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OLG Hamm Beschluss vom 29.10.2013 - I-9 U 135/13 - Verkehrssicherungspflichten gegenüber Dritten bei Absperrmaßnahmen
OLG Hamm v. 29.10.2013: Zu den Verkehrssicherungspflichten gegenüber Dritten bei Absperrmaßnahmen
Das OLG Hamm (Beschluss vom 29.10.2013 - I-9 U 135/13) hat entschieden:
Die durch Absperrschranken und Verkehrszeichen begründete Beschränkung des Verkehrs in einem Baustellenbereich führt dazu, dass der Schutz der dort zu beachtenden Verkehrssicherungspflichten auf die Personen beschränkt ist, die sich berechtigterweise in dem Baustellenbereich aufhalten. Unbefugten Besuchern gegenüber wird der Verkehrssicherungspflicht im Regelfall bereits durch das Betretungs- bzw. Durchfahrtsverbot genügt.
Nur wenn der Verantwortliche wusste oder zumindest damit rechnen musste, dass sich auch unbefugte Verkehrsteilnehmer in dem Baustellenbereich aufhalten, können ausnahmsweise Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber diesen Personen bestehen.
Siehe auch Sicherungs- und Absperrmaßnahmen und Verkehrssicherungspflicht
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Unfall, der sich am 16.10.2011 zwischen 19.00 und 20.00 Uhr in einer Baustelle auf dem K. Damm in Münster ereignete. Der Kläger fuhr mit seinem Rennrad - von der X-Straße kommend - nach rechts auf den K. Damm stadtauswärts. Dieser war - sowohl auf der Fahrbahn als auch auf dem Radweg - durch Absperrschranken für den Verkehr gesperrt. Ausgenommen waren die Anlieger des von dem K. Damm abzweigenden W-Weg, für die die Durchfahrt freigegeben war.
Der Kläger behauptet, was von der Beklagten bestritten wird, er sei in eine aus seiner Fahrtrichtung hinter der Abzweigung zum W2 befindliche Baugrube mit einer Tiefe von einem Meter gestürzt.
Hinsichtlich der Einzelheiten bis zum Abschluss der ersten Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bl. 140ff d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob die Beklagte die ihr bei der Sicherung der Baustelle obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Jedenfalls beruhe der Unfall auf einem überwiegenden Verschulden des Klägers. Bei der gemäß § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sei es gerechtfertigt, die durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung geschaffene abstrakte Gefahrenlage als Verursachungsanteil zurücktreten zu lassen, weil sich die Gefahrenlage erst aufgrund einer erheblichen Unaufmerksamkeit des Klägers realisiert habe.
Grundsätzlich müsse der Benutzer die Verkehrsfläche so hinnehmen, wie sie sich ihm darbiete und sein Verhalten den gegebenen Verhältnissen anpassen. Der Pflichtige müsse aber in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise diejenigen Gefahren ausräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen könne. Die Verkehrsteilnehmer seien lediglich vor den Gefahren zu schützen, die für sie auch bei der in Baustellenbereichen gebotenen erhöhten Aufmerksamkeit nicht erkennbar seien und auf die sie sich nicht einstellen könnten. Auch ohne Zusatzschilder müssten Fahrzeugführer im Baustellenbereich mit tiefen Schlaglöchern rechnen, Radfahrer müssten auf Sicht fahren. Danach liege - den Vortrag des Klägers als zugestanden unterstellt - ein haftungsausschließendes Mitverschulden des Klägers vor. Er habe sich im Bereich der Baustelle befunden und habe die Baustelle auch als solche wahrgenommen. Selbst wenn er die "Einfahrt verboten"-Schilder an der Kreuzung nicht gesehen haben sollte, sei für ihn durch die aufgestellten breiten Warnbaken erkennbar gewesen, dass die Straße gerade nicht für den allgemeinen Verkehr freigegeben gewesen sei. Wenn der Kläger dennoch in diese Straße einfahre, müsse er sein Verkehrsverhalten und insbesondere seine Geschwindigkeit dem anpassen und sei zur erhöhten Aufmerksamkeit verpflichtet. Er dürfe nur so schnell fahren, dass er innerhalb des zu übersehenden Weges gefahrlos anhalten könne. Dies habe der Kläger nicht getan, sonst wäre es nicht zu dem Unfall gekommen. Dies gelte insbesondere bei eintretender Dunkelheit. Der Kläger selbst habe im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angeführt, in dem vorliegenden Halbdunkel habe alles gleich ausgesehen. Er habe deshalb grob fahrlässig gehandelt, weil er im Bereich einer Baustelle und im Halbdunkel die Straße befahren habe, ohne deren genauen Verlauf und Beschaffenheit erkennen zu können. Diese Gefährlichkeit sei dem Kläger bewusst gewesen. So habe er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, das Befahren des Baustellenbereichs sei ihm schon suspekt gewesen. Diesem Gefühl habe er seine Geschwindigkeit aber nicht angepasst. Weiterhin habe sein Rennrad nicht über eine Beleuchtung verfügt, die nach der StVZO zugelassen gewesen sei.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
Er ist der Ansicht, dass die Beklagte ihm Schadensersatz und ein angemessenes Schmerzensgeld, das seines Erachtens nicht unter 10.000,00 EUR liegen sollte, zahlen müsse. Indem sie den asphaltierten Radweg quasi an der Baugrube habe enden lassen, habe sie - so die Rechtsauffassung des Klägers - gegen die Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen des Bundesministeriums für Verkehr (ZTV-SA) verstoßen. Abschnitt 6.11.2 dieser Richtlinien sehe vor, dass Aufgrabungen und Baugruben, sofern sie wie hier neben Verkehrsflächen für Fußgänger und Radfahrer lägen, gegen den Absturz dieser Verkehrsteilnehmer gesichert werden müssten, und zwar aufgrund der hier maßgeblichen Tiefe der Baugrube entweder durch Absperrschranken oder durch standsichere Bauzäune. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Baugrube in einem für den übrigen Verkehr gesperrten Bereich befunden habe. Dieser Bereich sei durch den Anlieger- und Besucherverkehr zum W2 so stark frequentiert gewesen, dass es sich faktisch um einen öffentlichen Verkehrsbereich gehandelt habe. Das "Einfahrt-Verboten"-Schild an der Kreuzung K. Damm / X-Straße habe der Kläger nicht erkennen können. Der an die Baugrube grenzende Radweg sei bereits asphaltiert gewesen, so dass der Kläger nicht damit habe rechnen können und müssen, dass er in eine Baugrube münden würde. Der Kläger habe seine Geschwindigkeit an die örtlichen Verhältnisse angepasst. Zwar habe es sich bei der Lampe an seinem Fahrrad nicht um einen nach der StVZO zugelassenen Scheinwerfer gehandelt. Die von ihm verwendete Stirnlampe habe jedoch eine deutlich höhere Leuchtkraft und Leuchtweite als herkömmliche Fahrradscheinwerfer gehabt.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Münster vom 27.05.2013 - 02 O 308/12 - zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,
- die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Münster vom 27.05.2013 - 02 O 308/12 - zu verurteilen, an ihn 5.076,32 EUR Schadensersatz nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung sowie Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 775,64 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,
- unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Münster vom 27.05.2013 - 02 O 308/12 - festzustellen, dass die Beklagte ihm verpflichtet ist, allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfallereignis vom 16.10.2011 in Münster-Amelsbüren im Baustellenbereich K. Damm entsteht, soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger stattgefunden hat.
Der Senat hat den Kläger durch Beschluss vom 06.09.2013 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe und auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorlägen.
Zur Begründung hat der Senat diesbezüglich Folgendes ausgeführt:
"Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die gemäß §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für den Kläger günstigere - Entscheidung.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger - wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere folgt er nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.
Die Verletzungen des Klägers sind nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten - namentlich nicht durch eine Verletzung der der Beklagten als Bauunternehmerin gegenüber dem Kläger obliegenden Verkehrssicherungspflichten - verursacht worden.
Zwar ist die Beklagte als Bauunternehmerin für den Zustand der Straße und die Absicherung der Baustelle verantwortlich (Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 823 Rdn. 222; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2001, Az.: 22 U 150/00; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998, Az.: 15 U 124/97).
Durch die - nach dem bestrittenen Klägervortrag - fehlende, für den Sturz ursächliche Absperrung unmittelbar vor der Baugrube hat die Beklagte allerdings keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt, der zum Befahren der Baustelle nicht berechtigt war. Das Befahren des Baustellenbereichs war dem allgemeinen Verkehr durch ein Verkehrsverbot gemäß § 41 StVO i.V.m. Zeichen 250 bereits ab der Kreuzung K. Damm / X-Straße untersagt, der Bereich war lediglich für die Anlieger des W freigegeben. Unstreitig war der Kläger allerdings kein Anlieger des W, so dass er nicht berechtigterweise mit der Gefahrstelle in Kontakt gekommen ist. Die durch die Absperrschranken und das Zeichen Nr. 250 "Verbot für Fahrzeuge aller Art" begründete Beschränkung des Verkehrs in dem Baustellenbereich führte zu einer Begrenzung des Kreises der geschützten und damit möglicherweise ersatzberechtigten Personen. Zu dem geschützten Personenkreis zählten nur diejenigen, die sich berechtigterweise in dem Baustellenbereich aufhielten (vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1602f; LG Mönchengladbach, Urteil vom 26.03.2012, Az.: 11 O 328/10; Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, Rdn. E 220). Unbefugte Besucher vor den auf Baustellen lauernden mannigfachen Gefahren zu schützen ist weder Zweck der Unfallverhütungsvorschriften noch dem Bauherren oder den beteiligten Unternehmern möglich und zumutbar; ihnen gegenüber wird der Verkehrssicherungspflicht bereits durch das Betretungs- bzw. Durchfahrtsverbot genügt (BGH, NJW 1985, 1078ff; BGH, NJW 1957, 499; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1602f). Dementsprechend kann der Kläger sich - unabhängig davon, ob der von ihm angeführte Abschnitt 6.11.2 der ZTV-SA (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen), der eine Absturzsicherung von Baugruben neben Verkehrsflächen für Fußgänger und Radfahrer vorschreibt, hier generell Anwendung findet - sich auf die hieraus möglicherweise resultierenden Schutzpflichten als unberechtigte Person jedenfalls nicht berufen.
Zwar können ausnahmsweise Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber unbefugten Personen im Baustellenbereich bestehen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Verantwortliche wusste oder zumindest damit rechnen musste, dass auch unbefugte Verkehrsteilnehmer im Gefahrenbereich verkehren (LG Mönchengladbach, Urteil vom 26.03.2012, Az.: 11 O 328/10; LG Saarbrücken, Urteil vom 23.03.2012, Az.: 13 S 207/11; Hager, in: Staudinger, a.a.O., § 823 Rdn. E 220; ähnlich auch BGH, NJW 1985, 1078ff, 1079). Erweiterte Verkehrssicherungspflichten sind in diesem Zusammenhang insbesondere zum Schutz von Kindern angenommen worden, die die drohenden Gefahren erfahrungsgemäß noch nicht hinreichend erfassen können und für die ein verbotenes Gelände aufgrund ihres Spieltriebs und Erforschungsdrangs ggf. eine besondere Anziehungskraft ausübt (vgl. auch BGH, NJW 1997, 582f, 583; BGH, NJW 1957, 499; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1602f; OLG Köln, VersR 1992, 1241f; Hager, in: Staudinger, a.a.O., § 823 Rdn. E 220).
Zu dem zuletzt genannten Personenkreis zählte der Kläger nicht. Vielmehr ist er - nach seinen Angaben - nicht bewusst verbotswidrig, sondern versehentlich in den abgesperrten Baustellenbereich geraten und ihm waren die dort drohenden Gefahren auch bewusst, was durch seine Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht deutlich wird, er habe die Absperrungen sowie die Baufahrzeuge und den Baustellenbereich wahrgenommen, was ihm suspekt gewesen sei.
Dass auch andere Verkehrsteilnehmer, die nicht Anlieger des W waren, verbotswidrig in den abgesperrten Baustellenbereich fuhren und versuchten, diesen auch über die Abzweigung zum W2 hinaus zu durchqueren, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte von etwaigen Verstößen wusste oder damit rechnen musste. Dagegen spricht vielmehr, dass an der Kreuzung K. Damm / X-Straße nicht nur ein Verbots- sowie ein Umleitungszeichen aufgestellt waren, sondern zudem auch - sowohl auf der Fahrbahn als auch auf dem Radweg - Absperrschranken. Diese Absperrmaßnahmen waren auch bei Dunkelheit nicht zu übersehen, selbst wenn man - wie der Kläger nach seinem eigenen Vortrag - an dieser Kreuzung von der X-Straße nach rechts in den K. Damm einbog. Auch Verkehrsteilnehmer, die zwischen der Absperrung auf der Fahrbahn und der auf dem Radweg hindurch fuhren und die Schilder deshalb nur von hinten wahrnehmen konnten, mussten hierdurch zumindest Anlass bekommen, sich die Beschilderung auch von vorn anzusehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass vor der Abzweigung zur G-Stiege eine weitere Absperrung auf dem Radweg vorhanden war, die den Verkehrsteilnehmern deutlich machte, dass der Radweg nicht gefahrlos befahren werden konnte (ähnlich im Ergebnis auch LG Mönchengladbach, Urteil vom 26.03.2012, Az.: 11 O 328/10).
Selbst wenn man - entgegen der hier vertretenen Auffassung - eine Verletzung der der Beklagten gegenüber dem Kläger obliegenden Verkehrssicherungspflichten annehmen würde, müsste sich der Kläger ein Eigenverschulden bzw. Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, das eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten in einem so erheblichen Maße überwiegen würde, dass Schadensersatzansprüche des Klägers - wie das Landgericht mit ausführlicher und in jeder Hinsicht überzeugender Begründung entschieden hat - vollständig ausgeschlossen sind.
Der Unfall ist in erster Linie durch die bewusste und grob fahrlässige Eigengefährdung des Klägers verursacht worden. Der Kläger hat in ganz erheblichem Maße diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, was den Unfall (mit-) verursacht hat (vgl. zu den Voraussetzungen auch Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 254 Rdn. 8f, 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl das an der Kreuzung K. Damm / X-Straße aufgestellte "Durchfahrt-Verboten"-Zeichen Nr. 250 als auch die auf der Fahrbahn und dem Radweg aufgestellten Absperrschranken ohne weiteres zu erkennen waren. Selbst wenn der Kläger - so seine eigenen Angaben - lediglich die Absperrschranken und nicht auch das "Durchfahrt-Verboten"-Zeichen Nr. 250 wahrgenommen haben sollte, so hätten ihm - unabhängig davon, dass das Übersehen des gut sichtbar aufgestellten Zeichens bereits nur mit grober Unaufmerksamkeit zu erklären ist - auch die von ihm wahrgenommenen Absperrschranken deutlich machen müssen, dass der dahinter liegende Baustellenbereich für den Verkehr gesperrt war. Der Kläger hat sich jedoch bewusst darüber hinweggesetzt. Auch die weitere Absperrung auf dem Radweg an der Abzweigung zur G-Stiege hat der Kläger zwar - so seine eigenen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht - wahrgenommen, er hat sich jedoch auch darüber bewusst hinweggesetzt, indem er zunächst weiter auf der Fahrbahn und anschließend wieder auf dem offensichtlich noch nicht fertig gestellten Radweg gefahren ist. Darüber hinaus war der auf den vorgelegten Lichtbildern erkennbare Baustellenbereich, in dem die Asphaltdecke abgefräst und z.T. mit Schotter versehen war und in dem sich zahlreiche Warnbaken und Baufahrzeuge befanden, ohne weiteres als erhebliche Gefahrenstelle zu erkennen. Diese Gefahr hat der Kläger auch wahrgenommen, der Bereich war dem Kläger - so seine eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung - suspekt. Er hat nach eigenen Angaben sogar das Ende der Asphaltierung des noch nicht fertig gestellten Radwegs an der Abzweigung zum W2 und den Beginn der Schotterschicht wahrgenommen, was ihm spätestens zu besonderer Vorsicht Anlass geben musste. Dies gilt insbesondere, weil dem Kläger auch die aufgrund der Dunkelheit eingeschränkten Sichtverhältnisse bewusst waren, diesbezüglich hat der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei alles so grau gewesen und ineinander übergegangen, es habe im Halbdunkel alles gleich ausgesehen. Diese erkannten Gefahren und eingeschränkten Sichtverhältnisse hätten dem Kläger Anlass geben müssen, seine Geschwindigkeit bis zum Schritttempo zu reduzieren und ggf. vom Fahrrad abzusteigen und sich zu Fuß langsam vorzutasten. Der Kläger hat seine Fahrweise den gegebenen Verhältnissen jedoch nicht angepasst, sondern er ist nach eigenen Angaben mit einer für Rennradverhältnissen nicht schnellen, aber unveränderten Geschwindigkeit gefahren. Hierdurch hat der Kläger die Anforderungen, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegen, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, in ganz erheblichem Maße verletzt und sich bewusst selbst gefährdet, was eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten zum Nachteil des Klägers - die nach der hier vertretenen Rechtsauffassung bereits abzulehnen ist - jedenfalls in einem so erheblichen Maße überwiegen würde, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers auch aus diesem Grund ausgeschlossen wäre (vgl. insoweit auch OLG Hamm, NZV 2004, 142; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1602f; OLG Hamm, Urteil vom 05.12.1997, Az.: 9 U 126/97)."
Zu diesem Hinweis hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.10.2013 ergänzend Stellung genommen.
Er vertritt die Ansicht, dass die Frage, ob er sich als Anlieger in dem Baustellenbereich aufgehalten habe, nicht entscheidungserheblich sei, weil versehentlich in den Baustellenbereich geratene Verkehrsteilnehmer - wie er - ebenso schützenswert wie die berechtigten Anlieger gewesen seien.
Es sei im Hinblick auf das Gewicht der völlig fehlenden Sicherheitsvorkehrungen an der Baugrube auch nicht von einem überwiegenden Eigenverschulden auszugehen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Sie hat nach einstimmiger Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags in zweiter Instanz offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die oben zitierten Gründe des Senatsbeschlusses vom 06.09.2013 Bezug genommen, an denen der Senat auch nach erneuter Beratung unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers vom 18.10.2013 festhält.
Entgegen der in seiner ergänzenden Stellungnahme vertretenen Rechtsauffassung des Klägers ist für den Umfang der Verkehrssicherungspflichten entscheidend, ob er sich berechtigterweise in dem Baustellenbereich aufgehalten hat, er also berechtigterweise mit der Gefahrenstelle in Kontakt gekommen ist, was unstreitig nicht der Fall war.
Der Umfang der Verkehrssicherungspflichten lässt sich - entgegen der vom Kläger in der Stellungnahme vertretenen Rechtsauffassung - auch nicht mit dem pauschalen Hinweis auf die Schutzbedürftigkeit des versehentlich in den Baustellenbereich geratenen Klägers ausweiten. Gegenüber den nicht berechtigten Personen wird der Verkehrssicherungspflicht bereits durch das Betretungs- bzw. Durchfahrtsverbot genügt (vgl. BGH, NJW 1985, 1078ff; BGH, NJW 1957, 499; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 602f). Weitergehende Verkehrssicherungspflichten gegenüber unbefugten Personen im Baustellenbereich bestehen - wie in dem Beschluss vom 06.09.2013 ausführlich dargelegt - nur dann, wenn der Verantwortliche wusste oder zumindest damit rechnen musste, dass auch unbefugte Verkehrsteilnehmer im Gefahrenbereich verkehren, wofür hier allerdings keine Anhaltspunkte bestehen. Aufgrund der deutlich zu erkennenden Absperrmaßnahmen waren die Personen, die sich - wie der Kläger, der die Absperrmaßnahmen nach eigenen Angaben auch wahrgenommen hat - unberechtigterweise im Baustellenbereich aufhielten, nicht schutzwürdig. Die Beklagte musste mit ihrer Anwesenheit im Baustellenbereich nicht rechnen.
Selbst wenn man - entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung - eine Verletzung der der Beklagten gegenüber dem Kläger obliegenden Verkehrssicherungspflichten annehmen würde, müsste sich der Kläger ein Eigenverschulden bzw. Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, dass eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten in einem so erheblichen Maße überwiegen würde, dass Schadensersatzansprüche des Klägers - wie das Landgericht mit ausführlicher und in jeder Hinsicht überzeugender Begründung entschieden hat - vollständig ausgeschlossen sind. Diesbezüglich darf - entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung in seiner Stellungnahme - die Baugrube nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist - wie bereits im Beschluss vom 06.09.2013 ausführlich dargelegt und begründet - zu berücksichtigen, dass sich im Baustellenbereich mehrere, deutlich wahrnehmbare Hinweise auf etwaige Gefahrenstellen befanden, die der Kläger zwar wahrgenommen, jedoch bewusst übergangen hat. Das hierdurch begründete erhebliche Verschulden gegen sich selbst wird dadurch verstärkt, dass dem Kläger auch die aufgrund der Dunkelheit eingeschränkten Sichtverhältnisse bewusst waren. Die erkannten Hinweise auf etwaige Gefahren und die eingeschränkten Sichtverhältnisse hätten dem Kläger Anlass geben müssen, umzukehren und den Baustellenbereich zu verlassen oder aber seine Geschwindigkeit bis zum Schritttempo zu reduzieren, ggf. vom Fahrrad abzusteigen und sich zu Fuß langsam vorzutasten.
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Senats dient weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 713 ZPO.