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Landgericht Fulda Urteil vom 24.04.2015 - 1 S 168/14 - Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall

LG Fulda v. 24.04.2015: Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall


Das Landgericht Fulda (Urteil vom 24.04.2015 - 1 S 168/14) hat entschieden:
  1. Auch wenn der Sachverständige Ansprüche des Geschädigtem aus abgetretenem Recht geltend macht, beurteilt sich die Frage der Ersatzfähigkeit allein an Hand von § 249 BGB und den vom Bundesgerichtshof hierzu entwickelten Maßstäben.

  2. Die Sachverständigenkosten sind zu ersetzen, soweit sie nicht für den Geschädigten erkennbar über dem ortsüblichen Honorar für Sachverständige liegen.

  3. Die BVSK-Honorartabelle kann grundsätzlich als Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Sachverständigenhonorars herangezogen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn vom Schädiger konkret dargelegt wird, dass die Umfrage die Abrechnungspraxis im Bezirk des eingeschalteten Sachverständigen nicht zutreffend wiedergibt bzw. wenn dies gerichtsbekannt ist.

  4. Zur kostenrechtlichen Behandlung eines gewillkürten Parteiwechsels auf Beklagtenseite.

Siehe auch Die Sachverständigenkosten in der Unfallschadenregulierung und Einzelne Schadenspositionen in der Unfallregulierung


Gründe:

I.

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht des Geschädigten eines Verkehrsunfalls Zahlung privater Sachverständigenkosten.

Der Kläger ist Kfz-​Sachverständiger. Er macht Ansprüche aus abgetretenem Recht des Geschädigten N.N. geltend, welcher einen Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten versicherten PKW erlitt. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Der Kläger stellte dem Geschädigten für die Erstellung eines privaten Schadensgutachtens 667,59 € in Rechnung. Hierauf zahlte die Beklagte 581,00 €. Der Geschädigte trat etwaige weitergehende Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger ab, welcher nun den noch offenen Differenzbetrag in Höhe von 86,59 € nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Die Rechnung des Klägers setzt sich zusammen aus einem Grundhonorar von 450,00 € netto sowie folgenden weiteren Positionen (netto):

a) Fotodokumentation Original
- 6 Stück á 2,25 =
13,50 €
b) Eine Gutachtenkopie inkl. Bildanlage = 25,00 €
c) Fahrtkosten 30/65/100 Km
- 2 x 25,00 € =
50,00 €
d) VIN-Abfrage/Kalkulationsgebühr = 7,50 €
e) Porto-/Telefon-/Faxpauschale = 15,00 €


Die Klage wurde zunächst gegenüber der „N.N.“ erhoben. Nachdem der Beklagtenvertreter darauf hinwies, dass eine „N.N.“ nicht existiere, stellte der Kläger klar, dass die Klage sich gegen die „N.N. AG“ richte. Das Amtsgericht wies mit Beschluss vom 9.7.2014 darauf hin, dass es den Schriftsatz der Klägerin als Rubrumsberichtigungsantrag auslege und einen solchen auch für begründet erachte. Mit Schriftsatz vom 19.8.2014 wies die Klägerseite sodann darauf hin, dass richtige Beklagte die „N.N. a.G.“ sei und bat erneut um Rubrumsberichtigung. Der Beklagtenvertreter trat diesem Ansinnen entgegen und wies im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht darauf hin, dass aus seiner Sicht nunmehr ein Parteiwechsel vorliege. Er stellte jedoch sodann im Namen der zuletzt Beklagten „N.N. a.G.“ Antrag auf Klageabweisung.

In der Sache streiten die Parteien über die Frage der Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars der Höhe nach. Insbesondere besteht Streit über die Ersatzfähigkeit der Nebenkosten und die Frage, ob die BVSK 2013 eine taugliche Schätzgrundlage für die Bemessung der Nebenkosten darstellt. Die Beklagte wendet ein, die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten seien überhöht und daher nicht zu ersetzen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage in der Hauptsache in Höhe von 28,64 € sowie hinsichtlich der begehrten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Der Sachverständige könne aus abgetretenem Recht nur Zahlung verlangen, soweit ihm selbst gegenüber dem Geschädigten berechtigte Ansprüche aus §§ 631, 632 BGB zustünden. Es verletzte die Schutzbedürftigkeit des Geschädigten nicht, wenn die Versicherung nach Abtretung die Angemessenheit substantiiert bestreite. Dem Kläger als Sachverständigem komme nicht dieselbe geschützte Rechtsposition wie dem Geschädigten zu. Bei der Bemessung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO folge das Amtsgericht der vom BGH nicht beanstandeten Auffassung des LG Saarbrücken (13 S 41/13, in abgekürzter Form zu finden bei Beck online), dass die BVSK-​Umfrage hinsichtlich der Nebenkosten keine verlässliche Schätzgrundlage bilde. Eine alternative Schätzgrundlage sei vom BGH nicht vorgegeben, sondern die Findung einer solchen obliege tatrichterlichem Ermessen. Das Amtsgericht sehe das JVEG als tragfähige Schätzgrundlage an. Die dortigen Beträge stellten nach dem Willen des Gesetzgebers eine dem jeweiligen tatsächlichen Aufwand entsprechende Entschädigung dar und seien angemessen. Dem stehe nicht entgegen, dass der BGH entschieden habe, dass das JVEG grundsätzlich keine geeignete Schätzgrundlage für private Sachverständigenkosten sei. Denn die vom BGH angewandte Argumentation betreffe nur das Grundhonorar. Die Nebenkosten beträfen keinen Teil der haftungsrechtlich relevanten Bestandteile des Werkvertrags. Der Aufwand des privaten Sachverständigen sei insoweit identisch mit jenem eines gerichtlichen Sachverständigen. Daher seien die Sätze des JVEG eine taugliche Bemessungsgrundlage. Bei Anwendung des JVEG sei der Fahrtstundenaufwand des Sachverständigen nicht gesondert als Ausfallzeit zu ersetzen, da dieser regelmäßig bei gutachterlicher Tätigkeit anfalle und daher mit dem Grundhonorar abgegolten sei. Bei Zugrundlegung der JVEG-​Sätze hinsichtlich der Nebenkosten ergäbe sich ein Gesamtanspruch von 609,64 € brutto, welcher in Höhe von 581,00 € auf Grund der Zahlung erloschen sei.

Soweit die Beklagte die Angemessenheit des Grundhonorars bestreite, sei das Bestreiten unsubstantiiert. Stichhaltige Einwände gegen die hierfür als Schätzgrundlage herangezogene BVSK-​Umfrage seien nicht vorgebracht worden. Im Hinblick auf die Frage, ob das JVEG eine taugliche Schätzgrundlage für die Nebenkosten ist, hat das Amtsgericht die Berufung zugelassen.

Das Urteil des Amtsgerichts ist dem Klägervertreter am 12.11.2014 zugestellt worden. Mit beim Landgericht am 12.12.2014 eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz hat der Kläger Berufung eingelegt und diese mit am 12.1.2015 eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz begründet. Die Berufungsbegründung ist dem Beklagtenvertreter am 19.1.2015 zugestellt worden, wobei eine Frist zur Berufungserwiderung von 3 Wochen ab Erhalt gesetzt worden ist. Die Berufungsbegründung der Beklagten ging am 9.2.2015 beim Landgericht ein. Hierin hat die Beklagte Anschlussberufung mit dem Ziel der vollständigen Klagabweisung eingelegt.

Der Kläger verfolgt mit der zulässigen Berufung die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang fort. Der Kläger wendet sich gegen die Schätzung der Nebenkosten, insbesondere dagegen, dass das Amtsgericht die BVSK-​Erhebung nicht als taugliche Schätzgrundlage angesehen hat. Das Amtsgericht beziehe sich nur auf den Bundesgerichtshof, ohne seine Ansicht argumentativ zu stützen. Insbesondere seien keine nachvollziehbaren Gründe dargelegt, weshalb die BVSK-​Umfrage nicht tauglich sein soll. Zudem habe die Beklagte entgegen der Annahme des Amtsgerichts zur Erkennbarkeit der überhöhten Nebenkosten für den Kläger nicht hinreichend vorgetragen, hiermit habe sich das Amtsgericht auch nicht auseinandergesetzt. Nur wenn eine für den Geschädigten erkennbare Übersteigung der branchenüblichen Preise gegeben sei, sei dieser gehalten, einen günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Einer Anwendung des JVEG als Schätzgrundlage stehe entgegen, dass der BGH hierin im Hinblick darauf, dass der Sachverständige im Rahmen gerichtlicher Gutachten das Haftungsprivileg des § 839a BGB genieße, während er bei privater Beauftragung im Rahmen der Vergütung auch Risiken der unbeschränkten vertraglichen und deliktischen Haftung abdecken müsse, keine geeignete Schätzgrundlage sehe.

Wende man vom Standpunkt des Amtsgerichts ausgehend das JVEG an, so sei zumindest zugunsten des Klägers die Ausfallzeit für die Fahrtstrecken von 1 Std. ersatzfähig. Das JVEG sehe für Ausfallzeiten einen Stundensatz von 100,00 € in Honorargruppe 1 vor, so dass der Kläger auch bei Anwendung des JVEG die volle Klageforderung beanspruchen könne. Die Ausfallzeit sei nicht mit dem Grundhonorar abgegolten, da es einen erheblichen Unterschied mache, wo ein Sachverständiger seinen Sitz habe. Im ländlichen Bereich müssten deutlich mehr Fahrzeiten aufgewendet werden, als im städtischen Bereich. Das Grundhonorar decke denknotwendig nur Fixkosten, Fahrtkosten seien hingegen individuell.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 6.11.2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bad Hersfeld, Az.: 10 C 216/14 (20), die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 57,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 22.02.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 6.11.2014 (10 C 216/14) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt im Rahmen der Anschlussberufung zunächst, das Amtsgericht habe zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten angenommen. Die vom Amtsgericht erneut vorgenommene Rubrumsberichtigung auf die zuletzt intendierte Beklagte sei unzulässig. Beklagte sei daher weiterhin die „N.N. AG“, welche nicht passivlegitimiert sei. Im Übrigen sei die Klage auch in der Sache abzuweisen, da Nebenkosten von Sachverständigen generell nicht zu ersetzen seien. Im Werkvertragsrecht seien bei Fehlen einer expliziten Einigung die Nebenkosten grundsätzlich nicht ersatzfähig. Eine solche Vereinbarung sei nicht dargelegt, so dass der Ersatz der Nebenkosten schon deshalb ausscheide.


II.

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513, 517, 519 und 520 ZPO). Die Anschlussberufung ist binnen der gesetzten Frist zur Berufungserwiderung erfolgt und damit ebenfalls zulässig (§ 524 ZPO). In der Sache hat die Berufung ganz überwiegend Erfolg, die Anschlussberufung nur im Hinblick auf den Zinszeitpunkt des Hauptanspruches.

Ursprüngliche Beklagte des Verfahrens war die „N.N. AG“. Soweit die Klage zunächst gegenüber der nicht existenten „N.N.“ erhoben wurde, ist dies unschädlich. Die Bezeichnung der Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH NJW 1981, 1435, zitiert nach Beck online). Da unter der angegebenen Anschrift N.N. in mehrere Rechtspersönlichkeiten ihren Sitz haben, welche in ihrem Namen „N.N.“ führen, ist die nach den vorgenannten Grundsätzen vorzunehmende Auslegung unergiebig. Allerdings hat der Klägervertreter auf entsprechende Rüge der Nichtexistenz einer „N.N.“ mit Schriftsatz vom 27.6.2014 als Beklagte die „N.N. AG“ benannt und mithin klargestellt, dass die Klage sich (von Anfang an) gegen diese richten sollte. Die im Hinblick hierauf vom Amtsgericht vorgenommene Rubrumsberichtigung ist nicht zu beanstanden.

Hingegen ist die weitere Erklärung des Klägervertreters mit Schriftsatz vom 19.8.2014, bei der Beklagten handle es sich um die „N.N. a.G.“, einer erneuten Rubrumsberichtigung entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht zugänglich. Denn durch diese Erklärung wurde nicht wie zuvor eine bestehende Unklarheit beseitigt bzw. eine Falschbezeichnung korrigiert. Vielmehr fußte die nunmehr erfolgte Erklärung auf der Erkenntnis des Klägers, dass Ansprüche nicht gegenüber der zunächst verklagten „N.N. AG“, sondern gegenüber der nunmehr Beklagten bestehen. Insofern stellt die im Schriftsatz vom 19.8.2014 abgegebene prozessuale Erklärung einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite dar mit der Folge, dass die ehemalige Beklagte aus dem Prozess ausschied und die Klage sich fortan nur noch gegen die neue Beklagte richtete. Da zum Zeitpunkt der Erklärung noch nicht mündlich verhandelt worden war, bedurfte der Parteiwechsel von vornherein keiner Zustimmung der ehemaligen Beklagten. Denn gegenüber der ausscheidenden Beklagten stellt sich ein Parteiwechsel wie eine Klagerücknahme dar, so dass deren Grundsätze entsprechend anzuwenden sind. § 269 Abs.1 ZPO fordert eine Einwilligung zur Klagerücknahme aber nur, wenn bereits mündlich verhandelt wurde.

Überdies setzt ein Parteiwechsel grundsätzlich voraus, dass die Klage dem neuen Beklagten zugestellt wird, was vorliegend nicht geschehen ist; vielmehr ist der Schriftsatz allein dem Vertreter der ehemaligen Beklagten zugegangen. Vorliegend hat der Beklagtenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung jedoch zu erkennen gegeben, dass er auch für die neue Beklagte auftritt. Da er auch zuvor am Prozess beteiligt und mit dem Sach- und Streitstoff vertraut war und sich durch Stellung des Klageabweisungsantrags rügelos auf die veränderte Prozesssituation eingelassen hat, ist ein wirksamer Parteiwechsel auf Beklagtenseite ungeachtet der unterbliebenen Zustellung an die ehemalige Beklagte erfolgt und auch der bisherige Sach- und Streitstoff verwertbar (vgl. dazu auch BGH NJW 2010, 3376, zitiert nach Beck online; vgl. zum Ganzen auch Greger in Zöller, ZPO, 30.Auflage 2014, § 263, Rn.19 ff.). Mithin richtet sich die Klage nunmehr gegen die „N.N. a.G.“, welche unstreitig für die Ansprüche des Geschädigten aus dem zugrunde liegenden Unfallereignis einzustehen hat.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 86,59 € aus abgetretenem Recht des Geschädigten N.N..

Durch die Abtretung des Schadensersatzanspruchs durch den Geschädigten bleibt der Anspruch inhaltlich unberührt. Auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13 (zitiert nach Beck online), lagen abgetretene Ansprüche des Geschädigten an den Sachverständigen zu Grunde. Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof bei der Prüfung der Anspruchshöhe denjenigen Maßstab angewandt, welcher für den originären Anspruch des Geschädigten entwickelt wurde. Demnach kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. Absatz 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH, aaO). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags i.S.v. § 249 Absatz 2 S.1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls einschließlich der - vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten - beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die i.S.v. § 249 Absatz 2 S.1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Nach den vorgenannten Grundsätzen hat der Kläger durch Vorlage der Rechnung grundsätzlich die Notwendigkeit der dem Geschädigten angefallenen Kosten hinreichend dargelegt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die abgerechneten Kosten - insbesondere die Nebenkosten - die branchenüblich im Bezirk des Sachverständigen abgerechneten Kosten erheblich und für den Geschädigten erkennbar übersteigen, hat die Beklagtenseite nicht aufgezeigt. Allein aus dem Umstand, dass der Geschädigte sich möglicherweise vorliegend nicht über die Preismodalitäten informierte, können keine für ihn nachteiligen Rückschlüsse gezogen werden, da nicht ersichtlich ist, dass bei entsprechender Nachfrage beim Kläger hinsichtlich der Preisgestaltung für den Geschädigten eine deutliche Überhöhung der branchenüblichen Preise erkennbar gewesen wäre.

Im Wesentlichen bewegen sich die vom Kläger abgerechneten Positionen schon nicht außerhalb des üblichen Preisniveaus. Das Grundhonorar liegt am oberen Ende des Honorarkorridors HB V der BVSK-​Umfrage 2013, welche für eine Schadenshöhe von mehr als 2.750,00 € bis 3.000,00 € netto ein Honorar zwischen 414,00 € und 450,00 € netto ausweist. In diesem Korridor rechnen mehr als 50% der vom BVSK befragten Sachverständigen ab. Mithin kann hier schon objektiv nicht von einem branchenunüblich hohen Honorar ausgegangen werden. Hinsichtlich des Grundhonorars bietet die BVSK-​Umfrage eine anerkannte Schätzgrundlage. Konkrete Einwendungen, die Zweifel im Einzelfall begründen könnten, sind von Beklagtenseite weder vorgebracht, noch ersichtlich.

Hinsichtlich der abgerechneten Nebenkosten ist zunächst zu konstatieren, dass diese grundsätzlich sehr hoch erscheinen, insbesondere, wenn man davon ausgeht, dass Nebenkosten nur den tatsächlichen Aufwand abbilden. Bereits aus den begleitenden Bemerkungen zur BVSK-​Honorarbefragung 2013 unter „8. Nebenkosten“ ergibt sich jedoch, dass in der Abrechnungspraxis der Sachverständigen die Position „Nebenkosten“ grundsätzlich nicht im betriebswirtschaftlichen Sinne des Begriffs verwendet wird, sondern dass die Ausweisung lediglich der Transparenz dienen soll, die einzelnen Posten jedoch Gewinnanteile enthalten. Da maßgeblich die branchenüblichen Preise sind und sich aus der Anmerkung der BVSK-​Umfrage zur Abrechnungspraxis der Sachverständigen ergibt, dass es branchenüblich ist, die Nebenkosten gerade nicht als tatsächlichen Aufwand abzubilden, kann der Geschädigte allein daraus, dass die Nebenkostenpositionen im Verhältnis zum Aufwand sehr hoch erscheinen, keine relevanten Erkenntnisse ziehen.

Auch aus dem Verhältnis zwischen Nebenkosten und Grundhonorar ergab sich für den Geschädigten im vorliegenden Fall kein Anlass, an der Branchenüblichkeit der in Rechnung gestellten Preise zu zweifeln. Die Nebenkosten machen vorliegend etwa 20% der Gesamtrechnungssumme aus und belaufen sich auf etwa 25% des Grundhonorars. Zumindest dann, wenn die Nebenkosten nicht mehr als 25% des Grundhonorars ausmachen - und das Grundhonorar als solches nicht überhöht ist - gibt es für den Geschädigten grundsätzlich keinen Anlass, an der Branchenüblichkeit und Notwendigkeit der Nebenkosten zu zweifeln (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 28.1.2014, 16 U 103/13, zitiert nach Beck online m.w.N.). Schon aus diesem Grund kann der Schädiger daher vorliegend Ersatz der vollen Rechnungshöhe verlangen. Diesbezüglich unterscheidet sich der Fall auch erheblich von der dem BGH-​Urteil vom 22.7.2014, Az. VI ZR 357/13 zugrunde liegenden Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken. Im dortigen Verfahren rechnete der Sachverständige Nebenkosten ab, welche nahezu das Grundhonorar erreichten. Zudem erachtete das Landgericht Saarbrücken für den dortigen Bezirk die BVSK-​Umfrage hinsichtlich der Nebenkosten auch deshalb nicht für aussagekräftig, da aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, dass die Abrechnungsmodalitäten im dortigen Gerichtsbezirk stark schwanken und daher von der BVSK-​Umfrage nicht verlässlich abgebildet wurden. Der Bundesgerichtshof hat dieses Ergebnis zwar nicht beanstandet, den Entscheidungsgründen des Urteils lässt sich jedoch entnehmen, dass er die BVSK-​Umfrage hinsichtlich der Nebenkosten nicht generell für unanwendbar hält. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass auch im Bezirk des Klägers die Abrechnungsmodalitäten stark von der Erhebung nach BVSK abweichen, die Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen. Daher kann vorliegend hinsichtlich der Frage, ob die abgerechneten Nebenkosten branchenüblich waren, zudem auch die BVSK-​Umfrage 2013 herangezogen werden. Ein Vergleich der abgerechneten Positionen hiermit ergibt, dass die Nebenkosten vorliegend größtenteils im insoweit vorgegebenen Rahmen liegen, was ebenfalls gegen eine erkennbare Überhöhung der Nebenkosten spricht. Hinsichtlich der einzelnen Positionen gilt:

a) Fotodokumentation Original, pro Foto 2,25 €

Die Position liegt innerhalb des Korridors für den 1.Fotosatz. (2,21 € und 2,55 € je Foto)

b) Gutachtenkopie inkl. Bildanlage, 25,00 €

Hierzu gibt es keine Angaben in der BVSK-​Umfrage, da die Kopierkosten hier nur für eine Seite ermittelt wurden. Für eine Seite liegt der obere Wert des Korridors bei 1,43 €. Das Gutachten bestand vorliegend aus 16 Seiten, zudem kamen noch Bildanlagen hinzu. Von einer (deutlichen) Überschreitung des oberen Korridorwertes kann nicht ausgegangen werden, da sich allein für die 16 Seiten ohne Lichtbildanlagen ein oberer Wert von 22,88 € ergibt.

c) Fahrtkosten 30/65/100 Km = 50,00 €

Hier liegt der Korridor bei Pauschalabrechnung nach BVSK zwischen 22,89 € und 26,73 €. Somit übersteigt diese Einzelposition den Korridor deutlich. Hätte der Kläger jedoch vorliegend nach der Kilometerpauschale abgerechnet (HB V Korridor: 0,92 € bis 1,16 €), so hätte er für die Fahrtstrecke von 56 Kilometern sogar mehr als die abgerechnete Pauschale ansetzen können. Insoweit ist auch bei einem Vergleich mit BVSK nicht von einer erkennbaren Überhöhung auszugehen.

d) VIN-​Abfrage/Kalkulationsgebühr = 7,50 €

Hierbei handelte es sich um eins zu eins weitergegebene Kosten.

e) Porto-​/Telefon-​/Faxpauschale = 15,00 €

Diese liegt sogar unterhalb des Korridors (23,46 € und 29,87 €).

Aus den angestellten Erwägungen ergeben sich daher vorliegend für die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, dass die abgerechneten Preise vorliegend überhaupt das branchenübliche Niveau überstiegen.

Daher hat der Kläger Anspruch auf Ausgleich der vollen Rechnungssumme.

Der Kläger kann Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 286 BGB verlangen.

Zinsen vor diesem Zeitpunkt waren nicht zuzusprechen und die Klage insoweit auf die Anschlussberufung abzuweisen. Der Zinsanspruch hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 92 Abs.2 Nr.1 ZPO und entsprechender Anwendung des § 269 Abs.3 S.2 ZPO. In Folge der Anschlussberufung war die gesamte erstinstanzlich geltend gemachte Hauptforderung Gegenstand des Berufungsverfahrens, so dass sich grundsätzlich eine einheitliche Kostenquote für beide Instanzen ergibt, wobei das Unterliegen des Klägers mit einem geringen Teil der Zinsforderung nicht ins Gewicht fällt. Da es sich bei der Umstellung der Klage von der „N.N. AG“ auf die nunmehr Beklagte und Berufungsbeklagte nicht um eine Rubrumsberichtigung, sondern einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite handelt, sind die Kosten der ehemaligen Beklagten jedoch entsprechend § 269 Abs.3 S.2 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Es besteht Einigkeit, dass der gewillkürte Parteiwechsel auf Beklagtenseite im Rahmen der Kostenentscheidung wie eine Klagerücknahme zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.02.2010 - 17 W 28/09, zitiert nach Beck online m.w.N.).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision.