Das Verkehrslexikon

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BGH Beschluss vom 27.06.2012 - VIII ZR 165/11 - Wirksamkeit einer 15%-Schadenspauschale bei Nichtabnahme eines Neuwagens

BGH v. 27.06.2012: Zur Wirksamkeit einer 15%-Schadenspauschale bei Nichtabnahme eines Neuwagens


Der BGH (Beschluss vom 27.06.2012 - VIII ZR 165/11) hat entschieden:
Die formularmäßig vereinbarte Klausel, nach der der Käufer bei Nichtabnahme eines Neuwagens 15% des Bruttokaufpreises als Schadenspauschale zu zahlen hat, ist wirksam (Festhaltung BGH, 27. September 1995, VIII ZR 257/94, NJW 1995, 3380).


Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Autokauf - pauschalierter Schadensersatz wegen Nichterfüllung


Gründe:

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

Die Rechtsfrage, die das Berufungsgericht veranlasst hat, die Revision zuzulassen, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Klausel, nach der ein Käufer bei Nichtabnahme eines Neuwagens 15 % des Bruttokaufpreises zu zahlen hat, wirksam ist (Senatsurteil vom 27. September 1995 – VIII ZR 257/94, NJW 1995, 3380 unter III 2). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf auf.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält, soweit es revisionsrechtlicher Nachprüfung unterliegt, rechtlicher Überprüfung stand. Die Klägerin kann – wie aufgrund der wirksam auf die Höhe beschränkten Revisionszulassung feststeht – gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, weil die Beklagte unberechtigt ihre auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des gekauften Fahrzeugs gerichtete Leistung (§ 433 Abs. 2 BGB) verweigert hat. Diesen Schadensersatz kann die Klägerin auch pauschal nach Maßgabe von Ziffer V Nr. 2 Satz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechnen, da die betreffende Klausel den in § 309 Nr. 5 BGB aufgestellten Anforderungen an eine wirksame Schadenspauschalierung gerecht wird und auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt.

a) Die Revision ist auch statthaft, soweit sie sich neben der Berechnung der Schadenspauschale nach dem Bruttokaufpreis zusätzlich gegen die Ansetzung einer Pauschale von 15 % richtet. Zwar hat das Berufungsgericht die Revision nur zugelassen, soweit es um die Frage geht, ob der Berechnung der Schadenspauschale der Brutto- oder der Nettokaufpreis zugrunde zu legen ist. Darin liegt eine zulässige Beschränkung auf die Höhe des Anspruchs (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2010 – VIII ZR 123/09, WM 2010, 1328 Rn. 9 ff., insoweit in BGHZ 185, 178 ff. nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18). Allerdings betrifft auch die Frage, ob eine Pauschale von 15 % dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden im Sinne des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB entspricht, die Höhe und nicht den Grund des Anspruchs. Denn Schadensersatzpauschalen setzen voraus, dass dem Grunde nach dem Verwender ein Schadensersatzanspruch zusteht. Kontrollgegenstand des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB ist allein die Höhe der Pauschale (Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 309 Rn. 44; BeckOK BGB/Becker, Stand November 2011, § 309 Rn. 14). Eine Beschränkung auf einzelne Berechnungsfaktoren im Rahmen des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB kann nicht erfolgen, weil gerade im Zusammenwirken der Berechnungsfaktoren die zulässige Höhe einer Pauschale überschritten werden kann.

b) Das Berufungsgericht hat die Schadenspauschale von 15 % des Kaufpreises zu Recht für angemessen erachtet und die Klausel deshalb am Maßstab des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB als wirksam angesehen. Mit Senatsurteil vom 27. September 1995 (VIII ZR 257/94, aaO) hat der Senat eine entsprechende Klausel für den Neuwagenhandel gebilligt. Entgegen der Ansicht der Revision geben weder das Senatsurteil vom 14. April 2010 (VIII ZR 123/09, BGHZ 185, 178 ff.) noch das Urteil des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 2011 (VII ZR 161/10, WM 2011, 1720 ff.) zu einer anderen Beurteilung Anlass. Auch die von Reinking/Eggert (Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 375 ff.) vertretene Auffassung führt nicht zu einer anderen Bewertung.

aa) Dem Senatsurteil vom 14. April 2010 lag eine Klausel zugrunde, die die Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes von 10 % des Kaufpreises für den Fall der Nichtabnahme eines gebrauchten Fahrzeugs vorsah. Hier hingegen handelt es sich um einen Neuwagenkauf. Aussagen zur Angemessenheit einer Schadenspauschale im Gebrauchtwagenhandel können aber nicht ohne weiteres auf Schadenspauschalen im Neuwagenhandel übertragen werden und umgekehrt (vgl. Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-​Recht, 11. Aufl., § 309 Rn. 21).

bb) Soweit sich die Revision auf die oben genannte Entscheidung des VII. Zivilsenats beruft, bleibt auch dies ohne Erfolg. Die vom VII. Zivilsenat für problematisch erachtete Klausel in einem Vertrag über die Erstellung eines Ausbauhauses sah einen pauschalierten Schadensersatz auch dann vor, wenn das Bauunternehmen noch keinerlei werkvertragliche Leistungen erbracht hatte und daher sein sachlicher und personeller Aufwand am geringsten gewesen war (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 – VII ZR 161/10, aaO Rn. 19). So liegt der Fall hier indes nicht.

cc) Die Ausführungen von Reinking/Eggert, wonach die Gewinne im Autohandel seit Jahren erheblich zurückgingen (aaO Rn. 376 f.), geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner unter Ziffer 1 genannten Rechtsprechung. Reinking/Eggert gehen selbst davon aus, dass häufig die Möglichkeit bestehe, die Margen aufzubessern, was von vielerlei Faktoren abhänge (Reinking/Eggert, aaO Rn. 376).

c) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht der Schadensberechnung den Bruttokaufpreis zugrunde gelegt.

Entgegen der Ansicht der Revision kann es dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Schadenspauschale um ein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes handelt. Denn dies wäre nur für die Frage entscheidend, ob die Beklagte der Klägerin auf die geltend gemachte Pauschale von 2.967 € noch zusätzlich 19 % Mehrwertsteuer zu erstatten hat (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2011 – VIII ZR 260/10, WM 2011, 2141 Rn. 9 ff. mwN; BFHE 73, 90 ff.). Eine derartige Erstattung wird von der Beklagten aber nicht gefordert.

Es kommt, anders als die Revision meint, auch nicht auf die Rechtsprechung an, wonach die Umsatzsteuer nur dann als Schadensposten geltend gemacht werden kann, wenn sie tatsächlich angefallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 ff.). Denn dass die Klausel die Höhe des Schadensersatzes mit 15 % des (Brutto)Kaufpreises beziffert, bedeutet nicht, dass die Pauschale Schadensposten mit Mehrwertsteuer beinhaltet. Die Frage, welche Schadenspositionen die Pauschale bilden, ist von der Frage zu unterscheiden, wie diese einzelnen Positionen quantifiziert werden und auf welchen Preis man bei dieser Quantifizierung abstellt. So ist durch den Bundesgerichtshof zum Beispiel auch bei Verträgen über Fertighäuser ein Abstellen auf einen bestimmten Prozentsatz der Bruttoauftragssumme nicht beanstandet worden (BGH, Urteile vom 27. April 2006 – VII ZR 175/05, NJW 2006, 2551 Rn. 20; vom 5. Mai 2011 – VII ZR 161/10, aaO).

d) Die Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit der Verwendung des Begriffs „Kaufpreis“ ist für den Kunden klar, dass damit nur der vertraglich vereinbarte Kaufpreis gemeint sein kann. Im Kaufvertrag ist hier zwar eine Aufschlüsselung in Netto- und Bruttokaufpreis erfolgt. Nach dem Empfängerhorizont des Kunden ist aber der entscheidende Preis der Bruttopreis, da er mit dieser Gesamtsumme belastet wird (Reinking/Eggert, aaO Rn. 372; vgl. allgemein BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 – V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1 mwN; Erman/Grunewald, aaO § 433 Rn. 44).

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.