Das Verkehrslexikon

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Aktivlegitimation - Prozessführungsbefugnis - Geschädigter

Aktivlegitimation - Anspruchs- und Klagebefugnis - Eigentumsvermutung




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfall
-   Aktivlegitimation im Leasingverhältnis
-   Besitzwechsel - Werkstatt / Kunde
-   Gegenüber der Rechtsschutzversicherung
-   Aktivlegitimation des Mietwagenunternehmers
-   Nach Leistung des Kaskoversicherers
-   Nach Leistung des Sozialversicherungsträgers



Einleitung:


Aktivlegitimation ist die Befugnis, Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend machen zu können.

So ist beispielsweise nach einem Verkehrsunfall mit Kfz-Beschädigung der Eigentümer des Fahrzeugs für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüche legitimiert, nicht der Halter, sofern er nicht mit dem Eigentümer personengleich ist. Sind Schadensersatzansprüche z. B. an eine Mietwagenfirma abgetreten, so ist im Umfang der Abtretung nicht mehr der ursprüngliche Geschädigte aktivlegitimiert, sondern das Mietwagenunternehmen.


Nach § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. Besitzer ist derjenige, der die tatsächliche Gewalt über eine bewegliche Sache innehat. Inhaber der tatsächlichen Gewalt bei einem Kfz ist in der Regel derjenige, der den Wagen im Unfallzeitpunkt führte. Wenn er überdies in den Papieren als Halter ausgewiesen ist und das Schadensgutachten in Auftrag gibt, sind das hinreichende Indizien dafür, dass er nicht bloßer Besitzdiener, sondern dauerhaft im Besitz der Sache war.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung

Stichwörter zum Thema Zivilprozess

Die Aktivlegitimation des rechtmäßigen unmittelbaren Besitzers

Fahrzeugdiebstahl - Kfz-Diebstahl

Probefahrten

Sekundäre Darlegungslast im Zivilprozess

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Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfall:


BGH v. 18.11.1980:
Dem Mieter eines durch einen Unfall beschädigten Fahrzeugs stehen gegenüber dem Schädiger eigene Ansprüche wegen der Verletzung seines unmittelbaren Besitzrechts zu.

KG Berlin v. 06.12.2004:
Wenn der ersatzpflichtige Schädiger geltend machen will, Schadensersatzansprüche des Geschädigten eines Verkehrsunfalls seien gemäß § 67 VVG auf die Fahrzeugversicherung übergegangen, so ist es grundsätzlich an ihm, die Voraussetzungen für einen derartigen Forderungsübergang zu beweisen.

KG Berlin v. 18.07.2005:
Ist das Bestehen einer Vollkasko-Versicherung unstreitig und macht der Beklagte geltend, die Ansprüche des Klägers wegen Beschädigung seines Pkw seien nach § 67 VVG auf den Vollkasko-Versicherer übergegangen, so trifft den Beklagten dafür die Beweislast.

LG Darmstadt v. 04.07.2006:
Auch wenn der beklagte Kfz-Haftpflichtversicherer vorprozessual einen Teil des Schadens reguliert hat, ist es ihm nicht verwehrt, sich im Prozess mit dem Einwand der fehlenden Aktivlegitimation zu verteidigen. Das Gericht muss nicht gem. § 139 ZPO auf die fehlende Aktivlegitimation des Klägers hinweisen, wenn der Beklagte die Aktivlegitimation bestreitet und dieser Streit die zentrale Rolle indem Rechtsstreit spielt.

OLG Saarbrücken v. 19.12.2006:
Ist jemand zum Zeitpunkt der Beschädigung eines Fahrzeugs dessen Besitzer, so hat er auf Grund der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB sein Eigentum bewiesen. Es ist dann Sache der Gegenpartei, die Vermutung gemäß § 292 ZPO durch den Beweis des Gegenteils zu widerlegen. Dieser ist nach dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Lebenssachverhalts und Einbeziehung des Ergebnisses einer eventuellen Beweisaufnahme zu führen.




OLG Brandenburg v. 18.12.2008:
Der Geschädigte eines Unfalls ist hinsichtlich der Ersatzansprüche wegen des Fahrzeugschadens aktivlegitimiert, wenn er beweist, dass er zum Unfallzeitpunkt unmittelbarer Besitzer des Fahrzeugs war, weil dann die Vermutungsregel des § 1006 BGB für sein Eigentum streitet.

OLG Karlsruhe v. 20.07.2009:
Hat der Ehemann der Klägerin nach dem Unfall mehrfach zu Protokoll gegeben, dass es sich um "sein" Fahrzeug gehandelt habe und ist er auch dessen Halter, dann fehlt der Klägerin für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen die Aktivlegitimation.

OLG Brandenburg v. 01.07.2010:
Eine Zahlung der Kaskoversicherung des Unfallgeschädigten während des Haftpflichtprozesses führt nicht zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs gegen den Geschädigten und damit auch nicht zur Erledigung der Hauptsache. Der in Folge der Zahlung eingetretene Anspruchsübergang auf den Versicherer hat keine Auswirkungen auf die Aktivlegitimation des Geschädigten, der den auf die Kaskoversicherung übergegangenen Anspruch weiterhin - in Prozessstandschaft - geltend machen kann.

KG Berlin v. 30.08.2010:
Nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB wird zugunsten des Besitzers vermutet, dass er bei Erlangung des unmittelbaren Besitzes Eigenbesitzer sowie aufgrund des Eigenbesitzes Eigentümer geworden ist. Hat der Kläger das Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt gekauft, war er lediglich Fremdbesitzer und kann sich nicht auf die Vermutung des § 1006 BGB berufen.

OLG Düsseldorf v. 05.10.2010:
Ist ein Darlehensnehmer nach dem Vertrag mit der Bank verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen" und gilt dies "über das Vertragsende hinaus, und zwar auch im Falle einer Kündigung“, dann bleibt der Darlehensnehmer vor und nach der Vertragsbeendigung für Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall aktivlegitimiert.




LG Magdeburg v. 10.01.2012:
Die Verlobte eines bei einem Verkehrsunfall getöteten Kradfahrers hat einen Anspruch auf Ersatz der Beerdigungskosten, insbesondere, wenn sie auch die Mutter der Erben des Getöteten ist, weil insoweit eine sittliche Verpflichtung besteht, für das Begräbnis zu sorgen. Ein von der Berufsgenossenschaft des Verstorbenen gezahltes Sterbegeld muss sie sich anrechnen lassen.

OLG Hamm v. 01.02.2013:
Zwar knüpft die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB an den bloßen Besitz an und ist es dann grundsätzlich Sache des Gegners, diese Vermutung zu widerlegen. Der Kläger ist indes nach den Grundsätzen der sog. "sekundären Darlegungslast" gleichwohl gehalten, zunächst einmal seinerseits zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs vorzutragen. Denn andernfalls wäre den außerhalb der insoweit maßgeblichen Geschehensabläufe stehenden Beklagten von vornherein jede Möglichkeit und Chance des Gegenbeweises genommen.

OLG Saarbrücken v. 28.02.2013:
Für den Anspruchsteller spricht die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er das mit Wunschkennzeichen versehene beschädigte Fahrzeug einem Sachverständigen vorgeführt hat. Die Vermutung ist nicht widerlegt, wenn der Anspruchsgegner lediglich einwendet, Fremdfinanzierung oder Leasing seien nicht auszuschließen, und der Anspruchsteller daraufhin nicht die Zulassungsbescheinigung Teil II (Kraftfahrzeugbrief) vorlegt.

OLG Hamm v. 11.10.2013:
Der Anspruchsteller ist nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten, zu den Umständen seines Besitz und Eigentumserwerbs schlüssig vorzutragen. Kommt er dem nicht nach, kommt ihm die Vermutungswirkung des § 1006 BGB nicht zu Gute. Den Nachweis seines Eigentums hat er dann nach Vollbeweisgrundsätzen zu führen.

OLG Saarbrücken v. 08.05.2014:
Die gesetzliche Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB setzt lediglich voraus, dass der Besitzer seinen unmittelbaren Besitz nachweist und die Rechtsbehauptung aufstellt, Eigentümer der Sache zu sein. Er ist nicht gehalten, im Sinne einer sog. sekundären Darlegungslast seinerseits zu den Umständen des Eigentumserwerbs vorzutragen, wenn der Beweisgegner den Eigentumserwerb schlicht bestreitet.

OLG Düsseldorf v. 24.06.2014:
Zum Nachweis eines Eigentumserwerbs genügt es nicht, pauschal die Eigentümerstellung zu behaupten und keinen substantiierten Vortrag zu den einzelnen Erwerbstatsachen zu leisten.

AG Brandenburg v. 03.07.2015:
Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB gilt bei Kraftfahrzeugen selbst dann zugunsten des Besitzers des Kfz, wenn dieser nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragen wurde.

OLG Köln v. 22.04.2015:
Hatte der Kläger unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug, gilt zu seinen Gunsten die Vermutung der Erlangung von Eigenbesitz und damit auch der Eigentümerstellung.

LG Mönchengladbach v. 04.05.2015:
Ein Schadensersatzanspruch wegen Fahrzeugbeschädigung scheidet aus, wenn der Kläger weder seinen Besitz noch sein Eigentum an dem Fahrzeug, z.B. durch Vorlage eines Kaufvertrages, nachweist. Insofern ergibt sich aus der Haltereigenschaft nicht, dass der Kläger auch Eigentümer des Fahrzeuges ist.

LG Dortmund v. 09.12.2015:
Legt ein im Rahmen eines Verkehrsunfalls Geschädigter trotz durch die Gegenseite bestrittener Aktivlegitimation die Zulassungsbescheinigung Teil II im Rahmen eines Rechtsstreits um Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfall nicht vor, so ist der Anspruch wegen fehlender Aktivlegitimation zurückzuweisen.

OLG Düsseldorf v. 19.06.2018:
Der Geschädigte kann nicht durch bloßes Bestreiten der Aktivlegitimation dazu gezwungen werden, Auskünfte darüber zu erteilen, auf welche Weise er das Eigentum an dem Fahrzeug erlangt hat. - Die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB kann nur substantiiert widerlegt werden. Lediglich das unsubstantiierte Bestreiten "ins Blaue hinein" reicht nicht aus.

BGH v. 27.04.2021:
  1.  Ist die Direktklage eines Dritten gegen den Versicherer und den Fahrer rechtskräftig abgewiesen worden, ist eine Klage gegen den Halter gemäß § 124 Abs. 1 VVG dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer zumindest auch wegen der Halterhaftung erfolglos in Anspruch genommen worden war.

  2.  Die Rechtskrafterstreckung gemäß § 124 Abs. 1 VVG erfolgt auch dann, wenn der Dritte mit seinem Begehren auf Schadensersatz gegen den Versicherer (nur) deshalb unterlegen ist, weil er seine Aktivlegitimation nicht nachweisen konnte.

OLG Hamm v. 11.06.2021:
Genügt der mittelbare Besitzer als Unfallgeschädigter bei einfachem Bestreiten seiner Eigentümerstellung durch den Schädiger seiner sekundären Darlegungslast, indem er zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs konkret und schlüssig vorträgt, ist es im Hinblick auf die Vermutung des § 1006 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 BGB am Schädiger, gemäß § 292 ZPO den Beweis des Gegenteils zu führen, was hinreichenden Tatsachenvortrag und Beweisantritt erfordert (in Abgrenzung zu OLG Hamm, Beschluss vom 7. Mai 2021 - 7 U 9/21, Ls. 1).

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Aktivlegitimation im Leasingverhältnis:


Aktivlegitimation für Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfall im Leasingverhältnis

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Besitzwechsel - Werkstatt / Kunde:


BGH v. 17.03.2017:
   Bei einem Werkvertrag ist der Besteller, der nach erfolgter Reparatur seines Kraftfahrzeuges eine Probefahrt vornimmt, nicht Besitzdiener des Werkunternehmers.

Jedenfalls dann, wenn eine zur Vorbereitung der Abnahme eines reparierten Kraftfahrzeugs durchgeführte Probefahrt des Bestellers in Anwesenheit des Werkunternehmers oder dessen Besitzdieners stattfindet, erlangt der Besteller keinen unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. Vielmehr bleibt der Werkunternehmer unmittelbarer Besitzer; sein Besitz wird lediglich gelockert.

Die Übergabe eines Schlüssels bewirkt nur dann einen Übergang des Besitzes an der dazugehörigen Sache, wenn der Übergeber die tatsächliche Gewalt an der Sache willentlich und erkennbar aufgegeben und der Empfänger des Schlüssels sie in gleicher Weise erlangt hat.

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Gegenüber der Rechtsschutzversicherung:


OLG Celle v.29.07.2004:
Zur Aktivlegitimation eines nur Mitversicherten nach Treu und Glauben.

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Aktivlegitimation des Mietwagenunternehmers:


Zur Frage fremder Rechtsbesorgung bei der Geltendmachung abgetretener Schadensersatzansprüche durch eine Autovermietung

OLG Stuttgart v. 18.08.2011:
Ein Mietwagenunternehmer ist für die Geltendmachung abgetretener Schadensersatzansprüche aktivlegitimiert. Die Beitreibung der abgetretenen Forderungen ist selbst dann, wenn ein fremdes Geschäft nicht zu leugnen ist, nur ein Annex – und damit bloße Nebenleistung - zum eigentlichen Hauptgeschäft, so dass in jedem Falle eine erlaubnisfreie Dienstleistung i. S. v. § 5 Abs. 1 RDG vorliegt.

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Nach Leistung des Kaskoversicherers:


OLG Karlsruhe v. 13.12.2013:
Leistet der Kaskoversicherer ganz oder teilweise nach Rechtshängigkeit an den gegen den Schädiger klagenden Geschädigten, muss dieser seine Klage insoweit auf Zahlung an den Versicherer umstellen.

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Nach Leistung des Sozialversicherungsträgers:


BGH v. 17.10.2017:
Der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte ist einem angehörigen Schädiger, mit dem er in häuslicher Gemeinschaft lebt, und dessen Haftpflichtversicherer gegenüber grundsätzlich auch insoweit aktivlegitimiert, als er Schadensersatzleistungen verlangt, die mit den ihm vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Sozialleistungen kongruent sind. Ein Verlust der Aktivlegitimation durch Übergang seiner diesbezüglichen Forderung auf den Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist aufgrund des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ausgeschlossen (Senatsurteil vom 28. November 2000, VI ZR 352/99, BGHZ 146, 108). Eine Übertragung des Regelungsinhalts des § 86 Abs. 3 VVG auf § 116 Abs. 6 SGB X im Wege der Auslegung oder Analogie scheidet aus.

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