Das Verkehrslexikon
OLG Dresden Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12 - Erkundigungspflicht des Geschädigten bei Zweifeln an der Angemessenheit von Mietwagenkosten
OLG Dresden v. 31.07.2013: Zur Erkundigungspflicht des Geschädigten bei Zweifeln an der Angemessenheit von Mietwagenkosten
Das OLG Dresden (Urteil vom 31.07.2013 - 7 U 1952/12) hat entschieden:
- Eine Nachfrage des geschädigten Unfallgegners nach einem anderen als dem ihm angebotenen konkreten Mietwagentarif für ein Ersatzfahrzeug ist, von besonders gelagerten Fällen abgesehen, regelmäßig nur dann veranlasst, wenn sich der ihm angebotene Tarif mehr als 50% von dem einschlägigen Tarif der Schwacke-Liste entfernt.
- Für einen konkreten Angriff gegen die vom Tatrichter zulässigerweise als Schätzgrundlage herangezogene Schwacke-Liste genügt nicht, wenn der Schädiger bzw. dessen Versicherung sich lediglich auf Internetangebote von überregional tätigen Autovermietern berufen, die keinen Bezug zum Unfallzeitpunkt erlauben, keinen Vollkaskoschutz aufweisen, eine Kilometerbegrenzung enthalten und überdies auch nur unter Vorbehalt (Reservierungsbestätigung nach 48 Stunden bzw. bei Verfügbarkeit) erteilt wurden.
Siehe auch Ersatz der unfallbedingten Mietwagenkosten und Der Unfallersatztarif
Gründe:
1. Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 23.11.2012, beiden Parteien am 05.12.2012 zugestellt, der Klage überwiegend stattgegeben, wobei es von einer 75 %-igen Haftung der Beklagten ausgegangen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richten sich die wechselseitig eingelegten Berufungen der Parteien, mit denen sie ihr erstinstanzliches Ziel vollumfänglich weiterverfolgen.
Zu Unrecht stütze sich die landgerichtliche Entscheidung auf den Beschluss des OLG Dresden vom 29.06.2009. Dieser stehe schon nicht in Einklang mit der darin zitierten Entscheidung des BGH vom 04.07.2006 (Az: VI ZR 237/05). Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Dresden stimme auch nicht mit der BGH-Rechtsprechung überein. Auch sei die Beweislast verkannt worden. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe der Kläger hier noch nicht einmal vorgetragen, entsprechende Nachfragen zu günstigeren Tarifen gestellt zu haben. Er hätte sich jedenfalls auf dem Markt erkundigen müssen. Von einer Eil- bzw. Notsituation sei nicht auszugehen. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.01.2007 (Az: VI ZR 99/06) ergebe sich, dass von der Unzugänglichkeit eines günstigeren Normaltarifs nicht ohne Weiteres auszugehen sei. Der Unfallersatztarif hätte demnach nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn der Kläger sich überhaupt in einer Eil- bzw. Notsituation befunden hätte. Hieran fehle es aber im vorliegenden Fall. Auch die Vorschrift des § 287 ZPO sei verletzt, weil das Landgericht schon nicht dargelegt habe, weshalb die Tarife der Schwacke-Liste anwendbar sein sollten. Es sei zwar so, dass höchstrichterlich sowohl die Schwacke-Liste als auch die Fraunhofer-Liste der tatrichterlichen Schätzung zugrunde gelegt werden dürften. Die Beklagte habe jedoch gewissenhaft vorgetragen, wie sich die Schadensschätzung auch aufgrund anderer Tabellen ableiten lasse; dies hätte im Rahmen des § 287 ZPO Berücksichtigung finden müssen. Das Landgericht habe deshalb auch den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt und das angebotene Sachverständigengutachten zu der behaupteten Überschreitung um ca. 250% verfahrensfehlerhaft nicht eingeholt. Mit Blick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2011 (Az: VI ZR 253/09) hätte das Landgericht den erhobenen Einwänden aber nachgehen müssen. Nichts anderes ergebe sich daraus, dass die vorgelegten Anlagen KE 1 und KE 2 nicht den Unfallzeitpunkt auswiesen. Somit übertreffe der anhand der Schwacke-Liste zu ermittelnde ortsübliche Mietpreis die Angebote zweier örtlicher Niederlassungen namhafter Autovermietungen (Sixt und Europcar) um mehr als das Doppelte. Ergänzend verweisen die Beklagten auf ein neueres Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.05.2011 (Az: VI ZR 142/10), woraus ebenfalls folge, dass aufgezeigte konkrete Internetangebote nicht unberücksichtigt gelassen werden dürften und ein erkennendes Gericht bei Nichtberücksichtigung sein Ermessen überschreite.
Fehlerhaft sei schließlich, dass das Landgericht von einer Differenzbesteuerung nach § 25a UStG ausgegangen sei. Insoweit hätte sich das Landgericht nicht allein auf die unbegründete Darlegung in dem Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigenzentrums ... (Anlage K 1) beziehen dürfen. Dies schon deshalb nicht, weil die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 26.07.2012 bereits hinreichend bestritten habe, dass dieses Fahrzeug auf dem regionalen Markt überwiegend differenzbesteuert werde. Deshalb hätte das Landgericht die Klage auch hinsichtlich der weiteren Zinsen vollumfänglich abweisen müssen.
Die Beklagten beantragen,
das am 23.11.2012 verkündete und am 05.12.2012 zugestellte Urteil des Landgerichts Dresden, Az: 6 O 1405/12, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt insoweit das angefochtene Urteil. Er ficht aber unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Rechtstandpunktes die Teilklageabweisung an und beantragt,
das landgerichtliche Urteil abzuändern wie folgt:
- Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 11.444,23 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.03.2012 sowie aus weiteren 5.199,11 € vom 28.03.2012 bis 25.06.2012 zu zahlen.
- Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger durch Zahlung weiterer 122,68 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.03.2012 an die Firma ... mit Sitz in A. von deren Vergütungsforderung für das Abschleppen des Pkw ... mit dem Kennzeichen ... nach dem Verkehrsunfall vom 09.02.2012 gegen 09.30 Uhr auf der B6 zwischen Rossendorf und Weißig freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger meint, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft zu einer nur 75-prozentigen Haftung der Beklagtenseite gelangt. Zu Unrecht sei es davon ausgegangen, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs nicht zurücktrete. Gegen die Beklagten spreche schon der Anscheinsbeweis. Könne ein Linksabbieger keine Umstände nachweisen, die zu einer unklaren Verkehrslage führten, hafte er bei einer Kollision mit einem Überholer nach gängiger Rechtsprechung allein. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass die Beklagte zu 1) ihre Geschwindigkeit nicht vor der Einfahrt verlangsamt, sondern die ganze Zeit bereits langsam gefahren sei, nämlich zwischen Rossendorf und Weißig ca. 50 km/h. Auch aus der Begründung des Landgerichts ergebe sich nicht, wie sich in der konkreten Situation ein Idealfahrer hätte verhalten sollen. Bereits aus dem Verstoß gegen § 9 Abs. 5 und Abs. 1 Satz 1 StVO folge das vom Landgericht verneinte grob verkehrswidrige Verhalten der Beklagten zu 1).
Die Beklagten ihrerseits verteidigen das angefochtene Urteil, soweit es von einer nur 75%igen Haftung der Beklagten ausgegangen ist. Bereits aus den Anhörungen der Unfallbeteiligten sei eindeutig zu entnehmen, dass ein Linksblinken der Beklagten zu 1) rechtzeitig zu erkennen gewesen sei. Dies sei von dem Kläger auch erkannt worden. Die Berufung des Klägers übersehe auch, dass in den "klassischen Linksabbieger-Überholer-Fällen" grundsätzlich von einer Haftungsquote von 25 zu 75 % zulasten des Linksabbiegers ausgegangen werde. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger den Unfall vermutlich auch bei Einhaltung einer den Witterungsverhältnissen angemessenen Geschwindigkeit nicht hätte vermeiden können. Die zu hoch gewählte Geschwindigkeit des Klägers verhindere, dass dieser den Entlastungsbeweis führen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Sach- und Rechtsvortrags wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 03.07.2013 ergänzend Bezug genommen.
2. Die wechselseitig eingelegten Berufungen der Parteien sind jeweils zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat allerdings nur die Berufung des Klägers Erfolg, weil das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer Mithaftung des Klägers an dem Unfallgeschehen ausgegangen ist. Die Berufung der Beklagten hat indes keinen Erfolg, weil dem Landgericht bei der Bemessung des ersatzfähigen Schadens kein Rechtsfehler unterlaufen ist.
a) Die zu Lasten des Klägers berücksichtigungsfähige Betriebsgefahr tritt hinter das grobe Verschulden der Beklagten zu 1) zurück.
§ 17 Abs. 3 StVG verlangt von einem Idealfahrer die Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente. Er muss sich auch auf erhebliche Fehler anderer einstellen, kann sich aber auch grundsätzlich auf das Unterlassen grober Verstöße durch andere Verkehrsteilnehmer verlassen (vgl. nur Hentschel/König/Dauer, StVR, 42. Aufl., § 17 StVG Rn. 22 m.w.N.). Soweit das angefochtene Urteil von einer "vorausschauenden Fahrweise" spricht, ist nicht nachvollziehbar, welchen konkreten, erwiesenermaßen unfallmitursächlichen Vorwurf gegen die Fahrweise des Klägers hier das Landgericht seiner Wertung zugrunde legen will. Zum Nachweis der Unabwendbarkeit gehört jedenfalls nicht die Widerlegung sämtlicher denkbarer Handlungsabläufe. Unabwendbar ist ein Unfall insbesondere auch regelmäßig dann, wenn beim Überholen ein Vorausfahrender plötzlich ohne Ankündigung nach links ausschwenkt (derselbe, a.a.O., Rn. 26). Zweifel an dieser Unabwendbarkeit gehen indes zu Lasten des Klägers. Ausgehend von der nicht angegriffenen Feststellung des Landgerichts, dass die Beklagte zu 1) - kurzfristig - vor dem Ausschwenken nach links noch geblinkt hat, bleibt jedenfalls offen, ob nicht ein gedachter Idealfahrer in der Situation des Klägers sachgerecht reagiert hätte und den Unfall hätte vermeiden können. Insoweit begegnet im Ergebnis die Annahme des Landgerichts, auch der Kläger habe sich nicht wie ein gedachter Idealfahrer verhalten, keinen Bedenken.
Die Betriebsgefahr des Überholenden tritt in Fällen einer grob schuldhaften Verletzung des § 9 Abs. 1 und 5 StVO (Abbiegen nach links in ein Grundstück) aber regelmäßig ganz zurück, so auch im vorliegenden Fall.
Umstände, die eine Abweichen von dieser Regel rechtfertigen würden, insbesondere ein ebenfalls mitursächliches Verschulden des Klägers an dem Unfall, sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen und auch sonst nicht festzustellen.
Zwar berufen sich die Beklagten auf ein rechtzeitiges Blinken vor dem Abbiegen, jedoch ist der gegen die Beklagte zu 1) sprechende Beweis des ersten Anscheins, dass sie ihrer Verpflichtung zur doppelten Rückschau nicht nachgekommen ist, nicht entkräftet worden (vgl. auch König, a.a.O., § 9 StVO, Rn. 44). Soweit die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 05.07.2013 darauf verweisen, für ein Zurücktreten der Betriebsgefahr hätte der Kläger den Unabwendbarkeitsnachweis führen müssen, wird verkannt, dass in der vorliegenden Unfallkonstellation nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, die Betriebsgefahr trotz der Abwendbarkeit des Unfalls i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG im Ergebnis unberücksichtigt bleibt, weil der Verschuldensvorwurf gegen die Beklagte zu 1 diese völlig in den Hintergrund treten lässt. Wer ohne Rücksicht auf ein überholendes Fahrzeug plötzlich links abbiegt, trägt den Schaden deshalb regelmäßig allein (derselbe, a.a.O., § 9 StVO, Rn. 55).
Anderes gilt nur, wenn den Überholenden selbst ein nachgewiesenermaßen mitursächlicher Verschuldensvorwurf trifft, insbesondere dann, wenn bei unklarer Verkehrslage überholt wird (ders., ebd.). Eine unklare Verkehrslage ist aber nach den vom Senat gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Feststellungen hier nicht bewiesen. Zweifel gehen insoweit zu Lasten der Beklagten, weil sie für ein berücksichtigungsfähiges Verschulden des Klägers beweisbelastet sind. Allein wegen der auf der Straße herrschenden winterlichen Verhältnisse musste der Kläger nicht zwangsläufig damit rechnen, dass die Verkehrslage unübersichtlich und ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen war (vgl. nur OLG München, Urteil vom 09.11.2012 - Az. 10 U 1860/12, juris). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte zu 1) konstant ca. 50 km/h fuhr, ohne dass sich dem Kläger (etwa durch eine plötzliche Geschwindigkeitsreduktion oder ein sonst ungewöhnliches Verhalten) aufdrängen musste, dass die Beklagte zu 1) "wenden" wollte bzw. nach links abbiegen würde. Es ist zwar unstreitig, dass die Beklagte zu 1 mit dem Abbiegevorgang auch noch geblinkt hat; ein rechtzeitiges, längeres Blinken, das den Kläger hätte warnen können, ist aber gerade nicht sicher festgestellt worden. Nach den in der beigezogenen Akte vorhandenen Lichtbildern handelt es sich überdies um eine annähernd gerade verlaufende Straße, so dass aus Sicht des Klägers auch sonst keinerlei Anlass bestand, damit zu rechnen, dass die Beklagte zu 1) nach links abbiegen würde. Ebenso wenig sind Sichtbehinderungen vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs ist auch nicht per se durch das Überholmanöver auf der teilweise schneebedeckten Straße erhöht, hätte sich der streitgegenständliche Unfall, die Wettersituation hinweggedacht, doch im Zuge des Überholmanövers in gleicher Weise ereignet.
Außerdem ist schon nicht konkret vorgetragen, dass der Kläger mit einer angesichts der Witterungsverhältnisse unangemessen hohen Geschwindigkeit die Beklagte zu 1) überholt hätte, abgesehen davon, dass auch dies - unterstellt - nur relevant wäre, wenn feststünde, dass der Unfall bei Einhaltung der angemessenen Geschwindigkeit tatsächlich noch vermeidbar gewesen wäre. Es spricht auch nichts dafür, dass ein Überholen bereits schon deshalb unzulässig gewesen wäre, weil die von der Beklagten zu 1) gefahrene Geschwindigkeit die hier nach den Umständen äußerst mögliche gewesen wäre.
Auch soweit das Landgericht das erstinstanzlich angebotene unfallanalytische Gutachten mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen als untaugliches Beweismittel angesehen hat, wird dies im vorliegenden Fall von den Parteien hingenommen.
b) Das Landgericht hat zutreffend sowohl die geltend gemachten Mietwagenkosten berücksichtigt, als auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass der beschädigte Wagen differenzbesteuert wird. Die Abänderung des landgerichtlichen Urteils basiert deshalb allein auf der geänderten Haftungsquote.
aa) Bereits höchstrichterlich geklärt ist, dass die von dem Landgericht und auch regelmäßig durch den Senat herangezogene Schätzgrundlage (Schwacke-Liste) rechtlich keinen Bedenken begegnet. Dass die Beklagten demgegenüber die Fraunhofer-Liste favorisieren, genügt für sich nicht.
Die Art der Schätzgrundlage ist in § 287 ZPO nämlich nicht vorgegeben. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf ein Tatsachengericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen nicht auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden, wobei für die Schätzung des "Normaltarifs" grundsätzlich auch der "Schwacke-Mietpreisspiegel" im maßgebenden Postleitzahlengebiet eine geeignete Schätzgrundlage darstellt, wiewohl dem Tatrichter solche Listen stets nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO dienen und er im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich daraus ergebenden Normaltarif - abweichen kann und u.U. sogar muss (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17.05.2011 - Az. VI ZR 142/10, VersR 2011, 1026; vgl. auch Senat, Urt. v. 18.07.2012 - 7 U 269/12, MRW 2012, 51). Der Berufung der Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass ein Geschädigter sich dann nicht auf den - höheren - Unfallersatztarif stützen kann, wenn ihm bekannt oder bei zumutbarer Nachfrage hätte bekannt sein müssen, dass es einen kostengünstigeren Normaltarif für ihn gibt, wobei dies eine im Anwendungsbereich des § 254 BGB verortete Frage des Einzelfalls ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2006 - VI ZR 237/05, NZV 2006, 2691). Außerdem muss der Geschädigte, weil dies ein Teil der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB darstellt, in einem solchen Fall darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen kein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - zugänglich gewesen ist (BGH, Urteil vom 04.07.2006, a.a.O.). Insbesondere gilt dies in Fällen (BGH, a.a.O.), in denen, anders als hier, zwischen dem Unfall und der Anmietung ein ausreichender Zeitraum lag, der es dem Geschädigten erst ermöglichte weiter zu recherchieren (BGH, a.a.O.: 2 Wochen). Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Senat entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten durchaus auch in dem veröffentlichen Hinweisbeschluss vom 29.06.2009 (Az. 7 U 499/09, NZV 2009, 604) gefolgt.
Von der Frage der Erforderlichkeit zu unterscheiden ist aber die Frage, wann - stets unter Berücksichtigung der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung - nach den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im konkreten Einzelfall für den Geschädigten Anlass bestanden hat, nach einem günstigeren Tarif als dem ihm angebotenen zu fragen oder weitere Erkundigungen einzuholen.
Der Senat hält insoweit an seiner Auffassung fest, dass ein solcher Anlass, von besonderen, hier nicht ersichtlichen Umständen des Einzelfalls (wie beispielsweise dem relevanten Sonderwissen des Geschädigten) abgesehen, regelmäßig nur dann besteht, wenn sich dem Geschädigten auf Grund eines erheblichen oder aber auffällig hohen Abweichens von den Preisen der Schwacke-Liste Bedenken wegen der Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs hätten aufdrängen müssen (so auch BGH, Urt. v. 04.07.2006, a.a.O., Rn 13). Der Senat ist, auch in geänderter Besetzung, in Fortführung seiner in dem Hinweisbeschluss vom 29.06.2009 (a.a.O.) dargelegten Rechtsauffassung nach wie vor der festen Überzeugung, dass sich ein in diesem Sinne beachtliches Missverhältnis in der Regel dem Geschädigten nur dann aufdrängen muss, wenn der maßgebliche Tarif der Schwacke-Liste um mindestens 50% überschritten worden ist. Eine solche - zugegebenermaßen pauschalierte - Wertrelation hält sich zum einen in den Grenzen des von § 287 ZPO eröffneten Ermessens und befriedigt zum anderen das Bedürfnis des Rechtsanwenders sowie der Instanzgerichte nach handhabbaren, praxistauglichen Vorgaben für die Schadensabwicklung im Alltag. Es dient damit nicht zuletzt auch der Rechtsanwendungsgleichheit als Teil der Rechtssicherheit.
Auch nach der vom Senat in dem Hinweisbeschluss vom 29.06.2009 (a.a.O.) herangezogenen Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 04.07.2006 - VI ZR 237/05, NJW 2006, 2693) ist eine Nachfrage nach einem günstigeren Tarif nämlich nur dann als geboten erachtet worden, wenn der Geschädigte Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs haben musste, die sich u.a. aus dessen Höhe ergeben können. Ging es in dem dort zur Entscheidung stehenden Fall (BGH, a.a.O.) aber um eine dreifache und deshalb "auffallende" (BGH, a.a.O.) Überschreitung des sonst üblichen Tagespreises für einen Mietwagen der entsprechenden Klasse, ist derlei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, zumal die vom Landgericht festgestellte Bandbreite der Abweichung (11,21% bis 28,8% über dem Tarif der Schwacke-Liste) auch von der Berufung der Beklagten so hingenommen worden ist. Die vom Senat angenommene relative Obergrenze ist damit deutlich von dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) angesprochenen Missverhältnis abgesetzt. Der Schadensverursacher ist insoweit auch nicht benachteiligt, kann er doch (vgl. unten) stets für den konkreten Einzelfall nachweisen, dass die vom Senat als Schätzgrundlage herangezogene Schwacke-Liste im Einzelfall aus besonderen Gründen ausnahmsweise nicht oder nur eingeschränkt herangezogen werden kann oder aber, bezogen auf die individuell zur Entscheidung stehenden Umstände, ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten (§ 254 BGB) vorliegt.
Mit dem Landgericht geht der Senat im vorliegenden Fall allerdings davon aus, dass die Angriffe der Beklagten gegen die Schwacke-Liste lediglich allgemeiner Art waren, so dass dem angebotenen Sachverständigenbeweis nicht nachzugehen war. Eine weitere Sachaufklärung wäre nur dann angezeigt gewesen, wenn die Beklagten konkrete Mängel dieses Mietpreisspiegels aufgezeigt und umfassenden Sachvortrag dazu gehalten hätten, dass der Kläger tatsächlich ein vergleichbares Fahrzeug für den Anmietzeitraum inklusive sämtlicher Kilometer und Vollkaskoversicherung zu konkret benannten, wesentlich günstigeren Preisen bestimmter anderer Mietwagenunternehmen hätte anmieten können (so ausdrücklich auch die von den Beklagten zitierte Entscheidung des BGH: Urteil vom 17.05.2011 - VI ZR 142/10, MDR 2011, 845).
Mit Recht hat das Landgericht deshalb die beiden vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von den Beklagten vorgelegten Screenshots (Anlagen KE 1 und KE 2) als in diesem Sinne ungenügend angesehen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.12.2011, a.a.O.). So weisen diese Angebote eine Kilometerbegrenzung auf und verstehen sich als verbindlich nur für vorherige "Reservierungen via Internet" (zur Problematik des Internets als "Sondermarkt" auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.12.2011 - 4 U 106/11, Schaden-Praxis 2012, 181). Mit dem Landgericht kommt noch hinzu, dass die Ausdrucke ca. 6 Monate nach dem streitgegenständlichen Unfall gemacht wurden und nicht ersichtlich und auch sonst nicht belegt ist, dass schon im maßgeblichen Zeitraum dem Kläger ein solches Alternativangebot zur Verfügung gestanden hätte. Darüber hinaus weist eines der Angebote eines überregionalen Mietwagenbetreibers ausdrücklich darauf hin, dass aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Fahrzeugen der hier relevanten Luxusklasse bereits die Reservierungen erst nach 48 Stunden bestätigt werden können. Auch die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung weiter vorgelegten Screenshots von Internetangeboten weiterer überregionaler Anbieter genügen diesen Maßgaben nicht. Darüber hinaus unterliegen sie, weil gemäß § 296a Satz 1 ZPO vom Landgericht mit Recht präkludiert, in zweiter Instanz gem. §§ 529, 531 ZPO dem Novenrecht. Die Beklagten haben aber schon nicht vorgetragen, weshalb die verspätete Vorlage nicht auf einer nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO schädlichen Nachlässigkeit beruhen sollte.
bb) Das Landgericht hat schließlich mit Recht seinem Zinsausspruch die in Anlage K1 (Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigenzentrums ...) ausgewiesene Differenzbesteuerung zu Grunde gelegt. Es handelt sich, weil auf privatgutachterliche Ausführungen gestützt, um detaillierten Sachvortrag, den die Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht, wie nach § 138 Abs. 3 ZPO geboten, substantiiert bestritten haben. Das nach seinem Wortlaut jedenfalls missverständliche, wenn nicht gar widersprüchliche Bestreiten einer überwiegenden Differenzbesteuerung des klägerischen Fahrzeugs (vgl. Klageerwiderung, S. 6, GA 28) genügte angesichts der Angaben in dem klägerseits vorgelegten Privatgutachten nicht. Ob anderes unter Berücksichtigung der Anlage KE 4 (Screenshots der Internetseite mobile.de) gilt, kann dahinstehen. Auch dieses Verteidigungsmittel hat das Landgericht mit Recht unter Hinweis auf die zwingende, keinerlei Ermessen eröffnende Norm des § 296a Satz 1 ZPO ausgeschlossen. Die Berufung der Beklagten zeigt auch diesbezüglich nicht auf, weshalb die Anlage unter Berücksichtigung des das Berufungsverfahren prägenden Novenrechts nunmehr zulässig sein sollte. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es in diesem Zusammenhang eines Hinweises des Landgerichts oder des Senats nicht bedurfte, da die Frage der Differenzbesteuerung im vorliegenden Fall nur für die Herleitung der Nebenforderung (Zinsausspruch) relevant ist (§ 139 Abs. 2 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Der Gebührenstreitwert errechnet sich aus dem Wert der wechselseitig eingelegten Rechtsmittel (§§ 3 ZPO, 47, 48 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht. Die Frage, ob die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage herangezogen werden kann, ist vom Bundesgerichtshof - mehrfach - bejaht worden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09, MDR 2011, 722, übrigens auch unter ausdrücklichem Hinweis auch auf die Rechtsprechung des hier erkennenden Senats: OLG Dresden, SB 2010, 17). Soweit im Streit steht, ob die Beklagten diese Schätzgrundlage nur allgemein angegriffen haben, handelt es sich um die Übertragung der ober- und höchstrichterlichen Anforderungen (vgl. oben) auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall.