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Kammergericht Berlin Urteil vom 30.04.2015 - 22 U 31/14 - Ersatzfähigkeit der Kfz-Sachverständigenkosten
KG Berlin v. 30.04.2015: Ersatzfähigkeit der Kfz-Sachverständigenkosten
Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 30.04.2015 - 22 U 31/14) hat entschieden:
Die zur Schadensfeststellung erforderlichen Kosten eines KfZ-Sachverständigengutachtens gehören zu den Kosten der Wiederherstellung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und sind vom Schädiger zu erstatten. Dabei kommt eine Erstattung ohnehin nur insoweit in Betracht, als der Geschädigte zur Zahlung verpflichtet ist. Wird keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen, gilt § 632 Abs. 2 BGB. Diese übliche Vergütung ist in jedem Fall zu erstatten. Für die Feststellung, ob der geltend gemachte Betrag üblich ist, gilt § 287 ZPO.
Siehe auch Die Sachverständigenkosten in der Unfallschadenregulierung und Sachverständigengutachten nach einem Unfallschaden - Kfz-Sachverständiger
Gründe:
I.
Der Kläger macht als Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche mehrerer Verkehrsunfallgeschädigter geltend und verlangt von der Beklagten als Haftpflichtversicherung der jeweiligen Unfallgegner Zahlung seines restlichen Sachverständigenhonorars in Höhe von insgesamt 650,19 Euro nebst Zinsen.
Er war von den Geschädigten jeweils mit der Erstattung eines Schadensgutachtens beauftragt und stellte ihnen nach Gutachtenerstattung sein Honorar in Rechnung. Die Geschädigten traten insoweit ihre Schadensersatzforderungen gegen den jeweiligen Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft sicherungshalber an ihn ab.
Der Kläger berechnete anhand der jeweils ermittelten Schadenshöhe sein Netto-Grundhonorar sowie diverse Nebenkostenpositionen wie Fahrt- und Fotokosten, Schreibgebühren/Bürokosten, Porto/Telefon/EDV und Kalkulationskosten) zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer.
Die Basis für seine Berechnungen bildeten die Grundhonorar- und Nebenkostentabellen (jeweils Nettowerte) zum sogenannten Honorarkorridor HB III, die der Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Fahrzeugwesen e.V. (BVSK) nach einer in der Zeit von Oktober 2008 bis März 2009 durchgeführten Honorarbefragung bei insgesamt 617 Sachverständigenbüros für 2008/2009 veröffentlicht hat. Die vom Kläger in Rechnung gestellten Netto-Beträge bewegen sich sowohl hinsichtlich der Grundhonorare als auch hinsichtlich der Nebenkosten innerhalb des jeweiligen HB III-Honorarkorridors.
Die Beklagte kürzte die als Schadensersatz geltend gemachten Honorarforderungen im Wesentlichen unter Berufung auf ein veröffentlichtes Honorartableau nach Maßgabe eines zwischen ihr und dem BVSK zustande gekommenen und veröffentlichten Gesprächsergebnisses vom 1.11.2009 und leistete vorprozessual lediglich Teilzahlungen auf die ihr vom Kläger vorgelegten Honorarrechnungen.
Im Unterschied zu der BVSK-Befragung werden in diesem Tableau nicht Netto-, sondern feste Brutto-Honorarbeträge in Abhängigkeit zur Schadenshöhe ohne Honorarkorridor ausgewiesen, die bereits eine Nebenkostenpauschale für Foto-, Schreib-, Porto-, Telefonkosten und einen Grundanteil für Fahrtkosten enthalten. Die Beklagte macht u.a. geltend, diese Werte würden der derzeitigen Marktlage entsprechen.
Der Kläger hat erstinstanzlich seine Klage teilweise zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, im Übrigen auf den gesamten Akteninhalt nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und – soweit im Berufungsverfahren noch relevant - zur Begründung sinngemäß ausgeführt, es fehle zum Teil bereits an einer wirksamen Abtretung der Forderung mangels hinreichender Bestimmbarkeit. Im Übrigen seien die geltend gemachten Gutachterkosten übersetzt. Denn der den Geschädigten als Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende erforderliche Herstellungsaufwand bemesse sich für die Sachverständigenkosten nach § 287 ZPO nur auf einen Anteil von geschätzten 15 % der jeweils ermittelten Netto-Reparaturkosten bzw. des Wiederbeschaffungswertes im Fall eines Totalschadens. Durch die von der Beklagten vorgerichtlich geleisteten höheren Teilzahlungen seien die Ersatzansprüche daher wegen Erfüllung erloschen.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger in den noch streitgegenständlichen sieben Fällen (Nrn. 1, 17, 18, 20, 22, 24 und 35 der Klageschrift und der Urteilsgründe des Landgerichts) jeweils die Differenz zwischen den geleisteten Teilzahlungen und seinem berechneten Brutto-Honorar und macht sinngemäß geltend, das Landgericht habe die von ihm erstinstanzlich nachgereichte Abtretungserklärung vom 18.03.2013 (Anlage K 234) übersehen, die den Anforderungen an die Bestimmbarkeit entspreche. Die von ihm zugrunde gelegten BVSK-Honorartabellen spiegelten die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB wider und seien auch für die Bemessung der erforderlichen Kosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgebend. Die vom Landgericht vorgenommene Schadensschätzung entbehre jeder Grundlage.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 23.10.2013 (Aktenzeichen 43 O 287/12)
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 262,39 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2011 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 87,40 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2011 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 74,91 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2011 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 73,91 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2011 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 97,00 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2011 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 28,46 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 26,12 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie rügt die Zulässigkeit der Berufung, weil der Berufungsschrift der Umfang des Berufungsangriffs nicht zu entnehmen und anhand der Berufungsbegründungsschrift die Berufungssumme nicht erreicht sei, wenn der Kläger statt der 262,69 Euro (Antrag zu 1.) in der Sache aber nur noch 35,39 Euro verlange. Weiter macht sie sinngemäß geltend, die nachgereichte Abtretungserklärung könne hier schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil der mit der Abtretung verbundene Gutachtenauftrag nachträglich im Jahr 2013 nicht mehr habe erteilt werden können. Nach wie vor werde bestritten, dass es sich bei den Auftraggebern des Klägers um die Eigentümer der beschädigten und begutachteten Fahrzeuge gehandelt habe. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil, insbesondere die Schadensschätzung durch das Landgericht. Wenn überhaupt, so seien allenfalls die jeweils unteren Werte des HB III-Korridors der BVSK-Honorarbefragung anzusetzen. Für ein höheres Honorar – etwa wegen besonderen Aufwandes bei der Begutachtung – habe der Kläger nichts vorgetragen.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren vorsorglich die "Aufrechnung ihrer Ansprüche nach § 812 I BGB wegen der in allen streitgegenständlichen Fällen eingetretenen Überzahlungen mit den Honorardifferenzen des Klägers, die dieser weiterverfolgt" erklärt.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Insbesondere sind entgegen der Ansicht der Beklagten die Voraussetzungen der §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 519 Abs. 1 und 2 ZPO erfüllt, was sich bei richtigem Verständnis der Berufungsschrift und den Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift ergibt.
2. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte Ansprüche auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 650,19 Euro anlässlich der hier noch streitgegenständlichen Verkehrsunfälle aus abgetretenem Recht nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, §§ 249 Abs. 2 Satz 1, 398 BGB zu.
a) Der Kläger ist aktivlegitimiert.
aa) Die Forderungen auf Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten sind von den Geschädigten wirksam an ihn abgetreten worden.
Die rechtzeitig nachgereichte Abtretungserklärung vom 18.03.2013 im Fall 1 entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 – unter juris). Anders als noch in der zuvor vorgelegten Erklärung vom 05.08.2010 (Anlage K 199) ist keine Mehrzahl von Forderungen des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall erfasst. Die Abtretung beschränkt sich konkret auf den möglichen Schadensposten der Sachverständigenkosten. In der nachgereichten Erklärung heißt es nunmehr, dass der Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Gutachterkosten abgetreten wird.
Dass der Kläger hierbei sein überarbeitetes Auftragsformular verwendet hat, unterliegt entgegen den Ausführungen der Beklagten keinen ernsthaften Bedenken. Offensichtlich sollte nur die – nunmehr wirksame – Forderungsabtretung nachgeholt werden.
Auch dass die Formulare nicht alle vollständig ausgefüllt waren, ist unschädlich. Die enthaltenen Angaben über den Auftraggeber und den jeweiligen Schadenstag reichen entgegen der Ansicht der Beklagten zur eindeutigen Bestimmung der jeweiligen Forderung aus, auch wenn das Kennzeichen, der Halter des gegnerischen Kfz und die Versicherungsgesellschaft des Unfallgegners nicht genannt waren.
bb) Ohne Erfolg bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen die Eigentümerstellung der jeweiligen Auftraggeber des Klägers hinsichtlich der beschädigten Fahrzeuge. Unstreitig hat sie jeweils den weit überwiegenden Teil des bei den Verkehrsunfällen entstandenen Schadens reguliert, ohne jemals Bedenken gegen die Eigentümerstellung der Geschädigten geäußert zu haben. Zwar können die Zahlungen ohne Abgabe weiterer Erklärungen nicht als deklaratorische Schuldanerkenntnisse angesehen werden. Unter den gegebenen Umständen ist aber aufgrund ihres vorprozessualen Regulierungsverhaltens anzunehmen, dass ihr Bestreiten "ins Blaue hinein" erfolgt und daher als prozessual unbeachtlich zu behandeln ist, zumal der Kläger näheren Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen der Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB und im Fall 20 zu Einzelheiten des Eigentumserwerbs unter Vorlage der Kopie des Kaufvertrages geliefert hatte. Unter diesen Umständen oblag es der Beklagten, substantiiert unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte vorzutragen, warum nunmehr doch Zweifel an der Eigentümerstellung der Geschädigten bestehen. Daran fehlt es hier.
cc) Die Abtretung der Ersatzforderungen an den Sachverständigen verstößt auch nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Forderungseinziehung stellt sich als Nebenleistung zum eigentlichen Tätigkeitsfeld des Sachverständigen dar, die nach § 5 Abs. 1 RDG keiner Erlaubnis bedarf.
b) Die zur Schadensfeststellung erforderlichen Kosten eines Kfz-Sachverständigengutachtens gehören zu den Kosten der Wiederherstellung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und sind vom Schädiger zu erstatten.
aa) Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht ist der Geschädigte gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen zu halten, wobei insofern eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen ist. Dabei ist der Geschädigte regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen zu erkundigen. Vielmehr darf er sich damit begnügen, den für ihn in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen und muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Preise für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH, Urteile vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 – jeweils unter juris, m.w.N.).
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dann bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der - vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten - beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes eine maßgebende Rolle (BGH, Urteile vom 11.02.2014 und vom 22.07.2014, a.a.O.).
Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht unter diesen Umständen grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Etwas anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH, Urteile vom 11.02.2014 und vom 22.07.2014, a.a.O.).
bb) Dabei kommt eine Erstattung ohnehin nur insoweit in Betracht, als der Geschädigte zur Zahlung des Sachverständigenhonorars verpflichtet ist, denn nur in dieser Höhe konnte eine Forderung abgetreten werden.
Hier hat es weder eine konkrete Honorarvereinbarungen gegeben, noch haben die Geschädigten die von dem Kläger in Rechnung gestellten Gutachterkosten beglichen.
Wird keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen, gilt § 632 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, die in jedem Fall zu erstatten ist. Mangels konkreter Honorarvereinbarung kommt es hier nicht darauf an, ob der Geschädigte möglicherweise deutlich überhöhte Gutachterkosten erkennen konnte.
Für die Feststellung, ob der geltend gemachte Betrag üblich ist, gilt § 287 ZPO, wovon auch das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist.
Jedoch ist es mit den Grundsätzen der nach § 287 ZPO (freieren) Schadensschätzung nicht zu vereinbaren, hier mit dem Landgericht zu einer Kürzung der vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten pauschal auf 15 % der jeweils gutachterlich ermittelten Schadensumme zu gelangen. Der Schätzung fehlen tragfähige Anknüpfungspunkte. Nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O.).
Die Bruttoendbeträge des Sachverständigenhonorars aus dem von der Beklagten herangezogenen Tableau vom 01.11.2009 bilden schon deshalb keine tragfähige Schätzungsgrundlage, weil es sich dabei – je nach Schadenssumme – um feste Honorarsätze handelt, während sich die übliche Vergütung der Kfz-Privatgutachter, deren Leistungen am Markt einem einheitlich empfundenen Wirtschaftsbereich zuzuordnen sind, innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegt (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2006 – X ZR 80/05 – unter juris).
Entscheidend ist demnach, ob die vom Kläger berechneten Vergütungen (noch) innerhalb dieses branchenüblichen Vergütungsrahmens liegen.
Der Senat hält in den vorliegenden Fällen die aufgrund der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 ermittelten Tabellen für eine geeignete Schätzungsgrundlage sowohl für das Grundhonorar als auch für die Nebenkosten. Die dort enthaltenen Werte beruhen auf einer breiten Erfassungsgrundlage (etwa 85% der aktiven BVSK-Mitglieder haben sich beteiligt) und sind als repräsentativ zu betrachten. Der Honorarkorridor HB III enthält Werte, die je nach Schadenshöhe von 40% bis 60% der Verbandsmitglieder als Honorare berechnet werden, was deutlich dafür spricht, dass es sich um die übliche Vergütung handelt. Die Heranziehung der Tabellen zur Ermittlung der üblichen Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach einer festen Übung für die Werkleistung gewährt zu werden pflegt, entspricht daher pflichtgemäßem Ermessen nach § 287 ZPO.
Auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 04.04.2006, a.a.O.) hat die BVSK-Tabellen bei der Ermittlung der üblichen Vergütung nicht von vornherein als ungeeignete Schätzungsgrundlage angesehen. Eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des (Grund-)Honorars trägt danach dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Das ziehen hier auch die Parteien nicht in Zweifel. Zudem darf ein Privatgutachter neben einem Grundhonorar für seine eigentliche Ingenieurleistung grundsätzlich auch Pauschalen für Nebenkosten bei der Bemessung seines Gesamthonorars berechnen (BGH, Urteil vom 04.04.2006, a.a.O.).
Der Heranziehung der BVSK-Tabellen als Schätzungsgrundlage steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.07.2014 (a.a.O.) entgegen. Anders als hier hatte es dort eine konkrete Preisvereinbarung (nach Vertragsauslegung) dergestalt gegeben, dass die Ingenieurtätigkeit mit dem Grundhonorar abgegolten war und daneben lediglich Ersatz tatsächlich angefallener Aufwendungen verlangt werden kann. Dann aber ist eine pauschale Schadensschätzung bzgl. der Nebenkosten losgelöst von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen nicht zulässig.
Hier fehlt es jedoch an einer vergleichbaren vertraglichen Vereinbarung, so dass es dem Kläger nicht verwehrt war, seine Nebenkosten nach den üblichen Pauschalen der BVSK-Nebenkostentabelle 2008/2009 abzurechnen.
Soweit die Beklagte die Üblichkeit der vom Kläger geltend gemachten Vergütungen in Zweifel zieht, hätte es ihr als versierte Haftpflichtversicherung, die jährlich eine Vielzahl von Kfz-Schadensfällen – nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten rd. 500.000 Fälle – bearbeitet, wozu in der Regel auch die Erstattungsfrage von Kosten privater Sachverständigen gehört, nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast (allg. hierzu Greger/Zöller, ZPO, vor § 284, Rn. 34 m.w.N.) oblegen, konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine mangelnde Üblichkeit vorzutragen. Dass sie – wie in der mündlichen Berufungsverhandlung von ihrem Prozessbevollmächtigten dargelegt – Rechnungen vorlegen könne, aus denen hervorgehe, dass eine Vielzahl von Sachverständigen ihr Honorar unterhalb der Honorarkorridore der BVSK-Befragung abrechnen würden, stellt die Üblichkeit der in den dortigen Tabellen ausgewiesenen Spannbreiten nicht in Frage. Denn das tatsächliche Abrechnungsverhalten allein gegenüber der Beklagten stellt sich nicht als ausreichend repräsentativ dar, so dass sich hieraus keine ausreichenden Rückschlüsse für die Üblichkeit im Rahmen des § 287 ZPO ziehen ließen. Daher musste der Beklagten keine Gelegenheit gegeben werden, ihren Vortrag insoweit schriftsätzlich zu ergänzen.
Entgegen dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsverhandlung handelt es sich bei den durch die BVSK-Befragung ermittelten Honoraren auch nicht um eine "Wunschliste" der befragten Sachverständigen über die Höhe ihrer Vergütungen. Ausweislich der Vorbemerkungen der veröffentlichten Befragung bezog sie sich ausdrücklich auf die Höhe der üblicherweise "berechneten" – nicht gewünschten - Honorare bei Schadensgutachten im Pkw-Bereich. Dafür, dass die befragten Gutachter falsche Angaben über die Honorarhöhe gemacht hätten, um ihre Vergütungen in die Höhe zu treiben, bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
Der Senat kam im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO auch ohne die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Üblichkeit der Privatgutachterhonorare aus. Das Ob und der Umfang einer Beweisaufnahme steht im Ermessen des Gerichts (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Ein gerichtlicher Sachverständiger müsste für seine Feststellungen ebenfalls auf Ergebnisse einer von ihm durchzuführenden repräsentativen Befragung – bezogen auf die Zeitpunkte der streitgegenständlichen Auftragserteilungen – zurückgreifen, wodurch nach Einschätzung des Senats gegenüber der von Oktober 2008 bis März 2009 vom BVSK zeitnah durchgeführten Befragung seiner Mitglieder kein entscheidender Erkenntnisgewinn zur Üblichkeit der berechneten Honorare durch den gerichtlichen Sachverständigen zu erwarten wäre.
Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht auf die Geltendmachung lediglich der unteren Beträge der Honorarkorridore beschränkt. Bewegen sich – wie hier – seine berechneten Honorare für Routinegutachten innerhalb der Nettowerte der BVSK-Honorarkorridore, überschreitet der Sachverständige die Grenzen des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums jedenfalls nicht.
Ohne Erfolg beanstandet daher die Beklagte, dass ohne detaillierten Klägervortrag nicht von der Erforderlichkeit der Kosten ausgegangen werden könne. Jedenfalls trägt sie keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, weshalb die Kosten im Einzelnen nicht erforderlich gewesen seien. Sowohl die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus den streitgegenständlichen Verkehrsunfällen als auch die Tatsache, dass die Schadensgutachten zur Beurteilung der Fahrzeugschäden erforderlich und zweckmäßig waren, steht außer Streit. Im Übrigen liegt das Prognoserisiko hinsichtlich der Erforderlichkeit der Kosten nicht beim Geschädigten, sondern beim Schädiger.
dd) Schließlich ist die erstinstanzlich von der Beklagten eingewandte "Bagatellgrenze", wonach bis zu einer Schadenshöhe von 1.000,00 Euro die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich sein solle, sondern die Vorlage eines Reparaturkostenvoranschlages der betreffenden Werkstatt ausreiche, wenn überhaupt, jedenfalls aber für die hier streitgegenständlichen Fälle schon deshalb nicht einschlägig, weil die Schadenssummen alle über dieser "Grenze" liegen.
c) Mangels begründeter Gegenansprüche der Beklagten gemäß den vorstehenden Ausführungen ist auch die von ihr vorsorglich erklärte Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB erfolglos.
d) Die vom Kläger geltend gemachten Zinsansprüche sind nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ebenfalls begründet.
Die endgültige Ablehnung der jeweils geltend gemachten Forderungen (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB durch die Beklagte erfolgten
im Fall 1 mit Schreiben vom 17.06.2011 (Anlage K 5),
im Fall 17 mit Schreiben vom 07.07.2011 (Anlage K85),
im Fall 18 mit Schreiben vom 11.07.2011 (Anlage K 90),
im Fall 20 mit Schreiben vom 10.09.2011 (Anlage K 100),
im Fall 22 mit Schreiben vom 05.10.2011 (Anlage K 110),
im Fall 24 mit Schreiben vom 10.05.2012 (Anlage K 120) und
im Fall 35 mit Schreiben vom 27.01.2012 (Anlage K 175).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.