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OLG Schleswig Urteil vom 18.08.2005 - 5 U 11/05 - Anfechtung eines Gebrauchtwagenkaufs
OLG Schleswig v. 18.08.2005: Zur Wissenszurechnung nicht unmittelbar am Vertragsschluss beteiligter Arbeitnehmer von Unternehmen
Das OLG Schleswig (Urteil vom 18.08.2005 - 5 U 11/05) hat entschieden:
Ein Automobilunternehmen muss sich, wenn seine Niederlassung als Verkäufer im Fall von Gebrauchtfahrzeugen aus seinem Bereich den Verzicht auf eigene Untersuchung im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der mitgelieferten Informationen gestattet, das nicht mitgeteilte Wissen anderer Personen aus ihrem Bereich zurechnen lassen.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Autokauf - Gewährleistung und Garantie beim Gebrauchtwagenkauf
Gründe:
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückgewähr des Kaufpreises aus einem am 14.3.2002 mit der Beklagten abgeschlossenen und über die D. C. Bank GmbH finanzierten Kaufvertrag über den Pkw Daimler Benz E 320 T Kfz-Nr. ....
Das Fahrzeug ist von der Niederlassung L. der Beklagten im Internet angeboten worden. Nach telefonischer Kontaktaufnahme besichtigte der Kläger es und bestellte es anschließend auf einem Bestellformular der Beklagten am 14. März 2002, das den Hinweis enthielt, das Fahrzeug sei nach den Angaben des Vorbesitzers unfallfrei. Anlässlich eines Werkstattbesuchs erfuhr der Kläger, das Fahrzeug habe doch einen schweren Unfall gehabt. Auf seine Reklamation hin ließ die Niederlassung L. der Beklagten es mit Auftrag vom 29.1.2003 durch einen neutralen Sachverständigen begutachten. Dieser bestätigte in seinem Gutachten vom 21.2.2003 (Blatt 11 ff.) nicht nur den Unfall, sondern auch eine nicht fachgerechte Reparatur. Die voraussichtlich noch anfallenden Reparaturkosten bezifferte er auf netto 1.774,28 €, die technische Wertminderung im Fall eines Verzichts auf die Reparatur auf 800,00 €. Es stellte sich heraus, dass die nicht fachgerechte Reparatur im Herbst 1998 in der Niederlassung M. der Beklagten stattgefunden hatte. Die Beklagte erklärte sich gleichwohl für nicht verantwortlich. Der Kläger erklärte daher durch Anwaltsschreiben vom 24.4.2003 (Bl. 29-31 d.A.) die Anfechtung seiner Kaufvertragserklärung wegen arglistiger Täuschung. Er hat mit Schriftsatz vom 1.8.2003, der Beklagten zugestellt am 13.8.2003, Klage erhoben. Er hat behauptet, der Verkäufer der Beklagten habe auf seine ausdrückliche Nachfrage hin die Unfallfreiheit des Fahrzeugs bestätigt. Dies sei in Kenntnis des Unfalls geschehen, weil in der Datenbank der Beklagten sämtliche bei ihr vorgenommenen Reparaturen unter der jeweiligen Fahrzeugidentitätsnummer gespeichert seien. Zumindest habe der Verkäufer der Beklagten die Unfallfreiheit „ins Blaue hinein“, d.h. in Kenntnis ihrer möglichen Unrichtigkeit behauptet. Außerdem habe der Verkäufer erklärt, die Fahrzeuge würden vor der Weitergabe an die Niederlassungen in der Zentrale konkret auf Vorschäden „gecheckt“. Er hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, sich mit der Rückgängigmachung des Kaufvertrages über das Fahrzeug Marke Daimler Benz E 320 T, Fahrzeug-Ifd.-Nr. ..., mit dem amtlichen Kennzeichen ..., zustande gekommen durch die verbindliche Gebrauchtwagenbestellung vom 14.03.2002, einverstanden zu erklären und an die Darlehensgeberin, die D. C. Bank GmbH, 29.000,00 € nebst 8,03% p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte die Kosten der Rückabwicklung und entstandene Schäden des Klägers zu tragen hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Kenntnis ihres Verkäufers von dem Unfall bestritten. Auch die Existenz einer Datenbank, bei der mögliche Reparaturen abgefragt werden könnten, hat sie in Abrede gestellt. Sie hat sich ferner darauf berufen, das Fahrzeug von der D. C. Service Leasing GmbH zusammen mit einem Bewertungsgutachten der DEKRA erworben zu haben, das seinerseits keinen Hinweis auf den Unfall enthalte.
Das LG hat Beweis erhoben darüber, ob 1. dem Kläger mitgeteilt worden ist, sämtliche Fahrzeuge würden vor der Freigabe zum Weiterverkauf konkret auf Vorschäden „gecheckt“ und ob 2. Reparaturarbeiten in Mercedes-Fachbetrieben zentral gespeichert und damit für die Verkäufer jederzeit abrufbar sind. Aufgrund der Beweisaufnahme hat das LG die Klage als unbegründet abgewiesen. Es sei nicht feststellbar, dass die Beklagte den Kläger beim Kauf des Autos arglistig getäuscht habe. Zwar habe der Verkäufer der Beklagten, der Zeuge Böhm, Unfallfreiheit des Autos angegeben, doch habe er es selbst nicht besser gewusst. Da ihm das Gutachten der DEKRA vorgelegen habe und weitergehende Informationen, insbesondere eine zentrale Datenbank mit Registrierung der Reparaturen nicht vorhanden gewesen seien, habe er die Unfallfreiheit auch nicht „ins Blaue hinein“ behauptet. Die Kenntnis der Zentrale bzw. anderer Niederlassungen sei der Niederlassung L. nicht zuzurechnen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Seine Berufungsbegründung stützt sich einmal darauf, der Zeuge Böhm habe die Unfallfreiheit doch „ins Blaue hinein“ behauptet. Die Fahrzeug-Bewertung durch die DEKRA sei als Vertrauensgrundlage untauglich, weil es gar nicht die Aufgabe der DEKRA gewesen sei, das Fahrzeug auf Unfallschäden zu prüfen. Ersichtlich falsch sei auch die Berufung auf die Angabe der Unfallfreiheit durch die Vorbesitzer. Es sei nachgerade ausgeschlossen, dass die Vorbesitzerin, die T. GmbH, die Unfallfreiheit gegenüber der Beklagten behauptet habe, nachdem sie das Fahrzeug wegen eines schweren Unfalls in der Niederlassung M. der Beklagten habe reparieren lassen. Vor allem habe das LG verkannt, dass die Beklagte sich im Rahmen der Arglistprüfung nicht nur das Wissen ihres Verkäufers in L., sondern auch das Wissen ihrer Reparaturwerkstatt in M. zurechnen lassen müsse. Der Kläger stützt sich dabei auf mehrere Entscheidungen des BGH.
Er beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die D. C. Bank GmbH, ... 29.000,00 € nebst 8,03% Zinsen p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihre Berufungserwiderung verteidigt das LG-Urteil. Sie weist daraufhin, die Bewertung des Fahrzeugs durch die DEKRA habe selbstverständlich die Unfallfreiheit als einen für die Bewertung maßgeblichen Umstand mit umfasst. Vorbesitzerin, die die Angabe der Unfallfreiheit gemacht habe, sei nicht die T. GmbH, die seinerzeitige Bestellerin der Reparatur, sondern ausweislich des Kfz-Briefs eine Yo. AG gewesen. Die vom Kläger herangezogene Rechtsprechung hält die Beklagte vor allem deshalb nicht für einschlägig, weil diese - anders als der vorliegende Fall - keine Massengeschäfte betreffe.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.6.2005 Fotokopien des Vertrages über den Ankauf des Pkw durch die Beklagte bei der M. Leasing GmbH & Co oHG sowie ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge vorgelegt.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die in beiden Instanzen eingereichten Schriftsätze, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das landgerichtliche Sitzungsprotokoll vom 29.11.2004 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu.
1. Dieser Anspruch folgt aus § 812 I 1, 1. Var. BGB.
a) Die Beklagte hat den eingeklagten Betrag erlangt, und zwar durch Leistung des Klägers. 6.000,00 € sind vom Kläger unmittelbar an die Beklagte gezahlt worden, 23.000,00 € von der D. C. Bank GmbH auf Anweisung des Klägers. Da der Kläger den Pkw in erster Linie für seine selbständige Berufsausübung erworben hat, kommt eine abweichende Bestimmung von Leistung und Leistungsgegenstand aufgrund der Besonderheiten der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Verbundgeschäften im Sinne des § 358 BGB (vgl. dazu Staudinger/Kessal-Wulf, Neubearbeitung 2004, § 359 RdNr. 24 ff.) nicht in Betracht.
b) Die Leistung des Klägers ist ohne Rechtsgrund erfolgt, weil er seine Kaufvertragserklärung nach § 123 I BGB wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten hat.
aa) Zwar hat der Kläger seine Behauptung, der Zeuge B. habe wahrheitswidrig versichert, die Gebrauchtfahrzeuge würden vor der Freigabe zum Verkauf durch die Niederlassungen in der Zentrale der Beklagten „gecheckt“, nicht zu beweisen vermocht. Der Zeuge Böhm hat dies in Abrede gestellt. Der Zeuge P.a hat dazu so vage und widersprüchlich ausgesagt, dass der Klägervertreter das Beweisangebot insoweit zurückgezogen hat. Die Zeugin O. hat lediglich bekundet, es sei in einem Telefongespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen B.von einem Check durch die DEKRA die Rede gewesen. Wohl aber haben die Zeugen P. und O. klar bestätigt, dass der Zeuge B. auf Nachfrage des Klägers ohne Einschränkung die Unfallfreiheit versichert hat. Der Zeuge B.hat sich zwar nicht konkret erinnert, jedoch eingeräumt, es könne sein, dass der Kläger ihn nach der Unfallfreiheit gefragt habe, weil dies eine Standardfrage sei, und er werde die Frage dann auch bejaht haben, weil das Fahrzeug für ihn nach der Aktenlage unfallfrei gewesen sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten musste der Kläger die Angabe im Bestellformular „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer: KEINE“ nicht als (Teil-)Widerruf der zuvor erhaltenen Auskunft auffassen. Standardformeln solcher Art weisen den Willen zu Vorsicht bei der Übernahme von Haftungsrisiken aus. Sie besagen nicht, dass weitergehende Erklärungen im Vorfeld des Vertrags unrichtig sind. Entsprechend lässt sich daraus nicht ableiten, die weitergehende, objektiv wahrheitswidrige Behauptung der Unfallfreiheit durch den Zeugen B. sei nicht ursächlich dafür geworden, dass der Kläger den Vertrag abgeschlossen hat.
bb) Die Täuschung durch die objektiv wahrheitswidrige Behauptung der Unfallfreiheit ist der Beklagten nach § 166 I BGB auch als arglistig im Sinne des § 123 I BGB zuzurechnen.
Entgegen dem Urteil des LG hat der Zeuge B. die Unfallfreiheit nicht im Vertrauen auf das DEKRA-Gutachten behauptet. Der Zeuge hat in seiner Vernehmung vor dem LG erklärt, das DEKRA-Gutachten habe ihm gar nicht vollständig vorgelegen. Vielmehr habe er lediglich eine Auflistung der Schäden bekommen, die ihm als Verkäufer habe zeigen sollen, wie viel er vor dem Verkauf noch investieren müsse. Die Unfallfreiheit will er behauptet haben, weil er auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Akte vertraut habe. Eine Überprüfung „durch einen Meister bei uns im Hause“ will er deshalb nicht veranlasst haben, weil das bei einem Fahrzeug, das „von der Bank kommt“ (will wohl heißen: aus dem eigenen Bereich der Beklagten oder ihrer Tochtergesellschaft stammt), nicht üblich sei. Diese Aussage mag es nicht schon rechtfertigen anzunehmen, der Zeuge habe selbst arglistig gehandelt, weil er die Unfallfreiheit „ins Blaue hinein“ behauptet habe (vgl. dazu BGH NJW 1998, 2360, 2361). Wohl aber muss die Beklagte sich, wenn sie als Verkäuferin im Fall von Gebrauchtfahrzeugen aus ihrem Bereich den Verzicht auf eigene Untersuchung im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der mitgelieferten Informationen gestattet, das nicht mitgeteilte Wissen anderer Personen aus ihrem Bereich zurechnen lassen. Dem steht nicht entgegen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Obliegenheit des Gebrauchtwagenhändlers zur Untersuchung der zum Verkauf angebotenen Gebrauchtwagen auf Unfallfreiheit verneint. Denn das gilt nur unter dem Vorbehalt, dass der Verkäufer die Begrenztheit seines Kenntnisstandes deutlich macht, nicht, wenn er - wie dies hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme anzunehmen ist - die Unfallfreiheit in einer Weise behauptet, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis (BGH NJW 1981, 928, 929).
Diese Sichtweise des Senats liegt im Rahmen der bisherigen höchstrichterlichen Judikatur zur Zurechnung des Wissens nicht unmittelbar am Vertragsschluss beteiligter Arbeitnehmer von Unternehmen. Die Leitentscheidung BGH NJW 1996, 1339 sieht den entscheidenden Gesichtspunkt im Gleichstellungsargument. Die Wissenszurechnung hat danach dafür zu sorgen, dass der Vertragspartner des Unternehmens nicht schlechter, aber auch nicht besser dasteht als der Vertragspartner einer natürlichen Person. Gewiss kann auch eine natürliche Person einmal erworbene Kenntnisse im Hinblick auf die Kaufsache vergessen. BGH NJW 1996, 1339, 1341 fordert daher für die Wissenszurechnung, dass das Wissen sich auf einen Umstand bezieht, der „speicherungswürdig“ ist, weil er sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit später als rechtserheblich erweisen kann. Außerdem soll es darauf ankommen, ob der Anlass für die mögliche Wissenszurechnung so ist, dass ein Abfragen des Speichers erwartet und zugemutet werden kann. Beides trifft hier zu: Die Speicherung der umfänglichen Unfallreparatur (Kosten fast 11.000,- DM) war mit Rücksicht auf die Umstände - Bestellung der Reparatur durch einen Leasingnehmer der Tochter-Leasing-GmbH der Beklagten, Wahrscheinlichkeit des Verkaufs der bei den Tochtergesellschaften (Leasing-GmbH, Bank-GmbH) angefallenen Gebrauchtfahrzeuge über eine der Niederlassungen der Beklagten, Üblichkeit des Verzichts der Niederlassungen auf eigene Untersuchungen im Falle von aus dem eigenen Bereich stammenden Fahrzeugen - sogar in sehr hohem Maße geboten. Auch war unter diesen Umständen zu erwarten, dass die Information an die konkret mit dem Verkauf befasste Niederlassung weitergeleitet oder ihr doch wenigstens zugänglich gemacht wurde. Wenn das - wie hier - nicht geschehen ist, liegt ein Fehler in der Organisation der unternehmensinternen Kommunikation vor, der die Zurechnung der in der Niederlassung M. erworbenen Kenntnis rechtfertigt, als wäre sie ordnungsgemäß bei dem Verkäufer in der Niederlassung L. angekommen (BGH NJW 1996, 1339, 1340 f. im Anschluss an Taupitz, Karlsruher Forum 1994, S. 16 ff., 28 ff.).
c) Der Kläger kann auch verlangen, dass die Beklagte den Kaufpreis statt an ihn selbst an die D. C. Bank GmbH zurückgewährt. Der in dem Verlangen liegenden konkludenten Behauptung, der Anspruch sei an die D. C. Bank GmbH abgetreten und werde von dem Kläger aufgrund Einziehungsermächtigung geltend gemacht, hat die Beklagte nicht widersprochen. Da die Beklagte die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 I BGB) nicht einmal hilfsweise erhoben hat, kann der Senat auch nicht zu ihren Gunsten berücksichtigen, dass sie Gegenansprüche auf Rückgewähr des Pkw und Nutzungsentschädigung wegen der Benutzung des Pkw durch den Kläger hat. Die Saldotheorie, die eine solche Berücksichtigung von Amts wegen ermöglichen könnte, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 57, 137, 149) nicht zugunsten desjenigen anzuwenden, der das Fehlen des Rechtsgrunds durch arglistige Täuschung verursacht hat.
2. Hilfsweise stützt der Senat die Verurteilung der Beklagten auf einen Anspruch des Klägers aus den §§ 346 I, 434, 437 Nr. 2, 440, 326 V, 323 BGB.
a) Geht man entgegen der unter 1. begründeten Auffassung des Senats davon aus, dass die Anfechtung des Klägers wegen arglistiger Täuschung mangels eines Anfechtungsgrunds unwirksam ist, so ist seine Anfechtungserklärung in eine Rücktrittserklärung umzudeuten. Die Voraussetzungen des § 140 BGB sind erfüllt:
Der Kläger hat einen Rücktrittsgrund: Die fehlende Unfallfreiheit ist ein Sachmangel i.S. des § 434 BGB (BGH NJW 1982, 1386). Die Einschränkung im Vertrag „lt. Vorbesitzer: KEINE“ enthält diesbezüglich keinen Gewährleistungsausschluss, sondern besagt lediglich, dass die Beklagte keine Garantie i.S. der §§ 442 - 444 BGB (entsprechend der Eigenschaftszusicherung nach dem Kaufrecht vor der Schuldrechtsmodernisierung) übernommen hat. Da mangels Verbrauchereigenschaft des Klägers kein Verbrauchsgüterkauf i.S. der §§ 474 ff. BGB vorliegt, hätte die Beklagte zwar in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Gewährleistungsausschluss wirksam vorsehen können. Wie die auf Anforderung des Senats kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zeigen, hat sie dies aber nicht getan. VII. 1.b enthält den Gewährleistungsausschluss gegenüber einem Unternehmer, der bei Abschluss des Vertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, allein für den Verkauf gebrauchter Nutzfahrzeuge. Für den Verkauf von gebrauchten Personenkraftwagen gilt Gleiches nur gegenüber dem Unternehmer, der den Kaufgegenstand zum Zweck des gewerblichen Weiterverkaufs oder Verwertung erwirbt, nicht gegenüber dem Unternehmer, der - wie der Kläger - den Pkw (in erster Linie) für beruflich veranlasste Fahrten nutzt. Dem Rücktritt steht auch nicht entgegen, dass der Kläger der Beklagten nicht gem. § 323 BGB erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Denn die Fristsetzung ist hier nach § 326 V BGB wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung entbehrlich. Durch Nachbesserung lässt sich der Charakter des Pkw als Unfallwagen nicht korrigieren. Die Lieferung eines anderen funktionell und vertragsmäßig gleichwertigen Gebrauchtwagens scheidet zwar nach dem neuen Kaufrecht nicht schon deshalb aus, weil der Kauf ein Stückkauf ist. Aber es ist doch jedenfalls zu fordern, dass der Pkw nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten austauschbar ist (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl. 2005, § 439 RdNr. 15). Davon kann man nicht ausgehen, wenn die Kaufwahl wie hier nicht nur aufgrund objektiver Anforderungen, sondern auch aufgrund des persönlichen Eindrucks des Käufers getroffen worden ist.
Die Anfechtungs-(Rücktritts-)erklärung ist gem. § 218 BGB rechtzeitig abgegeben worden. Zwar ist die Verjährung des Gewährleistungsanspruchs nach VII.1.a der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten auf 1 Jahr verkürzt. Doch haben die bereits vor Eintritt der Verjährung begonnenen Verhandlungen den Lauf der Verjährungsfrist nach § 203 BGB gehemmt.
Schließlich ist anzunehmen, dass der Kläger - wie § 140 BGB voraussetzt - den Rücktritt gewollt haben würde, wenn er die Unwirksamkeit der Anfechtung gekannt hätte. Die Wirkungen des Rücktritts bleiben zwar theoretisch (ex nunc statt ex tunc) hinter denen der Anfechtung zurück. Praktisch sind sie jedoch im Wesentlichen gleich.
b) Für den Inhalt des Anspruchs gilt das Gleiche wie unter 1.c. Auch im Rücktrittsrecht erfordert die Berücksichtigung der Gegenansprüche der Beklagten, dass diese die ihr zustehende Einrede (§ 348 BGB) erhebt.
3. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 291, 288 I 2 BGB, die Nebenentscheidungen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist nach § 543 ZPO im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, weil über die Wissenszurechnung in Fällen wie dem vorliegenden noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist und auch im Hinblick auf das Verhältnis von Nacherfüllung und Rücktritt beim Stückkauf einer mangelhaften Sache eine höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht.