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OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 30.09.2013 - 4 U 145/13 - Erstattungsfähigkeit eigener Kosten einer außergerichtlichen Anspruchsverfolgung

OLG Frankfurt am Main v. 30.09.2013: Zur Erstattungsfähigkeit eigener Kosten einer außergerichtlichen Anspruchsverfolgung


Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.09.2013 - 4 U 145/13) hat entschieden:
Die Kosten der außergerichtlichen Verfolgung eigener Schadensersatzansprüche sind nicht erstattungsfähig, da es sich um eigene Mühewaltung des Geschädigten zur Durchsetzung seines Anspruchs handelt.


Siehe auch Zeitaufwand und Personaleinsatz des Geschädigten bei der Unfallschadenregulierung und Anwaltskosten des Unfallgeschädigten als Schadensersatz


Gründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, hat in der Sache nach einstimmiger Überzeugung des Senats jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1ZPO).

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gerichtspunkt Anspruch auf Ersatz der Kosten hat, die ihr durch die Inanspruchnahme der Dienste des für die Schadensabwicklung beauftragten Unternehmens, der Firma A entstanden sind.

Während der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs Anspruch auf Ersatz der Kosten hat, die ihm im Rahmen der Schadensbehebung einschließlich der Schadensfeststellung entstanden sind, steht ihm ein solcher Anspruch hinsichtlich der von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Kosten der Schadensregulierung, insbesondere also der Kosten der außergerichtlichen Verfolgung seiner Schadensersatzansprüche, nicht zu, denn es handelt sich dabei um eigene Mühewaltung des Geschädigten zur Durchsetzung seines Anspruchs (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1976 – II ZR 133/74–, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 9. März 1976 – VI ZR 98/75–, juris Rn. 14), die zum eigenen Pflichtenkreis des Geschädigten gehört (BAG, Urt. v. 23. Januar 1992 – 8 AZR246/91 –, juris Rn. 35; BGH, Urt. v. 31. Januar 1991 –III ZR 10/90 –, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 31. Mai 1976– II ZR 133/74 –, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 28. Februar 1969 – II ZR 154/67 – juris Rn. 14).

Anders mag es sich allenfalls verhalten, wenn im einzelnen konkreten Schadensfall der Umfang der Schadensregulierung einen solch ungewöhnlich hohen Aufwand erfordert, dass diese nicht mehr mit den von dem Berechtigten üblichen persönlichen Bemühungen bewältigt werden könnte (vgl. BAG, Urt. v. 23. Januar 1992 –8 AZR 246/91 –, juris Rn. 35; BGH, Urt. v. 31. Mai 1976– II ZR 133/74 –, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 9. März 1976 – VI ZR 98/75 –, juris Rn. 16). So liegt es hier bei der Regulierung von Verkehrsunfällen aber nicht. Im Hinblick auf die einzelnen Schadensereignisse sind keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, nach denen deren Regulierung außergewöhnlichen Aufwand erfordert hätte. Allein der Umstand, dass die Klägerin auf Grund des großen von ihr unterhaltenen Fuhrparks von über 5.000 Fahrzeugen eine Vielzahl von Verkehrsunfällen zu regulieren hat, rechtfertigt es dagegen nicht, auch die hierfür gemachten Aufwendungen als ersatzfähige Schadensposition anzusehen.Dieser Umstand fällt nämlich in den allgemeinen Lebensbereich der Klägerin und darf daher nicht denjenigen mehr als sonst belasten,dem im Einzelfall die Rolle des Schädigers zukommt (vgl. BGH, Urt.v. 9. März 1976 – VI ZR 98/75 –, juris Rn. 21; BGH,Urt. v. 6. November 1979 – VI ZR 254/77 –, juris Rn.12).

All dem steht auch die von der Berufung zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 1961 (VI ZR 178/59 –,NJW 1961, S. 729) nicht entgegen. Dort hat der Bundesgerichtshof unter Gesichtspunkten der Kausalität erwogen, dass der Schädiger auch mit den Kosten der allgemeinen Verwaltung für die Regulierung von Verkehrsunfällen belastet werden könne, wenn Verkehrsunfälle auf Grund ihrer Vielzahl bei dem Geschädigten abgrenzbare Kosten verursachten. Diese Frage hat in der genannten Entscheidung jedoch letztlich offen bleiben können (BGH. Urt. v. 3. Februar 1961– VI ZR 178/59 –, NJW 1961, S. 729 [730]). Auch hier kann dahinstehen, wie die Frage des Ersatzes von Verwaltungskosten unter Gesichtspunkten der Kausalität zu beantworten ist. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der zu ersetzende Schaden nach der Verkehrsanschauung auch die Kosten der Schadensregulierung umfasst (BGH, Urt. v. 28. Februar 1969 – II ZR 154/67 –, juris Rn. 14), was aus den bereits oben genannten Gründen nicht der Fall ist.

Die von der Berufung weiter zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Mai 1976 (II ZR 133/74 – juris),betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt, nämlich die Regulierung eines Schadensfalles, dessen Bearbeitung es aufgrund ihres Umfangs erfordert, „einen oder mehrere Mitarbeiter über einen gewichtigen Zeitraum von der üblichen Tätigkeit freizustellen“. Dies ist – wie bereits ausgeführt – bei den vorliegenden Schadensfällen nicht der Fall.

Nichts anderes ergibt sich auch entgegen der Ansicht der Berufung unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf Erstattung der im Rahmen der Schadensdurchsetzung aufgewendeten Rechtsanwaltskosten. Auch ein solcher Anspruch setzt nämlich voraus, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig ist (BGH, Urt. v. 10.Januar 2006 – VI ZR 43/05 –, juris Rn. 8; BGH, Urt. v.23. Oktober 2003 – IX ZR 249/02 –, juris Rn. 32), dass damit also die vom Rechtsanwalt übernommene Tätigkeit gerade nicht zur eigenen Mühewaltung des Geschädigten bei der Durchsetzung seines Schadensersatzanspruchs gehört.

Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Tätigkeit der von der Klägerin beauftragten Firma A nicht die Schadensbehebung, sondern die Schadensregulierung betrifft. Die Firma A ist damit beauftragt, was üblicherweise der Geschädigte zur Durchsetzung seines Anspruchs selbst unternimmt. Dies ergibt sich aus dem von der Klägerin geschilderten Regulierungsablauf durch die Firma A (Bl. I/158 f. d. A.): Danach werde zunächst der Schaden als Vorgang erfasst, dann der Reparaturtermin mit dem Nutzer des Fahrzeugs und der Werkstatt abgestimmt und erforderlichenfalls ein Ersatzfahrzeug angemietet. Sodann werde überprüft, ob von der Reparaturfreigabe bereits sämtliche Schäden umfasst seien und erforderlichenfalls eine ergänzende Reparaturfreigabe angefordert.Darauf werde das Fahrzeug der jeweiligen Werkstatt übergeben und nach Prüfung des Kostenvoranschlags die Reparatur in Auftrag gegeben. Bei etwaigen Kostenerhöhungen werde bei der Klägerin die Freigabe der jeweiligen Reparaturerweiterungen angefordert und die etwaig erforderliche Anmietdauer des Ersatzfahrzeugs verlängert.Nach Reparatur des Fahrzeugs werde diese überprüft und etwaige Mängelbeseitigungsarbeiten würden veranlasst. Nach erfolgreicher Reparatur werde das Fahrzeug anschließend an den jeweiligen Nutzer zurückgegeben. Mithin handelt es sich um die üblichen Abläufe bei der Regulierung eines Unfallschadens.


II.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Umfang und Schwierigkeit der Sache sowie ihrer Bedeutung für die Parteien nicht geboten.


III.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.