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OLG Dresden Beschluss vom 05.08.2014 - OLG 21 Ss 511/14 (Z) - Fehlende Berücksichtigung des Sachvortrags des Verteidigers

OLG Dresden v. 05.08.2014: Rechtliches Gehör und fehlende Berücksichtigung des Sachvortrags des Verteidigers


Das OLG Dresden (Beschluss vom 05.08.2014 - OLG 21 Ss 511/14 (Z)) hat entschieden:
Die Rechtsbeschwerde ist wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen und das erstinstanzliche Urteil ist aufzuheben, wenn der Betroffene von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war und die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils keine Auseinandersetzung mit dem schriftsätzlichen Sachvortrag des Verteidigers des Betroffenen erkennen lassen.


Siehe auch Rechtliches Gehör und Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung und Säumnis des Betroffenen


Gründe:

I.

Mit Bußgeldbescheid der Landesdirektion Sachsen vom 07. November 2013 wurde gegen die Betroffene wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße von 70,00 € verhängt. Mit Urteil vom 25. März 2014 bestätigte das Amtsgericht Plauen den Bußgeldbescheid und verurteilte die Betroffene wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zur Geldbuße von 70,00 €.

Hiergegen hat die Betroffene durch ihren Verteidiger form- und fristgerecht Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und diesen mit der Versagung rechtlichen Gehörs begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.


II.

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen ist zuzulassen und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die aufgrund der Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG) hat mit der der Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG genügenden Verfahrensrüge der Versagung des rechtlichen Gehörs Erfolg.

2. Eine Versagung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn die erlassene Entscheidung des Tatrichters auf einem Formfehler beruht, der seinen Grund in unterlassener Kenntnis und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages der Parteien hatte (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2811; OLG Hamm, VRs 108, 440; OLG Hamm, NZV 2006, 217). Damit kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aber nicht in Betracht, um nur die Nachprüfung des Urteils unter diesem Gesichtspunkt zu ermöglichen. Vielmehr ist bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen, ob das rechtliche Gehör verletzt ist (BVerfG, NJW 1992, 2811). Hierzu muss das Rechtsbeschwerdegericht schon im Zulassungsverfahren die erforderlichen Feststellungen treffen (Göhler, a.a.O.). Selbst wenn das Amtsgericht einen von dem Betroffenen gestellten Beweisantrag entgegen den Grundsätzen des § 77 OWiG abgelehnt hätte, käme danach die Aufhebung des Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs nur in solchen Fällen in Betracht, in denen es sich aufdrängt und nicht zweifelhaft erscheint, dass ein Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht lediglich sicherstellen, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, sich dem Gericht gegenüber zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen und dass das Gericht seine Ausführungen zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss.

3. Gemessen an diesen Grundsätzen rechtfertigt das Beschwerdevorbringen die Annahme der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Betroffenen, da nicht ersichtlich ist, dass das Amtsgericht die vorbereitenden Schriftsätze und Erklärungen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen bzw. diese erwogen hätte.

Die Betroffene war ausweislich der Urteilsgründe vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden; auch der Verteidiger der Betroffenen hat an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen. Allerdings hat der Verteidiger im Vorfeld der Hauptverhandlung, insbesondere mit dem Schriftsatz vom 24. März 2014, dem ein Privatgutachten beigefügt gewesen ist, umfangreich Stellung bezogen und insbesondere die Verwertbarkeit des Meßergebnisses unter verschiedenen Gesichtspunkten gerügt. Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung wurde dieser Schriftsatz nicht gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 OWiG durch Mitteilung seines wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt. Zudem fehlt Im Urteil jegliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verteidigers. Darüber hinaus läßt sich dem Urteil nicht entnehmen, dass das Amtsgericht den vorbereitenden Schriftsatz des Verteidigers überhaupt zur Kenntnis genommen hätte. Diese Umstände in ihrer Gesamtheit drängen aber die Annahme auf, dass das Amtsgericht wesentliches Verteidigungsvorbringen außer Acht gelassen hat.

Dies nötigt zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.







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