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BGH Urteil vom 05.02.2013 - VI ZR 290/11 - Zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs trotz geringen Fahrbedarfs

BGH v. 05.02.2013: Zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs trotz geringen Fahrbedarfs und zum Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei fehlendem Anspruch auf Mietwagenkostenersatz


Der BGH (Urteil vom 05.02.2013 - VI ZR 290/11) hat entschieden:

1. Zwar kann sich daraus, dass ein angemietetes Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung ergeben. Doch kann im Einzelfall die Erforderlichkeit der Anmietung deshalb zu bejahen sein, weil der Geschädigte auf die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist.

2. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden, ist aber auf Zahlung an den Geschädigten, nicht auf Freistellung von den Kosten des Vermieters gerichtet. Das Gericht hat insoweit auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken.



Siehe auch Ersatz von unfallbedingten Mietwagenkosten und Mietwagenkosten - Taxi statt Mietwagen


Tatbestand:


Die Beklagte hat der Klägerin unstreitig den bei einem Verkehrsunfall am 8. April 2008 entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die Parteien streiten - nach Abschluss eines Teilvergleichs hinsichtlich der Reparaturkosten - nur noch darüber, ob und ggfls. in welchem Umfang die Klägerin auch Ersatz für die angefallenen Mietwagenkosten in Höhe von 5.390,95 € beanspruchen kann. Die Reparaturzeit dauerte 93 Tage. Die Klägerin mietete vom 9. April bis zum 11. Juli 2008 ein Ersatzfahrzeug an. Mit diesem Fahrzeug legte die Klägerin insgesamt 553 km (ca. 6 km/Tag) zurück.

Auf die angefallenen Mietwagenkosten leistete die Beklagte eine Zahlung in Höhe von 1.395 €, wobei sie von fiktiven Taxikosten in Höhe von 15 € täglich ausging. Die Klage ist darauf gerichtet gewesen, die Klägerin von der Rechnung des Autovermieters in Höhe von weiteren 3.995,95 € freizustellen und an sie, die Klägerin, 402,82 € als Nebenkosten zu zahlen.

Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, die Klägerin von der Rechnung des Autovermieters in Höhe von 1.860 € freizustellen und an die Klägerin 359,50 € als Nebenkosten zu zahlen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin, die ungeachtet unterschiedlich formulierter (Hilfs-)Anträge auf Freistellung bzw. Zahlung in Höhe der Klagesumme gerichtet war, zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Das Berufungsgericht hat durch ein Mitglied als Einzelrichter entschieden, nachdem die Sache durch Kammerbeschluss vom 18. April 2011 von der vollständig besetzten Kammer auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden war.





Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:

Die Entscheidung des Amtsgerichts könne keinen Bestand haben, weil das Amtsgericht der Klägerin etwas zugesprochen habe, was diese nicht beantragt habe (§ 308 Abs. 1 ZPO). Der zuerkannte Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung betreffe einen anderen Streitgegenstand als der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten.

Hinsichtlich der Mietwagenkosten gelte: Die Klägerin sei mit dem Mietfahrzeug mit einer durchschnittlichen täglichen Fahrstrecke von 6 km deutlich unter dem Durchschnittswert von 20 km/täglich geblieben, der in der Rechtsprechung und Literatur bei abstrakter Betrachtungsweise als Grenze für die Erforderlichkeit zur Anmietung eines Ersatzwagens gesehen werde. Konkrete Umstände, die über die Fahrleistung hinaus geeignet wären, das Anmieten eines Ersatzfahrzeugs zu rechtfertigen, lägen hier nicht vor. Soweit die Klägerin angegeben habe, dass sie aus persönlichen und beruflichen Gründen auf die ständige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs angewiesen gewesen sei, um mit diesem beispielsweise zur Arbeit, zur Bank oder zu Abfallcontainern zu fahren, sei nicht ersichtlich, dass insofern ein Ausweichen auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Herbeirufen eines Taxis/Gütertaxis zu einem solchen erheblichen Mehraufwand an Zeit und Kosten geführt hätte, der die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten würde. Kein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter hätte in der konkreten Situation (Verzögerung der Reparatur des Unfallfahrzeugs) mit Blick auf die Höhe der anfallenden Mietwagenkosten an der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs festgehalten.

Selbst wenn die entsprechenden Behauptungen der Klägerin, wonach zum Zeitpunkt der Anmietung des Ersatzfahrzeugs eine weitaus höhere Fahrleistung beabsichtigt gewesen sei, die Klägerin jedoch auf die Zurücklegung längerer Fahrstrecken mit dem Mietwagen verzichtet habe, um das Mietfahrzeug weitgehend zu schonen und weil sie sich mit diesem unsicher gefühlt habe, als wahr unterstellt würden, sei der Klägerin ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht vorzuwerfen. Denn spätestens, nachdem für die Klägerin feststand, dass sie das Fahrzeug aus den oben genannten Erwägungen heraus nicht umfangreich nutzen werde, habe sie auf dessen weitere Anmietung verzichten müssen.





II.

Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerhaft, soweit das Berufungsgericht annimmt, die Beklagte habe der Klägerin für die Ausfallzeit über den bereits gezahlten Betrag hinaus keine weitere Entschädigung zu leisten.

1. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, die Einzelrichterin habe nicht als gesetzlicher Richter entschieden, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung habe, so dass eine Rückübertragung auf die Kammer geboten gewesen sei.

Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200), ist der Einzelrichter im Berufungsverfahren der zur Entscheidung gesetzlich zuständige Richter, wenn das vollbesetzte Berufungsgericht ihm die Sache zur Entscheidung übertragen hat und kein Rückübertragungsgrund nach § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorliegt, der voraussetzt, dass sich die grundsätzliche Bedeutung aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt. Der Einzelrichter ist durch den Übertragungsbeschluss des Kollegiums zur Entscheidung über die Berufung befugt, auch wenn das Kollegium die grundsätzliche Bedeutung der Sache von ihm abweichend beurteilt hat (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900, 2901; vom 16. Juni 2004 - VIII ZR 303/03, NJW 2004, 2301; vom 10. November 2005 - III ZR 104/05, NJW 2006, 150 Rn. 9). Er kann auch ohne Verfahrensverstoß die Revision zulassen (vgl. etwa MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 543 Rn. 28; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 543 Rn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 526 Rn. 2; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 526 Rn. 12 und § 543 Rn. 18a). Im Übrigen ergibt sich aus § 526 Abs. 3 ZPO, dass ein Rechtsmittel - außer im Fall der Willkür - nicht auf eine erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter gestützt werden kann (Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06, BGHZ 170, 180 Rn. 5). Für den Rückübertragungsgrund einer wesentlichen Änderung der Prozesslage oder für Willkür ist im Streitfall nichts ersichtlich.

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten verneint. Das kann im Hinblick auf die dazu gegebene Begründung nicht gebilligt werden.

a) Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzender Schaden. Der Schädiger hat ihn jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. Mietwagenkosten sind grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - VI ZR 151/03, BGHZ 160, 377, 383; vom 2. Februar 2010 - VI ZR 139/08, VersR 2010, 545 Rn. 10; vom 27. März 2012 - VI ZR 40/10, VersR 2012, 874 Rn. 8, jeweils mwN). Davon, wie sich der Nutzungsbedarf des Geschädigten im Einzelfall während der Entbehrung tatsächlich gestaltet hat, hängt u.a. ab, ob dieser sich im Zweifel mit dem inzwischen in der Praxis eingespielten Pauschalbetrag begnügen muss oder ob er einen höheren Aufwand für Mietwagen oder Taxen beanspruchen kann (Senatsurteile vom 23. März 1976 - VI ZR 41/74, BGHZ 66, 239, 249; vom 10. März 2009 - VI ZR 211/08, VersR 2009, 697 Rn. 9).

b) Das Berufungsgericht stellt darauf ab, dass die Anmietung eines Mietwagens unterhalb einer gewissen Kilometerleistung unwirtschaftlich sei und ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten deshalb nicht bestehe. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Ob eine Maßnahme des Geschädigten zur Schadensbeseitigung unwirtschaftlich ist, kann nur mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn insoweit bestimmte Fallgruppen gebildet werden, die die Beurteilung erleichtern, weil nicht jedem einzelnen Umstand des Schadensfalls eingehend nachgegangen werden muss. Nicht zu billigen ist aber, dass bestimmte Fallgruppen, in denen die Erforderlichkeit eines jederzeit verfügbaren Kraftfahrzeugs bei natürlicher Beurteilung auf der Hand liegt, einer undifferenzierten Beurteilung aufgrund eines untauglichen Maßstabs unterzogen werden.

Zwar kann sich daraus, dass ein Fahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs ergeben (vgl. z.B. LG Wuppertal, NJW 2012, 1971 f.). Bei gewissen Sachverhalten kann aber alleine die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt (vgl. AG Bremen, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 9 C 330/11, juris Rn. 13 f.).

Ob ein solcher Sachverhalt im Streitfall vorliegt, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen vom Revisionsgericht nicht beurteilt werden. Deshalb ist darauf abzustellen, dass das Berufungsgericht fehlerhaft seine Beurteilung, das Wirtschaftlichkeitsgebot sei nicht eingehalten, alleine auf die tägliche Kilometerleistung gestützt hat. Für die weitere Verhandlung und Entscheidung wird zu beachten sein, dass die Klägerin als Geschädigte zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens konkret vortragen muss.

Es wird sodann zu prüfen sein, ob die Klägerin den Mietvertrag mit den erheblichen laufenden Kosten aufrechterhalten durfte, als sie feststellte, dass sie Schwierigkeiten bei der Bedienung des Mietfahrzeugs hatte, so dass sie es nur noch in geringem Umfang benutzte. Insoweit spricht einiges für die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin - zumindest nach Ablauf eines angemessenen Beurteilungszeitraums - eine preiswertere Möglichkeit hätte suchen müssen. Bedenken gegen die Höhe der Ersatzforderung können sich auch daraus ergeben, dass - worauf die Revisionserwiderung hinweist - die Anmietung des Ersatzfahrzeugs zu einem Unfallersatztarif erfolgte.

Sämtliche angesprochenen Fragen können nur im Zusammenhang tatrichterlich beurteilt werden.

3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, einem Geschädigten, dem kein Anspruch auf Ersatz von aufgewendeten Mietwagenkosten zustehe, könne nicht (hilfsweise) eine Nutzungsentschädigung zugesprochen werden.

a) Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht in der Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung durch das Amtsgericht einen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO gesehen hat. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Geltendmachung einer Nutzungsausfallentschädigung anstatt eines (nicht durchsetzbaren) Anspruchs auf Ersatz höherer Mietwagenkosten überhaupt um einen anderen Streitgegenstand handelt, wovon auszugehen sein könnte, wenn beide Ansprüche in einem Alternativverhältnis stünden (so OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259, 260), gilt hier Folgendes:

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 die Parteien darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten nicht bestehen sollte, ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung in Betracht kommen könnte. Zugleich hat es einen Beweisbeschluss zu den Umständen der langen Reparaturdauer erlassen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme haben die Parteien die Anträge gestellt. Bei einer derartigen Prozesslage ist davon auszugehen, dass die klagende Partei die Auffassung des Gerichts, es könne auf anderer rechtlicher Grundlage ebenfalls ein - wenn auch geringerer - Anspruch bestehen, zur Kenntnis genommen und sich zumindest hilfsweise zu Eigen gemacht hat. Im Übrigen hat die Klägerin sich in ihrer Erwiderung auf die Berufung der Beklagten ausdrücklich auf den Standpunkt gestellt, dass ihr hilfsweise eine Nutzungsausfallentschädigung zustehe.

Darauf, dass das Amtsgericht die Beklagte, insoweit dem Antrag der Klägerin folgend, zur Freistellung verurteilt hat und auch der zur Anschlussberufung gestellte Antrag die fehlerhafte erstinstanzliche Antragstellung nur teilweise korrigiert, durfte das Berufungsgericht nicht streitentscheidend abstellen. Zwar ist ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung im Wege der Klage auf Zahlung an die Klägerin selbst zu verfolgen. Insoweit hätten aber das Amtsgericht und sodann das Berufungsgericht auf eine sachgerechte Antragstellung hinwirken müssen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 a.E. ZPO).

b) Rechtsfehlerhaft ist die Ansicht des Berufungsgerichts, dem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung stehe der Umstand entgegen, dass die Klägerin tatsächlich für die Dauer der Reparaturzeit einen Mietwagen angemietet habe, sich mithin einen Ausgleich für die unfallbedingt entzogene Nutzungsmöglichkeit gegen ein Entgelt "erkauft" und diese Mietwagenkosten gegenüber der Beklagten auf Grund der Rechnung der Autovermietung auch konkret abgerechnet habe. Das Berufungsgericht meint, der Nutzungsausfall könne dem Unfallgeschädigten nicht fiktiv zugesprochen werden, vielmehr müsse - neben dem Vorliegen eines Nutzungswillens des Geschädigten - nachweislich ein Kraftfahrzeug nicht zur Verfügung gestanden haben. Zwar sei hier der PKW der Klägerin unfallbedingt nicht mehr fahrtüchtig gewesen, die Klägerin habe sich jedoch während des gesamten Reparaturzeitraumes ein Ersatzfahrzeug angemietet, so dass insoweit ein tatsächlicher Nutzungsausfall überhaupt nicht eingetreten sei. In diesem Fall könne sie lediglich die erforderlichen Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs als Unfallfolgeschaden geltend machen, nicht jedoch zusätzlich eine Nutzungsausfallentschädigung verlangen.

Diese Ausführungen begegnen in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.

Zunächst geht es hier nicht darum, Mietwagenkosten und daneben "zusätzlich" eine Nutzungsausfallentschädigung geltend zu machen. Es geht lediglich darum, ob der Geschädigte, der eine schadensrechtlich als unwirtschaftlich einzustufende Maßnahme (hier: Anmietung eines Mietwagens) ergreift, statt der dafür aufgewendeten, aber nicht ersatzfähigen Kosten zumindest die (meistens) geringere Nutzungsausfallentschädigung verlangen kann. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsausfallentschädigung zu dem Anspruch auf Ausgleich konkreter Vermögensnachteile, die dem Geschädigten durch Aufwendungen für die Erlangung einer ersatzweisen Nutzungsmöglichkeit (insbesondere Mietwagen- oder Taxikosten) entstehen, in einem Alternativverhältnis steht (vgl. OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259, 260). Jedenfalls hat der Geschädigte die Wahl, ob er einen konkreten Nutzungsausfallschaden oder eine pauschalierte Entschädigung für den allgemeinen Verlust seiner Nutzungsmöglichkeit verlangt.

Es ist auch rechtsfehlerhaft, im Ergebnis das Vorliegen eines ersatzpflichtigen Schadens zu verneinen, weil der Geschädigte - zu kostspielige - Maßnahmen zur Beseitigung des Schadens unternommen habe. So kann beispielsweise der Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beseitigung des Fahrzeugschadens nicht mit der Begründung verneint werden, der Geschädigte habe das Fahrzeug reparieren lassen und deshalb keinen Schaden (mehr). Auch beim Nutzungsausfallschaden ist eine solche Erwägung verfehlt ungeachtet der Tatsache, dass die Rechtsprechung bei dieser Schadensart nicht auf den Gedanken der Naturalrestitution zurückgreift bzw. darüber hinaus geht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217 ff., insb. 220 ff.).

Es ist ferner nicht unbedenklich, wenn das Berufungsgericht argumentiert, ein Nutzungsausfallschaden könne nicht fiktiv abgerechnet werden. Die Nutzungsausfallentschädigung stellt zwar keine aufgrund der Differenzhypothese abzurechnende Vermögenseinbuße dar. Vielmehr wird der Verlust von Gebrauchsvorteilen kompensiert, die sich aus der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs ergeben. Das regelmäßig mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbundene Halten eines Kraftwagens erfolgt fast ausschließlich, um den Wagen jederzeit nutzen zu können, insbesondere zum Fahren zur Verfügung zu haben. Der vorübergehende Fortfall der Benutzbarkeit ist deshalb bereits ein Vermögensschaden, der einen Schadensersatzanspruch zur Entstehung gelangen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1963 - III ZR 137/62, BGHZ 40, 345, 348 f.). Gleichwohl kann diese Vermögenseinbuße konkret auf der Grundlage angefallener Kosten für ein Ersatzfahrzeug als auch abstrakt als Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der üblicherweise benutzten Tabellen berechnet werden. In letzterem Fall muss der Geschädigte nicht vortragen, dass ihn der Nutzungsausfall etwas gekostet hat. Erforderlich ist nur, dass ein Nutzungswille bestand und sich die zeitweise Unbenutzbarkeit des Fahrzeugs ausgewirkt hat (was etwa beim Vorhandensein eines zumutbar nutzbaren Zweitfahrzeugs möglicherweise nicht der Fall ist).

4. Die Sache ist danach unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu entscheiden haben. Ob ergänzende Feststellungen zu treffen sind, wird auch davon abhängen, ob unter Berücksichtigung der (gemäß oben sub 2b) erforderlichen Erwägungen die eventuell zuzuerkennende Nutzungsausfallentschädigung die Grenze des ersatzfähigen Betrags darstellt. Hinsichtlich eines Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung wird darauf hinzuwirken sein, dass sachdienliche Anträge gestellt werden (vgl. oben sub 3a). Die Gegenrügen der Revisionserwiderung zur Berechnung der Mietwagenkosten (Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum Unfallersatztarif) und zur Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wird das Berufungsgericht in Erwägung zu ziehen haben.

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