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Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 16.08.2013 - 2 BvR 864/12 - Verfassungsrechtliche Überprüfung einer Kostenentscheidung im Bußgeldverfahren
BVerfG v. 16.08.2013: Verfassungsrechtliche Überprüfung einer Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Bußgeldverfahren
Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 16.08.2013 - 2 BvR 864/12) hat entschieden:
Die von der Staatsanwaltschaft nach Einstellung des Verfahrens zu treffende Kostenentscheidung (§ 105 Abs 1, § 108a Abs 1 OWiG iVm § 467a Abs 1 StPO) hat in der Regel dahingehend auszufallen, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen. Hiervon kann unter den Voraussetzungen des § 109a Abs 2 OWiG abgesehen werden. Bei der Ermessensausübung im Rahmen einer Auslagenentscheidung ist der Normzweck des § 109a OWiG zu beachten. Danach kommt es darauf an, ob sich für das Verhalten des Betroffenen ein vernünftiger und billigenswerter Grund anführen lässt. Als ein solcher Grund ist der Schutz eines nahen Angehörigen vor der Verfolgung anzuerkennen.
Siehe auch Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten oder Betroffenen im Strafverfahren und im Ordnungswidrigkeitenverfahren und Prozesskosten - Verfahrenskosten - Kosten des Rechtsstreits
Gründe:
A.
Die Beschwerdeführerin wendet sich nach Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen die nach § 108a Abs. 1, § 109a Abs. 2 OWiG versagte Auferlegung der ihr entstandenen Auslagen zu Lasten der Staatskasse.
I.
1. Der Beschwerdeführerin war vorgeworfen worden, als Führerin eines Pkw am 1. November 2010 um 1:41 Uhr auf der BAB A 5/A 67 das Darmstädter Kreuz mit 131 km/h - statt der zulässigen 100 km/h - durchfahren zu haben. Auf dem die Geschwindigkeitsüberschreitung aufnehmenden Foto war eine junge Frau zu erkennen. Fahrzeughalter des Pkw war der Vater der Beschwerdeführerin.
Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin wurde am 31. Januar 2011 von einem Beamten des Polizeipostens Mühlhausen zu dem Tatvorwurf angehört. Hierbei teilte sie mit, sich nicht zum Vorwurf äußern zu wollen. Die Ermittlungen des Polizeibeamten hatten ergeben, dass als Person auf dem Überwachungsfoto auch die Schwester der Beschwerdeführerin in Betracht kam. Er fasste seine Ermittlungen in einem Vermerk vom 31. Januar 2011 zusammen und regte an, die im Melderegister vorhandenen Lichtbilder beider Schwestern mit den Originalüberwachungsfotos abzugleichen.
2. Am 11. Februar 2011 erließ das Regierungspräsidium Kassel als zuständige Behörde einen Bußgeldbescheid, mit dem gegen die Beschwerdeführerin wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung ein Bußgeld in Höhe von 120 € festgesetzt wurde; nach Rechtskraft sollten drei Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen werden.
3. Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2011 zeigte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin deren Vertretung an und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Er wies darauf hin, dass die Beschwerdeführerin den ihr zur Last gelegten Geschwindigkeitsverstoß nicht begangen habe; in einem späteren Schriftsatz berief er sich dazu auf ein physiognomisches Sachverständigengutachten.
4. Nach weiteren erfolglos gebliebenen Ermittlungen zur Fahreridentität stellte die Staatsanwaltschaft Darmstadt das Ordnungswidrigkeitenverfahren mit dem angegriffenen Bescheid vom 22. Juni 2011 nach § 47 Abs. 1 OWiG ein. Die Schuld der Beschwerdeführerin sei gering. An der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung bestehe kein öffentliches Interesse. Es wurde nach § 108a Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 4, § 467a Abs. 1 StPO davon abgesehen, die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin der Staatskasse aufzuerlegen, da dies nach dem Stand des Verfahrens nicht gerechtfertigt erscheine.
5. Diese Entscheidung erhielt der Bevollmächtigte am 7. Oktober 2011 per Fax zugesandt. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 beantragte er wegen der Auslagenentscheidung eine gerichtliche Entscheidung. Es könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen, wenn sie von den Behörden zu Unrecht beschuldigt werde und ihr zum Nachweis ihrer Unschuld notwendige Anwaltskosten - die 480,76 € betrugen - entstünden.
6. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 31. Januar 2012, dem Verfahrensbevollmächtigten zugegangen am 9. Februar 2012, wies das Amtsgericht Darmstadt den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurück. In entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 4 StPO könne die Staatsanwaltschaft davon absehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen. Diese insoweit getroffene Entscheidung erscheine insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 109a Abs. 2 OWiG nicht als unangemessen. Hätte die Beschwerdeführerin bei ihrer ersten Vernehmung, an die sich der Erlass des Bußgeldbescheides unmittelbar angeschlossen habe, darauf hingewiesen, dass eine ihr ähnlich sehende Schwester als Fahrerin in Betracht komme, hätte die Verwaltungsbehörde vor Erlass des Bußgeldbescheids entsprechende Feststellungen und Überprüfungen durchführen können. Es wäre dann aller Voraussicht nach nicht zum Erlass des Bußgeldbescheids gegen die Beschwerdeführerin gekommen. So habe sich erst nach dessen Erlass ergeben, dass eine Differenzierung zwischen den beiden Schwestern nur mit erheblichem kostenintensivem Aufwand möglich gewesen wäre. Das schlichte Bestreiten der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit könne einer qualifizierten Aussage nicht gleichstehen, wie sie zu einer gerechten Verteilung des Kostenrisikos nach § 109a Abs. 2 OWiG gefordert werde.
7. Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin noch am Tag des Zugangs der Entscheidung eine Gegenvorstellung. Sie wies darauf hin, der Polizei sei bereits vor ihrer Aussage beim Polizeiposten Mühlhausen der Umstand bekannt gewesen, dass auch ihre Schwester als mögliche Fahrerin in Betracht komme. Nicht ihr Unterlassen, sondern die nachfolgende Untätigkeit der Behörde sei für den Erlass des Bußgeldbescheids ursächlich geworden. Dies habe das Amtsgericht übersehen und daher willkürlich entschieden. Im Übrigen dürfe von ihr nicht verlangt werden, zur Vermeidung von Kostennachteilen eine nahe Angehörige zu belasten.
8. Das Amtsgericht Darmstadt wies die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 3. April 2012 zurück. Zwar weise die Beschwerdeführerin zutreffend darauf hin, dass bei einer Benennung ihrer Schwester als Fahrerin in der polizeilichen Vernehmung am 31. Januar 2011 deren Verfolgung noch möglich gewesen wäre. Allerdings sei bereits am 1. Februar 2011 in Bezug auf jeden anderen Beschuldigten als die Beschwerdeführerin Verfolgungsverjährung eingetreten. Daher hätte die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt - noch vor Erlass des Bußgeldbescheids am 11. Februar 2012 - die Gelegenheit gehabt, auf ihre Schwester als mögliche Fahrerin hinzuweisen. Ein solches Verhalten erscheine dem Gericht der Beschwerdeführerin im Rahmen der Abwägung nach § 109a OWiG zumutbar.
9. Am 2. März 2012 legte der Bevollmächtigte zur Wahrung der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG Verfassungsbeschwerde ein. Die Entscheidung über die Gegenvorstellung ging ihm am 11. April 2012 zu, was er dem Bundesverfassungsgericht am 14. April 2012 mitteilte.
II.
Die Beschwerdeführerin rügt Willkür der Entscheidungen und eine damit einhergehende Verletzung der aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Grundrechte.
Die Staatsanwaltschaft habe nicht wegen geringer Schuld einstellen dürfen, weil ohne weiteren größeren Aufwand die Tat nicht nachweisbar gewesen wäre. Es dränge sich der Schluss auf, dass die Einstellung nur zur Vermeidung einer Kostenerstattungspflicht der Staatskasse und somit aufgrund sachfremder und damit willkürlicher Erwägungen erfolgt sei.
Die Entscheidung des Amtsgerichts vom 31. Januar 2012 sei ebenfalls willkürlich ergangen. Die Forderung nach einem Hinweis auf die eigene Schwester als Fahrerin missachte das Auskunftsverweigerungsrecht zugunsten naher Angehöriger nach § 55 StPO. Zudem setze die Anwendung von § 109a Abs. 2 OWiG voraus, dass die Kosten dadurch entstanden seien, dass der Betroffene ein rechtzeitiges Vorbringen unterlassen habe. Diese Kausalität fehle, weil die Behörde schon aufgrund des Ermittlungsvermerks einen ausreichenden Hinweis auf die Schwester erhalten habe. Der Beschluss lasse ferner nicht erkennen, dass dem Gericht das ihm zustehende Ermessen überhaupt bekannt gewesen sei.
Die Entscheidung über die Gegenvorstellung verkenne in willkürlicher Weise, dass der geforderte Hinweis auf die Schwester aller Voraussicht nach keine Folgen gehabt hätte. Dies ergebe sich daraus, dass der Hinweis bereits aus dem polizeilichen Vermerk ersichtlich gewesen sei und die Behörde gleichwohl den Bußgeldbescheid erlassen habe.
III.
Die Hessische Staatskanzlei führt in ihrer Stellungnahme aus, dass das Amtsgericht den sich aus der Akte ergebenden Sachverhalt möglicherweise nicht vollständig aufgenommen habe. Wenn der Beschwerdeführerin vorgehalten werde, anlässlich der ersten Vernehmung nicht auf ihre Schwester als mögliche Fahrerin hingewiesen zu haben, hätte sich eine Auseinandersetzung mit dem Polizeivermerk vom 31. Januar 2011 aufgedrängt. Diese Unklarheit erschwere die Nachvollziehbarkeit des Beschlusses in einem Maße, dass sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG möglicherweise nicht ausschließen lasse.
Die Akte des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
B.
Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 3 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
I.
Eine fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung noch nicht willkürlich. Willkür und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt jedoch vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; BVerfGK 16, 294 <296>).
II.
Daran gemessen, verletzt die Entscheidung vom 31. Januar 2012 das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Anwendung der Vorschriften der § 108a Abs. 1, § 109a Abs. 2 OWiG in Verbindung mit § 467a Abs. 1 StPO ist mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung nicht nachvollziehbar.
1. Die von der Staatsanwaltschaft gemäß § 105 Abs. 1, § 108a Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 467a Abs. 1 StPO nach Einstellung des Verfahrens zu treffende Kostenentscheidung fällt grundsätzlich dahingehend aus, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 109a Abs. 2 OWiG vorliegen (zu dessen Anwendbarkeit: Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 18). Das ist der Fall, wenn der Betroffene das Entstehen der Auslagen durch die rechtzeitige Mitteilung entlastender Umstände hätte verhindern können.
a) § 109a Abs. 2 OWiG ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil diese Bestimmung die Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen nicht unzulässig einengt, sondern nur das Kostenrisiko in einer zumutbaren Weise verlagert, um einer von der Verteidigung angestrebten kostenträchtigen Ausweitung des Verfahrens zu Lasten der Staatskasse zu begegnen. Von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, auch solche Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, die bei sachgerechter Verteidigung nicht entstanden wären (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. November 1989 - 2 BvR 1333/87 -, juris, Rn. 12; Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 8; Schmehl, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. 2006, § 109a Rn. 9).
b) Entlastende Umstände im Sinne von § 109a OWiG sind solche, die den gegen den Betroffenen erhobenen Vorwurf ausräumen, in der Sphäre des Betroffenen liegen, der Verfolgungsbehörde unbekannt geblieben und ihr nicht ohne weiteres zugänglich sind (vgl. Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 10; Schmehl, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. 2006, § 109a Rn. 10; AG Bad Oldesloe, Beschluss vom 25. August 2008 - 3 OWi 193/08, juris, Rn. 7; AG Besigheim, Beschluss vom 4. Dezember 2006 - 6 OWi 364/06, juris, Rn. 4; AG Aschaffenburg, zfs 2002, S. 248; AG Leverkusen, zfs 1997, S. 308 <309>).
c) Die zu treffende Auslagenentscheidung steht im Ermessen der Verfolgungsbehörde. Bei der Ermessensausübung ist der Normzweck der Regelung des § 109a OWiG zu beachten. Sie will Missbräuchen vorbeugen und ist deshalb nur in Fällen heranzuziehen, in denen nicht rechtzeitiges Vorbringen als missbräuchlich oder unlauter anzusehen ist. Es kommt deshalb darauf an, ob sich für das Verhalten des Betroffenen ein vernünftiger und billigenswerter Grund anführen lässt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. November 1989 - 2 BvR 1333/87 -, juris, Rn. 13; Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 12; Schmehl, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. 2006, § 109a Rn. 12 ff.).
Als ein solcher Grund ist der Schutz eines nahen Angehörigen vor der Verfolgung anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. November 1989 - 2 BvR 1333/87 -, juris, Rn. 13; OLG Köln, Beschluss vom 27. Januar 1995 - 1 Ws 2/95 -, Anwaltsgebühren spezial 1995, S. 41 <42>; Landgericht Zweibrücken, Beschluss vom 10. Mai 2007 - Qs 51/07 -, juris, Rn. 4; AG Lüdinghausen, Beschluss vom 10. November 2006 - 10 OWi 107/06, juris, Rn. 4; AG Oberhausen, Beschluss vom 31. März 2011 - 23 OWi 3/11 (b), juris, Rn. 8; Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 13; Schmehl, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. 2006, § 109a Rn. 13). Keine Einigkeit herrscht in der Frage, ob die Unzumutbarkeit von Angaben, die einen nahen Angehörigen belasten, entfällt, soweit hinsichtlich des Angehörigen Verfolgungsverjährung eingetreten ist (vgl. bejahend, OLG Köln, a.a.O.; AG Oberhausen, a.a.O.; a.A. LG Zweibrücken, a.a.O.).
d) Unabhängig von der Frage, inwieweit eine bestimmte Auslegung des § 109a Abs. 2 OWiG hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Belastung Angehöriger durch Verfassungsrecht vorgegeben ist, handelte es sich bei der möglichen Fahrereigenschaft der Schwester jedenfalls schon deshalb offensichtlich nicht um einen Umstand, dessen Verschweigen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Anwendung des § 109a Abs. 2 OWiG zur Last gelegt werden konnte, weil das Unterbleiben entsprechender Angaben der Beschwerdeführerin für das weitere Verfahren nicht wesentlich war (vgl. nur Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 109a Rn. 10). Dass beide Töchter des Fahrzeughalters als verantwortliche Fahrzeugführerinnen in Betracht kamen, war bereits dem Vermerk des zuständigen Polizeibeamten vom 31. Januar 2011 zu entnehmen, in dem ausdrücklich ein Abgleich der beim Melderegister vorhandenen Lichtbilder mit dem Foto der Überwachungskamera angeregt wurde. Die Verfolgungsbehörde konnte daher allein aufgrund der ergänzenden Ermittlungen des zuständigen Polizeibeamten die Erkenntnis gewinnen, dass möglicherweise die Schwester der Beschwerdeführerin die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte. Dies hat das Amtsgericht in nicht nachvollziehbarer Weise unberücksichtigt gelassen.
2. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist daher die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch das Amtsgericht festzustellen. Der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Januar 2012 ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
C.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.