Das Verkehrslexikon

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OLG Nürnberg Beschluss vom 05.08.2013 - 4 U 631/13 - Verkehrssicherungspflichtverletzung bei Unterspülung des Straßenrandes

OLG Nürnberg v. 05.08.2013: Zur Verkehrssicherungspflichtverletzung bei Unterspülung des Straßenrandes


Das OLG Nürnberg (Beschluss vom 05.08.2013 - 4 U 631/13) hat entschieden:
Der für eine Gemeindeverbindungsstraße Verkehrssicherungspflichtige ist für einen Schaden, der an einem Pkw infolge Unterspülung des Straßenrandes durch eine Vertiefung auf einer Länge von 2 m und einer Tiefe von 10 cm des ansonsten geschotterten und abgeteerten Banketts hervorgerufen wurde, in voller Höhe schadensersatzpflichtig.


Siehe auch Verkehrssicherungspflicht und Straßenverhältnisse und Verkehrssicherung


Gründe:

Die zulässige Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Hinweis des Senats vom 07.06.2013 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 3 ZPO).

Der Senat hat den Vortrag im Schriftsatz vom 29.07.2013 geprüft. Er führt nicht zu einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung.

1. Ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nicht gegeben. Der Beklagten war bekannt, dass dieser Straßenabschnitt eine Rennstrecke für Raser darstellt und es aufgrund der örtlichen Gegebenheiten bei der auch von LKWs vielbefahrenen Straße häufig zu gefährlichen Situationen kommt, die ein Ausweichen – auch auf das Bankett – erforderlich machen. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von den “normalen Bankettunfällen“. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht auch nicht davon aus, dass bei einem Bankettunfall immer der Straßennutzer die Alleinschuld trägt. Entscheidend ist vielmehr die konkrete Situation. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass an der Unfallörtlichkeit der Straßenrand unterspült war. Auf einer Länge von zwei Metern war eine Vertiefung von 10 cm und mehr des ansonsten geschotterten und abgeteerten Banketts vorhanden. Dieses Zusammentreffen von Gefahrenpotentialen löste eine Verkehrssicherungspflicht der zuständigen Gemeinde aus, der sie nicht nachgekommen ist. Hinreichend häufige Kontrollen hat sie nicht durchgeführt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Dies begründet ihre Haftung. Das Bankett (abgeteert und geschottert) wäre in einer Notsituation grundsätzlich befahrbar gewesen, wenn es nicht ausgerechnet an der Unfallstelle in schlechtem Zustand gewesen wäre.

2. Soweit der Beklagte auf den vorliegenden Fall die Grundsätze anwenden will, die auch für Schlaglöcher gelten, so ergibt sich nichts anderes. Auch hierfür kommt es auf die konkrete Verkehrssituation an. Daraus ergibt sich gerade nicht, dass die Unterspülung und Absenkung des Banketts hinnehmbar gewesen ist.

3. Die von Gemeinden immer ins Feld geführte mangelnde Leistungsfähigkeit stellt vorliegend kein Hindernis dar, weil der eigene Mitarbeiter der Beklagten, der Leiter des Bauhofes P bekundet hat, dass wenn er bei seinen Straßenkontrollen ein Loch sehe, er dieses sofort schließen lasse. Nach Einsichtnahme in die Lichtbilder des streitgegenständlichen Straßenabschnittes hat er dies auch für die vorliegende Straßensituation bestätigt. Damit scheiterte die Reparatur in diesem Bereich nicht an mangelnder Leistungsfähigkeit der Gemeinde, sondern an der (fehlenden) Wahrnehmung der Gefahrensituation durch ihre Mitarbeiter. Im Übrigen hat der Beklagte noch nicht einmal konkret dargelegt, welche Kosten die Verfüllung dieser Gefahrenstelle verursacht hätte.

4. Zur Bedeutung und zum Verkehrsaufkommen der Austraße, einer Gemeindeverbindungsstraße zwischen N und R hat das Landgericht bereits Ausführungen gemacht. Es hat anlässlich des dort eingenommenen Augenscheins ausreichende Feststellungen getroffen. Offensichtlich hat sich die Verkehrsbedeutung dieser ehemaligen Grenzregion im B W nach der Öffnung der Grenzen und der nunmehrigen Lage im Herzen Europas sowie durch die Ansiedelung einer Baufirma mit entsprechendem LKW-​Verkehr, der zunehmenden Motorisierung des ländlichen Raumes und einer entsprechenden Mobilität der Bevölkerung deutlich erhöht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



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