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Landgericht Berlin Urteil vom 06.03.2013 - 43 S 118/12 - Anspruch auf typengleiches Mietfahrzeug und Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten

LG Berlin v. 06.03.2013: Zum Anspruch auf typengleiches Mietfahrzeug und zur Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 06.03.2013 - 43 S 118/12) hat entschieden:
  1. Grundsätzlich darf der Geschädigte eines Verkehrsunfalls als Ersatz denselben oder doch einen gleichwertigen Fahrzeugtyp (hier: Porsche Carrera S) anmieten.

  2. Übersteigt der Mietpreis die Werte der Schwackeliste und des Fraunhofer Marktpreisspiegel so erheblich, dass der Geschädigte als ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch die Mietkosten nicht mehr für zweckmäßig und notwendig halten durfte, so muss der Geschädigte auch auf einen anderen Fahrzeugtyp der entsprechenden Klasse zurückgreifen.

  3. Es ist sachgerecht, für die Schätzung der Mietkosten gem. § 287 ZPO das arithmetische Mittel aus beiden Markterhebungen (Schwacke und Fraunhofer) zu bilden.

Siehe auch Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Verkehrsunfall - Mietwagenkosten als Unfallschaden und Der Unfallersatztarif


Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht als Vermieterin von Mietwagen gegen die Beklagte ein Anspruch auf restliche Mietwagenkosten für die Zeit vom 23. März bis zum 6. April 2011 gemäß §§ 249 ff., 398 BGB in der tenorierten Höhe zu.

Im Hinweis der Kammer vom 29. August 2012 ist Folgendes zutreffend ausgeführt:
"Grundsätzlich darf der Geschädigte als Ersatz denselben oder doch einen gleichwertigen Fahrzeugtyp anmieten (KG vom 2.9.2010 - 22 U 146/09 -, bei juris). Als erforderlichen Herstellungsaufwand darf der Geschädigte den Ersatz der Mietwagenkosten jedoch nur verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH NJW 2010, 2569 ff.; KG, aaO).

Hier übersteigt der Mietpreis der Klägerin für zwei Wochen von etwa 3.600 € brutto die Werte der Schwackeliste, Automietpreisspiegel 2011: Moduswert von 1.202 €/ Woche, d.h. 2.404 € für zwei Wochen, und bei Fraunhofer, Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2011, den Mittelwert von 715,65 €/ Woche, d.h. 1.431,30 €, so erheblich, dass die Geschädigte als ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch die Mietkosten der Klägerin nicht mehr für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Dann hätte sie auch auf einen anderen Fahrzeugtyp der Klasse 10 zurückgreifen müssen.

Da die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten dem Schätzungsermessen des Gerichts gemäß § 287 ZPO unterliegen, das Kammergericht auch das arithmetische Mittel aus beiden Markterhebungen (Schwacke und Fraunhofer) als zulässige Grundlage einer Schätzung erachtet (KG, aaO) ..."
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass folgende Anknüpfungstatsachen, wie ein offenes Mietzeitende, keine Vorreservierungsfrist, ein Vorfinanzierungsrisiko, der notwendige Aufschlag auf einen Vergleichsnormaltarif zu ermitteln und einzustellen seien, erachtet das Gericht als für die Schätzung der Mietkosten gemäß § 287 ZPO besonders freigestellt es als sachgerecht, ein arithmetisches Mittel aus den beiden Tabellen bei Fraunhofer und bei Schwacke zu bilden. Es ist allerdings richtig, dass der vom Gericht zunächst unterbreitete Vergleichsvorschlag bei Zugrundelegung der Schwacke-Werte lediglich von den Mietwagengrundkosten ausging. Hinzu kommen deshalb auf den Grundpreis bei Schwacke noch die Nebenkosten von 32,00 € pro Tag für Vollkasko und 23,00 € für das Abholen.

Ausgehend von der Berechnung im Vergleichsvorschlag vom 29. August 2012 ergibt sich damit folgende zusätzliche Berechnung:

14 Tage x 32,00 € pro Tag (Vollkasko) = 448,00 € + 23,00 € = 471,00 € + 2.404,00 € (Moduswert bei Schwacke:

bei Schwacke: 2.875,00 €
Wert bei Fraunhofer 1.431,30 €
insgesamt 4.306,30 € : 2 = 2.153,15 €
- 15 % (Ersparnis von Eigenaufwendungen), d.h. 322,97 € = 1.830,18 €
(von der Beklagten vorprozessual gezahlt) = - 1.210,08 €
  620,10 €


Vorprozessuale Rechtsanwaltskosten berechnen sich nach dem korrigierten Gegenstandswert von 620,10 €. Dies ergibt: 65 x 1,3 + 20,00 € = 104,50 €.

Der Zinsanspruch folgt gemäß §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder von grundsätzliche Bedeutung ist noch die Rechtsfortbildung oder Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordern (§ 543 ZPO).



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