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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil vom 12.08.2008 - 5 K 408/08.NW - Zur Rechtmäßigkeit des Abschleppens bei Nichtbenutzung einer vorgeschriebenen Parkscheibe

VG Neustadt v. 12.08.2008: Zur Rechtmäßigkeit des Abschleppens bei Nichtbenutzung einer vorgeschriebenen Parkscheibe


Das Verwaltungsgericht Neustadt (Urteil vom 12.08.2008 - 5 K 408/08.NW) hat entschieden:
Ein mündlich eingelegter Widerspruch kann ausnahmsweise wirksam erhoben sein, auch wenn über das mündlich vorgebrachte Begehren keine Niederschrift aufgenommen worden ist.

Die von der Rechtsprechung zur Schriftlichkeit der Klageerhebung entwickelten Grundsätze sind ebenso auf den Fall zu übertragen, dass ein Widerspruch "zur Niederschrift" erhoben wurde und können deshalb bei der Auslegung des § 70 Abs.1 Satz 1, Alt. 2 VwGO berücksichtigt werden.

Das Abschleppen eines rechtswidrig abgestellten Fahrzeugs (Nichtauslegen der Parkscheibe) ist jedenfalls zur Beseitigung eines Rechtsverstoßes von nicht unerheblicher Dauer nicht unverhältnismäßig.


Siehe auch Kfz-Umsetzung und Abschleppkosten bei verbotswidrigem Parken an Parkuhren oder Parkscheinautomaten und bei nicht vorschriftsmäßig ausgelegten Parkscheiben und Stichwörter zum Thema Verkehrsverwaltungsrecht


Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich als Halterin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen LU- ... gegen einen Kostenbescheid der Beklagten vom 12. März 2008, mit der die Kosten für das Abschleppen ihres Fahrzeugs verlangt werden.

Nach den Feststellungen eines Bediensteten der Beklagten war das Fahrzeug am 6. Juni um 11.38 Uhr und am 8. Juni 2007 um 10.55 Uhr in der ...-Straße in Ludwigshafen im Bereich einer eingeschränkten Halteverbotszone geparkt, ohne die mit Zusatzzeichen vorgeschriebene Parkscheibe verwendet zu haben. Auf Veranlassung der Beklagten wurde deshalb das Fahrzeug von einem Abschleppunternehmer am 8. Juni 2007 um 11.28 Uhr abgeschleppt.

Mit Kostenbescheid vom 16. Juli 2007 forderte die Beklagte von der Klägerin die Kosten der Abschleppmaßnahme in Höhe von insgesamt 146,45 € zu erstatten. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Bescheid wurde der Klägerin ausweislich Postzustellungsurkunde am 19. Juli 2007 zugestellt.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin bei einer Vorsprache ihres Ehemannes am 17. Juli 2007 bei der Beklagten mündlich Widerspruch ein, der am 27. August 2007 schriftlich wie folgt begründet wurde: Das Fahrzeug sei in einer Einbuchtung abgestellt gewesen und habe niemanden behindert. Dazu sei die Straße mit keinem Verkehrszeichen versehen, das vor dem möglichen Abschleppen warne. Mit Schreiben vom 26. September 2007 teilte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin daraufhin unter dem Betreff „Widerspruch gegen den Kostenbescheid vom 16. Juli 2007“ mit, dass die Begründung zum Widerspruch geprüft worden sei, dass aber auf die Erstattung der entstandenen Kosten nicht verzichtet werden könne, weil in diesem Bereich nur geparkt werden dürfe, wenn die Parkscheibe von außen gut lesbar ausgelegt sei. Die Parkdauer betrage maximal zwei Stunden.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 bestätigte die Beklagte der Klägerin gegenüber den fristgerechten Eingang des Widerspruchs und die Weiterleitung an den Stadtrechtsausschuss, weil dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2008 wies der Stadtrechtsausschuss bei der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück. In den Gründen wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruch sei erst am 27. August 2007 und damit nicht innerhalb der Monatsfrist schriftlich eingelegt worden. Soweit der Ehemann der Klägerin auf eine Vorsprache beim zuständigen Sachbearbeiter am 17. August 2007 verweise, könne diese Vorsprache nicht als Widerspruch gewertet werden, da ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift erfolgen müsse. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht.

Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 15. März 2008 zugestellt, am 10. April 2008 hat sie Klage erhoben. Zu deren Begründung wird vorgetragen: Der Widerspruch sei rechtzeitig eingelegt worden, was auch in einem Schreiben des Straßenverkehrsamtes der Beklagten vom 15. Oktober 2007 bestätigt werde. Sie und ihr Ehemann hätten nach Treu und Glaube gehandelt und es könne ihnen nicht angelastet werden, dass sie nicht belehrt worden seien, eine Unterschrift zu leisten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Kostenbescheid vom 16. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Der Widerspruch sei verfristet gewesen und sei daher zu Recht vom Stadtrechtsausschuss als unzulässig zurückgewiesen worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich. Der Klägerin sei in einem Punkt zuzustimmen. Der Bereich Straßenverkehr habe mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 den fristgerechten Eingang des Widerspruchs bestätigt. Dies habe der Stadtrechtsausschuss als Widerspruchsbehörde nochmals eigenständig geprüft, wobei festgestellt worden sei, dass der Widerspruch eben nicht innerhalb der Monatsfrist eingelegt worden ist. Dies sei der Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 mitgeteilt worden und nun beginne das fehlerhafte Verhalten der Klägerin. Statt auf dieses Schreiben zu reagieren, habe sie nichts getan. Erst zur mündlichen Verhandlung des Stadtrechtsausschusses sei der Ehemann der Klägerin erschienen. Er habe sich nur auf das Schreiben der Straßenverkehrsbehörde berufen, Gründe, warum der Widerspruch erst so spät eingelegt worden sei, seien nicht genannt worden. Allerdings habe er bestätigt, das Schreiben vom 18. Dezember 2007 erhalten zu haben.

Der Verwaltungsakte könne zwar entnommen werden, dass es offensichtlich vor der schriftlichen Widerspruchseinlegung zu einem Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem zuständigen Sachbearbeiter gekommen sei. Dieses Gespräch könne aber nicht als fristgerechter Widerspruch gewertet werden, da ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen sei. Darauf sei auch ausdrücklich in der Rechtsbehelfsbelehrung, die dem angegriffenen Kostenbescheid beigefügt gewesen sei, hingewiesen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsakten verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – zulässig, denn die Klägerin hat am 17. August 2007, also innerhalb der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit fristgerecht Widerspruch gegen den am 19. Juli 2007 zugestellten Kostenbescheid eingelegt.

Der mündlich eingelegte Widerspruch, bei dem der Ehemann der Klägerin am 17. August 2007 beim zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten vorgesprochen hat, muss hier ausnahmsweise als wirksam erhoben anerkannt werden, obwohl er nicht schriftlich „zur Niederschrift der Behörde“ i. S. d. § 70 Abs. 1 Satz 1, Altern. 2 VwGO zu Protokoll genommen wurde.

Zwar ist die Erhebung des Widerspruchs „zur Niederschrift“ eine Unterform der Schriftlichkeit, so dass der Widerspruch grundsätzlich nicht wirksam erhoben ist, wenn der Betroffene bei der Behörde anruft oder persönlich vorspricht und darauf vertraut, dass darüber bei der Behörde ein Aktenvermerk gefertigt wird (OVG Weimar, Beschluss vom 17. Mai 2001, NVwZ-RR 2002, 408 und VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 11. Februar 2008, NVwZ-RR 2008, 439). Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt, sondern in besonders gelagerten Einzelfällen ist auch dann ein wirksamer Widerspruch anzuerkennen, wenn über das mündlich vorgebrachte Begehren keine Niederschrift als öffentliche Urkunde aufgenommen worden ist (OVG Weimar, a. a. O., 409). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Schriftformgebot der Klageerhebung (vgl. hierzu: GmSOGB, BVerwGE 58, 359; BVerwGE 81, 32), setzt das Merkmal der Schriftlichkeit nämlich nach dem Sprachgebrauch nicht ohne weiteres notwendig die handschriftliche Unterzeichnung voraus. Durch das Merkmal der „Schriftlichkeit“ soll nur sichergestellt werden, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt und dass diese Erklärung von einer bestimmten Person herrührt, die auch für den Inhalt der Erklärung die Verantwortung übernimmt.

Diese von der Rechtsprechung zur „Schriftlichkeit“ der Klageerhebung entwickelten Grundsätze sind ebenso auf den Fall zu übertragen, dass ein Widerspruch – wie hier – „zur Niederschrift“ erhoben wurde und können deshalb bei der Auslegung des § 70 Abs. 1 Satz 1 Altern. 2 VwGO berücksichtigt werden (so auch: OVG Weimar, a. a. O., 409).

Hier hat sich der Wille der Klägerin, einen förmlichen Rechtsbehelf einzulegen, auf andere Weise als durch Schriftlichkeit nachweislich manifestiert. Weiterhin steht die Urheberschaft außer jedem Zweifel. So hat der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten die Erklärung des Ehemanns der Klägerin, dass diese Widerspruch einlegen wolle, nicht nur als Widerspruch der Klägerin anstandslos entgegengenommen, sondern von ihr auch eine schriftliche Begründung nachgefordert. Darüber hinaus hat er den Widerspruch materiell-rechtlich geprüft und angefragt, ob die Klägerin den Widerspruch aufrechterhalten wolle (Schreiben vom 26. September 2007). Schließlich hat er den fristgerechten Eingang des Widerspruchs gegenüber der Klägerin bestätigt und ihr mitgeteilt, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne (Schreiben vom 15. Oktober 2007).

Damit steht aber außer jedem Zweifel, dass der Sachbearbeiter der Beklagten die Entgegennahme des mündlich eingelegten Widerspruchs von Anfang an als Akt der Einlegung eines förmlichen Rechtsmittels durch die Klägerin verstanden hat. Dies muss sich die Beklagte auch zurechnen lassen.

Ist deshalb der Widerspruch der Klägerin bereits am 17. August 2007 wirksam eingelegt und liegt damit keine Versäumung der einmonatigen Widerspruchsfrist vor, bedarf es auch keiner Entscheidung mehr darüber, ob der Klägerin wegen Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO hätte gewährt werden müssen. Insoweit weist das Gericht allerdings darauf hin, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch in den Fällen in Betracht kommt, in denen die Behörde einen mündlich eingelegten Widerspruch anstandslos als Widerspruch entgegengenommen hat und dem Widerspruchsführer eine Eingangsbestätigung hat zukommen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1976, NJW 76, 1333).

Die danach zulässige Klage ist allerdings unbegründet. Der Kostenbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2007 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Anfordern der Kosten für das Abschleppen des Pkws der Klägerin findet seine Rechtsgrundlage in § 63 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG –. Danach können die Kosten für die Durchführung einer rechtmäßigen Ersatzvornahme gegenüber dem Pflichtigen geltend gemacht werden.

Das Abschleppen des Pkws der Klägerin stellt eine Ersatzvornahme im Sinne der vorgenannten Vorschrift dar, da sie der Vollstreckung der Allgemeinverfügung dient, die in dem Verkehrszeichen 290 (eingeschränktes Halteverbot für eine Zone) in Verbindung mit dem Zusatzschild für die Benutzung einer Parkscheibe (Bild 291) gemäß § 41 StVO zum Ausdruck kommt. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 StVO ist in einem Bereich eines eingeschränkten Halteverbots für eine Zone, in dem die Benutzung einer Parkscheibe durch ein Zusatzschild vorgeschrieben ist, das Halten nur erlaubt für die Zeit, die auf dem Zusatzschild angegeben ist und wenn das Fahrzeug eine von außen gut lesbare Parkscheibe hat und der Zeiger der Scheibe auf den Strich der halben Stunde eingestellt ist, die dem Zeitpunkt des Anhaltens folgt.

Gegen das daraus sich ergebende Verbot, ohne gut lesbare ausgelegte Parkscheibe im Bereich einer eingeschränkten Halteverbotszone zu parken, hat die Klägerin als Halterin des am ruhenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugs verstoßen, als sie dieses am 6. Juni (Kontrollzeit 11.38 Uhr) und am 8. Juni 2007 (Kontrollzeit 10.55 Uhr) in der ...-Straße in der Bewohnerparkzone VI – ...viertel, an dessen Zufahrten die Verkehrsschilder aufgestellt sind, auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt hatte. Mit diesem Verstoß gegen das in dem Verkehrszeichen 290 verkörperte modifizierte Halteverbot hat die Klägerin zugleich das ebenfalls darin enthaltene – sofort vollziehbare – Gebot verletzt, das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug von der Straße zu entfernen.

Das im Verkehrszeichen 290 verkörperte eingeschränkte Halteverbot war der Klägerin gegenüber auch wirksam, selbst wenn sie das Verkehrsschild nach ihren Angaben nicht gesehen haben will. Für die Bekanntgabe von Verkehrszeichen genügt es nämlich, wenn diese so aufgestellt sind, dass sie für die Verkehrsteilnehmer, an die sie sich richten, bei Anlegung des von § 1 StVO vorgegebenen Sorgfaltmaßstabs, ohne weiteres wahrgenommen werden können, wobei unerheblich ist, ob die Betroffenen die Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen haben.

Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 63 LVwVG vor, weil das Fahrzeug der Klägerin verbotswidrig im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt war, stand die Anordnung der Ersatzvornahme im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten.

Die Anordnung des Abschleppens des Kraftfahrzeugs der Klägerin ist aber auch unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Insbesondere verletzt die Maßnahme nicht den aus dem Verfassungsprinzip der Rechtsstaatlichkeit abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Anordnung des Abschleppens des Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme war hier geeignet, erforderlich und angemessen. Die Beklagte konnte den mit der Abschleppmaßnahme verfolgten Zweck, nämlich durch die Anordnung von zeitlich begrenztem Parken, den knappen Parkraum in den bewohnten Gebieten Ludwigshafens Bewohnern bestimmter Wohnviertel und in bestimmten Zeiten auch möglichst vielen anderen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung zu stellen, nicht auf andere, die Klägerin weniger belastende Weise, erreichen.

Der durch das Abschleppen des Fahrzeugs für die Klägerin entstandene Nachteil, ihr Kraftfahrzeug an einer anderen Stelle abholen zu müssen und die Kosten in Höhe von 146,45 € zu zahlen, steht auch nicht außer Verhältnis zu dem Erfolg, die durch den Verkehrsverstoß andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beheben und den Parkplatz bestimmungsgemäß für andere Verkehrsteilnehmer freizumachen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit des Abschleppens auch nicht darauf an, ob das von ihr rechtswidrig abgestellte Kraftfahrzeug tatsächlich eine konkrete Verkehrsbehinderung darstellte (BVerwG, Beschluss vom 6. Juli 1983, DVBl. 1983, 1066 zur Parkuhr). Entscheidend ist vielmehr, dass hier nicht nur eine geringfügige, sondern eine mehrstündige Überschreitung der zulässigen Parkzeit vorlag (so VGH München, NJW 99, 1130). Deshalb ist das Abschleppen eines rechtswidrig abgestellten Fahrzeugs jedenfalls zur Beseitigung eines Rechtsverstoßes von nicht unerheblicher Dauer auch nicht unverhältnismäßig, selbst wenn weitere Beeinträchtigungen nicht vorliegen (OVG Münster, Urteil vom 15. Mai 1990, NJW 90, 2835).

In Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das ein Abschleppen an einer Parkuhr jedenfalls nach drei Stunden als verhältnismäßig ansieht, aber auch der des VGH Kassel, wonach das Abschleppen eines rechtswidrig abgestellten Kraftfahrzeugs an einem Parkscheinautomaten bereits bei einem mehr als einstündigen Verstoß als verhältnismäßig anzusehen ist, liegt jedenfalls im Falle der Klägerin ein lang andauernder Verstoß gegen die Parkzeitbegrenzung vor, da sie nicht nur am Vormittag des 8. Juni 2007 ihr Fahrzeug in der ...-Straße verbotswidrig abgestellt hatte, sondern bereits am 6. Juni um 11.38 Uhr.

Da das Abschleppen des Kraftfahrzeugs der Klägerin damit insgesamt verhältnismäßig und somit die Ersatzvornahme rechtmäßig war, hat die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme auch von der Klägerin rechtmäßig gefordert. Das Verlangen nach Kostenerstattung ist hier auch nicht ausnahmsweise unverhältnismäßig. Es entspricht nämlich regelmäßig dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Beklagte die entstandenen Kosten erhebt, weil sie in erster Linie eine dem Pflichtigen obliegende Aufgabe wahrgenommen hat. Das unter Verstoß gegen straßenrechtliche Vorschriften Abstellen eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum fällt allein in den Verantwortungsbereich des Halters bzw. des Fahrers des Fahrzeugs.

Auch die Höhe der Abschleppkosten unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Für eine Fehlerhaftigkeit der Auswahl des konkreten Unternehmers bestehen ebenso wenig Anhaltspunkte wie für eine Unangemessenheit des Aufwandes. Bei den Kosten in Höhe von insgesamt 146,50 € handelt es sich um die der Beklagten vom Abschleppunternehmer in Rechnung gestellten Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs in Höhe von 100,-- €. Hinzu kommen Verwaltungsgebühren in Höhe von 43,-- €, die ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 2 der Kostenordnung zum LVwVG finden. Hinzu kommen noch Zustellungskosten in Höhe von 3,45 €, die ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Nr. 9 LGebG finden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 146,45 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.