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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss vom 03.02.2011 - W 6 E 11.37 - Zeitablauf für die Anordnung einer Prüfung vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
VG Würzburg v. 03.02.2011: Zeitablauf für die Anordnung einer Prüfung vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
Das Verwaltungsgericht Würzburg (Beschluss vom 03.02.2011 - W 6 E 11.37) hat entschieden:
Da auch nach dem Wegfall der Zwei-Jahresfrist die zeitliche Dimension von erheblichem Gewicht ist, ist davon auszugehen, dass die Annahme von Tatsachen, die an der Befähigung zweifeln lassen, umso eher gerechtfertigt ist, je länger ein Fahrerlaubnisentzug bzw. einer tatsächlich fehlenden Fahrpraxis dauert. Je länger der Antragsteller für die beantragten Fahrerlaubnisklassen nicht mehr am öffentlichen Verkehr teilgenommen hat und je weiter er die frühere Zwei-Jahresfrist überschritten hat, umso mehr verdichten sich die Anhaltspunkte, die die Anordnung einer praktischen Prüfung erforderlich erscheinen lassen.
Siehe auch Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - Wiedererlangung der Fahreignung und Die prüfungsfreie Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
Gründe:
I.
1. Der am … 1957 geborene Antragsteller hat am 10. Dezember 1975 erstmals die Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 erworben. Die Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller durch Urteil des Landgerichtes Schweinfurt vom 9. Oktober 2003 entzogen, nachdem er wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt worden war. Der Antragsteller hatte die Straftat am 1. Dezember 2002 begangen. Einen früheren Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis vom 12. Januar 2007 nahm der Antragsteller zurück, nachdem ein medizinisch-psychologisches Gutachten negativ ausgegangen war. Auf einen erneuten Antrag hin wurde dem Antragsteller durch den Antragsgegner – nach positiver Begutachtung – am 26. Mai 2010 die Fahrerlaubnis der Fahrerlaubnisklassen A, BE, M, S, L, T erteilt und der Führerschein am 2. Juni 2010 ausgehändigt. Einen Antrag auf Erteilung der Klassen C1 und C1E nahm der Antragsteller wieder zurück.
Am 30. September 2010 beantragte der Antragsteller erneut die Erteilung der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Klassen C1, C1E und CE (79). Mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 an den Antragsteller teilte der Antragsgegner mit, der Antragsteller sei seit mehr als 7 Jahren nicht mehr berechtigt, Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht zu führen. Auf telefonische Nachfrage habe der Antragsteller angegeben, zuletzt in den 90-er Jahren derartige Fahrzeuge geführt zu haben, so dass die tatsächliche Fahrpraxis schon seit über zehn Jahren nicht mehr gegeben sein dürfte. Nach § 20 Abs. 2 FeV ordne die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Bewerber die nach § 16 Abs. 1 und 17 Abs. 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitze. Ausreichend sei, wenn aufgrund der vorliegenden Tatsachen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass dem Bewerber die erforderliche Befähigung fehlen könnte. Der zeitliche Aspekt spiele auch nach Wegfall der Zwei-Jahresfrist eine entscheidende Rolle. Das folge zum einen daraus, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der entsprechenden Klassen in den meisten Fällen nicht auf aus einer Verkehrsteilnahme resultierende Tatsachen zurückgreifen könne. Zum anderen folge das daraus, dass das Führen von Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t umfangreichere und anspruchsvollere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetze, als dies für das Führen eines PKWs erforderlich sei. Der Antragsgegner bat den Antragsteller mitzuteilen, bei welcher Fahrschule er die praktische Prüfung für die Klasse C1E ablegen wolle.
Laut eines Aktenvermerks vom 28. Oktober 2010 gab der Antragsteller an, dass er ca. 1995 oder 1996 zuletzt LKW gefahren sei. Sein jetziger Arbeitgeber würde ihn, wenn er die Fahrerlaubnis habe, auch damit einsetzen.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2010 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 26. Januar 2010, Az: M 1 K 09.4504 vortragen, es sei beabsichtigt, ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen habe der Antragsteller nach dem Gutachten des TÜV Thüringen erfolgreich bestanden. In der Begründung zur 4. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 18. Juli 2008 werde zum Wegfall der Zwei-Jahresfrist ausgeführt, die bislang geltende starre Fristenregelung habe sich insbesondere bei der Wiedereingliederung arbeitsloser LKW-, Bus- und Taxifahrer erschwerend ausgewirkt. Mit dem Wegfall der Frist solle Fahrerlaubnisinhabern der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert werden. Erhebliche Kosten für die erneute Fahrerlaubnisprüfung sollten erspart werden. Der Antragsteller fahre PKW und Kleintransporter bis 3,5 t. Er kenne die neuen Vorschriften. Im Übrigen habe er auf dem Hof des Arbeitgebers mehrfach an Wochenenden Fahrversuche und Fahrübungen mit Fahrzeugen bis 7,49 t und Anhängern bis 3,75 t beanstandungsfrei ausgeführt. Fahrzeuge bis 3,5 t würden sich im Fahrverhalten kaum von solchen bis 7,5 t unterscheiden. Der Antragsteller sei mit den geänderten Verkehrsvorschriften und Verhältnissen der Verkehrsdichte vertraut, weil er bereits mit PKWs und Fahrzeugen bis 3,5 t fahre.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 hielt der Antragsgegner an seiner Forderung nach einer praktischen Prüfung für die Klasse C1E fest. Die zitierte Entscheidung des VG München sei vom BayVGH aufgehoben worden. Zur Erteilung der Fahrerlaubnis für die beantragten LKW-Klassen müsse eine klassenspezifische Befähigung vorliegen. Die Straßenverkehrsteilnahme mit einem PKW bis 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht könne deshalb nicht der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem LKW mit Anhänger mit bis zu insgesamt 18,75 t zulässigem Gesamtgewicht (Klasse CE 79) gleichgesetzt werden. Aufgrund der unsubstantiierten Angaben zur Fahrpraxis, insbesondere zum Zeitpunkt und zum konkreten Umfang vor dem Fahrerlaubnisentzug, müsse weiterhin davon ausgegangen, dass weit über zehn Jahre keine Fahrpraxis auf Fahrzeugen der beantragten Klassen bestehe. Auch gelegentlich absolvierte Rangierfahrten auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers könnten keine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese gelegentlich stattfindenden Rangierfahrten könnten nicht annähernd der Fahrpraxis mit Lastkraftwagen über 3,5 t gleichgestellt werden, weil sie sich nur über kurze Distanzen erstreckten und außerhalb des öffentlichen Verkehrs stattgefunden hätten.
2. Am 18. Januar 2011 ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragen, ihm über die erteilten Fahrerlaubnisklassen hinaus die Klassen C1E und CE (79) erteilen. Zur Begründung ließ der Antragsteller auf ein Gutachten des TÜV Thüringen vom 20. Mai 2010 hinweisen. Der Antragsteller selbst sei auch hinsichtlich der Fahrfähigkeit und der Eignung betreffend die Fahrerlaubnisklassen C1E, CE und T geprüft worden. Grund sei, dass der Antragsteller nunmehr eine Teilzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt erhalten habe. Voraussetzung für die Beschäftigung sei jedoch, dass der Antragsteller über die Fahrerlaubnis der Klassen BE und C1E verfüge, weil er Transporter bis 3,5 t mit Anhänger und bei Erhalt der Fahrerlaubnis auch Kleinlastwagen bis 7,5 t mit Anhänger fahren solle. Zwischenzeitlich sei der Antragsteller in Teilzeit beschäftigt und fahre regelmäßig mit Fahrzeugen unter 3,5 t mit Anhänger. In der Freizeit lasse der Arbeitgeber den Antragsteller auch mit den Fahrzeugen LKW üben und rangieren. Der Antragsgegner habe dem Antragsteller den Führerschein der Klasse T zugebilligt. Mit der Klasse T habe der Antragsteller das Recht erworben, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer bauartbestimmten Geschwindigkeit bis 60 km/h sowie Anhänger zu fahren – ohne Beschränkung auf 11,4 t bzw. 18 t. Der Antragsgegner habe mit Erlaubniserteilung der Klasse T bestätigt, dass er den Antragsteller für ausreichend befähigt sehe, diese Fahrzeuge zu führen, die jedenfalls die Gewichtsgrenzen der Fahrerlaubnisklassen CE (79) erreichten. Der Verordnungsgeber habe die frühere Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 2 FeV ersatzlos gestrichen. Aus der Sicht der Neufassung des § 20 Abs. 2 FeV sei die Anordnung der Ablegung der Befähigungsprüfung dann erforderlich, wenn eine motorisierte Verkehrsteilnahme mit erlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen über zehn Jahre oder mehr nicht mehr legal möglich gewesen sei. Der Zweck der geänderten Regelung solle darin bestehen, dass dann, wenn der Betreffende über einen längeren Zeitraum nicht mehr am Straßenverkehr teilgenommen habe, Zweifel am Vorhandensein der theoretischen und praktischen Kenntnisse für das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr bestünden. Diese Rechtsauffassung widerspreche den gesetzlichen Bestimmungen. In der Begründung der 4. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 18. Juli 2008 werde ausgeführt, die bislang geltende, starre Fristregelung habe sich insbesondere bei der Wiedereingliederung arbeitsloser LKW-, Bus- und Taxifahrer erschwerend ausgewirkt. Die Befähigung zum Führen eines entsprechenden Kraftfahrzeugs bestehe im Regelfall weiter. Der Verordnungsgeber gehe vom Grundgedanken aus, dass die Befähigung im Regelfall weiterhin bestehe und eine erneute Fahrerlaubnisprüfung nur im Ausnahmefall anzuordnen sei nämlich, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Bewerber, die durch die Führung nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitze. Die der Behörde für ihre Prüfung zur Verfügung stehenden Tatsachengrundlage werde abgesehen vom zeitlichen Aspekt häufig sehr dünn sein. Zum anderen lasse sich der Begründung zur 4. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung nicht entnehmen, dass auf den zeitlichen Aspekt überhaupt verzichtet worden sei. Der Verordnungsgeber habe nachweislich der Begründung bewusst von einer strikten Fristenregelung abgesehen. Der Antragsgegner habe bislang außer Acht gelassen, dass der Antragsteller seit 26. Mai 2010 mit den ihm erteilten Fahrerlaubnisklassen am Straßenverkehr teilnehme und bisher verkehrsrechtlich nicht aufgefallen sei. Weiterhin habe der Antragsgegner außer Acht gelassen, dass er bereits sein Ermessen dahin ausgeübt habe, dass er dem Antragsteller die Klasse T zugebilligt und die Fahrerlaubnis insoweit erteilt habe. Damit habe er bereits sein Ermessen ausgeübt, dass Zweifel an der Benutzung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t mit Anhängern nicht bestünden. Es sei nicht ersichtlich, dass das ausgeübte Ermessen im Fall der Fahrerlaubnis der Klasse T anders zu beurteilen sei als in den Fahrerlaubnisklassen CE (79) und C1E, weil es hierbei um die gleichen Größen- und Gewichtsverhältnisse gehe. Die dem Antragsteller zugesprochene Fahrpraxis der Führerscheinklasse T entspreche vergleichsweise den Anforderungen der Klasse CE1 und CE. Da der Führerschein für den Antragsteller zum Erhalt seines Arbeitsplatzes für die Zukunft erforderlich sei, werde folgender Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO gestellt:
Der Antragsgegner ist zu verpflichten, dem Antragsteller über die erteilte Fahrerlaubnis der Klasse A, BE, M, S, L und T hinaus, vorläufig zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klassen C1E und CE zu erteilen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und hierüber, dem Antragsteller und dem Kläger den Führerschein ergänzend auszustellen und dem Antragsteller auszuhändigen.
Bei der Abwägung überwiege das Interesse des Antragstellers, da der Antragsgegner einen offensichtlichen Fehlgebrauch seines Ermessens vorgenommen habe, indem er bei der Wiedererteilung der Führerscheinklasse T sein Ermessen zu Gunsten des Antragstellers ausgeübt habe. Der einzige Unterschied liege darin, dass LKW der Klassen CE und C1E auf Autobahnen 80 km/h fahren dürften. Im Übrigen seien die vom Antragsgegner angeführten Entscheidungen nicht einschlägig, weil bei diesen Entscheidungen in keinem Fall die Fahrerlaubnis der Klasse T erteilt worden sei und darüber hinaus in keinem Fall ein medizinisch-psychologisches Gutachten über die Fahreignung auch für die Fahrzeuge der Klassen C1E und CE vorgelegen habe.
3. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2011 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung trug er vor, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Nach § 20 Abs. 2 FeV sei zunächst die Frage der Befähigung zu klären, bevor die beantragte Fahrerlaubnis erteilt werden könne. Der Begriff der Befähigung sei von der Eignung zu unterscheiden. Die Eignungszweifel seien unstrittig durch die Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt worden. Die Befähigung sei eine im Verhältnis zur Eignung selbständige Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnis der Klasse B sei dem Antragsteller am 26. Mai 2010 aufgrund des Umstandes prüfungsfrei neu erteilt worden, dass er nahezu 28 Jahre Inhaber einer PKW-Fahrerlaubnis gewesen sei und keine Zweifel daran bestanden hätten, dass er in dieser Zeit ausreichende Fahrpraxis gesammelt habe. Für die Erteilung der Klasse C1, CE und C1E sei allerdings bislang nicht substantiiert dargelegt worden, ob und in welchem Umfang Fahrpraxis erworben worden sei. Zuletzt habe der Antragsteller angegeben, dass er etwa 1995 oder 1996 derartige LKWs gefahren habe. Was und in welchem Umfang gefahren worden sei, sei bislang offen. Somit bestehe seit ungefähr 15 Jahren keine Fahrpraxis auf Fahrzeugen der beantragten Klassen mehr. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wirke sich mangelnde Fahrpraxis dahingehend aus, dass die für eine sichere Führung eines LKWs im Straßenverkehr notwendigen Fähigkeiten nachließen und die Routine zur Bewältigung von problematischen Situationen im Straßenverkehr verloren gehe. Gelegentlich stattfindende Rangierfahrten können nicht annähernd einer Fahrpraxis mit Lastkraftwagen über 3,5 t gleichgestellt werden, weil sie sich nur über kurze Distanzen erstreckten und außerhalb des öffentlichen Verkehrs stattfänden. Von einer Erteilung der Fahrerlaubnis für die beantragten LKW-Klassen müsse eine klassenspezifische Befähigung vorliegen. Die Straßenverkehrsteilnahme mit einem PKW bis zu 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht könne deshalb nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem LKW mit Anhänger mit bis zu insgesamt 18,75 t zulässigem Gesamtgewicht (Klasse CE 79) gleichgesetzt werden. Auch aus der prüfungsfreien Erteilung der Klasse T könne kein Rechtsanspruch auf Erteilung der Klassen C1, CE1 und CE (79) abgeleitet werden. Bei der Frage der Befähigung und der Notwendigkeit der Prüfung handele es sich um keine Ermessensentscheidung. Rückblickend betrachtet, hätten zur Fahrpraxis der Klasse T keine Erkenntnisse vorgelegen und sie sei auch bei der Erteilung nicht thematisiert worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Erteilung der Fahrerlaubnis T ein Beurteilungsfehler unterlaufen sei und sie ebenfalls nicht prüfungsfrei hätte erteilt werden dürfen. Auch wenn gegen die Entscheidung des BayVGH Revision eingelegt worden sei, ändere dies nichts daran, dass zumindest derzeit in den Grundzügen der Auffassung des BayVGH gefolgt werde. Es fehle auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsteller sei nicht daran gehindert, seine Befähigung für die beantragten Klassen nachzuweisen und die Fahrerlaubnisse erteilt zu bekommen. Besondere Gründe, die eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung rechtfertigten, seien ebenso wenig gegeben wie unzumutbare Nachteile durch die Verweigerung der prüfungsfreien Fahrerlaubniserteilung. Es fehle auch an einem qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis. Dem Antragsteller sei ein Abwarten auf einen negativen Verwaltungsakt bzw. die Entscheidung in der Hauptsache zuzumuten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Statthaft ist hier gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Regelungsanordnung). Denn gemäß § 69 Abs. 3 StGB erlischt mit der Rechtskraft des die Fahrerlaubnis entziehenden Urteils die Fahrerlaubnis, d.h. sie muss nach Ablauf der Sperrfrist wieder neu erteilt werden. Insofern begehrt der Antragsteller eine Erweiterung seines Rechtskreises, welches mit einer Regelungsanordnung geltend zu machen ist.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere hat der Antragsteller ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Zwar ist bislang durch den Antragsgegner noch kein den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis für die begehrten LKW-Klassen ablehnender Bescheid ergangen. Mit den Schreiben des Antragsgegners vom 27. Oktober und 15. Dezember 2010 ist die vorgesehene Ablehnung des Antrags jedoch bereits als in der Sache sicher mitgeteilt worden. Im Verfahren des Eilrechtsschutzes ist es dem Antragsteller in einem solchen Fall nicht zuzumuten, die Erteilung eines förmlichen Bescheides abzuwarten, dies insbesondere, da der Antragsgegner unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass eine Erteilung der beantragten Fahrerlaubnisklassen ohne praktische Prüfung zwingend negativ beschieden werde.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn der Antragsteller kann in der Hauptsache mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnisklassen geltend machen. Insofern liegt kein Anordnungsanspruch für eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO vor. Gleichermaßen fehlt es an einem glaubhaften Anordnungsgrund. Darüber hinaus wäre die Erteilung einer vorläufigen Fahrerlaubnis eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn dies zur Begründung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird.
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsgrund zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht. Er hat zwar vorgetragen, dass er bei seinem Arbeitgeber Kleinlastwagen bis 7,5 t mit Anhänger fahren soll. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass dies so dringlich wäre, dass bis zu einer Hauptsacheentscheidung nicht abgewartet werden könnte. Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass er bei seinem Arbeitgeber mittlerweile beschäftigt sei und regelmäßig mit Fahrzeugen unter 3,5 t mit Anhänger fahre. Er hat aber nicht glaubhaft vorgetragen, dass er etwa seinen Arbeitsplatz wieder verlieren würde, wenn er nicht unverzüglich die beantragte Fahrerlaubnis für die betreffenden LKW-Klassen erhält. Der Antragsteller hat zwar ein Schreiben seines Arbeitgebers vorgelegt. Darin äußert sich der Arbeitgeber zur dringenden Erforderlichkeit der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE (79) aber überhaupt nicht, sondern bestätigt nur, dass der Antragsteller auf dem Betriebsgrundstück mit einem LKW gefahren sei und rangiert habe. Zudem ist einem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 28. Oktober 2010 zu entnehmen, dass der Antragsteller momentan bei seiner Arbeit ohnehin lediglich ein Fahrzeug der Klasse C1 fahren soll. Demnach fehlt es an der erhöhten Eilbedürftigkeit.
Des Weiteren ist es dem Antragsteller nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Das Gericht ist aufgrund summarischer Prüfung nicht zur Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren einen Anspruch auf Verpflichtung des Antragsgegners hat, ihm die Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E und CE (79) zu erteilen. Nach der im Verfahren gemäß § 123 gebotenen, aber ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis für die beantragten LKW-Klassen ohne vorherige Ablegung einer praktischen Befähigungsprüfung.
In der aktuell geltenden Fassung der Fahrerlaubnisverordnung, konkret des hier einschlägigen § 20 Abs. 2 FeV – der diese Fassung schon mit Wirkung vom 19. Januar 2009 erhalten hat – ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass Bewerber die nach § 16 Abs. 1 und 17 Abs. 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Die frühere Regelung, wonach Fahrerlaubnisprüfungen grundsätzlich nach zwei Jahren wieder durchzuführen waren, hat der Verordnungsgeber mit der 4. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung und anderer verkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1338) wegfallen lassen. Auch wenn die sog. Zwei-Jahresfrist nicht mehr gilt, besteht jedoch weiterhin die Pflicht der Fahrerlaubnisbehörde, sich vor Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von der Befähigung des Antragstellers zu überzeugen, ein Kraftfahrzeug der beantragten LKW-Klassen im Straßenverkehr sicher führen zu können, und gegebenenfalls eine Entscheidung über eine mögliche Prüfungspflicht vor Neuerteilung einer Fahrerlaubnis zu treffen. Weigert sich der Antragsteller eine Fahrerlaubnisprüfung abzulegen, hat die Behörde vom Nichtvorliegen der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auszugehen und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis abzulehnen. Der Wegfall der Zwei-Jahresfrist bedeutet nicht, dass der Verordnungsgeber generell die Dauer der fehlenden Fahrpraxis als einen bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu vernachlässigenden Umstand ansehen will. Vielmehr ist die Zeitspanne, innerhalb derer ein Antragsteller nicht über die Fahrerlaubnis verfügte, weiterhin das wesentliche Prüfungskriterium, wenn die Fahrerlaubnisbehörde bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis die Frage prüft, ob der Antragsteller noch über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Allerdings hat die Behörde durch den Wegfall der Zwei-Jahresfrist einen erheblich größeren Beurteilungsspielraum.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner zu Recht die Notwendigkeit einer praktischen Fahrerlaubnisprüfung für die beantragten LKW-Klassen C 1, C1E und CE (79) bejaht. Die frühere Fahrerlaubnis des Antragstellers erlosch mit der Rechtskraft des Strafurteils am 9. Oktober 2003 (§ 69 Abs. 3 StGB). Das Gericht sieht schon in der langen Zeitspanne von mittlerweile über sieben Jahren, in der der Antragsteller nicht über eine entsprechende Fahrerlaubnis verfügt, eine relevante Tatsache i.S. des § 20 Abs. 2 FeV. Darüber hinaus hat der Antragsteller selbst angegeben, dass er seit 1995/1996 tatsächlich nicht mehr entsprechende Fahrzeuge der beantragten LKW-Klassen im öffentlichen Straßenverkehr gefahren hat. Dem Kläger fehlt tatsächlich also die Fahrpraxis für einen Zeitraum von ca. 14 bis 15 Jahren. Auch darüber hinaus hat der Antragsteller, wie der Antragsgegner zutreffend angemerkt hat, nicht substantiiert dargetan, dass er abgesehen von seiner ursprünglichen Fahrerlaubnisprüfung bei der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis im Jahr 1975 erhebliche Fahrpraxis für die beantragten LKW-Klassen erlangt hat. Die aus der zwangsläufigen Fahrpause von 7 Jahren und der tatsächlichen Fahrpause von über 14 Jahren resultierende fehlende Fahrpraxis rechtfertigt im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Annahme, dass der Antragsteller nicht mehr über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Die allgemeine Verkehrssicherheit erfordert zwingend den Nachweis, dass der Antragsteller über die theoretischen und praktischen Kenntnisse für das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr noch verfügt. Zum Zeitraum, in dem der Antragsteller nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war und erst recht in dem Zeitraum, in dem er tatsächlich keine Fahrpraxis erlangt hat, haben sich erhebliche Änderungen hinsichtlich der Verkehrsvorschriften als auch hinsichtlich der generell festzustellenden Verkehrszunahme ergeben. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wirkt sich mangelnde Fahrpraxis jedenfalls in einer derart langen Zeitspanne dahingehend aus, dass die für eine sichere Führung eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr notwendigen Fertigkeiten nachlassen und die Routine, die zur Bewältigung von problematischen Situationen im Straßenverkehr erforderlich ist, verloren geht (VG Regensburg, U.v. 03.05.2010, Az: RN 8 K 09.2517; VG München, B.v. 07.01.2010,Az: M 6a E 09.5304 - konkret zu § 20 Abs. 2 FeV).
Da auch nach dem Wegfall der Zwei-Jahresfrist die zeitliche Dimension von erheblichem Gewicht ist, ist davon auszugehen, dass die Annahme von Tatsachen, die an der Befähigung zweifeln lassen, umso eher gerechtfertigt ist, je länger ein Fahrerlaubnisentzug bzw. einer tatsächlich fehlenden Fahrpraxis dauert. Je länger der Antragsteller für die beantragten Fahrerlaubnisklassen nicht mehr am öffentlichen Verkehr teilgenommen hat und je weiter er die frühere Zwei-Jahresfrist überschritten hat, umso mehr verdichten sich die Anhaltspunkte, die die Anordnung einer praktischen Prüfung erforderlich erscheinen lassen. Nur diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 20 Abs. 2 FeV. Die Dauer der fehlenden Fahrpraxis ist das wesentliche Beurteilungskriterium. Sinn und Zweck der geänderten Regelung besteht darin, dass dann, wenn der Antragsteller über einen längeren Zeitraum nicht mehr am Straßenverkehr teilgenommen hat, begründete Zweifel am Vorhandensein der Kenntnisse und Fähigkeiten für das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr bestehen. § 20 Abs. 2 FeV eröffnet der Fahrerlaubnisbehörde – unabhängig von einer starren Zwei-Jahresfrist – die Möglichkeit, bei einer länger fehlenden Fahrpraxis eine erneute Fahrerlaubnisprüfung anzuordnen, um der allgemeinen Verkehrssicherheit Rechnung zu tragen.
Die vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Einwände vermögen nicht zu überzeugen. Der Umstand, dass er seit Ende Mai 2010 wieder über die Fahrerlaubnisklassen A, BE, M, S, L, T verfügt und mit PKWs samt Anhänger bis 3,5 t am öffentlichen Verkehr teilnimmt, ändert nichts an der Beurteilung. Die Teilnahme mit derartigen Fahrzeugen am Verkehr reicht nicht aus, die Kenntnisse und Fähigkeiten neu zu erwerben, die für das Führen eines Kraftfahrzeugs der Klassen C1, C1E und CE (79) erforderlich sind. Dadurch kann der Antragsteller nicht zweifelsfrei begründen, dass er seine Fähigkeiten auch auf eine adäquate Fahrweise für diese LKW-Fahrzeugklassen umsetzen kann. Dies gilt gerade auch für das sichere Führen eines entsprechenden Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr. Das gelegentliche Rangieren und Probefahrten auf dem Betriebsgelände am Wochenende reichen bei weitem nicht aus, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlangen. Die Teilnahme am gegebenenfalls dichten öffentlichen Verkehr und mit sich dauernd wechselnden Verkehrssituationen ist von ganz anderer Dimension. Auch der Umstand, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klasse T erteilt wurde, hinderte den Antragsgegner nicht daran, die Fahrerlaubnisprüfung für die LKW-Klassen anzuordnen. Denn der Verordnungsgeber unterscheidet sehr genau zwischen der Klasse T einerseits und den Klassen C1, C1E und CE (79) andererseits, wie die Einteilung in § 6 FeV sowie die unterschiedlichen Voraussetzungen in § 7 ff. FeV belegen. Dies gilt gerade auch für die Befähigung und die praktische Fahrprüfung wie § 20 Abs. 2 i.V.m. 17 Abs.1 FeV und die Anlage 7 zur FeV deutlich zeigen. Zudem liegt es auf der Hand, dass die Fahrerlaubnis für ein Fahrzeug der Klasse T für land- und forstwirtschaftliche Zwecke mit einer bauartbestimmten Geschwindigkeit von nicht mehr als 60 km/h nicht – so wie es der Antragssteller meint – den Klassen C1, C1E und CE (79) gleichgesetzt werden kann. Allein die zwangsläufig höheren Geschwindigkeiten (nicht nur auf Autobahnen), die mit den beantragten LKW-Klassen gefahren werden dürfen, fallen ganz gravierend ins Gewicht. Zudem hat der Antragsteller nicht substantiiert dargetan, dass er überhaupt entsprechende Fahrzeuge der Klasse T im öffentlichen Verkehr bewegt und dadurch Fähigkeiten erworben hat.
Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus den von den Beteiligten zitierten Gerichtsentscheidungen des VG München vom 26. Januar 2010, Az: M 1 K 09.4504 bzw. des BayVGH, U.v. 19.07.2010, Az: 11 BV 10.712. Die beiden Entscheidungen betreffen den § 20 Abs. 2 FeV nicht direkt, sondern nur eine ähnliche Fallgestaltung in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV. Zudem stehen sie beide in der Sache in ihren allgemeinen Ausführungen weitgehend im Einklang mit der hier vertretenen Auffassung. In den genannten Entscheidungen ist mit Bezug auf die Begründung zur 4. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1338) ausgeführt, dass durch den Wegfall der fixen Zwei-Jahresfrist der Wiedereinstieg arbeitsloser LKW-, Bus- und Taxifahrer in den Beruf erleichtert bzw. dass Kosten für eine erneute Fahrerlaubnisprüfung erspart werden sollen. Damit wird der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Regelfall auch nach zwei Jahren weiterhin besteht und eine erneute Fahrerlaubnisprüfung nur im Ausnahmefall anzuordnen ist, wenn zwingende Tatsachen vorliegen. Bei der Prüfung, ob derartige Tatsachen vorliegen, spielt der zeitliche Aspekt aber weiterhin eine ganz entscheidende Rolle. Der Begründung zur Änderungsverordnung ist nicht zu entnehmen, dass der zeitliche Aspekt überhaupt keine Rolle mehr spielen soll. Die Verordnungsbegründung geht davon aus, dass in jedem Fall eine umfassende Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Sofern neben dem zeitlichen Aspekt noch weitere Tatsachen zur Verfügung stehen, sind diese bei der Beurteilung einzustellen (vgl. auch Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 20 FeV vor Rd.Nr. 1 und § 24 FeV Rd.Nr. 3-10 mit Bezug auf BR-Drs 302/08). Der BayVGH (a.a.O.) hat zudem mit überzeugender Argumentation ausgeführt, dass es in Bezug auf die erforderliche Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht darauf ankommt, ob nach den vorliegenden Tatsachen schon feststeht, dass dem Bewerber die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen fehlt. Dies soll gerade durch eine praktische Prüfung nachgewiesen werden. Vielmehr legt der BayVGH die Bestimmung dahingehend aus, dass es für die Erfüllung ausreicht, wenn aufgrund der vorliegenden Tatsachen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass dem Bewerber die erforderliche Befähigung fehlen könnte.
Auch nach diesen Maßstäben kommt die Einzelfallprüfung zu dem Ergebnis, dass aufgrund der festgestellten Tatsachen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass dem Antragsteller die für die Neuerteilung der beantragten LKW-Klassen erforderliche Befähigung fehlen könnte. Dies gilt schon in Anbetracht der Zeitspanne vom wirksamen Entzug der Fahrerlaubnis im Jahr 2003 bis heute. Darüber hinaus spricht viel dafür, nicht allein auf den formellen Entzug der Fahrerlaubnis abzustellen, sondern auf die viel längere Zeit der fehlenden bzw. stark eingeschränkten Fahrpraxis (BayVGH a.a.O.). Der BayVGH hat zu Recht angeführt, dass für den eventuellen Verlust der Befähigung zum Führen von LKW mit mehr als 3,5 t Gesamtmasse durch Zeitablauf nicht der formale Verlust der Fahrberechtigung als solcher, sondern die fehlende Fahrpraxis ursächlich ist. Die früher geltende Zwei-Jahresfrist ist vorliegend bezogen auf den formellen Fahrerlaubnisentzug um mehr als dreifache überschritten, bezogen auf tatsächliche fehlende Fahrpraxis um mehr als das siebenfache. Angesichts der an das Führen von Lastkraftwagen zu stellenden erhöhten Anforderungen sind erhebliche Zweifel am Fortbestehen der Befähigung anzunehmen, die die Forderung des Antragsgegners nach Ablegung einer praktischen Fahrprüfung rechtfertigen. Der BayVGH (a.a.O) hat in seinem Fall zudem ausdrücklich festgestellt, dass gelegentlich stattfindende Rangierfahrten nicht annähernd einer Fahrpraxis im öffentlichen Verkehr gleichgestellt werden können, weil sie nur über kurze Distanzen auf dem Betriebsgelände und außerhalb öffentlichen Verkehrs stattfinden. Darüber hinaus hat der Antragsteller, wie schon erwähnt, nicht dargetan, inwiefern er seit Erwerb seiner Erlaubnis im Jahr 1975 in den nun beantragten LKW-Klassen Fahrpraxis gesammelt hat. Wenn der Antragsteller sich demnach seit über 35 Jahren keine relevante Fahrpraxis in Kraftwagen der Klassen C1E, CE und CE (79) angeeignet hat, sind gewichtige Zweifel am Fortbestehen der entsprechenden Befähigungen erst Recht angebracht. Der BayVGH hat auch weiter klargestellt, dass die bei der Erteilung der Fahrerlaubnis für die beantragten LKW-Klassen klassenspezifische Befähigung vorliegen muss. Die Straßenverkehrsteilnahme mit einem PKW bzw. mit anderen Fahrzeugklassen (wie auch der Fahrzeugklasse T) kann nicht der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem LKW gleichgesetzt werden.
Des Weiteren ist ausdrücklich festzuhalten, dass die Argumentation des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Ermessen ins Leere geht, weil die maßgebliche Vorschrift des § 20 Abs. 2 FeV in der heute geltenden Fassung für die streitgegenständliche Frage kein Ermessen vorsieht. Die frühere Regelung, wonach die Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen einer Ermessensentscheidung auf eine Fahrerlaubnisprüfung verzichten konnte, wurde aufgehoben. § 20 Abs. 2 FeV wurde insofern durch Art. 1 Nr. 3a Buchstab b der 2. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 3.1.2009 geändert. Zur Begründung ist ausgeführt (vgl. BR-Drs. 843/1/08, Empfehlungen der Ausschüsse), nach früherer Rechtslage habe die Fahrerlaubnisbehörde bei der Neuerteilung der Erlaubnis im Einzelfall zu ermitteln gehabt, ob Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Sie hatte im Rahmen einer Ermessensentscheidung für eine sachgerechte Abwägung alle relevanten Gesichtspunkte heranzuziehen und zu würdigen. Die Entscheidung war jeweils schlüssig zu begründen. Die Änderung des § 20 Abs. 2 FeV diente der Vereinfachung des Verfahrens für die Fahrerlaubnisbehörden und der Reduzierung von Rechtsrisiken. Es ist danach nur noch in den Fällen eine erneute Ablegung der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung erforderlich und von der Fahrerlaubnisbehörde anzuordnen, bei denen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Auf ein Ermessen kommt es demnach nicht mehr an. Vielmehr ist wie ausgeführt zu prüfen, ob aufgrund der vorliegenden Tatsachen gewichtige Anhaltspunkte bestehen, dass beim Bewerber die erforderliche Befähigung fehlen könnte. Wenn wie hier anhand der Umstände des Einzelfalles das Vorliegen entsprechender Tatsachen anzunehmen ist, muss die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnisprüfung anordnen.
Schließlich ist das Verlangen nach einer praktischen Fahrprüfung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden. Die Fahrerlaubnisbehörde hat klargestellt, dass vom Antragsteller lediglich eine Prüfungspflicht für den praktischen Teil, nicht aber eine Ausbildungspflicht verlangt wird. Fahrstunden und Theorieunterricht sind anders als bei der Ersterteilung von Rechts wegen nicht erforderlich, außer der Antragsteller selbst bzw. die von ihm aufgesuchte Fahrschule halten einige Fahrstunden vor Ablegung der praktischen Fahrprüfung für geboten. Die mit dem geforderten Nachweis der Kenntnisse und Befähigungen verbundene finanzielle Belastung ist somit erheblich geringer als im Falle einer Ersterteilung. Dem Antragsteller ist die Ablegung einer praktischen Fahrprüfung zuzumuten.
Der Antragsteller hat deshalb bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage gegenwärtig keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis ohne vorher durch Ablegung einer praktischen Fahrprüfung nachgewiesen zu haben, dass er die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die beantragten Fahrerlaubnisklasse C1, C1E und CE (79) noch besitzt.
Zudem würde eine stattgebende Entscheidung hier eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellen. Eine solche widerspricht grundsätzlich dem Wesen des einstweiligen Rechtsschutzes. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welche einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn diese im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 123, Rd.Nr. 13 und 14). Um einen solchen Fall handelt es sich jedoch hier nicht. Vielmehr besteht nach summarischer Prüfung – wie bereits ausgeführt – kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG. Wegen der Höhe des Streitwerts folgt das Gericht der Rechtsprechung des BayVGH (vgl. z.B. B.v. 5.03.2009, Az: 11 CS 09.228), der für die hier ausschlaggebende Klasse CE (79) einen Betrag von 8.750,00 EUR ansetzt. Denn die Klasse CE (79) vermittelt eine deutlich umfangreichere Berechtigung als eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E. Sie bleibt aber spürbar hinter dem Umfang der Klasse CE zurück. Deshalb ist ein Mittelwert der zwischen den Klassen C1E und CE angemessen. Für eine Fahrerlaubnis der Klasse CE wäre nach dem Abschnitt II Nrn. 46.4 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) im Hauptsacheverfahren 10.000,00 EUR, für ein Klageverfahren über eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E nach dem Abschnitt II Nrn. 46.5 und 46.8 des Streitwertkatalogs 7.500,00 EUR anzusetzen. Der sich so errechnende Mittelwert von 8.750,00 EUR ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Abschnitt II Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass ein Wert von 4.375,00 EUR anzusetzen ist.