Das Verkehrslexikon
OLG Celle Urteil vom 29.10.2008 - 14 U 72/08 - Zur Haftung eines im Haltverbot halb au Gehweg und Radweg parkenden Taxis
OLG Celle v. 29.10.2008: Zur Haftung eines im Haltverbot halb au Gehweg und Radweg parkenden Taxis
Das OLG Celle (Urteil vom 29.10.2008 - 14 U 72/08) hat entschieden:
- Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.d. § 539 ZPO dar, der nicht rückwirkend allein dadurch beseitigt wird, dass das Rechtsmittelgericht die Entscheidung materiellrechtlich für richtig hält.
- Die Unzulässigkeit eines Teilurteils wird nicht nachträglich durch eine nach Urteilserlass vorgenommene Abtrennung des verbliebenen Rechtsstreits geheilt.
- Die Rechtsprechung des BGH, nach der die Unterbrechung eines Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen wegen der Eröffnung des Konkurs oder Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO das Verfahren der übrigen Streitgenossen nicht berührt und in diesem Fall ein Abschluss durch Teilurteil zulässig sein kann, ist auf Fälle des Todes einer Partei entsprechend anwendbar, wenn die Aussetzung des Verfahrens angeordnet und der Zeitpunkt einer etwaigen Aufnahme des Verfahrens auch durch die unbekannten Erben der verstorbenen Partei ungewiss war (Anschluss an BGH, Urteil vom 7. November 2006, X ZR 149/04).
- Kommt es zu einem Unfall zwischen einem Radfahrer und einer Fußgängerin, die aus einer Arztpraxis kommend geradewegs ohne nach rechts oder links zu gucken über den Gehweg und den sich daran anschließenden Radweg auf ein auf sie wartendes Taxi zugeht, das verbotswidrig direkt neben dem Radweg auf der Fahrbahn im absoluten Haltverbot steht, so besteht zwischen dem Verstoß des Taxifahrers und den Unfallfolgen für den Radfahrer ein zurechenbarer Haftungszusammenhang.
Siehe auch Kausalzusammenhang und Haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 11. August 2006. Der Kläger befuhr einen nicht für Fußgänger zugelassenen und durch farbliche Markierungen sowie eine Reihe von Bäumen und Betonkübeln vom anliegenden Fußgängerbereich deutlich abgegrenzten Radweg mit unauffälliger Geschwindigkeit. Direkt neben dem Radweg hielt der vormalige Beklagte zu 2 (jetzt Beklagter zu 1) mit seinem Taxi im absoluten Halteverbot (Zeichen 283 zu § 41 StVO), weil er die im Nachhinein (nicht infolge des Unfalls) verstorbene vormalige Beklagte zu 1 als Fahrgast aufnehmen wollte. Diese trat unmittelbar von dem Fußgängerbereich durch die Baumreihe ohne nach rechts oder links zu schauen direkt auf das Taxi zu und lief in das Fahrrad des Klägers „hinein“. Dabei verletzte sie sich geringfügig; der Kläger erlitt eine Tibiakopftrümmerfraktur am linken Bein. Das Ausmaß der Verletzungen und etwaig verbleibender Schäden ist zwischen den Parteien streitig.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten - mit Ausnahme der Verstorbenen - dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Der Beklagte zu 1 habe durch das verbotswidrige Abstellen des Taxis eine Gefahrensituation begründet, weil sein Fahrgast zu dem Taxi nur durch Überschreiten des Radweges gelangen konnte, was in der konkreten Situation gefährlich gewesen sei. Der Beklagte zu 1 habe nichts unternommen, um die von ihm geschaffene Gefahrenlage zu entschärfen. Das Unterlassen von Maßnahmen zur Vermeidung der Verwirklichung der von ihm begründeten Gefahrenlage sei als schuldhaftes Unterlassen im Rahmen einer Garantenstellung vorwerfbar. Er habe den Unfall verursacht und müsse deshalb für die Folgen einstehen. Dabei hat das Landgericht eine Gefährdungshaftung bejaht, weshalb auch die Kfz-Halterhaftung begründet sei. Ein Mitverschulden des Klägers bestehe demgegenüber nicht. Infolge der Halterhaftung müsse auch die Beklagte zu 2 für den Schaden einstehen.
Die ursprüngliche Beklagte zu 1 ist im Verlauf des Rechtsstreits verstorben. Für sie ist eine Nachlasspflegerin bestellt worden. Nach Erlass des instanzbeendenden Urteils hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. August 2008 das Verfahren insoweit abgetrennt (Bl. 332 d. A.).
Die Beklagten rügen mit ihrer Berufung, der Beklagte zu 1 habe keine Gefahrenlage geschaffen, sein Verhalten sei auch nicht für den Unfall ursächlich geworden. Das Taxi habe den Kläger nicht beeinträchtigt, es habe nicht den Fahrradweg berührt. Die Sicht des Klägers auf die Fußgängerin sei durch das haltende Taxi nicht beeinflusst worden. Der Beklagte zu 1 habe daher keine Gefahrenlage geschaffen. In jedem Fall mangele es aber an dem Zurechnungszusammenhang. Ferner sei der Schutzzweck der vom Landgericht angewandten Norm nicht dazu da, um Fälle wie den hier gegebenen zu sanktionieren. Schließlich treffe den Kläger eine erhebliche Mithaftung an dem Unfallgeschehen.
Die Beklagten beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage gegen sie abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Streithelferin des Klägers verteidigt gleichfalls das Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 22. September 2008, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2008 sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
Die Berufung ist nicht begründet.
1. Der Erlass des Teilurteils war zulässig.
a) Die Zulässigkeit eines Teilurteils wird allerdings nicht dadurch berührt, dass der Senat das Urteil des Landgerichts materiellrechtlich für richtig hält (unten 2.). Denn der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. d. § 539 ZPO dar (vgl. nur BGH, Urt. v. 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, juris-Rdnr. 25), der nicht „rückwirkend“ dadurch beseitigt wird, dass eine - auch von der jeweiligen Besetzung des zuständigen Spruchkörpers abhängige - Würdigung des Rechtsmittelgerichts die Entscheidung (nur) materiellrechtlich für richtig hält. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen wird dadurch nicht berührt; denn auch das Landgericht könnte hinsichtlich des verbliebenen Rechtsstreits seine Auffassung zu einem Mitverschulden des Klägers ändern.
b) Auch die nach Urteilserlass vorgenommene Abtrennung des beim Landgericht verbliebenen Rest-Rechtsstreits gegen die Nachlasspflegerin konnte nicht das Teilurteil im Nachhinein zulässig „machen“ (wie bei einer Rücknahme der Klage gegen einen Gesamtschuldner, vgl. KG MDR 2005, 291). Denn es ist auch eine erneute Verbindung der abgetrennten Prozesse möglich, § 147 ZPO. Die erkennende Richterin hat in dem Abtrennungsbeschluss bereits darauf hingewiesen, die Verfahren könnten „zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder verbunden werden“ (Bl. 333 d. A.). Zudem handelt es sich hier nur um eine Maßnahme der sachlichen Prozessleitung, die der Prozessökonomie dient.
c) Das Teilurteil war im Zeitpunkt seines Erlasses nicht unabhängig von dem in der ersten Instanz verbliebenen Rechtsstreit (dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 301 Rdnr. 7 m. w. N.) gegenüber der Nachlasspflegerin der verstorbenen früheren Beklagten zu 1. Es bestand damit die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, weil die zum Anspruchsgrund gehörende Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers an dem Verkehrsunfall für sämtliche Streitgenossen wesentlich ist (s. Zöller/Vollkommer a. a. O., Rdnr. 6). Ist jedoch in einem Rechtsstreit gegen mehrere Beklagte ein Beweisthema für die Entscheidung gegen alle Beklagte gleichermaßen erheblich, darf die ggf. erforderliche Wiederholung einer Zeugenvernehmung nicht auf ein Prozessrechtsverhältnis beschränkt und gleichzeitig über das andere durch Teilurteil entschieden werden (BGH, Urt. v. 11. Oktober 1991 - V ZR 341/89, NJW-RR 1992, 253; ausdrücklich bestätigt für Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen: BGH, Urt. v. 17. Februar 2004 - VI ZR 39/03, VersR 2004, 785, insb. juris-Rdnr. 4 m. w. N.).
Das ist auch hier der Fall: Die Beklagten berufen sich auf ein Mitverschulden des Klägers. Soweit der Senat dazu eine Beweisaufnahme für nötig hielte (Unfallanalyse oder Wiederholung der Zeugenvernehmung), hätte das Beweisergebnis Auswirkungen auf die Bewertung der Haftung im Verhältnis des Klägers zur früheren Beklagten zu 1. Wenn der Senat nach erneuter Anhörung insbesondere des Zeugen Jeske zu dem Ergebnis käme, dass in der konkreten Situation der Kläger allein den Unfall verschuldet hätte (wie die Beklagten meinen), beträfe das die Haftung sämtlicher Beklagten und somit auch den beim Landgericht verbliebenen Rechtsstreit. Ginge das Landgericht dort weiterhin davon aus, dass dem Kläger kein Mitverschulden anzulasten ist, wären die Entscheidungen widersprüchlich. Der Kläger hätte dann hinsichtlich desselben Unfallereignisses und -beitrags gegenüber den Beklagten dieses Verfahrens einen anderen Mitverursachungsbeitrag zu tragen als gegenüber der Nachlasspflegerin.
d) Gleichwohl war der Erlass des Teilurteils trotz der Gefahr widersprechender Entscheidungen zulässig.
aa) Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. die Nachweise im Urt. v. 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002, juris-Rdnr. 10), ist der Erlass eines Teilurteils zulässig, wenn nach Unterbrechung eines Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen wegen der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO das Verfahren der übrigen Streitgenossen nicht berührt wird. Der Erlass eines Teilurteils ist demnach dann gerechtfertigt, wenn die Unterbrechung zu einer faktischen Trennung der Verfahren führte. Der BGH begründet das mit der Ungewissheit der Verfahrensdauer bei Konkurs- und Insolvenzverfahren, die sich in Einzelfällen viele Jahre hinzögen, wobei nicht klar sei, ob und ggf. wann eine Aufnahme des Verfahrens erfolge; die übrigen Streitgenossen hätten damit keine prozessuale Möglichkeit, die Aufnahme des Verfahrens und damit auch den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken, was mit ihrem Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar sei. Der Bundesgerichtshof wägt diesen Anspruch gegenüber der abstrakten Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens ab, weist aber darauf hin, es könne eine andere Beurteilung geboten sein, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden könne (a. a. O., juris-Rdnr. 10).
bb) Diese letzten Erwägungen sind vom Bundesgerichtshof auf den Fall des Todes einer Partei übertragen worden (BGH, Urt. v. 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156). Danach darf ein Teilurteil trotz der Gefahr widersprechender Entscheidungen erlassen werden, wenn gemäß § 246 Abs. 1 ZPO die Aussetzung des Verfahrens angeordnet worden und dabei der Zeitpunkt einer etwaigen Aufnahme des Verfahrens auch durch die unbekannten Erben der Verstorbenen ungewiss war (a. a. O., Rdnr. 14, 16).
So liegt es hier: Die Kammer hat mit Beschluss vom 31. Januar 2008 (Bl. 238 d. A.) - also vor Urteilserlass - das Verfahren gegen die verstorbene (frühere) Beklagte zu 1 ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war ungewiss, ob und wann das Verfahren (auch) gegen ihre Erben fortgesetzt werden kann. Tatsächlich ist erst durch den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 14. Mai 2008 (Bl. 305 d. A.) eine Nachlasspflegerin bestellt und dann namens des Klägers mit Schriftsatz vom 20. Mai 2008 angezeigt worden, das Verfahren gegen die Nachlasspflegerin fortzusetzen (Bl. 304 d. A.). In einem solchen Fall ist ausnahmsweise der Erlass eines Teilurteils zulässig (BGH a. a. O., Rdnr. 16).
2. Die Haftung der Beklagten folgt aus §§ 7, 18 StVG, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 12 Abs. 1 Nr. 6 a, 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO, 1, 3 PflVG a. F.
a) Der Beklagte zu 1 hat den Unfall verursacht.
aa) Der Unfall wurde im naturwissenschaftlich-kausalen Sinne hervorgerufen durch die Parkweise des Beklagten zu 1. Hätte er dort nicht gestanden, wäre sein Fahrgast auch nicht den Weg quer über den Fahrradweg gegangenen, um sein Taxi zu erreichen (sog. äquivalente Kausalität). Der Schadensverlauf war aber nicht nur wahrscheinlich, sondern aus Sicht einer objektiven nachträglichen Prognose geradezu typisch. Es hat sich in dem konkreten Unfallgeschehen genau das verwirklicht, was durch die Regelung der Verkehrsführung und die Trennung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs vermieden werden sollte (sog. adäquate Kausalität).
bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Unfallgeschehen dem Beklagten zu 1 auch zuzurechnen:
Nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt noch Urt. v. 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, NJW 2004, 1375, insb. juris-Rdnr. 11 f.) gibt es keine allgemeinverbindlichen Grundsätze dazu, in welchen Fällen ein Zurechnungszusammenhang bejaht werden muss oder zu verneinen ist. Letztlich soll es auf eine wertende Betrachtung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommen. Für eine Verneinung der Zurechnung ist jedoch grundsätzlich erforderlich, dass die Ursächlichkeit des ersten Umstands - hier Parken im absoluten Halteverbot auf dem Bordstein zwischen Radweg und Straße - für das zweite Ereignis - den streitbefangenen Unfall zwischen dem Radfahrer und der Fußgängerin - bei rechtlicher Wertung nach dem Schutzzweck völlig unerheblich war; die Grenze der Zurechnung liegt danach dort, wo das schädigende Verhalten nur noch der äußere Anlass für ein Verhalten eines Dritten aus freien Stücken gewesen ist. Daraus muss dann die Wertung folgen, dass das mit dem Erstereignis gesetzte Risiko für den eigentlichen Unfall, um den es hier geht, von völlig untergeordneter Bedeutung war und die beiden Ereignisse nur rein äußerlich zusammenhängen.
Ein solcher rein äußerlicher Zusammenhang von völlig untergeordneter Bedeutung für das eigentliche Unfallgeschehen besteht hier nicht. Vielmehr hat der Beklagte zu 1 die Verstorbene dadurch, dass er vor der Arztpraxis gehalten hat, von der die Verstorbene abzuholen war, veranlasst, direkt durch die Bäume auf das Taxi zuzutreten. Jedes andere Verhalten wäre in dieser Situation rein „wegetechnisch“ betrachtet (unter Außerachtlassung der Verkehrsgefährdung) unlogisch gewesen. Der Fahrgast hätte zudem in jedem Fall den Radweg überschreiten müssen, um an das Taxi heranzukommen. Somit war das Halten des Taxis nicht nur rein äußerer Anlass für den Zusammenstoß mit dem Kläger. Es ist nicht ein vom Taxistandort losgelöstes eigenständiges Verhalten eines Beteiligten dazugekommen, das über den ganz normalen Verlauf der Dinge hinausging. Es kommt dem Beklagten zu 1 auch nicht zugute, dass sein Fahrgast durch entsprechende Umsicht den Kläger vielleicht hätte sehen und entsprechend warten können. Denn es ist nicht sicher, dass der Verstorbenen bekannt war, dass vor den Bäumen und noch vor der Straße ein gesonderter Radweg verlief. So zeigt das Foto auf Bl. 116 oben d. A., dass für einen Fußgänger, der aus dem Bereich der Geschäfte in Richtung Straße läuft, der Fahrradweg praktisch nicht sichtbar ist. Ein dort haltendes Fahrzeug wirkt so, als würde es unmittelbar hinter den Bäumen stehen. Das erklärt, warum die Verstorbene einfach direkt auf das Taxi zulief und allem Anschein nach nicht auf den Radweg geachtet hat.
Der Beklagte zu 1 hat schließlich nichts unternommen, um an der Situation etwas zu ändern, was schon dadurch möglich gewesen wäre, dass er z. B. seinen Fahrgast von der Arztpraxis oder aus dem Fußgängerbereich abgeholt oder den Fahrradweg besonders im Auge behalten und ggf. gewarnt hätte.
b) Der Unfall ist bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs geschehen.
Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ des § 7 Abs. 1 StVG ist nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend dem weiten Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG soll gleichsam der Preis für die Zulassung der mit dem Kraftfahrzeugverkehr verbundenen Gefahren sein und damit alle durch ihn beeinflussten Schadensabläufe umfassen. Es genügt daher, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, juris-Rdnr. 6). Entsprechend hat das OLG Brandenburg entschieden, dass ein haftungsrechtlicher Zusammenhang mit der Betriebsgefahr anzunehmen ist, wenn eine (hier durch das Parken im Halteverbot neben dem Radweg) geschaffene Gefahrenlage fortbesteht und darauf der Unfall zurückzuführen ist (Schaden-Praxis 2007, 419, juris-Rdnr. 15 Mitte). Dieser Würdigung entspricht die Rechtsprechung des Senats, der im Urteil vom 12. Dezember 2007 (OLGR 2008, 147, juris-Rdnr. 12; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschl. v. 10. Juni 2008 - VI ZR 10/08) einen Unfall bei dem Betrieb eines Lkw bejaht hat, der auf dem Seitenstreifen - also außerhalb der Fahrbahn, § 2 Abs. 1 Satz 2 StVO - gehalten hatte und in den dann ein anderer Lkw hineingefahren ist. Der Unfall zwischen der Verstorbenen und dem Kläger fand zudem im nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang (dazu auch BGH, Urt. v. 10. Februar 2004 a. a. O., juris-Rdnr. 18) mit dem Halten des Beklagten zu 1 statt. Demgegenüber kann nicht eingewandt werden (wie von den Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung), dass sich dann die Betriebsgefahr des parkenden Pkw auch auf den Fußgängerweg beziehen müsste. Denn den Fußgängerweg hatte die Verstorbene nach Verlassen der Arztpraxis in jedem Fall - auch bei in jeder Hinsicht verkehrsgerechtem Verhalten - zu betreten, den Fahrradweg nicht.
c) Der Schutzzweck des absoluten Halteverbots bezieht sich auf das Unfallgeschehen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das absolute Halteverbot auch den Zweck, allen Verkehrsteilnehmern, also auch den die Fahrbahn überquerenden Fußgängern, eine bessere Übersicht über den Verkehrsablauf zu ermöglichen und damit zur Schadensverhütung beizutragen (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 25. Januar 1983 - VI ZR 212/80, NJW 1983, 1326, juris-Rdnr. 10). Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich damit an von Fußgängern beliebig benutzten Überquerungen der Fahrbahn die Gefahr eines Unfalls infolge der durch ein verbotswidrig haltendes Fahrzeug bedingten Unübersichtlichkeit verwirklichen (a. a. O.). Genau das ist auch hier geschehen. Das Lichtbild auf Bl. 116 unten d. A. zeigt, dass bereits deutlich vor dem „Parkplatz“ des Beklagten zu 1 das absolute Halteverbot (Zeichen 283 zu § 41 StVO) angeordnet war. Dies hatte nicht nur Auswirkung auf den eigentlichen Straßenverkehr, sondern betraf auch den an dieser Stelle recht schmalen Fahrradweg. Gerade dadurch, dass der Beklagte zu 1 verbotswidrig parkte, trug er zum Schaden bei. Hätte er sich verkehrsgerecht verhalten, wäre es zu dem Unfall nicht gekommen. Dies zeigt, dass das Halteverbot für den eingetretenen Schaden wesentlich Bedeutung hatte und sein Schutzzweck den Unfall erfasst. Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Fußweg gelten die obigen Ausführungen (II. 2 a. E.) entsprechend. Wäre der Fahrgast bereits unmittelbar nach Verlassen der Arztpraxis auf dem Fußweg zu Fall gekommen, wäre dies in der Tat ein vom Verstoß gegen das absolute Halteverbot unabhängiger Vorgang, der ohnedies „sowieso“ hätte passieren können. Um einen solchen Fall geht es hier aber nicht. Die Kollision mit dem Fahrrad des Klägers geschah nur, weil die Fußgängerin den Fußweg verließ und den Fahrradweg betrat.
d) Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht festzustellen.
Dem Kläger ist nicht vorzuwerfen, im Hinblick auf etwaigen Fahrgastverkehr zum Taxi hin sein Fahrverhalten nicht besonders angepasst zu haben. Zum einen war nicht von vornherein klar, dass das Taxi noch auf einen einsteigenden Fahrgast wartete; nach Aussteigen eines Kunden hätte es ebenso noch am Straßenrand stehen können. Zum andern verblieb angesichts des Kurvenverlaufes für derartige Abwägungen und Überlegungen kaum Zeit. Darüber hinaus hätten sie dem Kläger im konkreten Fall wenig geholfen, da er relativ langsam fuhr und die Verstorbene trotzdem ohne weiteres (es gab keine „Pufferzone“) in den Fahrweg getreten ist. Der Kläger hätte dies möglicherweise vermeiden oder die Wucht einer Kollision verringern können, wenn er das Fahrrad geschoben hätte. Aufgrund des verbotswidrig parkenden Pkw konnte das aber von Rechts wegen nicht verlangt werden. Ebenso wenig hätte der Kläger - wie dessen Streithelferin meint (Schriftsatz vom 14. Oktober 2008) - sein Fahrverhalten auf ein sofortiges und unmittelbares Anhalten einstellen müssen, weil der Beklagte zu 1 in Höhe der Beifahrertür neben seinem Taxi gestanden haben soll. Denn das forderte - wie erwähnt - nicht zwingend den Schluss, dass sogleich ein Fahrgast unvermittelt durch die Bäume auf den Radweg treten würde. Soweit man dem Kläger jedoch anlastete, er hätte sich auf den (ihm nicht bekannten) Fußgängerverkehr zum Taxi hin vorsorglich „für alle Fälle“ einstellen müssen, hätte dies der Beklagte zu 1 erst recht tun und allen damit verbundenen Gefahren vorbeugen müssen, weil er wusste, dass die Verstorbene mit ihm fahren und deshalb bei ihm einsteigen wollte. In diesem Fall wäre das Verschulden des Beklagten zu 1 umso höher und es dann gerechtfertigt, ein möglicherweise geringfügiges Mitverschulden des Klägers gänzlich zurücktreten zu lassen.
Im Übrigen galt für die Verstorbene die besondere Sorgfaltspflicht des § 25 Abs. 3 StVO (der auch für Radwege gilt, s. nur Janiszewski/Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl., § 25 StVO, Rdnr. 10), weshalb sie auf den bevorrechtigten Fahrradverkehr hätte achten und diesen vorbeilassen müssen. Demgemäß hat das OLG Hamm (NZV 1999, 418 - zitiert bei Grüneberg, Rdnr. 542) für die Kollision zwischen einem Fußgänger, der bei regnerischem Wetter mit Regenschirm plötzlich hinter einer Parkbucht hervortretend einen parallel zur Straße verlaufenden Radweg überquerte und dort mit einem von links mit 10 bis 15 km/h kommenden Radfahrer kollidierte, eine 100 %ige Haftung des Fußgängers bejaht.
e) Der Schriftsatz der Streithelferin des Klägers vom 14. Oktober 2008 gibt dem Senat auch im Übrigen keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung oder zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.