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OLG Düsseldorf Beschluss vom 13.05.2014 - I-22 W 6/14 - Kostenentscheidung bei Anerkenntnis

OLG Düsseldorf v. 13.05.2014: Zur Kostenentscheidung bei Anerkenntnis und zur Veranlassung zur Klageerhebung bei Verzug


Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 13.05.2014 - I-22 W 6/14) hat entschieden:
Ein Beklagter hat Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass Letzterer annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Insbesondere ein in Verzug gesetzter Schuldner hat zur Klage Veranlassung gegeben.


Siehe auch Prozesskosten - Verfahrenskosten - Kosten des Rechtsstreits


Gründe:

Die gemäß §§ 91a Abs. 1, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenbeschluss des Landgerichts ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits trägt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Grundgedankens von § 93 ZPO und der Frage, ob die Beklagte dem Kläger Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Das war entgegen der Annahme der Beklagten der Fall. Veranlassung zur Klageerhebung hat ein Beklagter gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass Letzterer annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Insbesondere ein in Verzug gesetzter Schuldner hat zur Klage Veranlassung gegeben (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 93 Rn. 3, 6).

Gemessen daran hat die Beklagte Anlass zur Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens und auch zur Klageerhebung gegeben. Denn die Rücktrittserklärung des Klägers war, ohne dass es der Einräumung einer Nachbesserungsgelegenheit für die Beklagte bedurfte, mit ihrem Ausspruch mit Schreiben vom 28. Januar 2013 wirksam, da es sich vorliegend um einen nicht behebbaren Mangel handelte. Mit diesem Schreiben hatte der Kläger der Beklagten eine Frist zur Rückabwicklung bis zum 11. Februar 2013 gesetzt und sich freiwillig bereits eine Nutzungsentschädigung auf den zurückzuzahlenden Kaufpreis in Höhe von 477 € anrechnen lassen, obwohl es sich hierbei um eine von der Beklagten vorzutragende Einwendung - nämlich im Wege der Aufrechnung - handelt. Diese Frist lief ergebnislos ab, ohne dass sich die Beklagte bereit erklärt hätte, dem Begehren des Klägers nachzukommen oder Gegenrechte geltend zu machen, so dass sie sich in Verzug befand.

Auf die erneute Fristsetzung mit Schreiben vom 25. Februar 2013 reagierte die Beklagte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. Februar 2013 derart, dass sie selbst dem Kläger eine Frist bis zu diesem Tag zur Vorführung des Fahrzeugs zum Zwecke der Überprüfung der Mängel setzte und ausführe, aufgrund seiner Verweigerungshandlung habe der Kläger zusätzlich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten zu zahlen. Nach dem bereits wirksam ausgeübten Rücktritt konnte sie indes eine Verbringung des Fahrzeugs zu ihr durch den Kläger nicht mehr verlangen. Vielmehr hatte sie umgekehrt das Fahrzeug an der Wohnung des Klägers, bei der es sich um den Erfüllungsort für die Rückabwicklung handelte, zum Zwecke der Rückabwicklung abzuholen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rn. 1220).

Auch nach Prüfung der Mängel am 6. März 2013 erfolgte seitens der sich mit der Rückabwicklung in Verzug befindlichen Beklagten, die auch bis dahin die ihr aus ihrer Sicht zustehenden Gegenansprüche nicht formuliert hatte, zunächst keine Reaktion. Die mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14. März 2013 gesetzte weitere Frist bis zum 20. März 2013 lief ebenfalls erfolglos ab.

Angesichts dieses Ablaufs durfte der Kläger davon ausgehen, dass er seine Rechte nur mit gerichtlicher Hilfe würde durchsetzen können. Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens mit Schriftsatz vom 21. März 2013 war daher durchaus von der Beklagten veranlasst. Soweit sie behauptet hat, an diesem Tage habe ihr Prozessbevollmächtigter mit dem Vertreter des Klägers telefoniert und erklärt, einer Rückabwicklung stehe grundsätzlich nichts entgegen, jedoch sei noch die Berechnung der Höhe der Gebrauchsvorteile streitig, ist nicht ersichtlich, dass dieses Telefonat vor Versendung des Antrags auf Durchführung des Beweisverfahrens erfolgte. Diese Frage war entgegen der Annahme der Beklagten in der Beschwerdebegründung streitig (vgl. dazu auch das Vorbringen des Klägers mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, Bl. 48 d.A.). Den ihr obliegenden Beweis (vgl. Herget, a.a.O., Rn. 6) dafür, dass dieses Telefonat am 21. März 2013 tatsächlich stattgefunden hat und bereits zu diesem Zeitpunkt ein Anerkenntnis ausgesprochen wurde, hat die Beklagte nicht geführt. Soweit sie anschließend mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. März 2013 ihre Verpflichtung zur Rückabwicklung eingestanden hat, hat sie dies indes von der Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 1.366,02 € sowie von der Erstattung von Reparaturkosten in Höhe von 832,35 € durch den Kläger abhängig gemacht. Während die geltend gemachte Nutzungsentschädigung - wie der Vergleichsschluss zeigt - jedenfalls in dieser Höhe auch aus nachträglicher Sicht der Beklagten unberechtigt war, waren die geltend gemachten Reparaturkosten nach Beurteilung des Sach- und Streitstandes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in Gänze nicht berechtigt. Hierzu fehlte jedes nähere Vorbringen der Beklagten. Dementsprechend war die Beklagte ausweislich des Schreibens vom 27. März 2013 gerade nicht bereit, die berechtigte Forderung des Klägers in vollem Umfang anzuerkennen, und hat damit Veranlassung zur Klage gegeben.

Daran ändern auch die nachfolgenden Vergleichsverhandlungen nichts. Eine Stundung war damit nicht verbunden. Auch hat die Beklagte durch Ablehnung des Vergleichsvorschlages des Klägers mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 18. April 2013, mit dem die Beklagte erneut auf Ersatz ihrer offenbar unberechtigten Forderung auf Schadensersatz bestand und die Berechtigung der Aufwendungsersatzansprüche sowie der Ansprüche auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Abrede stellte, dem Kläger deutlich gemacht, dass er auf diesem Weg seine Rechte nicht würde durchsetzen können.

Nicht anders verhält es sich mit den von der Beklagten nach dem gerichtlichen Vergleich zu ersetzenden Aufwendungen des Klägers auf das Fahrzeug. Auch hier liegt kein sofortiges Anerkenntnis vor, wenn die Beklagte nach mehrmonatiger Prozessdauer nach Vorlage von Belegen dem Vergleich zugestimmt hat. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz dieser Aufwendungen war mit der wirksamen Erklärung des Rücktritts fällig geworden und hing nicht von der Vorlage von Belegen ab, auch wenn diese der Beklagten erst eine Überprüfung des Anspruchs ermöglicht haben sollten. Die Vorlage von Belegen hätte sie im Übrigen bereits nach Erhalt des Schreibens des Klägervertreters vom 28. Januar 2013 erbitten können, als dieser die Aufwendungsersatzansprüche erstmals geltend gemacht hat. Insoweit wäre es möglich gewesen, bereits zu diesem Zeitpunkt - abhängig vom Nachweis der geltend gemachten Kosten durch Belege - eine Erklärung abzugeben, wonach sie hierfür hätte einstehen wollen. Stattdessen reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 27. März 2013 ihrerseits mit der Geltendmachung von weitgehend nicht berechtigten Forderungen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.



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