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Amtsgericht Moers Urteil vom 15.05.2014 - 558 C 231/13 - Kostenvoranschlag als Schadensnachweis
AG Moers v. 15.05.2014: Zum Kostenvoranschlag als Schadensnachweis
Das Amtsgericht Moers (Urteil vom 15.05.2014 - 558 C 231/13) hat entschieden:
Zur Darlegung eines Fahrzeugschadens reicht nicht allein die Vorlage eines Kostenvoranschlags. Dies gilt insbesondere dann nicht, wenn dieser elf Monate nach dem Unfall erstellt worden ist.
Siehe auch Abstrakte bzw. sog. fiktive Schadensabrechnung und Reparaturkosten
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 25.11.2011 in Moers. Die Haftung der Beklagten mit einer Quote von 2/3 für diesen Unfall ist unstreitig.
Aus dem der Klägerin vorgelegten Kostenvoranschlag vom 05.11.2012 geht vor, dass es sich bei dem beschädigten Fahrzeug der Klägerin um einen VW gehandelt hat. Der Kostenvoranschlag weist einen Kilometerstand von null auf und als Erstzulassungsdatum den 12. 03.1999. Der Kostenvoranschlag weist einen Nettoschaden i.H.v. 1.859,85 EUR aus und kostete 178,50 EUR. Nebst einer Kostenpauschale i.H.v. 25 EUR beziffert die Klägerin den ihr entstandenen Schaden mit 2.063,35. Hiervon verlangt sie 2/3, also 1.375,57 €.
Die Klägerin betont, das Fahrzeug sei bei Erstellung des Kostenvoranschlages "durchaus reparaturwürdig" gewesen. Der Kilometerstand habe zum Unfallzeitpunkt bei 120.000 gelegen. Lichtbilder oder sonstige Unterlagen könne sie nicht mehr beibringen; das Fahrzeug sei zwischenzeitlich für 900 EUR veräußert worden. Der Wiederbeschaffungswert habe zum Unfallzeitpunkt "etwa 3.000 EUR" übertragen. Der Kostenvoranschlag sei geeignet, den Schaden der Klägerin "nachzuweisen".
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1375,57 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2013 zu zahlen,
ferner,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von anteiligen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe on 201,71 EUR freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten die Schäden am klägerischen Fahrzeug sowie die Schadenshöhe. Sie weisen darauf hin, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls 13 Jahre alt gewesen sei. Es sei ein Totalschaden am Fahrzeug der Klägerin eingetreten, so dass bereits deshalb eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis nicht in Betracht komme. Die Klägerin trage weder zum Wiederbeschaffungswert noch zum Restwert hinreichend vor. Mit einem Kostenvoranschlag, der ca. ein Jahr nach dem Unfall erstellt worden sei, könne der Schaden nicht mehr ordnungsgemäß dargelegt werden, da zu bestreiten sei, dass die Schadenspositionen, die der Kostenvoranschlag ausweist, auf das in Rede stehende Unfallereignis kausal zurückzuführen sind. Schon deshalb sei der Kostenvoranschlag unbrauchbar, zumal er einen Kilometerstand null aufweise. Die Angaben der Klägerin in diesem Punkt seien gleichfalls in Abrede zu stellen; rechne man mit einer jährlichen Kilometerleistung von nur 15.000, dann habe der Wagen zum Unfallzeitpunkt bereits 180.000 km gefahren. Deshalb seien die Angaben der Klägerin in diesem Punkt unplausibel. Da der Kostenvoranschlag unbrauchbar sei, seien sie auch nicht verpflichtet, dessen Kosten zu übernehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Auch wenn die Haftungsquote der Beklagten zu 2/3 unstreitig ist, so enthebt dies Klägerin nicht von hinreichend substantiiertem Vortrag zur Höhe des ihr entstandenen Schadens.
Der Unfall ereignete sich am 25.11.2011. Der Kostenvoranschlag datiert auf den 05.11.2012, ist also fast ein ganzes Jahr später erstellt worden. Zur Darlegung von Fahrzeugschäden reicht alleine die Vorlage eines Kostenvoranschlags ohnehin nicht. Ist er ein Jahr nach dem Unfallereignis erstellt worden, dann ist er zur Darlegung des Schadens aber auch schon deshalb nicht geeignet.
Dementsprechend haben die Beklagten bestritten, dass in dem Kostenvoranschlag vom 05.11.2012 nur diejenigen Schäden bezeichnet und kalkuliert wurden, die auf den in Rede stehenden Unfall zurückzuführen sind. Vortrag der Klägerin zu diesem Punkt fehlt vollständig, da die Klägerin schon nicht vorgetragen hat, welche Schäden denn überhaupt an ihrem Fahrzeug entstanden sind. Auf die Unbrauchbarkeit des Kostenvoranschlags ist die Klägerin bereits in der Klageerwiderung hingewiesen worden. Mangels Brauchbarkeit des Kostenvoranschlags hat die Klägerin deshalb auch keinen Anspruch auf Erstattung von dessen Kosten.
Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich darüber hinaus nicht, um welches konkrete Fahrzeug es sich denn bei ihrem beschädigten Fahrzeug gehandelt hat, so dass die Angabe der Klägerin zum Wiederbeschaffungswert nicht nachvollzogen werden kann. Das gilt auch dann, wenn man die Angabe der Klägerin zum Kilometerstand zu ihren Gunsten unterstellt - auch wenn sich aus der Angabe der Klägerin in diesem Punkt eine jährliche Fahrleistung von nur ca. 11.000 km ergibt-. Ob der Vortrag der Klägerin die Zuerkennung von Reparaturkosten im Lichte des 4-Stufen-Modells des BGH (vgl. BGH NJW 2009,1340) rechtfertigt, kann deshalb einer Überprüfung mangels substantiierten Vortrags der Klägerin zum Wiederbeschaffungswert nicht zugänglich gemacht werden.
Das Gericht ist nicht geneigt, der Klägerin 2/3 eines pauschalen Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 25,00 € zuzusprechen. Die Klägerin hat ersichtlich keine besonderen Aufwendungen tätigen müssen, um ihren Anspruch geltend zu machen. Jedenfalls ergibt sich dies aus der Klagebegründung nicht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.375,57 EUR festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Kleve zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Kleve durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.