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OLG Bamberg Beschluss vom 24.10.2012 - 3 Ss OWi 1425/12 - Zur Verwerfung des Einspruchs beim Nichterscheinen des Betroffenen nach Zurückverweisung

OLG Bamberg v. 24.10.2012: Zur Verwerfung des Einspruchs beim Nichterscheinen des Betroffenen nach Zurückverweisung


Das OLG Bamberg (Beschluss vom 24.10.2012 - 3 Ss OWi 1425/12) hat entschieden:
  1. Bleibt der von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht nach § 73 Abs. 2 OWiG entbundene Betroffene in dieser ohne genügende Entschuldigung aus, hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache auch dann zwingend durch Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG zu verwerfen, wenn in demselben Verfahren schon einmal ein (erstes) Verwerfungsurteil durch das Rechtsbeschwerdegericht aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen worden war (u.a. Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Juli 2012, 4 StR 603/11, [bei juris] = DAR 2012, 590 ff.).

  2. Eine anstelle eines nach § 74 Abs. 2 OWiG gebotenen Verwerfungsurteils erlassene Sachentscheidung verletzt das Anwesenheitsrecht des Betroffenen aus den §§ 230 Abs. 1, 338 Nr. 5 StPO i.V.m. §§ 71 Abs. 1, 73 Abs. 1 OWiG.

Siehe auch Säumnis des Betroffenen bzw. Angeschuldigten in der Hauptverhandlung im OWi- oder Strafverfahren und Verwerfung des Einspruchs nach Zurückverweisung bei Nichterscheinen des Betroffenen


Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 05.07.2012 wegen Überholens unter Nichtbeachtung von Verkehrszeichen zu einer Geldbuße von 140 Euro verurteilt und gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG wegen eines beharrlichen Pflichtenverstoßes außerhalb eines Regelfall im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV verhängt. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.


II.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG) sowie frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde erweist sich mit der noch hinreichend ausgeführten Verfahrensrüge der Verletzung des Anwesenheitsrechts des Betroffenen gemäß §§ 230 Abs. 1, 338 Nr. 5 StPO i.V.m. §§ 71 Abs. 1, 73 Abs. 1 OWiG als begründet, weshalb es eines Eingehens auf die von der Verteidigung spezifisch ausgeführten Verfahrensrügen und die Sachrüge nicht mehr bedarf. Ausweislich des von der Rechtsbeschwerde mitgeteilten und überdies durch die Urteilsgründe bestätigten Verhandlungsprotokolls fand die (neuerliche) Hauptverhandlung vom 05.07.2012 mit Durchführung der Beweisaufnahme und Verkündung des angefochtenen Urteils in Abwesenheit des Betroffenen und seines Verteidigers statt, obwohl der ordnungsgemäß zum Termin geladene Betroffene der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben, insbesondere von seiner Anwesenheitspflicht nicht entbunden worden war. Der Einspruch des Betroffenen wäre demgemäß vom Amtsgericht unbeschadet der in demselben Verfahren schon einmal auf Rechtsbeschwerde des Betroffenen erfolgten Aufhebung des Verwerfungsurteils vom durch Beschluss des Senats vom 16.02.2012 und unabhängig von einer mit der Verteidigung erfolgten Terminsabsprache zwingend nach § 74 Abs. 2 OWiG ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen gewesen (vgl. zuletzt neben OLG Celle, Beschluss vom 14.11.2011 - 311 SsBs 152/11 [bei juris] = NZV 2012, 44 f. = VRS 122, 153 ff. = DAR 2012, 270 f. insbesondere BGH, Beschluss vom 18.07.2011 - 4 StR 603/11 [bei juris] = DAR 2012, 590 ff.). Durch die gleichwohl getroffene Sachentscheidung hat das Amtsgericht gegen das Anwesenheitsrecht des Betroffenen verstoßen (vgl. hierzu u.a. Senatsbeschluss vom 30.03.2012 - 3 Ss OWi 360/12 [bei juris] = DAR 2012, 393 [Ls] = VRR 2012, 276 f. m.w.N.). Der absolute Rechtsbeschwerdegrund führt zur Urteilsaufhebung (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO) und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.