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BGH Urteil vom 25.03.2015 - VIII ZR 38/14 - Keine Käuferpflicht zur Herausgabe einer Kaskoentschädigung nach Brandzerstörung des Fahrzeugs
BGH v. 25.03.2015: Keine Käuferpflicht zur Herausgabe einer Kaskoentschädigung nach Brandzerstörung des Fahrzeugs bei Wandlung des Kaufvertrages
Der BGH (Urteil vom 25.03.2015 - VIII ZR 38/14) hat entschieden:
Der Käufer eines Fahrzeugs, welches er kaskoversichert hat, ist nach Untergang der Sache zur Herausgabe einer verbleibenden Bereicherung im Sinne des § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB nur insoweit verpflichtet, als er etwas erlangt hat, was er herausgeben könnte. Dies ist bei einer vom Kaskoversicherer verweigerten Genehmigung der Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung der Versicherungsleistung an den Verkäufer nicht der Fall.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Wertersatz - Nutzungsentschädigung bei Rückabwicklung des Autokaufs
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Neuwagen in Anspruch.
Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 11. September 2009 übergeben. In der Folgezeit versuchte die Beklagte mehrfach, verschiedene Mängel des Fahrzeugs zu beseitigen. Nach dem letzten erfolglosen Nachbesserungsversuch erklärte der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2011 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30. August 2011 unter anderem auf, den Kaufpreis unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung - insgesamt einen Betrag von 43.727,50 € - Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurückzuzahlen.
Am 29. August 2012 brannte das Fahrzeug, das sich nach wie vor beim Kläger befand, weitgehend aus. Der Kläger trat am 6. März 2013 sämtliche Ansprüche aus einem von ihm für das Fahrzeug abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrag an die Beklagte ab. Die Beklagte nahm die Abtretungserklärung an. Der Versicherer erklärte jedoch mit Schreiben vom 10. April 2013 unter Verweis auf einen - in den dem Versicherungsvertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung enthaltenen - Genehmigungsvorbehalt, dass die Abtretung nicht genehmigt werden könne, da die Eintrittspflicht noch nicht abschließend geprüft sei.
Das Landgericht hat der unter anderem auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung gerichteten Klage teilweise in Höhe von 38.217,21 € stattgegeben, allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der näher bezeichneten Ansprüche des Klägers gegenüber seinem Versicherer. Die Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen eine vorbehaltlose Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises erstrebt hat, ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger nur noch die Aufhebung des Zug-um-Zug-Vorbehalts.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückzahlung von 38.217,21 € Zug um Zug gegen Abtretung der Versicherungsansprüche gegen den Kaskoversicherer zu.
Er sei wegen erheblicher Sachmängel, die von der Beklagten nicht beseitigt worden seien, berechtigt gewesen, von dem Kaufvertrag zurückzutreten. Der Rücktritt sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Rückgabe des Pkw durch den Fahrzeugbrand nicht beziehungsweise nur in verschlechtertem Zustand möglich sei. Nachdem die Beklagte nach erklärtem Rücktritt zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des Pkw aufgefordert worden sei, habe sie sich in Annahmeverzug befunden. Der Kläger habe damit bezüglich des Untergangs lediglich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wofür hier nichts vorgetragen oder ersichtlich sei.
Er habe jedoch das für die untergegangene Sache erlangte Surrogat, hier die Versicherungsleistung, an die Beklagte abzutreten. Daher stehe der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu, und sei eine Verurteilung lediglich Zug um Zug gegen Abtretung entsprechender Ansprüche möglich. Zwar habe der Kläger bereits die Abtretung erklärt. Wie sich jedoch aus dem Schreiben des Kaskoversicherers ergebe, sei nach den Allgemeinen Bedingungen zur Kraftfahrtversicherung eine Abtretung des Anspruchs auf Entschädigung vor der endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Genehmigung durch den Versicherer nicht möglich. Insoweit könne die Leistung bis zur Abtretung der entsprechenden Ansprüche an den Kläger verweigert werden.
Die bereits erklärte Abtretung sei nichtig. Der Umstand, dass der Versicherer sich formularmäßig einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt ausbedungen habe, sei nicht zu beanstanden. Insbesondere verstoße eine solche Vereinbarung nicht gegen § 307 BGB. Dementsprechend habe der Kläger das einredeweise auf §§ 285, 326 Abs. 3 BGB gestützte Verlangen nicht erfüllt, weshalb gegen die Zug-um-Zug-Verurteilung nichts zu erinnern sei.
Der Anwendungsbereich des § 285 BGB sei hier eröffnet. Dass noch keine Regulierung erfolgt sei, spiele keine Rolle. Maßgeblich sei allein, dass der Kläger infolge der Leistungsstörung ein Surrogat - den Anspruch gegen seinen Kaskoversicherer - erlangt habe. Unbeachtlich sei, dass die Beklagte nach der fristgebundenen Rücktrittserklärung des Klägers bereits in Annahmeverzug gelangt sei, als das Fahrzeug zerstört worden sei. Die beim gesetzlichen Rücktrittsrecht geltende Gefahrtragungsregelung des § 346 Satz 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB ändere nämlich nichts an der Verpflichtung des Klägers, die ihm verbleibende Bereicherung - mithin den Ersatzanspruch gegen seinen Kaskoversicherer - herausgeben zu müssen (vgl. § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Beklagte befinde sich mit der Annahme des Surrogats - der Versicherungsleistung - nicht in Annahmeverzug, da eine wirksame Abtretung bisher nicht erfolgt sei.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Beklagten - jedenfalls derzeit - kein Anspruch auf Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen seine Kaskoversicherung zusteht und deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht durch einen entsprechenden Zug-um-Zug-Vorbehalt einzuschränken ist.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Kläger ursprünglich gemäß §§ 434, 437 Nr. 2, § 346 Abs. 1 BGB zur Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs verpflichtet war und diese Verpflichtung durch den Untergang des Fahrzeugs entfallen ist. Einen Anspruch auf Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen des Untergangs des Fahrzeugs hat die Beklagte, wie die Revisionserwiderung selbst einräumt, in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht. Einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
Gemäß § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB, der eine Rechtsfolgenverweisung auf das in §§ 812 ff. BGB geregelte Bereicherungsrecht enthält (Senatsurteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290 Rn.16 mwN), hat der Rückgewährschuldner, der nach § 346 Abs. 3 Satz 1 BGB keinen Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB zu leisten hat, eine verbleibende Bereicherung herauszugeben. Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht nicht geprüft hat - überhaupt ein Wertersatzanspruch entfallen ist. Denn jedenfalls fehlt es an einer herausgabefähigen Bereicherung.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass im Falle der Versicherung des untergegangenen Gegenstandes nicht erst die ausgezahlte Versicherungsleistung auszukehren, sondern grundsätzlich bereits der Anspruch auf die Versicherungsleistung an den Gläubiger abzutreten ist (§ 398 BGB).
Die Abtretung des Anspruchs gegen die Kaskoversicherung hat der Kläger jedoch bereits erklärt. Anders als das Berufungsgericht meint, rechtfertigt der Umstand, dass nach den Versicherungsbedingungen eine Abtretung von der - hier ausdrücklich verweigerten - Genehmigung der Versicherung abhängt, aber nicht die Annahme, dass der Beklagten gegenwärtig ein Anspruch auf nochmalige - wirksame - Abtretung dieser Ansprüche zustünde.
b) Denn das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Kläger derzeit nichts erlangt hat, was er herausgeben könnte. Erlangt im Sinne des hier anwendbaren § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB ist etwas erst dann, wenn es sich aufgrund des Bereicherungsvorgangs im Vermögen des Bereicherten konkret manifestiert und dadurch eine Verbesserung seiner Vermögenslage eintritt (BGH, Urteil vom 7. Januar 1971, VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128, 131; Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl. § 812 Rn. 8). Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger hat weder eine Zahlung von der Versicherung erhalten noch hat diese ihre Eintrittspflicht anerkannt. Ein etwaiger, noch im Prüfungsstadium befindlicher und wegen der verweigerten Genehmigung derzeit nicht abtretbarer Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Versicherungsleistung stellt keine herausgabefähige Bereicherung im Sinn des § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB dar. Auf etwaige Ansprüche, die der Beklagten gegen den Kläger erst in Zukunft dadurch erwachsen könnten, dass die Versicherung des Klägers den Anspruch auf die Versicherungsleistung feststellt oder den festgestellten Betrag auszahlt, kann ein Zurückbehaltungsrecht von vornherein nicht gestützt werden.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 348 BGB nichts anderes. Insbesondere lässt sich aus dieser Vorschrift nichts dafür herleiten, dass ein Rückgewährschuldner, der (wie der Kläger) die untergegangene Kaufsache nicht herausgeben kann, die Last der Auseinandersetzung mit seiner Versicherung zu tragen habe und durch ein Zurückbehaltungsrecht dazu anzuhalten sei, die Regulierung des Schadens durch die Kaskoversicherung zu erstreiten. Denn § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB erlegt dem Rücktrittsschuldner nur die Herausgabe einer bereits herausgabefähig vorhandenen Bereicherung auf, verpflichtet ihn aber nicht dazu, etwa durch eine auf eigenes Risiko und eigene Kosten erhobene Klage, eine - sodann herauszugebende - Bereicherung erst herbeizuführen.
2. Auch aus § 346 Abs. 1, § 275 Abs. 1 BGB, § 285 BGB oder § 346 Abs. 2, § 285 BGB (so etwa MünchKommBGB/Gaier, 6. Aufl. § 346 Rn. 47 mwN) ergibt sich kein Anspruch der Beklagten, den sie dem Kläger nach §§ 320, 348 BGB entgegen halten könnte. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, ob § 285 BGB überhaupt auf das Rückgewährverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB nach dem neuen Schuldrecht Anwendung findet (dagegen mit beachtlichen Gründen Staudinger/Caspers, BGB, Neubearb. 2014, § 285 Rn. 13). Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte - ähnlich wie es der Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit der Vorgängervorschrift zu § 285 BGB, nämlich § 281 BGB aF, angenommen hatte (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1982 - V ZR 24/82, NJW 1983, 929 unter B) -, ergibt sich daraus kein Anspruch der Beklagten.
Denn nach § 285 BGB hätte der Kläger auch nur dasjenige herauszugeben, was er infolge der Unmöglichkeit, das durch Brand zerstörte Fahrzeug zurückzugeben, erlangt hat. Wie bereits ausgeführt, hat der Kläger aber von der Versicherung weder eine Zahlung erhalten noch hat diese ihre Eintrittspflicht anerkannt. Dass der Kläger künftig - etwa dadurch, dass die Versicherung den Anspruch feststellt und dieser abtretbar wird - etwas erlangen könnte, dessen Herausgabe die Beklagte sodann verlangen könnte, ist, wie ausgeführt, unerheblich, da ein Zurückbehaltungsrecht nicht auf Ansprüche gestützt werden kann, die noch gar nicht entstanden sind.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zum Wegfall des Zug-um-Zug-Vorbehalts.