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OVG Münster Urteil vom 17.01.2014 - 16 A 1292/10 - Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses in Polen
OVG Münster v. 17.01.2014: Zum Wohnsitzprinzip und zur Bewertung einer polnischen Meldebescheinigung
Das OVG Münster (Urteil vom 17.01.2014 - 16 A 1292/10) hat entschieden:
- Aus einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Ausstellermitgliedstaat eingeholten Meldebescheinigung können sich unbestreitbare Informationen darüber ergeben, dass der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dort zum Zeitpunkt der Erteilung nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte.
- Folgen ein polnischer Wohnsitz von mehr als 185 Tagen, sodann ein deutscher Wohnsitz und danach erneut ein polnischer Wohnsitz von weniger als 185 Tagen aufeinander und wird die polnische EU-Fahrerlaubnis in der letzten Periode erteilt, ist die notwendige Mindestaufenthaltsdauer nicht gegeben.
Siehe auch Stichwörter zum Thema EU-Führerschein und Das Wohnsitzprinzip bei der Erteilung eines EU-Führerscheins
Tatbestand:
Der 1974 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er erwarb im Jahr 1992 eine Fahrerlaubnis der früheren Klasse 3, die ihm durch Strafbefehl vom 19. März 1999 wegen einer Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholkonzentration - BAK - 1,83 Promille) entzogen wurde. Ein erster Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde nach einer negativen medizinisch-psychologischen Begutachtung mit Bescheid vom 3. Juli 2001 abgelehnt. Im Rahmen eines zweiten Neuerteilungsverfahrens weigerte sich der Kläger, sich untersuchen zu lassen, sodass unter dem 27. Januar 2003 wiederum ein ablehnender Bescheid erging.
Am 1. März 2006 erhielt der Kläger eine tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B, die ihm durch Strafurteil vom 27. Juni 2007 entzogen wurde, nachdem er am 21. Januar 2007 erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss (BAK 1,31 Promille) geführt hatte.
Am 27. August 2009 erwarb der Kläger eine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B. In dem am selben Tag ausgestellten Führerschein ist als Wohnsitz die polnische Gemeinde T. eingetragen. Gegenüber der deutschen Meldebehörde hatte sich der Kläger zum 16. Juni 2009 nach T. ab- und zum 1. September 2009 wieder in C. H. angemeldet.
Nachdem der Beklagte von dem Fahrerlaubniserwerb durch eine Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts Kenntnis erlangt hatte, stellte er mit Verfügung vom 20. Januar 2010 fest, dass die polnische Fahrerlaubnis des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland keine Gültigkeit habe. Außerdem forderte er den Kläger auf, den polnischen Führerschein spätestens bis zum 3. Februar 2010 zur Eintragung der Ungültigkeit vorzulegen, ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte für den Unterlassensfall ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro an.
Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Mai 2010 abgewiesen. Die angefochtene Verfügung stehe im Einklang mit innerstaatlichem Recht. Sie widerspreche zudem nicht dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Kläger gegen das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis verstoßen habe. Ein solcher Verstoß sei unter Geltung der Richtlinie 2006/126/EG keine Voraussetzung mehr für die Befugnis inländischer Behörden, einem ausländischen EU-Führerschein für das Bundesgebiet die Anerkennung zu versagen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Berufung. Zur Begründung macht er geltend, die Verfügung des Beklagten sei unionsrechtswidrig. Der Europäische Gerichtshof habe seine zur Richtlinie 91/439/EWG entwickelte Rechtsprechung zwischenzeitlich auf die Richtlinie 2006/126/EG übertragen. Maßgeblich für die Frage der Nichtanerkennung sei daher, ob er den polnischen Führerschein nachweislich unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erlangt habe. Das sei jedoch nicht der Fall.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2010 aufzuheben.
Der Beklagte tritt dem klägerischen Begehren entgegen und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter dem 14. August 2013 hat die Gemeinde T. auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der Kläger dort mit befristeten Aufenthalten vom 31. Januar bis zum 21. August 2008 und vom 16. Juni bis zum 14. September 2009 gemeldet gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich des zugehörigen Eilverfahrens VG Köln 11 L 94/10 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Seine Klage gegen die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 20. Januar 2010 ist unbegründet. Die Ordnungsverfügung ist rechtmäßig, weil sie sowohl dem innerstaatlichen Recht als auch dem Unionsrecht entspricht, und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Feststellung, dass die dem Kläger am 27. August 2009 erteilte polnische Fahrerlaubnis der Klasse B in der Bundesrepublik Deutschland keine Gültigkeit besitzt, kann zwar nicht - wie in der Ordnungsverfügung angenommen - auf § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV gestützt werden. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch unter Geltung der vorliegend maßgeblichen Richtlinie 2006/126/EG (sog. 3. EU- Führerscheinrichtlinie) nur auf Fälle anwendbar, in denen die EU- oder EWR- Fahrerlaubnis - anders als hier - während einer noch laufenden Sperrfrist erteilt worden ist, und verstößt ansonsten gegen den unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz.
Vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 - C-419/10 (Hofmann) -, juris, Rdnr. 50 f., 65 und 85 (= NJW 2012, 1935).
Sie findet ihre Rechtsgrundlage jedoch in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 FeV in der hier maßgeblichen Fassung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, grundsätzlich im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt dies aber nicht für solche Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was auf den Kläger nicht zutrifft - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 kann die Behörde nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Der Erlass des feststellenden Verwaltungsakts liegt im Ermessen der Behörde, das allerdings intendiert ist, wenn ein Feststellungsinteresse gegeben ist, weil - wie hier - Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und/oder 3 FeV bestehen. Insoweit bedarf ein feststellender Verwaltungsakt keiner Ermessensbegründung. Zudem kann die Begründung für das Fehlen einer Fahrberechtigung in Deutschland ausgewechselt werden.
Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 11. November 2013 - 11 B 12.1326 -, juris, Rdnr. 19; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 28 FeV Rdnr. 56.
§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ist mit Unionsrecht vereinbar. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (Fahrerlaubnisse) gegenseitig anerkannt. Dabei regelt das Unionsrecht selbst die Mindestvoraussetzungen, die für die Ausstellung eines Führerscheins bzw. die Erteilung einer Fahrerlaubnis erfüllt sein müssen. Insoweit muss nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/126/EG die Fahreignung durch das Bestehen einer Prüfung nachgewiesen werden; darüber hinaus hängt die Ausstellung des Führerscheins vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder dem Nachweis eines mindestens sechsmonatigen Studienaufenthalts im Ausstellermitgliedstaat ab (vgl. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e). Als ordentlicher Wohnsitz im Sinne der Richtlinie gilt nach Art. 12 der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Entsprechendes ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG (sog. 2. EU-Führerscheinrichtlinie).
In der vom Europäischen Gerichtshof zunächst für die 2. EU- Führerscheinrichtlinie entwickelten und später auf die 3. EU-Führerscheinrichtlinie übertragenen Auslegung des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes sehen sowohl Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG als auch Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (Fahrerlaubnisse) ohne jede Formalität vor. Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, namentlich diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind. Haben die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein ausgestellt, sind die anderen Mitgliedstaaten nicht befugt, die Beachtung der unionsrechtlichen Ausstellungsvoraussetzungen in eigener Kompetenz nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist als Beweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber am Tag der Ausstellung die dafür maßgeblichen Voraussetzungen erfüllte. Umgekehrt ist es einem Mitgliedstaat durch Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG allerdings nicht verwehrt, in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins abzulehnen, wenn aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung sein Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte.
St. Rspr., vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 - C-419/10 (Hofmann) -, a. a. O. Rdnr. 43 bis 51, 65 und 85, mit weiteren Nachweisen betreffend die 2. EU-Führerscheinrichtlinie.
Die danach gegebenenfalls erforderliche Prüfung, ob bestimmte Informationen als aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührend eingestuft werden können, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Sache der nationalen Gerichte. Diese müssen die ihnen vorliegenden Informationen bei Bedarf auch dahin bewerten und beurteilen, ob es sich um unbestreitbare Informationen handelt, die beweisen, dass der Inhaber des Führerscheins zu dem Zeitpunkt, als er ihn erhielt, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte. Im Rahmen dieser Beurteilung können die nationalen Gerichte alle Umstände des bei ihnen anhängigen Verfahrens berücksichtigen. Sie können dabei insbesondere etwaige Informationen berücksichtigen, die darauf hinweisen, dass sich der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellermitgliedstaats nur für ganz kurze Zeit aufgehalten und dort einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck errichtet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen.
Vgl. EuGH, Urteil vom 1. März 2012 - C-467/10 (Akyüz) -, juris, Rdnr. 73 ff. (= NJW 2012, 1341 mit Anm. Dauer).
Darüber hinaus ist geklärt, dass unionsrechtlich allein eine nach den vorstehend beschriebenen Grundsätzen feststehende Verletzung des Wohnsitzerfordernisses genügt, um die Befugnis des sog. Aufnahmemitgliedstaats zur Nichtanerkennung der EU-/EWR-Fahrerlaubnis auszulösen.
Vgl. EuGH, Urteile vom 19. Mai 2011 - C-184/10 (Grasser) -, juris, Rdnr. 24 und 32 (= NJW 2011, 3635), vom 1. März 2012 - C-467/10 (Akyüz) -, a. a. O. Rdnr. 62 ff., und vom 26. April 2012 - C- 419/10 (Hofmann) -, a. a. O. Rdnr. 48, 65 und 85; BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 - 3 C 34.11 -, juris, Rdnr. 12 (= BVerwGE 144, 220).
Davon ausgehend bleibt der polnischen Fahrerlaubnis des Klägers die Anerkennung in der Bundesrepublik Deutschland nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV versagt. Im Hinblick auf die vom Senat eingeholte Auskunft der Gemeinde T. vom 14. August 2013 liegen vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vor, die die Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis am 27. August 2009 belegen. Danach war der Kläger in T. mit befristeten Aufenthalten vom 31. Januar bis zum 21. August 2008 und vom 16. Juni bis zum 14. September 2009 gemeldet. Aus dieser Mitteilung folgt, würdigt man sie unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Verfahrens, dass der Kläger jedenfalls 2009, dem Jahr der Fahrerlaubniserteilung, seinen ordentlichen Wohnsitz entgegen der im Führerschein vorgenommenen Eintragung nicht in Polen, sondern in Deutschland hatte. Die für 2009 dokumentierte Aufenthaltsdauer von lediglich 91 Tagen reicht für die Annahme eines ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG nicht aus. Dass der Kläger 2008 schon einmal für 204 Tage in T. gemeldet war, ist unerheblich. Ein in diesem Zusammenhang möglicherweise begründeter ordentlicher Wohnsitz in Polen bestand zum Zeitpunkt des Fahrerlaubniserwerbs 2009 jedenfalls nicht mehr fort, nachdem sich der Kläger im August 2008 zunächst wieder aus T. abgemeldet hatte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger, ohne gemeldet gewesen zu sein, 2009 tatsächlich deutlich länger als 91 Tage länger in Polen aufgehalten hat, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Allein die theoretische Möglichkeit eines weiteren, trotz bestehender Meldepflicht nicht angemeldeten Aufenthalts in Polen genügt nicht, um die von der Meldebescheinigung ausgehende Beweiswirkung in Bezug auf die Aufenthaltsdauer in Zweifel zu ziehen. Denn es muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der betreffende Fahrerlaubnisinhaber seinen melderechtlichen Verpflichtungen, soweit solche - wie hier - im Ausstellermitgliedstaat bestehen, nachkommt und dass insofern eine von den Behörden des Ausstellermitgliedstaates auf dieser Grundlage erteilte Meldebescheinigung seinen Aufenthaltsstatus zutreffend wiedergibt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 3 C 18.12 -, juris, Rdnr. 28 f. (= ZfSch 2013, 534), unter Hinweis auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - C-445/08 (Wierer) -, NJW 2010, 217, Rdnr. 61; in diesem Sinne auch bereits OVG NRW, Urteile vom 22. Februar 2012 - 16 A 2527/07 -, juris, Rdnr. 47 (= VRS 123 Ä2012Ü, 247), und - 16 A 1456/08 -, juris, Rdnr. 58 (= VRS 113 Ä2012Ü, 123).
Beharrt der Fahrerlaubnisinhaber trotz der das Gegenteil ausweisenden Bescheinigung des Ausstellermitgliedstaats darauf, das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben, obliegt es ihm, substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellermitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden. Denn in einem solchen Fall kann allein damit, dass der Betroffene einen Führerschein unter Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat erhalten hat, nicht mehr der Nachweis geführt werden, dass das Wohnsitzerfordernis erfüllt war.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 3 C 18.12 -, a. a. O. Rdnr. 30; Bay. VGH, Urteil vom 11. November 2013 - 11 B 12.1326 -, a. a. O. Rdnr. 25, und Beschluss vom 3. Juni 2013 - 11 CE 13.738 -, juris, Rdnr. 10 und 12 f.
Der Kläger hat indes weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren nähere Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen 2009 gemacht, sodass in Ansehung der Mitteilung der Gemeinde T. davon ausgegangen werden kann und muss, dass die Wohnsitzvoraussetzung im Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis nicht eingehalten war.
Dass die Auskunft aus T. erst im Berufungsverfahren vom Senat eingeholt worden ist, hindert schließlich nicht ihre Verwertung. Sowohl unionsrechtlich als auch nach innerstaatlichem Recht sind Nachforschungen der Fahrerlaubnisbehörden oder der Verwaltungsgerichte zum ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung bei den Behörden des Ausstellermitgliedstaats zulässig, sofern ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Erwerber der Fahrerlaubnis bei deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat hatte.
Vgl. EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - C- 445/08 (Wierer) -, a. a. O., Rdnr. 58; BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2010 - 3 C 15.09 -, juris, Rdnr. 19 ff. (= BVerwGE 136, 149).
Derartige ernstliche Zweifel waren vorliegend schon deshalb gegeben, weil der Kläger sich gegenüber der deutschen Meldebehörde nur für den Zeitraum vom 16. Juni bis zum 31. August 2009 nach Polen abgemeldet hatte.
Auch die weiteren vom Beklagten unter Nr. 2 und 4 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Regelungen sind nicht zu beanstanden. Die Anordnung zur Vorlage des Führerscheins zwecks Anbringung eines Vermerks der Ungültigkeit der polnischen Fahrerlaubnis des Klägers im Bundesgebiet hat ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV in der Fassung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis- Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 27) analog. Die Befugnis zur Androhung eines Zwangsgelds zur Durchsetzung der Vorlagepflicht ergibt sich aus §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 VwVG NRW.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.