegeben. Sie waren bei den Vertragsverhandlungen nicht anwesend.

2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht eine Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Schadensfalls, nämlich bei der Geltendmachung des Schadens verneint hat.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Frage könne offenbleiben, ob die Mutter des Klägers bei der Abwicklung des Schadensfalls Erklärungsvertreterin des Klägers gewesen sei. Denn jedenfalls fehle es an einer Obliegenheitsverletzung, weil für den Kläger bzw. seine Mutter keine Obliegenheit bestanden habe, die Abbruchverfügung zu offenbaren. In dem Schadensanzeigeformular sei lediglich nach dem Anschaffungspreis sowie dem Wert vor dem Schaden unter Berücksichtigung von Alter und Abnutzung gefragt worden. Beide Fragen seien richtig beantwortet. Der Kläger habe weitere Auskünfte nicht zu erteilen brauchen. Der Streit mit den Behörden um den Abbruch des Stalles habe für den eigentlichen Sachwert keine Bedeutung gehabt, zumal der für die Beklagte tätige Zeuge St. bei den Vertragsverhandlungen zunächst eine Versicherungssumme von 250.000 DM vorgeschlagen habe.

Dem kann nicht gefolgt werden.

b) Nach § 13 Abs. 1c AFB hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer jede über die Höhe des Schadens und den Umfang seiner Entschädigungspflicht dienende Auskunft zu erteilen. Zwar braucht der Versicherungsnehmer zu Höhe und Umfang des Schadens nicht unaufgefordert Erklärungen abzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1976 - IV ZR 84/75 - VersR 1976, 821 unter III 1). Deshalb ist auch nicht jede Schadensanzeige eine Auskunft im Sinne des § 13 Abs. 1c AFB (BGH aaO). Vielmehr setzt diese Auskunft eine Nachfrage nach Umständen zur Schadensfeststellung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1977 - IV ZR 42/75 - VersR 1978, 121 unter I 2 a). Enthielt die auf Nachfrage erteilte Auskunft des Versicherungsnehmers falsche, für die Schadensermittlung bedeutsame tatsächliche Angaben und war der Versicherungsnehmer über die Rechtsfolgen einer Auskunftspflichtverletzung belehrt worden (zur Belehrungspflicht vgl. die bei Prölss in Prölss/Martin, 25. Aufl. § 34 VVG Anm. 3 C angeführte Rechtsprechung), ist der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit, § 13 Abs. 2 AFB. Diese Voraussetzungen sind nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand erfüllt.

Mit der Vorlage der vorformulierten "Schadenanzeige", die auf der letzten Seite auch eine Belehrung darüber enthält, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben zum Verlust des Anspruchs auf Versicherungsschutz führen, auch wenn sie für die Schadenfeststellung folgenlos geblieben sind, hat der Versicherer nach den einzelnen Umständen über den Umfang und die Höhe des Schadens gefragt. Die Antwort des Klägers auf die Frage nach dem "Wert vor dem Schaden unter Berücksichtigung von Alter und Abnutzung" mit 150.000 DM ist ohne erklärenden Hinweis auf die behördliche Abbruchverfügung objektiv unrichtig. Die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers erschöpft sich nicht in der formalistischen Beantwortung des Wortlauts der gestellten Fragen. In welchem Umfang Auskunft zu erteilen ist, ergibt sich aus dem Sinn der Frage. Die Antwort soll gewährleisten, dass der Versicherer in die Lage versetzt wird, die sachgemäßen Entschließungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen (BGH, Urteil vom 8. Januar 1969 - IV ZR 530/68 - VersR 1969, 267, 268). Der Versicherungsnehmer genügt seiner auch in § 34 VVG niedergelegten Auskunftspflicht insbesondere dann nicht mit der bloßen Beantwortung einer Formularfrage, wenn der Sachverhalt - für ihn erkennbar - von den üblichen Umständen der Schadensfälle abweicht, die die Grundlage standardisierter Fragen bilden, wie sie in Formularen gestellt werden. Eine behördliche Abbruchverfügung für das versicherte Gebäude ist so ungewöhnlich, dass der Versicherer keinen Anlass hat, in oder neben dem Formular danach von sich aus zu fragen. Das erkennt auch ein durchschnittlicher, rechtlich nicht vorgebildeter Versicherungsnehmer.

Der vom Versicherer zu ersetzende Wert, zu dessen Bestimmung er die Angaben des Versicherungsnehmers benötigt, richtet sich nach § 3 AFB. Danach ist bei Gebäuden grundsätzlich der ortsübliche Bauwert unter Abzug eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere dem Alter und der Abnutzung entsprechenden Betrages zu ersetzen. Im Ausnahmefall gilt aber ein geringerer Wert, wenn das Gebäude vor Eintritt des Schadensfalls schon dauernd entwertet war, § 3 Abs. 2a AFB. Bei der danach vorzunehmenden Bewertung sind nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch Umstände zu berücksichtigen, die nicht die Substanz der versicherten Sache betreffen und damit nicht den Baukostenwert als solchen mindern, sondern nur den Verkehrswert des Gebäudes beeinträchtigen; der Versicherungsnehmer soll durch die Ersatzleistung des Versicherers nicht bereichert werden, § 3 Abs. 1 AFB, § 55 VVG. Zu solchen wertmindernden Umständen gehört auch, wenn schon vor dem Brand feststand, dass das Gebäude abgerissen werden musste (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juni 1984 - IVa ZR 149/82 - VersR 1984, 843 unter II 2, vom 19. Mai 1976 - IV ZR 35/75 - VersR 1976, 845 unter 2, vom 31. März 1976 - IV ZR 108/74 - VersR 1976, 577, 578).

Liegt - wie hier - eine bestandskräftige behördliche Abbruchverfügung vor, so bedeutet diese eine erhebliche dauernde Entwertung (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1984 aaO unter II 2 c). Die Abbruchverfügung war zuletzt gegen die Eigentümerin des Grundstücks gerichtet. Diese hatte sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lediglich gegen die ihr angedrohte Ersatzvornahme gewandt, für deren Kosten sie einstehen sollte, und war in erster Instanz erfolglos geblieben. Das weitere Verfahren erledigte sich, nachdem sie das Grundstück an den Vater des Klägers verkauft hatte. Den Eltern des Klägers hatte die Behörde eine Duldungsverfügung erteilt, die ebenfalls bestandskräftig geworden war. Ihnen war auch die weitere Nutzung des Stalls untersagt. Unter diesen Umständen musste mit der alsbaldigen Durchsetzung der behördlichen Verfügungen gerechnet werden, auch wenn der Streit mit den Behörden über die Beseitigung des Stalls schon Jahre gedauert hatte. Der Abbruch des Stalles stand jetzt unmittelbar bevor.

Auch wenn es die Konstruktion des Stalles erlaubte, dass er "zur Not" auf ein anderes Grundstück hätte umgesetzt werden können, wie der Kläger behauptet (Bl. 272 GA), wäre schon wegen der damit verbundenen Kosten die Abbruchverfügung nicht ohne Einfluss auf den Wert des Gebäudes geblieben. Deshalb hätte der Kläger bei seiner Auskunft über den Wert des Pferdestalles vor dem Brand in jedem Falle die Beklagte über die Abbruchverfügung unterrichten müssen.

c) Das Landgericht hat erhebliche Zweifel daran geäußert, ob die Behauptung des Klägers wahr ist, von dem Jahre andauernden Streit mit der Gemeinde und der Abbruchverfügung nichts gewusst zu haben. Bei der Prüfung einer arglistigen Täuschung des Klägers hat es ausgeführt, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis für die Kenntnis des Klägers jedenfalls nicht erbracht.

Bei der Verletzung der Auskunftsobliegenheit nach § 13 Abs. 1c AFB kommt es auf eine Arglist nicht an. Anders als bei Anzeigeobliegenheiten kommt es bei der Auskunftspflicht oder -obliegenheit auch nicht darauf an, ob der Auskunftspflichtige das zu vermittelnde Wissen bereits selbst hat. Er muss sich über die Tatsachen, zu denen der Versicherer berechtigt Auskunft verlangt, gegebenenfalls erkundigen (vgl. Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Bd. I § 34 Rdn. 9). Hatte der Kläger Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Stallgebäude aufgrund behördlicher Verfügung abgebrochen werden sollte, hätte sich der Kläger über den Stand des Verfahrens erkundigen und das Ergebnis der Beklagten mitteilen müssen. Das ist hier nicht anders als in den Auskunftsfällen der §§ 259, 260 BGB (BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVa ZR 57/87 - BGHR § 259 Abs. 2 Verbindlichkeit 1, Beschluss vom 23. Mai 1991 - III ZR 123/90 - BGHR § 260 Auskunftsanspruch 1).

Liegt - wie hier nach dem bisherigen Vortrag der Parteien - eine objektive Verletzung der Auskunftsobliegenheit des Versicherungsnehmers vor, ist dieser dafür beweisbelastet, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht, § 6 Abs. 3 VVG (BGH, Urteil vom 13. April 1983 - IVa ZR 163/81 - VersR 1983, 674 unter V). Unter Berücksichtigung dieser Beweislastverteilung hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob der Kläger im Zeitpunkt der Weiterleitung des Auskunftsformulars die wertmindernden Umstände, insbesondere den Erlass der Abbruchverfügung kannte, oder Anlass hatte, sich danach zu erkundigen. Sollte das Berufungsgericht die vom Kläger behauptete Unkenntnis nicht feststellen können, wird es die Relevanzrechtsprechung des Senats zu beachten haben, wonach der Versicherer auch bei vorsätzlich begangener Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers leistungspflichtig bleibt, wenn den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft (vgl. z.B. BGHZ 84, 84, 87; vgl. Hoegen, Festschrift für Fritz Hauß, 1978, 103).

3. Aber auch wenn es dem Kläger gelingen sollte zu beweisen, dass er bei Abgabe der Schadensanzeige von der Abbruchverfügung nichts wusste und nichts wissen musste, entschuldigte ihn dies nicht, wenn er sich die Kenntnis seiner Eltern von den behördlich angedrohten und bevorstehenden Maßnahmen zurechnen lassen muss. Das ist der Fall, wenn die Eltern des Klägers seine Wissenserklärungsvertreter (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 19. Januar 1967 - II ZR 37/64 - VersR 1967, 343 unter VI und Prölss in Prölss/Martin aaO, § 6 Anm. 8 A) oder sogar seine Repräsentanten waren.

a) Nach dem bisherigen, unstreitigen Vortrag der Parteien sind die tatsächlichen Voraussetzungen einer Repräsentantenhaftung gegeben. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 107, 229, 230f. und ständig) ist Repräsentant, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht hierbei nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung).

Soweit darauf abgestellt wird, der Dritte müsse auch die Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrnehmen können, ist das nicht so zu verstehen, dass er nur dann Repräsentant ist, wenn zu der Übernahme der Risikoverwaltung zusätzlich die Berechtigung zur Verwaltung des Versicherungsvertrages hinzutritt.

In Fällen der Überlassung eines Kraftfahrzeugs an einen Fahrer hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, die Überlassung der Obhut über die versicherte Sache stelle kein allgemeingültiges Merkmal für die Frage dar, ob der Versicherungsnehmer für das Verhalten eines Dritten einzustehen habe (Urteil vom 17. Dezember 1964 - II ZR 17/63 - VersR 1965, 149 unter IV). Andererseits hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung Wert darauf gelegt, dass es anders sein könne, wenn es sich um versicherte Sachen handelt, die einer ständigen Betreuung bedürfen. In diesen Fällen wird mit der Übertragung der alleinigen, nicht nur vorübergehenden Obhut auf einen Dritten diesem in der Regel auch die alleinige Risikoverwaltung anvertraut. Wer in vollem Umfang die Betreuung der versicherten Sache übernimmt, tritt damit an die Stelle des Versicherungsnehmers (vgl. Hans Möller, Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, 1939 S. 94f.). Liegen diese Voraussetzungen vor, braucht für die Haftung des Versicherungsnehmers nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat, etwa den Vertrag kündigen und die Versicherungssumme einnehmen darf. In der Übergabe eines Fahrzeugs an einen berechtigten Fahrer liegt im allgemeinen keine solche Übertragung der Risikoverwaltung. Deshalb hat es der Bundesgerichtshof auch abgelehnt, den Dritten, wenn er lediglich der berechtigte Fahrer war, als Repräsentanten des Versicherungsnehmers anzusehen (z.B. Urteile vom 17. Dezember 1964 aaO; vom 24. Februar 1986 aaO; vom 20. Mai 1969 - IV ZR 616/68 - VersR 1969, 695 unter III).

In diesen und anderen Fällen kann es allerdings für die Repräsentantenstellung eines Dritten sprechen, wenn er es unabhängig von einer etwaigen Übergabe der versicherten Sache aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses übernommen hat, die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich auszuüben. So kann die Berechtigung, die Versicherungssumme auf ein eigenes Konto einzufordern und die Verpflichtung, den Versicherungsfall anzuzeigen oder Auskünfte zu erteilen, den Schluss zulassen, der Dritte sei (gegebenenfalls auch erst nach dem Versicherungsfall für dessen Abwicklung) an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten, er sei also Repräsentant des Versicherungsnehmers.

b) Der bisherige Vortrag des Klägers spricht dafür, dass seine Eltern seine Repräsentanten waren. Vor der Erklärung des Vaters, aus der der Kläger seine Stellung als Eigentümer ableitet, hatten die Eltern des Klägers die alleinige Obhut über den Stall. Es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die Obhut auf den Kläger übergegangen sein könnte. Hintergrund der beabsichtigten Eigentumsübertragung war, dass der Kläger sich nach dem Willen seiner Eltern wieder mehr der Reiterei widmen sollte. Er war aus dem Elternhaus ausgezogen. Mit der Übertragung des Reitstalls sollte er wieder in die Familie integriert und ihm die Möglichkeit geschaffen werden, sich eine Existenz aufzubauen (Bl. 36f. GA). Dieses Ziel der Eltern ist - soweit bisher ersichtlich - bis zu dem Brand nicht erreicht worden. Die Eltern verhielten sich wie vordem. Sie unterrichteten nach ihren Angaben den Kläger nicht über so wichtige Belange des Reitstalls wie die Abrissverfügung. Sie führten auch die Verhandlungen mit der Gemeinde allein weiter (Bl. 135f. GA). Der Vater des Klägers war nach wie vor der Auffassung, dass vor dem Brand Stall und Nebengebäude ihm gehörten (Bl. 136 GA). Nach den Bekundungen seiner Mutter "sollte" der Kläger Pferde bereiten, in Pension nehmen und auch das Geld kassieren. Dazu ist es aber bis zum Brand nicht gekommen, denn der Kläger hatte, wie seine Mutter vor der Polizei aussagte (Bl. 71 der Ermittlungsakten), nicht das "richtige Interesse an dieser Sache". Dass die Obhut über den Stall auch nicht teilweise auf den Kläger übergegangen ist, wird besonders deutlich darin, dass der Kläger nach der unwidersprochen gebliebenen Aussage der mit den Verhältnissen vertrauten P. Sch. vor der Polizei (Bl. 25 der Ermittlungsakten) nicht einmal einen Schlüssel zum Stall besaß.

Da die Eltern des Klägers die alleinige Obhut weiter behielten, spricht vieles dafür, dass sie die Reitanlage insgesamt betreuten und die Risikoverwaltung auf Dauer übernommen hatten. Demgegenüber fiele für die Beurteilung der Repräsentanteneigenschaft der Eltern nicht ins Gewicht, wenn die Versicherungsprämien vom Konto des Klägers abgebucht worden sein sollten.

Auch die Befugnis der Eltern des Klägers, seine Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrzunehmen, deutet darauf hin, dass sie seine Repräsentanten nach dem Versicherungsfall waren. Hier war die Mutter des Klägers nicht nur mit der Schadensabwicklung betraut, sie war entsprechend der ihr vom Kläger erteilten Vollmacht sogar berechtigt, die Versicherungssumme einzufordern. Die Eltern des Klägers sollten die Versicherungsleistung für den Stall erhalten. So hat der Kläger vor der Polizei im Zusammenhang mit der Versicherungsentschädigung und unter Hinweis auf seinen Vater erklärt: "Ich geb das Geld ihm" (Bl. 36 der Ermittlungsakten). Auch der Vater des Klägers hat bei der Abwicklung des Schadens mitgewirkt. Er hat die Schadensaufstellung gefertigt und die darin angegebenen Werte geschätzt (Bl. 62 GA).

c) Waren danach die Eltern des Klägers seine Repräsentanten, sind ihm das Verhalten seiner Eltern bei der Schadensabwicklung und ihre Kenntnis von der Abbruchverfügung zuzurechnen.

Mit der Beantwortung der Fragen in dem Formular am 28. August 1989 war die Auskunftspflicht des Klägers nicht erloschen; da sie der Feststellung von Umfang und Höhe des Schadens dient, dauerte sie bis zur endgültigen Feststellung an (vgl. Prölss aaO, § 34 Anm. 2 B). Deshalb waren auch die Eltern des Klägers als seine Repräsentanten verpflichtet, bei der nachfolgenden Geltendmachung des Schadens der Beklagten die Abbruchverfügung bekanntzugeben. Auch für diese Unterlassung hat der Kläger einzustehen mit der Folge, dass die Beklagte nach § 13 Abs. 2 AFB von der Verpflichtung zur Leistung frei wird.

4. Da das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft schon eine Pflicht des Klägers verneint hat, die Abbruchverfügung offenzulegen, muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit die Parteien Gelegenheit haben, gegebenenfalls zu den eine Repräsentantenstellung der Eltern des Klägers begründenden Umständen und zu etwaigen Entschuldigungsgründen ergänzend vorzutragen.