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OLG Frankfurt am Main Urteil vom 21.03.2012 - 15 U 258/10 - Stillschweigender Haftungsausschluss bei kombiniertem Gebraucht- und Neuwagenkauf

OLG Frankfurt am Main v. 21.03.2012: Zum stillschweigenden Haftungsausschluss bei Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens


Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.03.2012 - 15 U 258/10) hat entschieden:

   Bei einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen, mit dem ein Autohaus das Auto eines Kunden im Zusammenhang mit einem Neuwagenkauf abnimmt, ist von einem zwischen den Vertragsparteien stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss auszugehen.


Siehe auch
Stichwörter zum Thema Autokaufrecht
und
Gewährleistung und Garantie beim Gebrauchtwagenkauf

Gründe:


I.

Am 21. Juli 2004 erwarb der Beklagte von der Klägerin einen PKW1. Im Zuge dieses Kaufs schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den damaligen PKW des Beklagten PKW2. Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 19.000 Euro. In dem „Ankaufsschein für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug“ ist bei dem vorformulierten Text „Das Fahrzeug hat keine/folgende Unfallschäden erlitten“ das Wort „folgende“ durchgestrichen und das Wort „keine“ unterstrichen.

Der Beklagte hatte das Fahrzeug durch schriftlichen Kaufvertrag vom 14. Mai 2003 (Bd. I Bl. 63 f. d. A.) von dem Autohaus A GmbH & Co. KG gekauft. Am 22. Dezember 2003 hatte der Beklagte mit dem Fahrzeug einen Verkehrsunfall erlitten. Beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke war ein Streifschaden an der rechten hinteren Tür und an der Seitenwand des Fahrzeugs des Beklagten entstanden, als der Unfallgegner während des Passierens des Beklagten seine Fahrzeugtür öffnete. Der Schaden wurde in einem Sachverständigengutachten mit 2.919,12 Euro brutto bewertet. Der Beklagte ließ den Schaden bei dem Autohaus B - nicht fachgerecht - reparieren, wofür ihm 819,89 Euro berechnet wurden. Das Fahrzeug wies augenscheinliche Instandsetzungsspuren auf, nämlich überlackierte Spuren von einer nicht fachgerecht ausgeführten Verschleifung einer Grundierung bzw. Verspachtelung und eine Vielzahl von Schmutzeinschlüssen in der Lackoberfläche. Auf diesen Unfallschaden will der Beklagte den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen Z1, hingewiesen haben. Außerdem hatte das Fahrzeug zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt einen erheblichen Heckschaden erlitten, der ebenfalls nicht fachgerecht repariert worden war und von dem der Beklagte keine Kenntnis gehabt haben will.

Die Klägerin veräußerte das Fahrzeug durch schriftlichen Kaufvertrag vom 8. März 2005 (Bd. I Bl. 7 d. A.) zum Kaufpreis von 19.500 Euro an einen Herrn C. In dem Formularvertrag sind die Formulierungen „Zahl, Umfang und Art von Mängeln und Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ und „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Mängel und Unfallschäden bekannt“ jeweils mit „nein“ angekreuzt.




Kurz nach dem Kauf rügte der Käufer C verschiedene Mängel am Fahrzeug sowie Unfallschäden. Vom Landgericht Limburg wurde die Klägerin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt. Nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Sachverständige war zum Ergebnis gekommen, im vorderen Bereich des Fahrzeugs habe zwar ein Schadensereignis stattgefunden, es liege aber kein erheblicher Unfallschaden vor. Die durchgeführte Lackschichtdickenmessung ergebe aber ein Indiz für eine Nachlackierung der gesamten Karosserie. Von der Instandsetzung einer Eindellung an der Seitenwand hinten rechts sei auszugehen. Außerdem habe das Fahrzeug einen Unfallschaden im Bereich des Fahrzeughecks mit bleibenden Deformationen an der tragenden Karosse erlitten. Die Klägerin nahm das Fahrzeug gegen Zahlung von 19.421,56 Euro auf die Hauptforderung und 5.372,60 Euro auf Zinsen zurück. Die von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits belaufen sich auf 16.253,59 Euro.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten nunmehr gegen Rückgabe des Fahrzeugs Zahlung der von ihr an den Käufer C gezahlten Beträge sowie der ihr entstandenen Prozesskosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, weil es sich davon überzeugt hat, dass der Beklagte bei Veräußerung des Fahrzeugs den Streifschaden arglistig verschwiegen habe. Da es sich nicht um einen Bagatellschaden gehandelt habe, habe eine Aufklärungspflicht bestanden.

Gegen das ihm am 22. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich der Beklagte mit seiner am 18. November 2010 eingelegten und nach entsprechender Verlängerung am 21. Januar 2011 begründeten Berufung.

Der Beklagte meint weiterhin, wegen des geringen Reparaturaufwandes habe er auf den Streifschaden nicht hinweisen müssen.

Der Streifschaden habe bei den Kaufverträgen auch keine Rolle gespielt. Der Zustand des Fahrzeugs sei für die Klägerin offenbar unerheblich gewesen. Unabhängig davon hält er daran fest, den Mitarbeiter der Klägerin auf den Schaden hingewiesen zu haben. Hierzu behauptet er ergänzend, er habe vor Weihnachten 2010 einen Besuch eines guten Bekannten gehabt, bei dem das Gespräch auf diesen Prozess gekommen sei. Dabei habe sich der Bekannte an ein Telefonat erinnern können, bei dem es um den Verkauf des streitbefangenen Fahrzeugs gegangen sei. Er habe das Gespräch mitverfolgt und dabei gehört, dass der Beklagte dem Mitarbeiter der Klägerin den Streifschaden geschildert habe. Schließlich wendet sich der Beklagte gegen die Höhe des der Klägerin zuerkannten Schadens, weil der Streifschaden an dem Fahrzeug in dem Vorprozess nur eine geringe Rolle gespielt habe.

Der Beklagte beantragt,

   unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Noch vor Fristsetzung zur Berufungserwiderung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2011 die Klage erweitert und beantragt,

   festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des PKW2, Fahrzeug-Identitätsnummer …, seit dem 21. Januar 2009 in Verzug befindet.

Der Beklagte beantragt,

   die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Einzelrichter des Senats hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Z2 und Z1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. November 2011 (Bd. II Bl. 75 ff. d. A.) Bezug genommen.




II.

A.

Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil das Landgericht den Beklagten zu Unrecht zur Zahlung von Schadensersatz gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt hat. Denn der von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht.

1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der vom Beklagten an die Klägerin verkaufte PKW2 wegen des erlittenen Streifschadens hinten rechts nicht frei von Sachmängeln war, weil er nicht eine Beschaffung aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2008, 53; NJW 2008, 1517), der sich der Senat anschließt.

Weiterhin zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass es sich bei dem Streifschaden nicht bloß um einen Bagatellschaden im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehandelt hat. Hierunter fallen bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (BGH a. a. O.). Entgegen der Meinung des Beklagten ist unerheblich, dass er für die Reparatur „lediglich“ 819,89 Euro aufgewendet hat, weshalb dahinstehen kann, ob auch dann noch ein Bagatellschaden angenommen werden könnte. Denn entscheidend ist, dass der Schaden von der Firma B nicht fachgerecht beseitigt worden ist, und dass die Reparaturkosten von dem seinerzeit beauftragten Sachverständigen auf 2.919,12 Euro brutto bei einer Reparaturdauer von zwei bis drei Tagen geschätzt worden sind. Bei einem solchen Reparaturaufwand scheidet ein Bagatellschaden ersichtlich aus.




2. Die daraus resultierenden Rechte der Klägerin sind nicht nach § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin den Unfallschaden gekannt hätte. Denn dem Beklagten ist auch im Berufungsrechtszug nicht der Nachweis gelungen, dass er den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen Z1, entgegen den Angaben im Formularvertrag auf den Seitenschaden hingewiesen hätte. Zwar hat der Zeuge Z2, dessen Vernehmung durchzuführen war, weil der dahingehende Beweisantrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen war, bei seiner Vernehmung durch den Einzelrichter des Senats ausgesagt, er habe am Tag vor der Besichtigung des Fahrzeugs durch den Beklagten im Autohaus der Klägerin bei einem Telefonat gehört, dass der Beklagte dem Gesprächspartner den Schaden am hinteren Kotflügel bzw. an der hinteren Tür geschildert gehabt habe. Der Beklagte habe noch mit dem Mitarbeiter eines weiteren Autohauses telefoniert und bei beiden Telefongesprächen habe der Vorschaden Erwähnung gefunden. Demgegenüber hat aber der Zeuge Z1, der an das genannte Telefonat zwar keine konkrete Erinnerung hatte, daran festgehalten, dass er einen Hinweis auf einen Unfallschaden auch in das Ankaufsformular aufgenommen hätte. Er hat ergänzend ausgesagt, dass das auch erfolgt wäre, wenn es sich nur um einen sogenannten Bagatellschaden gehandelt hätte. In dieser Hinsicht werde alles dokumentiert. Er hat bei seiner Aussage ausgeschlossen, dass er den Ankaufsschein so ausgefüllt hätte, wenn ihm von dem Unfallschaden berichtet worden wäre.

Diese sich widerstreitenden Aussagen der Zeugen lassen in Verbindung mit der tatsächlich erfolgten Angabe im Ankaufsschein nicht die Überzeugung zu, dass der Beklagte den Mitarbeiter der Klägerin Z1 auf den Unfallschaden hingewiesen hatte. Der Zeuge Z2 hat zwar mit Überzeugung den Inhalt des Telefonats ausführlich und widerspruchsfrei geschildert. Der Wahrheitsgehalt seiner Aussage wird aber nicht nur durch die entgegenstehende Aussage des Zeugen Z1 in Zweifel gezogen, sondern auch weil der Zeuge nicht plausibel machen konnte, warum er beim Beklagten auf dieses Telefonat erst um Weihnachten 2010 zu sprechen kam, obwohl es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um eine für den Beklagten ganz erhebliche wirtschaftliche Angelegenheit handelt. Denn dem Zeugen war der Rechtsstreit bekannt und ihm war auch bekannt, dass sich der Beklagte zunächst auf einen anderen Zeugen, nämlich den Zeugen Z3, berufen hatte. Insofern erscheint es zwar noch nachvollziehbar, dass der Zeuge nicht Anlass hatte, dem Beklagten auch seine Aussage anzubieten. Dass er das gleichwohl aber nicht unverzüglich tat, nachdem er vom Beklagten erfuhr, dass der Zeuge Z3 bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 12. Februar 2010 gerade nicht die vom Beklagten erwartete Aussage gemacht hatte, ist unverständlich. Denn es ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass der Beklagte, der sich durch die Aussage des Zeugen Z3 in großer prozessualer Bedrängnis befand, dies auch dem Zeugen Z2 schilderte, zumal der Zeuge angegeben hat, sich immer wieder mit dem Beklagten über den Rechtsstreit unterhalten zu haben. Dass der Zeuge Z2 dann gleichwohl dem Beklagten nicht zeitnah gesagt hatte, sich an das Telefonat am Tag vor der Besichtigung des Fahrzeugs zu erinnern, hat der Zeuge nicht plausibel machen können.

Nach allem bleiben nicht unerhebliche Zweifel daran, dass der Beklagte dem Zeugen Z1 den hinteren Unfallschaden tatsächlich geschildert hatte, was der Annahme einer Kenntnis der Klägerin entgegensteht.


3. Die Rechte der Klägerin sind auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihr der Unfallschaden infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben wäre (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass der Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen hätte, weil hiervon nach dem Sach- und Streitstand im Berufungsrechtszug nicht ausgegangen werden kann.

Ebenso wenig, wie dem Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass er dem Zeugen Z1 den Unfallschaden geschildert hatte, ist der Einzelrichter des Senats davon überzeugt, dass er das nicht getan hat. Nur dann kommt aber ein arglistiges Verschweigen in Betracht.

Grobe Fahrlässigkeit fällt der Klägerin aber deshalb nicht zur Last, weil das bloße Unterlassen einer Untersuchung des Fahrzeugs auf Unfallschäden vor dem Kauf auch bei einer gewerblichen Fahrzeughändlerin diesen Vorwurf nicht rechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. NJW 2006, 2839 mwN.), den Verkäufer eines Gebrauchtwagens treffe ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, das zum Verkauf (bzw. Ankauf) angebotene Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen, weiterhin gefolgt werden kann (dagegen mit beachtlichen Gründen aus neuerer Zeit OLG Karlsruhe NJW-RR 2011, 1070 und eingehend Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rdz. 3874 ff.). Denn grobe Fahrlässigkeit liegt nach allgemeiner Auffassung nur vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste; ein solcher Vorwurf ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. nur BGH NJW 2009, 1482 mwN). Ein dermaßen unverständliches Verhalten kann der Klägerin nicht vorgehalten werden. Es mag zwar eine Vernachlässigung eigener Interessen bedeuten, ein Fahrzeug von einem Privatmann zu kaufen und auf dessen Angabe der Unfallfreiheit zu vertrauen. Da das vom Beklagten verkaufte Fahrzeug aber erst knapp 4 Jahre alt war, äußerlich auf den ersten Blick unbeschädigt erschien, lediglich einen weiteren Vorbesitzer hatte und vor allem der Beklagte einen redlichen Eindruck macht, ist es nicht schlechthin unverständlich, dass die Klägerin von einer näheren Untersuchung absah.




4. Soweit die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend macht, kann ihr unter dem Gesichtspunkt der unterlassenen Untersuchung des Fahrzeugs auch kein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB entgegengehalten werden. Denn wenn es um die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis des Käufers von einem Sachmangel geht, ist diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht anwendbar, weil die Regelungen des Gewährleistungsrechts insofern abschließend sind (NJW 1990, 1106; NJW 1978, 2240).

5. Dem Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten steht jedoch entgegen, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages über den PKW2 stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hatten. Dem steht nicht entgegen, dass der schriftliche Vertrag zwischen den Parteien eine dahingehende Regelung nicht enthält. Die stillschweigende Vereinbarung eines Haftungsausschlusses ergibt sich jedoch aus den besonderen Umständen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrages bzw. der abgeschlossenen beiden Kaufverträge. Zu dem Abschluss des Kaufvertrages über den PKW2 kam es nur deshalb, weil der Beklagte von der Klägerin den von ihr angebotenen PKW1 erwerben wollte und auch erwarb. Im Zuge dieses im Vordergrund stehenden Kaufvertrages wollte der Beklagte das von ihm bis dahin innegehaltene Fahrzeug seinerseits veräußern. Beide Verträge standen in einem inneren Zusammenhang, Der Kaufvertrag über den PKW2 wäre nicht geschlossen worden, wenn der Beklagte von der Klägerin nicht den PKW1 erworben hätte. Für beide Parteien ersichtlich sollte der Kaufvertrag über den PKW1 nur Bestand haben, wenn der Beklagte seinerseits sein Fahrzeug endgültig veräußern konnte. Vor diesem Hintergrund ist es sinnwidrig und verstößt es gegen die Interessen des Beklagten anzunehmen, die Parteien hätten bei dem Kaufvertrag über den PKW2 die Sachmängelhaftung nicht ausschließen wollen. Dass das Fahrzeug als Gebrauchtfahrzeug im Alter von knapp 4 Jahren mit einer Laufleistung von etwa 116.000 Kilometern im Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin in jeder Hinsicht mangelfrei gewesen wäre, war nicht vorauszusetzen. Vielmehr lag nahe, dass das Fahrzeug einzelne Mängel aufweisen konnte, die einerseits geeignet waren, Gewährleistungsrechte der Klägerin auszulösen, andererseits aber, wären sie bekannt gewesen, dem Abschluss der beiden Kaufverträge nicht entgegengestanden hätten. Dass die Parteien bei Abschluss der beiden Kaufverträge gewollt hatten, dass der Klägerin in einem solchen Fall ohne weiteres Gewährleistungsrechte zustehen, kann nicht angenommen werden.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin bereit war, auf Sachmängelhaftung zu verzichten und die Parteien deshalb stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hatten. Das gilt umso mehr, als die Klägerin ohne Weiteres in der Lage war, das zu erwerbende Fahrzeug auf Vorliegen von Mängeln zu untersuchen. Wenn sie das nicht tat, kann sie sich redlicherweise nicht darauf berufen, der Beklagte hafte für alle Mängel, die bei Übergabe vorlagen. Vielmehr muss sie es hinnehmen, dass es den wohl verstandenen Interessen beider Parteien entspricht, für Sachmängel einen Haftungsausschluss anzunehmen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BGH NJW 1982, 1700).

Der Haftungsausschluss ist nicht nach § 444 BGB unwirksam, weil der Beklagte den Unfallschaden arglistig verschwiegen hätte. Denn ein solches arglistiges Verschweigen lässt sich nicht feststellen (vgl. oben 3.).

6. Selbst wenn man einen stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss nicht annehmen wollte, hätte die Berufung teilweise Erfolg, weil das Landgericht den Beklagten dann zwar zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt, der Klägerin aber rechtsfehlerhaft Ersatz des ihr durch den Vorprozess entstandenen Schadens zugesprochen hat.

Nach den vorstehenden Ausführungen unter Ziffern 1. bis 4. folgt, dass die Klägerin, wäre ein Haftungsausschluss nicht vereinbart, vom Beklagten jedenfalls Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen könnte, und zwar sowohl als Schadensersatzanspruch nach den §§ 437 Nr. 3, 280 BGB, weil der Beklagte den im Unfallschaden liegenden Sachmangel des Fahrzeugs zu vertreten hat, als auch nach den §§ 437 Nr. 2, 346 Abs. 1 BGB, weil in dem Schadensersatzbegehren der Klägerin hilfsweise auch ein Rücktrittsverlangen zu sehen ist.

7. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs an Herrn C mit dem nachfolgenden Rechtsstreit entstanden ist, besteht jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts auch aus anderen rechtlichen Gründen nicht.

a. Dieser weitergehende Schaden der Klägerin kann der Pflichtverletzung des Beklagten, die darin liegt, dass er auf den Unfallschaden hinten rechts nicht hingewiesen hatte, haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden. Allerdings ist diese Pflichtverletzung des Beklagten ohne weiteres adäquat kausal für diesen Schaden. Denn die Pflichtverletzung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass auch der Schaden der Klägerin entfiele. Hätte der Beklagte auf den Unfallschaden hingewiesen, hätte das die Klägerin ihrerseits auch gegenüber ihrem Käufer getan oder aber den Schaden vorher ordnungsgemäß beseitigt. In diesem Fall wäre der Klägerin bei der näheren Beschäftigung mit dem erworbenen Fahrzeug auch der weitere Schaden im Heckbereich aufgefallen. Die Pflichtverletzung des Beklagten ist auch generell geeignet, einen solchen Schaden herbeizuführen. Denn es war geradezu naheliegend, dass die Klägerin als gewerbliche Kraftfahrzeughändlerin das erworbene Fahrzeug an einen Dritten weiter veräußern würde, und zwar ohne Angabe von Unfallschäden, weil ihr solche nicht bekannt waren.




Allerdings genügt die Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne allein zur Schadenszurechnung nicht. Sie bedarf vielmehr, um eine zu weitgehende Ausdehnung der Schadensersatzpflicht zu verhindern, einer Ergänzung durch weitere Zurechnungskriterien (vgl. BGH NJW 2002, 2232). Die Vorgänge, die für die Frage der Zurechnung eines Schadens erheblich sind, sind deshalb stets einer wertenden Betrachtung zu unterziehen. Dabei gehört zu den in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Regeln, dass solche Kausalverläufe nicht zu einer Schadensersatzpflicht führen können, die dem Verantwortlichen billigerweise rechtlich nicht mehr zugerechnet werden können. Das ist insbesondere der Fall, wenn der geltend gemachte Schaden nicht ohne eigenes Verhalten des Geschädigten hätte entstehen können, das als solches auf seinem freien Entschluss beruht und erst nach dem zum Anlass der Ersatzforderung genommenen Geschehen in den hierdurch in Gang gesetzten Kausalverlauf eingegriffen hat. Bei wertender Betrachtung hat das grundsätzlich zur Folge, dass ein zum Schadensersatz verpflichtender Zusammenhang nicht mehr gegeben ist. Eine Ersatzpflicht kann dann nur der Billigkeit entsprechen, wenn für das tatsächliche Verhalten des Geschädigten nach dem haftungsbegründenden Ereignis ein rechtfertigender Anlass bestand, oder es durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche oder unangemessene Reaktion auf dieses Ereignis darstellt (vgl. zu allem BGH NJW 2009, 2530 mit weiteren Nachweisen).

Nach diesen Grundsätzen ist der der Klägerin durch den Weiterverkauf entstandene Schaden dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen. Er beruht vielmehr darauf, dass die Klägerin in gänzlich unsachgemäßer Weise einen eigenen Beitrag geleistet hat, der den Schaden wesentlich herbeigeführt hat und ohne den der Schaden nicht entstehen konnte. Denn die Klägerin hat zum einen vor dem Weiterverkauf des Fahrzeugs jegliche Untersuchung des Fahrzeugs auf Mängel oder Unfallschäden unterlassen. Unabhängig davon, ob sie hierzu eine rechtliche Verpflichtung traf, ist es ein naheliegendes und im eigenen Interesse gebotenes Verhalten eines gewerblichen Kraftfahrzeughändlers (vgl. hierzu Reinking/Eggert, aaO), sich über den Zustand des Fahrzeugs zu vergewissern. Das gilt umso mehr, als die Klägerin beim Verkauf an Herrn C ihre Gewährleistungspflicht nicht ausschließen konnte (§ 475 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es stellt deshalb ein völlig unsachgemäßes auf eigenem Entschluss der Klägerin beruhendes Verhalten dar, das Fahrzeug, so wie es vom Beklagten übernommen worden war, ohne jegliche Untersuchung an Herrn C weiter zu veräußern. Hinzu kommt, dass die unsachgemäße Beseitigung des Streifschadens hinten rechts bei bloßer näherer Betrachtung erkennbar war. Da die mangelhaften Lackierungsarbeiten hinreichenden Anlass dazu boten, an einen Unfallschaden zu denken, hätte die Klägerin bei näherer Besichtigung des Fahrzeugs sowohl den Streifschaden hinten rechts bemerkt, als auch den noch schwerwiegenderen Heckschaden. Durch diese Erkenntnis wäre der Schaden durch den Weiterverkauf an Herrn C unterblieben.

Die Klägerin hat in weiterer Weise unsachgemäß eine Ursache für den entstandenen Schaden gesetzt, weil sie in dem Kaufvertrag mit Herrn C angab, Unfallschäden seien laut Vorbesitzer nicht vorhanden und ihr auch nicht aufgrund anderer Umstände bekannt, ohne Herrn C darauf hinzuweisen, dass sie das Fahrzeug in keiner Weise untersucht hatte. Hierzu wäre die Klägerin allerdings verpflichtet gewesen (vgl. BGH NJW 2006, 2839).

Schließlich hat die Klägerin auch dadurch in den Kausalverlauf eingegriffen, weil sie sich in einen Rechtsstreit mit ihrem Käufer C einließ, ohne zum einen sich jedenfalls jetzt davon zu überzeugen, ob die von Herrn C gerügten Mängel bzw. Unfallschäden vorlagen oder aber den Beklagten aufzufordern, sich zu den angeblichen Schäden zu erklären. Bereits durch eine eigene Untersuchung des Fahrzeugs hätte der Rechtsstreit mit Herrn C vermieden werden können, weil der Klägerin beide Unfallschäden aufgefallen wären und sie sich dann auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages mit Herrn C hätte einlassen müssen. Auch die Hinzuziehung des Beklagten hätte jedenfalls den nicht sachgerecht reparierten Streifschaden hinten rechts zutage gebracht. Selbst wenn anzunehmen ist, dass der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrages mit der Klägerin keinen dahingehenden Hinweis gegeben hatte, war die Situation anders, als ein weiterer Besitzer des Fahrzeugs solche Schäden geltend machte. Es lag auf der Hand, dass bei der anstehenden Auseinandersetzung der Streifschaden auf jeden Fall bemerkt worden wäre, weshalb ihn der Beklagte bei lebensnaher Betrachtung nicht verschwiegen hätte.

Nach allem ist der durch den Folgeprozess entstandene Schaden nur deshalb eingetreten, weil sich die Klägerin aufgrund freier Willensentschlüsse in mehrfacher Hinsicht unsachgemäß verhalten hatte. Dieses Verhalten wurde auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs herausgefordert. „Herausgefordert“ wurde zwar der Weiterverkauf des Fahrzeugs, nicht aber die besondere Verhaltensweise der Klägerin.

b. Selbst wenn ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten entstanden wäre, würde eine Ersatzpflicht des Beklagten wegen des Mitverschuldens der Klägerin (§ 254 Abs. 1 BGB) entfallen. Wie bereits dargelegt hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der Klägerin im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB mitgewirkt. Verschulden in diesem Sinne ist die auch fahrlässige Verletzung der dem Geschädigten in eigenen Angelegenheiten obliegenden Sorgfalt, d. h. der Sorgfalt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 254 Rdnrn. 8 f. m. w. N.). Als gewerblicher Kraftfahrzeughändlerin mit eigener Werkstatt hätte es der Klägerin oblegen, vor einem Weiterverkauf das Fahrzeug hinreichend auf Mängel und/oder Unfallschäden zu untersuchen, wenigstens den Käufer darüber aufzuklären, dass eine Untersuchung unterblieben war und sich schließlich nach der Rüge von Mängeln bzw. Unfallschäden spätestens dann einer Untersuchung des Fahrzeugs nicht mehr zu entziehen. All dagegen hat die Klägerin verstoßen. Bei der nach § 254 BGB gebotenen Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge entfällt eine Ersatzpflicht des Beklagten, weil der Schaden in besonderer Weise durch das Verhalten der Klägerin entstanden ist. Dabei ist besonders von Gewicht, dass sich die Klägerin mit verfehlter rechtlicher Argumentation auf einen Rechtsstreit in zwei Rechtszügen einließ, anstatt, wozu sie ohne weiteres in der Lage war, weil sie über eigene Werkstatt verfügte, das Fahrzeug nunmehr zu untersuchen. Dieser in jeder Hinsicht geringe Aufwand hätte die Unfallschäden zutage gebracht und die Klägerin veranlasst, sich auf eine Rückabwicklung des Fahrzeugs einzulassen, ohne einen kostenträchtigen Rechtsstreit mit dem Käufer zu führen. Vor dem Hintergrund dieses völlig unverständlichen und sorgfaltswidrigen Verhaltens ist es nicht geboten, auch den Beklagten einen Teil des Schadens tragen zu lassen.



B.

Die in der Klageerweiterung liegende Anschlussberufung der Klägerin ist zwar zulässig (§ 524 Abs. 1, 2, 3 ZPO), in der Sache aber unbegründet, weil der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht besteht und der Beklagte deshalb nicht in Annahmeverzug geraten konnte. Auch bei Geltung der Hilfsbegründung käme ein Annahmeverzug nicht in Betracht, weil die Klägerin die Leistung nur gegen eine weit überhöhte Zug um Zug-Leistung angeboten hat (vgl. § 294 BGB).


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf einer Würdigung von Tatsachen im Einzelfall unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht und der Sache auch sonst keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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