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OLG Hamm Beschluss vom 11.10.2013 - I-9 U 35/13 - Nachweis des Eigentums am beschädigten Kraftfahrzeug

OLG Hamm v. 11.10.2013: Zum Nachweis des Eigentums am beschädigten Kraftfahrzeug


Das OLG Hamm (Beschluss vom 11.10.2013 - I-9 U 35/13) hat entschieden:
Der Anspruchsteller ist nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten, zu den Umständen seines Besitz und Eigentumserwerbs schlüssig vorzutragen. Kommt er dem nicht nach, kommt ihm die Vermutungswirkung des § 1006 BGB nicht zu Gute. Den Nachweis seines Eigentums hat er dann nach Vollbeweisgrundsätzen zu führen.


Siehe auch Aktivlegitimation - Anspruchs- und Klagebefugnis und Stichwörter zum Thema Zivilprozess


Gründe:

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - zutreffend. Die Sache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Schließlich erscheint auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten.

Im Einzelnen:

1. Der Senat hält die Berufung des Klägers einstimmig für aussichtslos. Das Landgericht hat die Klage zu Recht schon deshalb abgewiesen, weil nicht feststellbar ist, dass der Kläger zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses Eigentümer des beschädigten PKW B gewesen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen, denen der Senat sich nach Maßgabe der nachfolgenden ergänzenden Bemerkungen anschließt.

Die Eintragung des Klägers als Fahrzeughalter sowie die Tragung der Fahrzeugkosten lassen zunächst einmal keine tragfähigen Schlüsse auf die Eigentümerstellung des Klägers zu. Ein Eigentumserwerb ist ansonsten nicht belegt. Der Kläger kann sich schließlich auch aus Sicht des Senats hinsichtlich seines Eigentums an dem beschädigten B nicht mit Erfolg auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.

Zwar hat er seinen - von der Beklagten ausdrücklich bestrittenen - unmittelbaren Besitz an dem vorgenannten Fahrzeug zur Unfallzeit unter Beweis gestellt. Aber auch dann, wenn man seinen Alleinbesitz an dem hier in Rede stehenden B zur Unfallzeit zugunsten des Klägers unterstellt, scheidet hier aus den vom Landgericht genannten Gründen letztlich eine erfolgreiche Berufung auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB aus.

Allerdings knüpft diese Vermutung an den bloßen Besitz an und ist es dann grundsätzlich Sache des Gegners, diese Vermutung zu widerlegen. Der Kläger war und ist hier indes nach den Grundsätzen der sog. "sekundären Darlegungslast" (vgl. dazu allgemein nur Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., Vor § 284, Rdn. 34) gleichwohl gehalten, zunächst einmal seinerseits zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs konkret und schlüssig vorzutragen; denn andernfalls wäre der außerhalb der insoweit maßgeblichen Geschehensabläufe stehenden Beklagten von vornherein jede Möglichkeit und Chance des Gegenbeweises genommen (vgl. dazu allgemein nur Senat, Beschluss v. 01.02.2013 - I-9 U 238/12, zitiert nach juris, sowie KG, SVR 2011, 228; in der vom Kläger angeführten Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 19.12.2006, Bl. 177 ff. GA ist die Frage ausdrücklich offen gelassen worden).

Seiner sekundären Darlegungslast ist der Kläger auch nach Auffassung des Senats nicht hinreichend nachgekommen. Er hat einen Eigentumserwerb schon nicht schlüssig dargetan, hierzu vielmehr ersichtlich wahrheitswidrig vorgetragen. Es erscheint - wie schon vom Landgericht zutreffend ausgeführt - in der Tat von vornherein lebensfremd und unglaubhaft, dass der Kläger den hier in Rede stehenden B von einem ihm unbekannten Händler außerhalb von dessen Geschäftsräumen (im Autokino F), ohne schriftlichen Kaufvertrag und offenbar auch ohne Quittung über die Kaufpreiszahlung, ferner ohne Nennung des Händlernamens und bei ausdrücklicher Verweigerung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte für immerhin 9.000,- EUR gekauft haben will. Vor allem lässt sich das klägerische Vorbringen (Bl. 175 f., 215 GA), er habe das Fahrzeug auf die beschriebene Weise am 22.09.2011 u.a. deshalb gekauft, weil die TÜV-Unterlagen keine Anhaltspunkte für Mängel ergeben hätten, nicht mit den vom Kläger selbst hierzu eingereichten Unterlagen in Einklang bringen; der vorgelegte TÜV-Bericht nebst Abgasuntersuchung datiert - ebenso wie die dort genannten Untersuchungen selbst - nämlich erst vom 23.09.2011 (vgl. Bl. 201 ff. GA). Hierzu hat der Kläger auch weiterhin keinerlei Erklärung gegeben. Sein Vortrag zu einem angeblichen Kauf und Eigentumserwerb am 22.09.2011 kann deshalb nicht richtig sein. Zu einem etwaigen Eigentumserwerb zu einem anderen vor dem Unfalldatum liegenden Zeitpunkt fehlt weiterhin jeder Vortrag.

Lässt sich danach nicht feststellen, dass der Kläger zur Unfallzeit Eigentümer des unfallbeteiligten B gewesen ist, fehlt es bereits an der Aktivlegitimation des Klägers. Diese könnte auch nicht etwa mit einer Verletzung des behaupteten Besitzes an dem B begründet werden. Denn auf eine Besitzverletzung könnte der Kläger - bei Nichtfeststellbarkeit seines Eigentums - Ansprüche hinsichtlich des Fahrzeugschadens nebst Sachverständigenkosten nur stützen, wenn wegen der Fahrzeugbeschädigung ein entsprechender Haftungsschaden vorläge (vgl. dazu allgemein nur Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 823, Rdn. 13). Ein solcher Haftungsschaden ist indes weder dargetan noch ersichtlich. Gleiches gilt (ausgehend von der Nichtfeststellbarkeit des Eigentums) für ein Recht des Klägers zum Besitz, so dass auch ein auf eine bloße Besitzverletzung gestützter Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung ausschiede (vgl. dazu allgemein Palandt/Sprau, a.a.O.).

2. Die Berufung ist nach alledem aussichtslos. Etwaiger weiterer streitiger Sachvortrag des Klägers zum Eigentumserwerb wäre verspätet (§ 531 ZPO).

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung verspricht sich der Senat angesichts dessen, dass es keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf, keine neuen Erkenntnisse. Auch ansonsten erscheint eine mündliche Verhandlung nach einstimmigem Votum des Senats nicht geboten.

Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.