Das Verkehrslexikon

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VGH München Beschluss vom 07.12.2009 - 11 CS 09.1996 - Positives Ergebnis eines Drogenschnelltests als Verdachtstatsache

VGH München v. 07.12.2009: Positives Ergebnis eines Drogenschnelltests als Verdachtstatsache


Der VGH München (Beschluss vom 07.12.2009 - 11 CS 09.1996) hat entschieden:
  1. Ein in Bezug auf Kokain positiv verlaufener Drogenschnelltest stellt eine Tatsache dar, die die Annahme begründet, dass der Antragsteller dieses Betäubungsmittel eingenommen haben könnte. Ein positiver Drogenschnelltest stellt selbst dann eine solche, einen Verdacht begründende Tatsache dar, wenn keine weiteren Umstände inmitten stehen, die auf eine Betäubungsmitteleinnahme durch den Betroffenen hindeuten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis eines solchen Schnelltests den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, liegt bei weit über 90 %.

  2. Dass in einer Blutprobe, die 45 Minuten nach dem Urintest gewonnen wurde, kein Kokain vorgefunden wurde, erlaubt nicht den Schluss, das Ergebnis des Drogenschnelltests könne keinesfalls zutreffen. Dieses Resultat kann nämlich darauf zurückzuführen sein, dass Kokain im Blut weniger lange als im Urin nachweisbar ist.

  3. Wird Kokain intranasal appliziert, endet die Nachweisdauer dieses Betäubungsmittels im Blut nach ca. zwei bis acht Stunden bzw. nach fünf bis acht Stunden. Wurde Kokain als "Crack" (d.h. durch Rauchen der Base) konsumiert, beschränkt sich die Nachweisbarkeit dieser Substanz im Blut sogar auf eine Zeitspanne, die sich zwischen ca. 20 Minuten und einer Stunde bewegt. Im Urin ist unverändertes (d.h. nicht metabolisiertes) Kokain demgegenüber - dosisabhängig - bis zu zwölf Stunden feststellbar.

Siehe auch Drogenschnelltest - Drogenvortest - Urin Control und Drogen im Fahrerlaubnisrecht


Gründe:

I.

Der Antragsteller erwarb am 4. November 2000 in Italien eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B. Im Feld 8 des zugehörigen Führerscheins ist ein in Italien liegender Ort eingetragen. Nachdem der Antragsteller am 20. April 2006 auf das Recht verzichtet hatte, von dieser Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, erkannte ihm die Landeshauptstadt München am 22. Dezember 2006 diese Befugnis wieder zu.

Am 8. Juni 2007 unterzog die Landespolizei den Antragsteller um 19.30 Uhr einer Verkehrskontrolle, nachdem Polizeibeamte wahrgenommen hatten, dass er beim Führen eines Kraftfahrzeugs ein Mobiltelefon in der Hand hielt. Nach polizeilicher Darstellung wirkte der Antragsteller während der gesamten Kontrolle sichtlich angespannt. Er habe am ganzen Körper gezittert, habe nicht ruhig stehenbleiben können und habe fortlaufend versucht, sich an einem Verkehrsschild und am Polizeifahrzeug festzuhalten. Er sei unter ständigem Redezwang gestanden und habe euphorisch und gereizt gewirkt. Seine Pupillen hätten träge reagiert; seine Augen, deren Lider sehr stark gezittert hätten, seien gerötet und glasig gewesen. Die Halsschlagader habe während der gesamten Kontrolle stark pulsiert. Den Finger-Finger- und den Finger-Nase-Test habe der Antragsteller zittrig durchgeführt; beim erstgenannten Test habe der Abstand zwischen den Fingern etwa zwei Zentimeter betragen. Den Einbeinstand, den der Antragsteller nach vier Sekunden habe abbrechen müssen, habe er unsicher und mit starkem Oberschenkelzittern ausgeführt.

Nach erfolgter Belehrung habe der Antragsteller angegeben, letztmals vor etwa neun Jahren Kokain konsumiert zu haben.

Ein um 19.40 Uhr durchgeführter freiwilliger Urintest verlief positiv auf Kokain.

In dem Antragsteller am 8. Juni 2007 um 20.25 Uhr entnommenem Blut fand sich kein Hinweis auf Kokain, Methadon, Cannabis, Benzodiazepine oder trizyklische Antidepressiva sowie auf Derivate von Morphin, Amphetamin oder Methamphetamin. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität München, das mit der Untersuchung der Blutprobe beauftragt worden war, merkte hierzu an, das beim Vortest gewonnene, in Bezug auf Kokain positive Resultat könne auf einem falsch-positiven Testergebnis oder auf einer länger zurückliegenden Aufnahme beruhen. Der Arzt des Instituts für Rechtsmedizin, der die Blutentnahme durchgeführt hat, hielt schriftlich fest, der Gang des Antragstellers sei sicher, seine Sprache deutlich, sein Bewusstsein klar, sein Denkablauf geordnet, sein Verhalten beherrscht und seine Stimmung unauffällig gewesen. Eine plötzliche Kehrtwendung nach vorherigem Gehen sowie die Finger-Finger- und die Finger-Nasen-Prüfung habe er sicher vollziehen können. Die Pupillen des Antragstellers seien leicht glasig und stark verengt gewesen; die Pupillenlichtreaktion sei verzögert erfolgt. Der Arzt gelangte zu dem Ergebnis, ein äußerlicher Anschein des Einflusses von Drogen sei "nicht bis leicht" bemerkbar.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 forderte das Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen den Antragsteller u. a. unter Bezugnahme auf den vorstehend geschilderten Sachverhalt auf, wegen bestehender Zweifel an seiner Fahreignung bis zum 15. April 2009 (die Vorlagefrist wurde später bis zum 27.4.2009 verlängert) das verkehrsmedizinische Gutachten einer Begutachtungsstelle beizubringen, mit dem geklärt werden sollte, ob der Antragsteller Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt, die die Fahreignung nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung in Frage stellen.

Da der Antragsteller diesem Verlangen nicht Folge leistete, aberkannte ihm das Landratsamt durch Bescheid vom 14. Mai 2009 das Recht, von der in Italien ausgestellten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, und gab dem Antragsteller unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen italienischen Führerschein innerhalb von fünf Tagen nach der Zustellung des Bescheids dem Landratsamt vorzulegen, damit darin die Aberkennung der Fahrberechtigung vermerkt werden könne. Diese Anordnungen wurden für sofort vollziehbar erklärt. Außerdem lehnte die Behörde in diesem Bescheid einen vom Antragsteller am 12. Dezember 2008 gestellten Antrag auf Umschreibung der italienischen Fahrerlaubnis ab.

Den am 29. Mai 2009 eingereichten Antrag, die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 27. Mai 2009 gegen den Bescheid vom 14. Mai 2009 erhobenen Klage wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht München durch Beschluss vom 20. Juli 2009 ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Anordnung, ein ärztliches Gutachten beizubringen, sei nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 FeV zu Recht ergangen, da die von der Polizei am 8. Juni 2007 festgestellten Auffälligkeiten des Antragstellers und das positive Ergebnis des Urintests die Annahme begründen würden, dass er psychoaktiv wirkende Arzneimittel oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe oder Betäubungsmittel einnehme. Die Tatsache, dass die entnommene Blutprobe keinen Hinweis auf die Aufnahme von Betäubungsmitteln ergeben habe, und der Umstand, dass die Pupillen des Antragstellers - was für einen vorangegangenen Kokainkonsum atypisch sei - bei der Kontrolle verkleinert gewesen seien, würden an der Berechtigung dieser Annahme nichts ändern, da beide Gegebenheiten einen mehrere Tage vor der Kontrolle erfolgten Kokainkonsum, wie er durch einen Urinschnelltest nachweisbar sei, nicht ausschlössen.

Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20. Juli 2009 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. Mai 2009 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. Mai 2009 wiederherzustellen. Er wendet sich zum einen gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, bei ihm seien anlässlich der Polizeikontrolle am 8. Juni 2007 Ausfallerscheinungen festgestellt worden, die den Schluss auf die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Stoffen oder Betäubungsmitteln zuließen. Der über diese Kontrolle erstellte Polizeibericht vom 8. Juni 2007 sei in sich widersprüchlich, da darin sein Fahrverhalten als auffällig bezeichnet worden sei, obwohl er nur ein Mobiltelefon in der Hand gehalten habe. Die Behauptung eines unaufhörlichen Redeflusses sei durch nichts belegt und stehe im Gegensatz zu einem von der Polizei am 9. Juni 2007 gefertigten Sachbericht, in dem die Antworten des Antragstellers als geordnet und flüssig bezeichnet würden. Nervosität sowie Glieder- oder Lidzucken könnten z. B. auch durch emotional sehr belastende Situationen ausgelöst werden; der Antragsteller habe vor der Kontrolle ein Streitgespräch mit seinem Sohn geführt. Mit den Feststellungen, die der die Blutentnahme durchführende Arzt getroffen habe, habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt, obwohl der Arzt exakt gegensätzliche Verhaltensweisen des Antragstellers dokumentiert habe. Wenn sowohl dieser Arzt als auch die Polizei beim Antragsteller verengte Pupillen festgestellt hätten, spreche das eindeutig gegen eine Kokainaufnahme.

Zum anderen ziehe das Verwaltungsgericht aus dem Urinschnelltest unzulässige Schlüsse. Da sich nicht feststellen lasse, welches Gerät hierbei verwendet wurde, seien auch eventuelle Fehlerquellen bei der Durchführung dieses Tests nicht zu ermitteln. Während das Verwaltungsgericht annehme, dass sich mittels der herkömmlichen Urinschnelltests 48 Stunden nach dem Konsum von Kokain noch die Abbauprodukte Benzoylecgonin und Methylecgoninester nachweisen ließen, habe die Polizei dokumentiert, dass Kokain selbst - und nicht ein Abbauprodukt - festgestellt worden sei.

Das Verwaltungsgericht argumentiere widersprüchlich, wenn es einerseits ausführe, dass der Antragsteller bei der Kontrolle nicht mehr unter der berauschenden Wirkung von Kokain gestanden habe, es andererseits aus den von der Polizei beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten die Annahme einer (aktuellen) Einnahme von Drogen oder psychoaktiv wirkenden Stoffen herleite. Lege man die Verhaltensbeschreibungen der Polizei zugrunde, könne man das Verhalten des Antragstellers u. U. dem euphorischen Stadium eines Kokainrausches zuordnen. Unter dieser Voraussetzung hätte die Kokainaufnahme allerdings maximal zwei Stunden vor der Kontrolle stattfinden müssen. Während dieses Zeitraums aber sei Kokain sowohl im Urin als auch im Blut nachweisbar.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verweist auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2006 (Az. 11 CS 05.3350), nach der ein positiver Drogenschnelltest ohne weiteres eine Tatsache darstelle, die im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV die Annahme begründe, dass der Betroffene das bei einem solchen Test festgestellte Betäubungsmittel konsumiert habe. Der Unschärfe eines Schnelltests trage der Verwaltungsgerichtshof dadurch Rechnung, dass er das Resultat eines solchen Tests ohne zusätzliche Umstände nicht ausreichen lasse, um einen Betäubungsmittelkonsum im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV als erwiesen anzusehen. Gerade vor dem Hintergrund der deswegen erforderlichen zusätzlichen Abklärung rechtfertige sich die an den Antragsteller gerichtete Anordnung, ein Gutachten beizubringen. Auf die weiteren Darlegungen in der Beschwerdeerwiderung vom 8. September 2009 wird Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Bescheid vom 14. Mai 2009 wurde nur insoweit in zulässiger Weise zum Gegenstand des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gemacht, als er belastende, sofort vollziehbare Verwaltungsakte enthält. Nicht einzugehen ist im Rahmen des vorliegenden Beschlusses deshalb auf die Nummer 2 dieses Bescheids, da die dort ausgesprochene Ablehnung der beantragten Umschreibung der italienischen Fahrerlaubnis die Versagung eines begünstigenden Verwaltungsakts darstellt.

Bei der Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Würdigung des form- und fristgerechten Beschwerdevorbringens beschränkt. Berücksichtigt werden können deshalb nur die Ausführungen in der Beschwerdebegründungsschrift vom 27. August 2009, nicht aber der Inhalt der im ersten Rechtszug eingereichten Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 27. Mai 2009 und vom 25. Juni 2009, auf die im vorletzten Absatz der Beschwerdebegründungsschrift pauschal Bezug genommen wird. Eine beachtliche Beschwerdebegründung setzt voraus, dass die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden rechtlichen Annahmen oder die insoweit erheblichen tatsächlichen Feststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. VGH BW vom 1.7.2002 NVwZ 2002, 1388/1389). Die bloße, unkommentierte Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens bzw. der pauschale Verweis hierauf genügen diesem Erfordernis schon deshalb nicht, weil Ausführungen, die aus der Zeit vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses stammen, nicht dem in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zum Ausdruck gebrachten Gebot genügen können, dass sich die Beschwerdebegründung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen hat.

Soweit das Vorbringen des Antragstellers berücksichtigungsfähig ist, rechtfertigt es keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass das Landratsamt vom Antragsteller zu Recht die Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens verlangt hat, so dass die Behörde gemäß § 11 Abs. 8 FeV aus der Nichtvorlage einer solchen Ausarbeitung auf die fehlende Fahreignung des Antragstellers schließen durfte.

Die Anordnung vom 12. Februar 2009 findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV. Denn der am 8. Juni 2007 durchgeführte, in Bezug auf Kokain positiv verlaufene Drogenschnelltest stellt eine Tatsache dar, die die Annahme begründet, dass der Antragsteller dieses Betäubungsmittel eingenommen haben könnte.

§ 14 Abs. 1 FeV ermächtigt die Behörde, bestimmte Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung anzuordnen. Daraus folgt, dass die nach dieser Bestimmung erforderlichen Tatsachen nicht bereits als solche ausreichen müssen, um den Schluss auf die fehlende Fahreignung des Betroffenen zu rechtfertigen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 FeV sind vielmehr schon dann erfüllt, wenn Tatsachen vorliegen, die es als möglich erscheinen lassen, dass eine Person nicht fahrgeeignet sein könnte.

Ein positiver Drogenschnelltest stellt selbst dann eine solche, einen Verdacht begründende Tatsache dar, wenn keine weiteren Umstände inmitten stehen, die auf eine Betäubungsmitteleinnahme durch den Betroffenen hindeuten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis eines solchen Schnelltests den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, liegt bei weit über 90 % (Hettenbach in: Hettenbach/Kalus/ Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2005, § 1, RdNr. 79). Im Beschluss vom 21. März 2005 (Az. 11 CS 04.2334) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vor diesem Hintergrund die Einnahme von Betäubungsmitteln bereits dann als erwiesen angesehen, wenn der Betroffene keine konkreten Tatsachen vorträgt, derentwegen das durch eine solche Beprobung gewonnene Ergebnis unrichtig sein soll, und der sich aus dem Schnelltest ergebende Befund durch weitere Umstände erhärtet wird (ebenso BayVGH vom 24.7.2006, a.a.O.).

Der Antragsgegner ging zu Recht nicht davon aus, dass die Umstände, die im gegebenen Fall zum positiven Ergebnis des Drogenschnelltests hinzutraten, ausreichen, um die Fahrungeeignetheit des Antragstellers als erwiesen anzusehen. Zu erörtern ist deshalb nur, ob das Ergebnis des am 8. Juni 2007 durchgeführten Drogenschnelltests mit Sicherheit falsch war. Nur dann nämlich, wenn die Unrichtigkeit des damals gewonnenen Befunds feststünde, entfiele bereits der Verdacht, dass der Antragsteller seinem Körper vor der Polizeikontrolle Betäubungsmittel zugeführt haben könnte; nur unter dieser Voraussetzung hätte er der Anordnung vom 12. Februar 2009 nicht Folge leisten müssen.

Das Beschwerdevorbringen erlaubt nicht den Schluss, das Ergebnis des Drogenschnelltests könne keinesfalls zutreffen. Eine dahingehende Gewissheit ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass in der Blutprobe des Antragstellers, die 45 Minuten nach dem Urintest gewonnen wurde, kein Kokain vorgefunden wurde. Dieses Resultat kann nämlich darauf zurückzuführen sein, dass Kokain im Blut weniger lange als im Urin nachweisbar ist. Wird Kokain intranasal appliziert, endet die Nachweisdauer dieses Betäubungsmittels im Blut nach ca. zwei bis acht Stunden (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Aufl. 2005, S. 178, Tab. 1) bzw. nach fünf bis acht Stunden (Möller in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, a.a.O., § 3, RdNr. 47). Wurde Kokain als "Crack" (d.h. durch Rauchen der Base) konsumiert, beschränkt sich die Nachweisbarkeit dieser Substanz im Blut sogar auf eine Zeitspanne, die sich zwischen ca. 20 Minuten und einer Stunde bewegt (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, ebenda). Im Urin ist unverändertes (d.h. nicht metabolisiertes) Kokain demgegenüber - dosisabhängig - bis zu zwölf Stunden feststellbar (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, a.a.O., S. 179, Tab. 2). Wenn in der dem Antragsteller entnommenen Blutprobe kein Kokain festgestellt wurde, so folgt daraus deshalb nicht, dass das Ergebnis des Urintests falsch gewesen sein muss. Vielmehr könnte der Antragsteller Kokain zu einem Zeitpunkt konsumiert haben, der so lange zurücklag, dass dieses Betäubungsmittel zwar noch in dem um 19.40 Uhr gewonnenen Urin, nicht mehr aber in dem um 20.25 Uhr entnommenen Blut nachweisbar war.

In beiden Körperflüssigkeiten annähernd gleich lang ist lediglich die Nachweisdauer von Benzoylecgonin (des Hauptmetaboliten von Kokain); sie liegt sowohl im Blut als auch im Urin bei ca. zwei bis drei Tagen (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, a.a.O., S. 178 f., Tab. 1 und 2). Die dem Antragsteller entnommene Blutprobe wurde nach Aktenlage jedoch nicht auf diese Substanz (oder auf andere Abbauprodukte von Kokain) hin untersucht.

Auch aus dem Umstand, dass der Antragsteller nach polizeilicher Darstellung während des Kontrollvorgangs ein Verhalten an den Tag gelegt hat, wie es für Personen kennzeichnend ist, die unter der akuten Einwirkung exagitierend wirkender Betäubungsmittel stehen, während der die Blutentnahme durchführende Arzt eine knappe Stunde später derartige Auffälligkeiten nicht wahrnehmen konnte, folgt nicht zwingend, dass das Ergebnis des Drogenschnelltests unrichtig gewesen sein muss. Neben der nicht ausschließbaren Möglichkeit, dass die Polizei unzutreffende Wahrnehmungen gemacht haben könnte, kommt vor allem in Betracht, dass die von der Polizei geschilderten Verhaltensauffälligkeiten ihre Ursache in anderen Umständen als in einem akuten Kokainrausch (z.B. in hiervon unabhängigen körperlichen Defiziten des Antragstellers, in einer Bestürzung und Verunsicherung über die Konfrontation mit der Polizei oder in einem vorangegangenen, emotional belastenden Erlebnis) finden. Hierauf könnte auch hindeuten, dass sich die Divergenzen zwischen der polizeilichen Sachverhaltsschilderung und dem bei der Blutentnahme erstellten Arztbericht im Wesentlichen auf Beobachtungen beschränken, die in Zusammenhang mit der psychischen Verfassung des Betroffenen stehen und die einer willensmäßigen Steuerung (in gewissem Umfang) zugänglich sind. Bei mental nicht beeinflussbaren Faktoren (nämlich bei der Beschaffenheit und der Lichtreaktion der Pupillen des Antragstellers) gelangten die Polizei und der die Blutentnahme durchführende Arzt bezeichnenderweise zu übereinstimmenden Feststellungen.

Sollte eine der vorbezeichneten Möglichkeiten zutreffen, hätte das nur zur Folge, dass es im Fall des Antragstellers an Tatsachen fehlt, die zu dem Verdacht hinzutreten, der sich aus dem positiven Resultat des Drogenschnelltests ergibt. Der Nachweis, dass das Ergebnis dieses Tests unzutreffend war, würde hierdurch jedoch nicht erbracht.

Gleiches gilt für die Tatsache, dass die Pupillen des Antragstellers sowohl während der Polizeikontrolle als auch während der ärztlichen Untersuchung (stark) verengt waren, während bei einer Person, die akut unter dem berauschenden Einfluss von Kokain steht, mit stark erweiterten Pupillen zu rechnen ist (vgl. Möller in: Hettenbach/ Kalus/Möller/Uhle, a.a.O., § 3, RdNr. 50). Die Verengung der Pupillen bildet jedoch allenfalls ein gewisses Indiz dafür, dass die Wirkungen eines vorangegangenen Kokainkonsums sowohl im Zeitpunkt der Polizeikontrolle als auch bei der Blutentnahme bereits abgeklungen waren. Da die Rauschwirkung von Kokain nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers höchstens drei Stunden andauert, während eine vorangegangene Kokainaufnahme nach dem Vorgesagten ggf. drei Tage lang im Urin nachgewiesen werden kann, erbringt auch diese Gegebenheit nicht den Nachweis, dass der Drogenschnelltest unrichtig gewesen sein muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1, II.46.1 und II.46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).