Das Verkehrslexikon

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OLG Saarbrücken Urteil vom 13.03.2013 - 5 U 342/12 - Haftung des Busunternehmers für fehlende Sicherung eines mitgeführten Musikinstrumentes

OLG Saarbrücken v. 13.03.2013: Zur Haftung des Busunternehmers für fehlende Sicherung eines mitgeführten Musikinstrumentes


Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 13.03.2013 - 5 U 342/12) hat entschieden:
Übernimmt ein Busunternehmen den Transport eines Schülerorchesters und von dessen Instrumenten, so ist es verpflichtet, die Instrumente gegen Verlust und Beschädigung während der Beförderung zu schützen.


Siehe auch Personenbeförderung - Fahrgastbeförderung und Linienbusse


Gründe:

Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Busunternehmen, wegen eines Transportschadens an einem Kontrabass in Anspruch.

Die Klägerin ist Mitglied des Landes-​Jugend-​Symphonie-​Orchesters Saar und nahm vom 2.10. bis 7.10.2011 an einer Probenfahrt des Orchesters von Saarbrücken nach Oberwesel teil. Für diese Fahrt hatte die Beklagte dem Orchester ein Angebot vom 23.9.2011 (Bl. 63 d.A.) unterbreitet, welchem eine Anfrage der Zeugin L. vom 23.9.2011 (Bl. 64 d.A.) nach einem Angebot – „Personenanzahl: 72 mit Gepäck und Instrumenten“ – vorausgegangen war, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass für das Schlagzeug ein großer Hänger benötigt werde.

Unstreitig wurde der Klägerin bei Abreise durch den Busfahrer der Beklagten, den Zeugen R., aus Sicherheitsgründen untersagt, den in einer textilen, gepolsterten Transporthülle verpackten Kontrabass im Fahrgastraum mitzunehmen. Auf dessen Anweisung wurde das Instrument stattdessen gemeinsam mit einem weiteren Kontrabass in dem Anhänger verstaut, in welchem sich bereits andere Gepäckstücke, insbesondere ein in einer Holzkiste verpacktes Schlagzeug, befanden; Gurte oder Polster zur Sicherung der Instrumente standen nicht zur Verfügung. Diese Anweisung hatte der Zeuge R. mit dem Hinweis verbunden, Versicherungsschutz für das Instrument sei nur gegeben, wenn dieses im Hänger transportiert werde. Nach Ankunft in Oberwesel um die Mittagszeit wurden Gepäck und Instrumente zunächst in einem eigens dafür vorgesehenen Raum verstaut und anschließend in den Probenraum verbracht, wo die Instrumente ausgepackt wurden. Um 15.41 Uhr informierte die Zeugin L. die Beklagte per E-​Mail über die Beschädigung des Instruments.

Die Parteien streiten darüber, ob das Instrument während des Transports beschädigt worden ist. Nachdem vorgerichtlich durch die Mutter der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsansprüche (Bl. 7 d.A.) mit Schreiben vom 20.10.2011 zurückgewiesen worden waren (Bl. 10 d.A.), verfolgt die Klägerin die Ansprüche mit der vorliegenden Klage weiter, des Weiteren einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin hat behauptet, das beschädigte Instrument sei ihr von ihrem Lehrer, dem Zeugen G., zur Verfügung gestellt worden, welcher das Instrument im Jahr 2008 von dem Geigenbaumeister K. für einen Kaufpreis von 25.525 € (Bl. 50 d.A.) erworben habe. Zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen der Beschädigung des Instruments sei sie ausweislich der schriftlichen Erklärung des Zeugen vom 19.1.2012 (Bl. 48 d.A.) aufgrund einer Abtretung berechtigt.

Dieses sei bei Verladung in den Anhänger noch unbeschädigt gewesen. Sie habe die Beschädigung, ein etwa 10 cm breites, 30 cm langes und bis zu 2 cm tiefes Loch an der Seite des Instruments, erst festgestellt, als sie dieses am Nachmittag nach der Ankunft aus der Transporthülle ausgepackt habe. Bis dahin sei das Instrument ohne Zwischenfälle ordnungsgemäß bewegt und in dem abgeschlossenen Gepäckraum der Jugendherberge gelagert worden. Es sei davon auszugehen, dass die Beschädigung des Instruments durch die seitlich daneben gelagerte Holzkiste mit dem Schlagzeug verursacht worden sei (Skizze Bl. 95 d.A.). Eine Meldung des Schadens unmittelbar nach Ankunft sei schon daran gescheitert, dass der Zeuge R. nach dem Ausladen weggefahren sei. Im Übrigen habe das wertvolle Instrument nicht zu Kontrollzwecken im Freien ausgepackt werden können.

Die Klägerin hat eine eigene Pflichtverletzung in Abrede gestellt. Die von der Klägerin verwandte textile Schutzhülle sei für den Transport des Instruments üblich. Nachdem die Klägerin die Beklagte zunächst mit einer unbezifferten Klage auf Erstattung des Schadens in Anspruch genommen hatte, hat sie die Klageforderung mit Schriftsatz vom 21.11.2011 (Bl. 19 d.A.) unter Bezugnahme auf die sich aus dem – mit Schreiben vom 3.1.2012 (Bl. 49 d.A.) näher konkretisierten - Kostenvoranschlag des Geigenbauers K. vom 3.11.2011 (Bl. 152 ff. d.A.) ergebenden Reparaturkosten in Höhe von 6.223,70 € beziffert.

Die Klägerin hat beantragt,
  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.223,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-​Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 359,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-​Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bereits die Aktivlegitimation der Klägerin in Zweifel gezogen. Darüber hinaus hat sie Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des Instruments dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Es könne bereits nicht festgestellt werden, dass die Beschädigung des Instruments während des Transports eingetreten sei. Dessen ungeachtet fehle es an einem Verschulden der Beklagten. Das Landes-​Jugend-​Orchester habe lediglich einen Bus mit Anhänger bestellt, ohne dass ein Hinweis darauf erfolgt wäre, dass besonders sperrige oder wertvolle Instrumente zu transportieren seien. Für eine ordnungsgemäße Verladung sei die Beklagte nicht verantwortlich gewesen. Der Zeuge R. habe einen Transport des Instruments im Fahrgastraum zu Recht aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Dessen ungeachtet falle der Klägerin jedenfalls ein überwiegendes Mitverschulden zur Last, weil sie das Instrument nicht in einem geeigneten Transportverhältnis, insbesondere einem Hartschalenkoffer, verpackt habe. In Bezug auf die Höhe der Entschädigungsforderung hat die Beklagte die Notwendigkeit der im Kostenvoranschlag aufgeführten Arbeiten und die Üblichkeit der hierfür in Ansatz gebrachten Vergütung bestritten. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe schon deshalb nicht, weil der Anspruch vorprozessual nicht für die Klägerin, sondern für deren Mutter I. S. geltend gemacht worden ist.

Das Landgericht hat die Beklagte mit dem am 21.8.2012 verkündeten Urteil (Bl. 162 ff. d.A.) zur Zahlung verurteilt, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung von Zeugen davon auszugehen sei, dass es während der Busfahrt aufgrund eines Organisationsverschuldens der Beklagten zu einem Schaden an dem Musikinstrument gekommen ist. Das Organisationsverschulden liege darin, dass die Verladung der Instrumente den Fahrgästen, hier vornehmlich Jugendlichen, überlassen worden sei, ohne dass wenigstens konkrete Anweisungen erteilt und Hilfsmittel – wie Zurrgurte, Expander oder Transportdecken - zur Verfügung gestellt worden wären. Zu entsprechenden Vorkehrungen sei die Beklagte aber verpflichtet gewesen. Für den von der Klägerin geschilderten Schadenshergang sprächen die Gesamtumstände und die allgemeine Lebenserfahrung im Wege des Anscheinsbeweises. Ein Mitverschulden der Klägerin hat das Landgericht verneint.

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe die Regeln des Anscheinsbeweises nicht zugunsten der Klägerin anwenden dürfen und habe darüber hinaus die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Busunternehmers überspannt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 21.8.2012 abzuweisen.
Die Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.


II.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin ein eigener Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus dem Beförderungsvertrag zusteht. Die Klägerin hat bewiesen, dass durch eine der Beklagten zuzurechnende Sorgfaltspflichtverletzung des Zeugen R. während des Transports ein Schaden an dem von ihr mitgeführten Instrument des Zeugen G. eingetreten ist, zu dessen Geltendmachung die Klägerin aktivlegitimiert ist.

1. Das Landgericht hat die Klägerin zu Recht für aktivlegitimiert gehalten, nachdem diese die Abtretung der streitgegenständlichen Ansprüche durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung des Eigentümers des Instruments, F. G., vom 19.1.2012 (Bl. 48 d.A.) als auch durch dessen zeugenschaftliche Vernehmung nachgewiesen hat. Dem ist die Beklagte mit der Berufung nicht weiter entgegen getreten.

Dessen ungeachtet war die Klägerin nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt, den Schaden des Zeugen G. geltend zu machen (siehe unten).

2. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin selbst Partei des als Werkvertrag gemäß § 631 BGB zu qualifizierenden Beförderungsvertrages mit der Beklagten geworden ist. Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich weder entnehmen, welche Rechtsform das Orchester hat, noch in wessen Namen – des Orchesters oder dessen Mitglieder - die das Angebot einholende Zeugin L. bei Vertragsschluss gehandelt hat und wer unmittelbar Rechte aus dem Vertrag erwerben sollte. Die Klägerin als Mitglied des Orchesters ist jedenfalls derart in die vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten der Beklagten einbezogen, dass ihr bei deren schuldhafter Verletzung eigene Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen.

a) Die Beklagte schuldete aus dem auf der Grundlage des Angebots vom 23.9.2011 und der vorausgegangenen Anfrage der Zeugin L. vom selben Tag zustande gekommenen Beförderungsvertrag nicht lediglich den Transport der Mitglieder des Orchesters und deren Gepäck als Erfolg (vgl. Koller, Transportrecht, 7. Aufl. 2010, § 407 Rdn. 18; Voit in Beck'scher Online-​Kommentar BGB, Stand: 1.8.2012, § 631 Rdn. 12a jew. zur Abgrenzung des Beförderungsvertrags von der Vermietung eines bemannten Fahrzeugs). Ausweislich der Anfrage vom 23.9.2011 sollte außerdem der Transport der Instrumente der Orchestermitglieder übernommen werden, für welche teilweise – für die Schlagzeuge – sogar um die Bereitstellung besonderer Transportmittel - eines Anhängers - gebeten worden war. Dies begründete neben der werkvertraglichen Pflicht zur Beförderung der Personen und deren Gepäck (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2011 – X ZR 99/10 – VersR 2011, 1289; Urt. v. 5.12.2006 – X ZR 165/03 – VersR 2007, 1392 jew. zum Luftbeförderungsvertrag im Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens) eine weitere (Hauptleistungs-​) Pflicht der Beklagten, die ihr anvertrauten Instrumente zu befördern.

Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) waren hiermit ferner besondere Sorgfaltspflichten der Beklagten verbunden: Sie war gehalten, die Instrumente während der Beförderung gegen Verlust und Beschädigung zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1982 – VII ZR 82/82 – NJW 1983, 113: allgemein zur Pflicht des Werkunternehmers, mit dem in seinen Gewahrsam gelangten Eigentum des Bestellers pfleglich umzugehen und es vor Schaden zu bewahren; LG Duisburg, NJW-​RR 1995, 693: zu Sicherungspflichten in Bezug auf das Gepäck von Busreisenden). Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es zur Begründung einer solchen Pflicht im Streitfall nicht eines gesonderten Hinweises auf den – offenkundigen - Umstand, dass besonders sperrige oder wertvolle Instrumente zu transportieren sind. Welche konkreten Schutz- und Sicherungspflichten den Unternehmer im Rahmen eines Beförderungsvertrages nach den besonderen Umständen des Einzelfalls treffen können, richtet sich nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB; vgl. BGH, aaO. zum Werkvertrag). Im Streitfall kann die Beklagte sich jedenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, für eine ordnungsgemäße Verladung der Instrumente nicht verantwortlich gewesen zu sein.

b) Diese Sorgfaltspflichten bestanden – unabhängig von einer etwaigen Stellung als Vertragspartei – auch gegenüber der Klägerin.

aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch dritte, an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen werden können. Ihnen gegenüber ist der Schuldner zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet. Zu den Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte gehören insbesondere auch Personenbeförderungsverträge (vgl. RG, Urt. v. 7.6.1915 – Rep. VI. 7/15 – RGZ 87, 64; Urt. v. 18.11.1915 – Rep. IV. 178/15 – RGZ 87, 289: jeweils noch in Anwendung des § 328 BGB; BGH, Urt. v. 28.5.1957 – VI ZR 136/56 – BGHZ 24, 325; Urt. v. 27.11.1959 – VI ZR 112/59 – VersR 1960, 153). Dabei ist die ursprünglich auf Personenschäden bezogene Einbeziehung dritter Personen auf Vermögensschäden ausgedehnt worden (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1968 – VIII ZR 195/65 – NJW 1968, 885; Urt. v. 2.7.1996 – X ZR 104/94 – NJW 1996, 2927 zur Entwicklung der Rechtsprechung).

Auf der Grundlage dieser ständigen Rechtsprechung ist die Klägerin - auch in Bezug auf die von der Beklagten übernommene Pflicht zur Beförderung der Instrumente - in die Schutzwirkung des Vertrages einbezogen worden. Sie gehörte - als Mitglied des Orchesters - zu dem Personenkreis, der bestimmungsgemäß mit der von der Beklagten geschuldeten Leistung in Berührung kam und sowohl hinsichtlich des Schutzes der körperlichen Integrität als auch des Eigentums den Gefahren der Leistungserbringung ausgesetzt war. Diese sollte nach dem Willen der Vertragsparteien gerade den Orchestermitgliedern zugutekommen. Des Weiteren besteht auch ein Schutzbedürfnis der Klägerin, der keine eigenen vertraglichen Ansprüche – gleich gegen wen – zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihr über eine Einbeziehung in den Schutzbereich des streitgegenständlichen Vertrages zukommen (vgl. zu den Anforderungen an die Begründung einer Schutzwirkung zugunsten Dritter BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08 – NJW 2010, 3152; Urt. v. 2.7.1996 – X ZR 104/94 – NJW 1996, 2927; OLG Köln, OLGR Köln 2001, 252: Einbeziehung des Eigentümers in den Schutzbereich des Transportvertrages; OLG Stuttgart, NJW-​RR 2010, 883: Einbeziehung des Räumungsschuldners in die Schutzwirkung des zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Frachtführer/Lagerhalter zum Zwecke der Zwangsräumung geschlossenen Umzugs- und Lagervertrags, Schinkels in jurisPK-​BGB, 6. Aufl. 2012, § 328 Rdn. 76 f.).

bb) Zwar ist der Klägerin selbst kein Schaden entstanden. Sie ist indessen – ungeachtet der Abtretung von Ansprüchen des Eigentümers - nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Drittschadensliquidation zur Geltendmachung des Schadens des Zeugen G. berechtigt. Nach diesen Grundsätzen kann ein Dritter unter anderem bei Übernahme einer vertraglichen Pflicht zur Obhut und Fürsorge über eine ihm zur Verfügung gestellte Sache gegenüber dem Vertragsgegner ausnahmsweise zur Geltendmachung des Schadens des Eigentümers berechtigt sein (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.2001 – I ZR 312/98 – NJW-​RR 2001, 1612; Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, Vorb v § 249 Rdn. 109). So liegt es hier. Die Klägerin, die das beschädigte Instrument aufgrund eines Leihvertrages (§ 598 BGB) besaß, ist mithin berechtigt, die Leistung des Schadensersatzes an sich zu verlangen. Dass dies auch dem Willen des Eigentümers entspricht, hat sie durch Vorlage der schriftlichen Erklärung des Zeugen G. vom 19.1.2012 (Bl. 48 d.A.) nachgewiesen.

3. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist dem Grunde und der Höhe nach begründet.

Dabei kann dahin stehen, ob und inwieweit aufgrund der übernommenen Pflicht zum Transport der Instrumente frachtrechtliche Elemente des Personenbeförderungsvertrages zumindest eine entsprechende Anwendung der §§ 407 ff. HGB gebieten können, welche insbesondere eine verschuldensunabhängige Haftung des Frachtführers nach § 425 HGB vorsehen, wenn das Gut Schaden nimmt, während es sich in dessen Obhut befindet und dieser nicht darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass einer der in den §§ 426, 427 aufgeführten Haftungsausschlussgründe vorliegt (vgl. Reuschle in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2009, § 407 Rdn. 29; Schaffert, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2009, § 434 Rdn. 2). Der Bundesgerichtshof hat auch in anderen Fällen angenommen, dass dem in die Schutzwirkungen des Vertrages einbezogenen Dritten unmittelbar Ansprüche aus speziellen gesetzlichen Haftungsregelungen zustehen können (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08 – NJW 2010, 3152 zu einem Anspruch des Dritten aus § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB a.F., der eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters vorsah).

Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts ist die Beschädigung des Instruments nämlich Folge einer schuldhaften Sorgfaltspflichtverletzung des Fahrers der Beklagten, welche der Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen ist.

a) Das Landgericht hat es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als bewiesen angesehen, dass das Instrument während des Transports durch die Beklagte beschädigt worden ist.

Der Senat schließt sich dieser Wertung an.

aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Solches ist der Fall, wenn die Grundsätze einer verfahrensfehlerfreien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nicht eingehalten wurden. Steht ein Verfahrensfehler im Raum, kommt es darauf an, ob die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne diesen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wobei bei Prozessverstößen, die einen absoluten Revisionsgrund nach § 547 ZPO begründen würden, die Ursächlichkeit (unwiderleglich) vermutet wird (vgl. Ball in Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 513 Rdn. 5). Hat das Gericht des ersten Rechtszuges die entscheidungserheblichen Tatsachen unter Wahrung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO aber vollständig und überzeugend festgestellt und sieht das Berufungsgericht keine Veranlassung, vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen, sind erneute, eigene Feststellungen nicht geboten (vgl. Senat, Urt. v. 16.1.2013 – 5 U 148/12-​22; Urt. v. 21.4.2010 – 5 U 223/09; KG, Beschl. v. 28.1.2008 – 12 U 50/07; KG, NZV 2008, 252).

Letzteres ist hier der Fall.

(1) Das Landgericht hat der informatorisch angehörten Klägerin geglaubt, dass das Instrument beim Einladen in den von der Beklagten bereitgestellten Anhänger noch unbeschädigt gewesen ist. Das ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe dieses zuhause in unbeschädigtem Zustand eingepackt und ohne Zwischenfälle zum Abfahrtspunkt gebracht. Eine zeugenschaftliche Vernehmung der hierbei anwesenden Mutter der minderjährigen Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin kam nicht in Betracht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 373 Rdn. 1). Das Landgericht hat es jedoch zu Recht als wenig wahrscheinlich erachtet, dass die Klägerin die Fahrt zum Probenwochenende mit einem stark beschädigten Instrument angetreten haben sollte. Des Weiteren hat es zu Recht sowohl dem unstreitigen Umstand indizielle Bedeutung beigemessen, dass die Klägerin das Instrument zunächst im Fahrgastraum verstauen wollte, um Schäden zu vermeiden, als auch der von den Zeugen Ho. (Bl. 104 d.A.) und Ko. (Bl. 106 d.A.) übereinstimmend geschilderten Reaktion der Klägerin, die auf die Entdeckung der Beschädigung nach Ankunft „sehr überrascht“ bzw. „total geschockt“ reagiert habe.

Mithin war davon auszugehen, dass die Beklagte das Instrument unbeschädigt zum Transport übernommen hat.

(2) Das Landgericht hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Wege des Anscheinsbeweises ferner die Überzeugung gebildet, die Beschädigung des Instruments sei nicht erst nach dessen Aushändigung an die Klägerin, sondern während des Transportes eingetreten. Der Senat teilt auch diese Wertung.

Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2010 – VI ZR 33/09 – NJW 2010, 1072). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich auch bei der Feststellung von Ursachen für die Beschädigung des transportierten Instruments in Betracht kommen, soweit ausreichende Erfahrungssätze vorhanden sind (vgl. Koller, Transportrecht, 7. Aufl. 2010, § 438 Rdn. 16 für die Feststellung von Ursachen für die Beschädigung von Frachtgut). Dabei kann im Wege des Anscheinsbeweises insbesondere auch von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden. Dies setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, wobei Typizität in diesem Zusammenhang allerdings nur bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (vgl. BGH, aaO.). Einen solchen typischen Geschehensablauf hat das Landgericht zu Recht bejaht.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der von der Klägerin mitgeführte Kontrabass gemeinsam mit anderen Gepäckstücken – unter anderem einer schweren Holzkiste mit dem Schlagzeug – in dem Anhänger verstaut wurde, ohne dass von Seiten der Beklagten Vorkehrungen getroffen wurden, die Gegenstände gegen Erschütterungen bei der Fahrt zu fixieren oder sonst in geeigneter Weise vor einem Aufeinanderprallen zu schützen. Dies ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet, die Beschädigung der transportierten Instrumente herbeizuführen.

Der von dem Landgericht vernommene Zeuge K., der Erbauer des Instruments, hat den von der Klägerin im Einzelnen geschilderten Geschehensablauf eines seitlichen Anstoßes der Spitze der Holzkiste gegen den Kontrabass auf der Grundlage der von der Klägerin angefertigten Skizze zur Lagerung des Instruments (Bl. 95 d.A.) unter Berücksichtigung des konkreten Schadensbildes für plausibel erachtet. Die Beklagte hat die Grundlagen dieser Einschätzung mit der Berufung nicht angegriffen.

Das Landgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass konkrete Anhaltspunkte tatsächlicher Art für eine andere Schadensursache fehlen (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2010 – VI ZR 33/09 – NJW 2010, 1072: dies ist bereits bei der Bestimmung des typischen Lebenssachverhalts zu berücksichtigten). Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insbesondere nichts anderes aus einem „ungeklärten“ Zeitraum während des Transports des Instruments vom dem Gepäck- zum Probenraum. Die vom Landgericht vernommene Zeugin Ko. hat angegeben, bei Ankunft an der Jugendherberge lediglich beobachtet zu haben, dass die Klägerin ihren Kontrabass aus dem Anhänger genommen habe (Bl. 106 d.A.). Von einem Zwischenfall, der die streitgegenständliche Beschädigung des Instruments hätte erklären können, hat sie nichts berichtet. Der Zeuge Ho., dessen Kontrabass ebenfalls in dem Anhänger verstaut gewesen war, hat geschildert, im Anschluss gemeinsam mit der Klägerin auf den Einlass in die Jugendherberge gewartet zu haben, wobei sie beide ihre Instrumente gehalten hätten. Nach dem Einlass seien sie beide in den Gepäckraum gegangen, wo sie ihre Instrumente, „hinten rechts in die Ecke gelegt“ hätten. Letzteres hat die Zeugin Ko. bestätigt. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass andere Orchestermitglieder beim Ein- oder Ausräumen ihres Gepäcks über die Instrumente steigen mussten. Nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen Ho. und Ko. war der Gepäckraum während des Zeitraums der Lagerung der Instrumente verschlossen gehalten worden. Anhaltspunkte dafür, dass sich bei dem Transport der Instrumente zum Probenraum ein Zwischenfall ereignet haben könnte, welcher als mögliche Ursache der Beschädigung in Betracht käme, sind nicht ersichtlich. Auch insoweit lässt sich aus der von den Zeugen beschriebenen Reaktion der Klägerin beim Auspacken des Instruments Gegenteiliges schließen.

Auf dieser Grundlage war die Annahme des Landgerichts gerechtfertigt, in der im zeitlichen Zusammenhang mit dem Transport festgestellten Beschädigung des Instruments habe sich das typische Schadensrisiko fehlender oder unzureichender Schutzvorkehrungen des Transportguts verwirklicht.

b) Die Beklagte hat nicht dargetan, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ebenso wenig kann sie sich auf ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 Abs. 1 BGB) berufen.

Sie kann insbesondere nicht geltend machen, die Beschädigung sei auf eine ungenügende Verpackung des Instruments zurückzuführen. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin nicht gehalten war, den Kontrabass für den Transport in einem Hartschalenkoffer zu verpacken, welcher gemeinsam mit dem Instrument ein Gewicht von rund 40 kg erreicht und wegen seiner Größe nicht in einem normalen PKW transportiert werden kann. Unter Berücksichtigung der gängigen Sicherheitsvorkehrungen zur Ladungssicherung – Gurte, Expander, Schutzdecken und ähnliches – bot die übliche fingerdick gepolsterte Textilhülle dem Instrument ausreichenden Schutz.

Eine Mitverantwortung der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass erkennbar war, dass in dem bereits mit anderen Gepäckstücken - insbesondere mit unbefestigten Holzkisten - geladenen Anhänger kein ausreichender Schutz vor Transportschäden bestand. Die Klägerin war gehalten, der Anweisung des Zeugen R., das Instrument aus Sicherheitsgründen nicht im Fahrgastraum, sondern im Hänger zu verstauen, Folge zu leisten. Hinzu kommt, dass der Zeuge R. die Bedenken der um das Instrument besorgten (minderjährigen) Klägerin nach seinem eigenen Bekunden durch den – unzutreffenden – Hinweis zerstreute, bei einem Transport im Hänger bestehe Versicherungsschutz. Tatsächlich verfügte die Beklagte nicht über entsprechenden Versicherungsschutz. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind Schäden an der transportierten Sache selbst gemäß § 8 Nr. 3 StVG auch von der Haftung nach § 7 StVG, § 115 VVG ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2007 – VI ZR 220/06 – VersR 2008, 230 m.w.N. zu § 7 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG). Unter diesen Umständen tritt ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin zurück.

e) Den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts zur Höhe der Reparaturkosten ist die Beklagte mit der Berufung nicht entgegen getreten.

4. Ob daneben auch deliktsrechtliche Ansprüche begründet sind, kann offen bleiben.

5. Die Beklagte hat der Klägerin im Wege des Schadensersatzes auch die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung zu erstatten (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 249 Rdn. 56 f.).

Da die Klägerin nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation einen eigenen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, steht dem nicht entgegen, dass die Kosten des vom Zessionar beauftragten Rechtsanwalts nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen sind (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 249 Rdn. 57).

Dass das vorgerichtliche Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13.10.2011 (Bl. 7 d.A.) nicht offen legt, dass die Mutter der Klägerin nicht eigene Ansprüche geltend machte, sondern als deren gesetzliche Vertreterin handelte, ändert nichts an der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe, welche für die Erstattungsfähigkeit der entstandenen Kosten maßgeblich ist (vgl. Urt. v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05 – NJW 2006, 1065 zur Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten).

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. nicht gegeben sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.