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OLG Hamm Beschluss vom 01.02.2013 - 9 U 238/12 - Zur Eigentumsvermutung bei Fahrzeugbesitz
OLG Hamm v. 01.02.2013: Zur Eigentumsvermutung zu Gunsten des Fahrzeugbesitzers
Das OLG Hamm (Beschluss vom 01.02.2013 - 9 U 238/12) hat entschieden:
- Zwar knüpft die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB an den bloßen Besitz an und ist es dann grundsätzlich Sache des Gegners, diese Vermutung zu widerlegen. Der Kläger ist indes nach den Grundsätzen der sog. "sekundären Darlegungslast" gleichwohl gehalten, zunächst einmal seinerseits zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs vorzutragen. Denn andernfalls wäre den außerhalb der insoweit maßgeblichen Geschehensabläufe stehenden Beklagten von vornherein jede Möglichkeit und Chance des Gegenbeweises genommen.
- Steht ein älterer Vorschaden am Fahrzeug des Geschädigten fest, muss er zwecks Darlegung und Nachweises eines abgrenzbaren unfallbedingten Schadens zur fachgerechten Reparatur des Vorschadens, zumindest aber zum konkreten Zustand des Fahrzeugs beim Fahrzeugerwerb vor dem jetzigen Schadensereignis näher unter Beweisantritt vortragen.
Siehe auch Aktivlegitimation - Anspruchs- und Klagebefugnis und Stichwörter zum Thema Zivilprozess
Gründe:
Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats – auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens – zutreffend. Die Sache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung. Schließlich ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Im Einzelnen:
1. Der Senat hält die Berufung des Klägers einstimmig für aussichtslos. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage kann auch aus Sicht des Senats keinen Erfolg haben.
a. Das Landgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers als nicht hinreichend dargetan und nachgewiesen angesehen. Das sieht der Senat nicht anders, wobei sich die Richtigkeit dieser Einschätzung noch aus einem weiteren, vom Landgericht nicht konkret angesprochenen Grund ergibt. Die Beklagte zu 3 hat – zugleich als Streithelferin der Beklagten zu 1 und 2 – sowohl das Eigentum als auch den Besitz des Klägers an dem streitgegenständlichen Mercedes zulässigerweise bestritten (vgl. Bl. 58, 85 GA). Entgegen der Ansicht der Berufung liegt kein unbeachtliches Bestreiten ins Blaue hinein vor, sind vielmehr nachvollziehbare Gründe für das Bestreiten angeführt worden.
Zum eigentlichen klägerischen Eigentumserwerb fehlt weiterhin jeglicher konkreter Vortrag und Beweisantritt. Eine Berufung auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitert – insoweit sind die landgerichtlichen Ausführungen zu ergänzen – schon daran, dass der behauptete Besitz des Klägers an dem Fahrzeug zum Zeitpunkt des fraglichen Unfalles ebenfalls weiterhin nicht unter Beweis gestellt ist. Die in Kopie vorgelegte polizeiliche Unfallmitteilung (Bl. 12 GA) und die jetzt weiter belegte Eintragung des Klägers als Fahrzeughalter lassen keine zureichenden Schlüsse auf die tatsächlichen Besitz- und Eigentumsverhältnisse zu.
Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers von dessen Alleinbesitz an dem hier in Rede stehenden Mercedes ausginge, könnte der Kläger sich aus den vom Landgericht genannten Gründen letztlich nicht mit Erfolg auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen. Zwar knüpft diese Vermutung an den bloßen Besitz an und ist es dann grundsätzlich Sache des Gegners, diese Vermutung zu widerlegen. Der Kläger war und ist hier indes auch aus Sicht des Senats nach den Grundsätzen der sog. "sekundären Darlegungslast" (vgl. dazu allgemein nur Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., Vor § 284, Rdn. 34) gleichwohl gehalten, zunächst einmal seinerseits zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs vorzutragen. Denn andernfalls wäre den außerhalb der insoweit maßgeblichen Geschehensabläufe stehenden Beklagten von vornherein jede Möglichkeit und Chance des Gegenbeweises genommen. Dementsprechend könnte der Kläger sich auch bei unterstelltem Besitz an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zur Begründung seiner Aktivlegitimation nicht auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen, weil er zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs weiterhin nichts vorgetragen hat und dementsprechend seiner diesbezüglichen sekundären Darlegungslast in keiner Weise nachgekommen ist. Eine Aktivlegitimation hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderungen kann der Kläger schließlich auch nicht mit dem jetzigen Hinweis auf eine Verletzung seines Besitzes an dem Mercedes begründen. Zum einen ist – wie bereits ausgeführt – schon der Besitz streitig und vom Kläger weiterhin nicht unter Beweis gestellt. Zum anderen könnten auf eine Besitzverletzung Ansprüche des Klägers hinsichtlich des Fahrzeugschadens nebst Sachverständigenkosten nur gestützt werden, wenn wegen der Fahrzeugbeschädigung ein entsprechender Haftungsschaden vorläge (vgl. dazu allgemein nur Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 823, Rdn. 13). Auch dazu fehlt indes jeglicher Vortrag. Da das Landgericht im Verhandlungstermin den in diesem Termin persönlich anwesenden Kläger ausdrücklich auf die mangelnde Darlegung und den mangelnden Nachweis seiner Aktivlegitimation hingewiesen hat (vgl. Bl. 90 GA) und daraufhin weder weiterer Vortrag erfolgt noch Schriftsatzfrist beantragt worden ist, vermag der Senat von vornherein eine entscheidungsrelevante Hinweispflichtverletzung nicht zu erkennen. Dies gilt umso mehr, als auch jetzt in der Berufungsinstanz zu den für die Aktivlegitimation nach dem oben Gesagten maßgeblichen Punkten in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter vorgetragen und kein tauglicher Beweis angetreten worden ist. Nach alledem scheitert die Klage weiterhin schon daran, dass der Kläger seine Aktivlegitimation nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt hat.
b. Vorsorglich weist der Senat weiter darauf hin, dass die Klage nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch noch aus einem weiteren Grund von vornherein keinen Erfolg verspricht. Die Beklagten haben konkret vorgetragen und durch ein entsprechendes Schadensgutachten vom 10.09.2010 (Bl. 61 ff. GA) belegt, dass der streitgegenständliche Mercedes bereits im Jahre 2010 einen die gesamte linke Seite – also auch den nach klägerischer Darstellung beim jetzigen Vorfall beschädigten Bereich – betreffenden erheblichen Streifschaden erlitten hatte. Das diesbezügliche pauschale Bestreiten im klägerischen Schriftsatz vom 29.10.2012 (Bl. 93 GA) ist unsubstantiiert. Zwecks Darlegung und Nachweises eines abgrenzbaren unfallbedingten Schadens hätte der Kläger zur fachgerechten Reparatur des Vorschadens, zumindest aber – bei (dann ebenfalls konkret darzulegender) Nichterlangbarkeit von Informationen zur Reparatur vom/von Vorbesitzer/n – zum konkreten Zustand der damals beschädigten linken Seite des Fahrzeugs beim Fahrzeugerwerb vor dem jetzigen Schadensereignis näher unter Beweisantritt vortragen müssen. Daran fehlt es bislang.
2. Die Berufung ist nach alledem aussichtslos. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.
Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.